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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
GGG 1984 §20;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des G S in W, vertreten durch Dr. Gerhard Kornek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Börsegasse 12, gegen den Bescheid des Präsidenten des LG St. Pölten vom 14. August 2007, Zl. Jv 2.561-33/07, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung (also betreffend Gerichtsgebühren gemäß TP 2 GGG in Höhe von EUR 256,30) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der am 12. Februar 2003 beim BG Purkersdorf eingebrachten und zu 2 C 167/03k protokollierten Mahnklage begehrte ein Kläger von einem (dort näher bezeichneten) Verein und dem nunmehrigen Beschwerdeführer als Zweitbeklagten die Bezahlung von EUR 3.500,-- sA. Dem Kläger war dazu vom BG Purkersdorf mit Beschluss vom 20. November 2002, 2 Nc 10063/02d, die Verfahrenshilfe bewilligt worden.
Mit Urteil des BG Purkersdorf vom 7. Juli 2006, GZ. 2 C 167/03k-55, wurde die Klage gegen den erstbeklagten Verein (auf Zahlung von EUR 3.500-- sA.) kostenpflichtig abgewiesen (Spruchpunkte 2. und 3. des Urteiles) und der Klage gegen den Beschwerdeführer (als zweitbeklagter Partei) in vollem Umfang (EUR 3.500,-- sA.) stattgegeben (Spruchpunkt 1. des Urteiles); der Beschwerdeführer wurde dabei verpflichtet, der klagenden Partei die Prozesskosten erster Instanz zu ersetzen, in welchem Zusammenhang festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer als zweitbeklagte Partei in voller Höhe für jene Kosten zu haften hat, von deren Entrichtung die klagende Partei infolge Verfahrenshilfe einstweilen befreit wurde.
Mit Schriftsatz vom 18. September 2006 erhob der Beschwerdeführer gegen den ihm gegenüber klagsstattgebenden Teil des Ersturteiles Berufung und entrichtete dafür Pauschalgebühr.
Mit Schriftsatz vom 21. September 2006 erhob der Kläger Berufung gegen die Spruchpunkte 2. und 3. des Ersturteiles, also betreffend die Abweisung seiner Klage gegen den erstbeklagten Verein, und zwar unter dem Hinweis "Verfahrenshilfe", ohne Gerichtsgebühr gemäß TP 2 GGG zu entrichten.
Mit Urteil vom 23. November 2006, 21 R 387/06d-62, gab das LG St. Pölten als Berufungsgericht einerseits der Berufung des Klägers keine Folge und andererseits der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung teilweise Folge, indem in Ansehung des Beschwerdeführers (= des Zweitbeklagten) das Ersturteil dahin abgeändert wurde, dass der Spruch zu lauten hat wie folgt:
"Der Zweitbeklagte ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen EUR 3.000,-- samt 4 % Zinsen seit 10.6.2000 zu bezahlen sowie dessen mit EUR 2.352,50 (darin EUR 392,09 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen. Das Mehrbegehren gegenüber dem Zweitbeklagten von EUR 500,-- samt 4 % Zinsen ab 10.6.2000 wird abgewiesen."
Weiters fällte das Berufungsgericht folgende Kostenentscheidung:
"Der Kläger ist schuldig, der Erstbeklagten binnen 14 Tagen deren mit EUR 485,86 (darin EUR 80,98 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Der Zweitbeklagte ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen dessen mit EUR 383,82 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.".
Am 25. Mai 2007 erließ der Kostenbeamte des BG Purkersdorf gegenüber dem Beschwerdeführer einen Zahlungsauftrag, mit dem unter anderem gem. TP 2 GGG an Gerichtsgebühr EUR 256,30 angefordert wurde.
Dagegen stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Berichtigungsantrag, worin er (soweit dies für den Beschwerdefall noch von Bedeutung ist) geltend machte, dass die Vorschreibung der Gebühr gem. TP 2 GGG ihm gegenüber unberechtigt sei, weil sich die vom Kläger erhobene Berufung ausschließlich gegen den erstbeklagten Verein gerichtet habe.
Die belangte Behörde gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid dem Berichtigungsantrag teilweise (in einem jetzt nicht mehr beschwerdegegenständlichen Bereich) Folge, hielt aber u.a. die Vorschreibung von Gerichtsgebühren gem. TP 2 GGG in Höhe von EUR 256,30 "für die von der gebührenbefreiten klagenden Partei erhobenen Berufung" aufrecht.
Begründet wurde dies damit, dass gem. § 20 GGG in den Fällen des § 70 ZPO der Gegner zur Zahlung der Gerichtsgebühren, die die gebührenbefreite Partei zu entrichten gehabt hätte, verpflichtet sei, soweit ihm die Kosten des Rechtsstreites auferlegt worden seien oder er diese Kosten durch Vergleich übernommen habe.
Nur gegen die Vorschreibung der Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 256,30 gem. TP 2 GGG für die vom Kläger gegen den erstbeklagten Verein erfolglos erhobene Berufung wendet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, dass ihm gegenüber für die vom Kläger allein gegen den Erstbeklagten erhobenen Berufung Pauschalgebühr in Anwendung des § 70 ZPO nicht vorgeschrieben werden darf.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 GGG ist unter anderem bei zivilgerichtlichen Verfahren der Rechtsmittelwerber zahlungspflichtig.
Gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. gilt die Gebührenfreiheit auf Grund der Verfahrenshilfe nur für das Verfahren, für das sie bewilligt wurde, einschließlich des Rechtsmittelverfahrens und des Exekutionsverfahrens.
§ 70 ZPO lautet auszugsweise:
"Die im § 64 Abs. 1 Z. 1 genannten Beträge, von deren Bestreitung die Partei einstweilen befreit ist, ... sind unmittelbar beim Gegner einzuheben, soweit diesem die Kosten des Rechtsstreites auferlegt worden sind oder er sie in einem Vergleich übernommen hat ..."
§ 20 GGG bestimmt:
"In den Fällen des § 70 ZPO sowie bei persönlicher Gebührenfreiheit aus anderen Gründen (§ 10) ist der Gegner zur Zahlung der Gerichtsgebühren, die die gebührenbefreite Partei zu entrichten gehabt hätte, verpflichtet, soweit ihm die Kosten des Rechtsstreites auferlegt sind oder soweit er die Kosten durch Vergleich übernommen hat. Im Zweifel ist die Hälfte der Gebühr einzuheben."
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist zu beachten, dass sich die vom Kläger im Verfahren 2 C 167/03k des BG Purkersdorf erhobene Berufung nur auf die durch das Ersturteil vorgenommene Abweisung des gegen den erstbeklagten Verein gerichteten Teiles des Klagebegehrens bezog und dass dafür gem. § 7 Abs. 1 Z. 1 GGG der Kläger als Berufungswerber an sich zahlungspflichtig war.
Auf Grund der ihm zuerkannten Verfahrenshilfe war der Kläger allerdings von der Entrichtung der Pauschalgebühr auch für das Berufungsverfahren einstweilen befreit.
Das Berufungsurteil, das die erstinstanzliche Abweisung der Klage gegenüber dem erstbeklagten Verein vollinhaltlich bestätigte, erkannte in diesem Zusammenhang den Kläger ausdrücklich für schuldig, dem erstbeklagten Verein die Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Eine Verpflichtung des Beschwerdeführers (des Zweitbeklagten) hingegen, dem Kläger für dessen Berufung Kosten zu ersetzen, ist den Akten ebensowenig zu entnehmen wie eine vergleichsweise Übernahme dieser Kosten.
Der dem Beschwerdeführer im Berufungsurteil auferlegte Kostenersatz betrifft nur das von ihm selbst durch Erhebung einer Berufung gegen das Ersturteil angestrengte Berufungsverfahren und hat daher mit der Pauschalgebühr gem. TP 2 GGG für die vom Kläger gegen den erstbeklagten Verein erhobene Berufung, für die der Kläger als Berufungswerber an sich zahlungspflichtig war, nichts zu tun. Es fehlt somit an jeglicher Rechtsgrundlage dafür, dem Zweitbeschwerdeführer Gerichtsgebühren gem. § 20 GGG vorzuschreiben. Daran vermag auch der Hinweis auf den mit dem hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2000, Zl. 99/16/0452 entschiedenen Fall nichts zu ändern, weil es sich dort um eine ganz andere Fallkonstellation handelte, die mit der vorliegenden Beschwerdesache nicht zu vergleichen ist.
Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang der erfolgten Anfechtung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 2003/333.
Wien, am 23. Oktober 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007160174.X00Im RIS seit
21.11.2008Zuletzt aktualisiert am
18.03.2009