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L37069 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Wien;Norm
AVG §37;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2007/17/0131Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerden des KH in A, vertreten durch Dr. Herwig Ernst, Rechtsanwalt in 2100 Korneuburg, Hauptplatz 32, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien
1. vom 16. Februar 2007, Zl. UVS-05/K/24/3501/2006 (hg. Verfahren Zl. 2007/17/0130) und 2. vom 1. März 2007, Zlen. UVS- 05/K/47/3590/2006, UVS-05/V/47/3592/2006, UVS-05/V/47/3596/2006, UVS-05/V/47/3599/2006, UVS-05/V/47/3601/2006, UVS- 05/V/47/3602/2006, UVS-05/V/47/3605/2006, UVS-05/V/47/3606/2006, UVS-05/V/47/3607/2006, UVS-05/V/47/3609/2006, UVS- 05/V/47/3613/2006, UVS-05/V/47/3614/2006, UVS-05/V/47/3617/2006, UVS-05/V/47/3618/2006, UVS-05/V/47/3619/2006, UVS- 05/V/47/3621/2006, UVS-05/V/47/3622/2006, UVS-05/V/47/3623/2006, UVS-05/V/47/3625/2006, UVS-05/V/47/3626/2006, UVS- 05/V/47/3627/2006, UVS-05/V/47/3628/2006, UVS-05/V/47/3630/2006 und UVS-05/V/47/3631/2006 (hg. Verfahren Zl. 2007/17/0131), jeweils betreffend Verwaltungsübertretungen nach dem § 1a Wiener Parkometergesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in Höhe von insgesamt EUR 763,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die I KEG wurde nach § 1a Wiener Parkometergesetz (Wr. ParkometerG) als Zulassungsbesitzerin in insgesamt 97 Fällen aufgefordert, bekannt zu geben, wem ein näher bezeichnetes Fahrzeug, das zu näher angeführten Zeitpunkten (zwischen dem 3. November 2004 und dem 2. August 2005) an bestimmten Orten in gebührenpflichtigen Kurzparkzonen abgestellt worden sei, überlassen worden sei.
Der Beschwerdeführer antwortete als vertretungsbefugte Person der Zulassungsbesitzerin (mit im Zeitraum vom 25. Februar bis 11. November 2005 verfassten) Schreiben, in sämtlichen Fällen sei das Fahrzeug dem SS, geboren 1979, W, P-Gasse 7, überlassen worden.
Mit Straferkenntnissen vom 16. März 2005 (zur hg. Zl. 2007/17/0130) und vom 9. März 2006 (zur hg. Zl. 2007/17/0131) wurde der Beschwerdeführer in allen 97 Fällen schuldig erkannt, dem Auskunftsverlangen nicht entsprochen zu haben, weil die erteilte Auskunft unrichtig gewesen sei. Er habe dadurch § 1a Wr. ParkometerG verletzt. Es wurde über ihn gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. in 90 Fällen eine Geldstrafe von je EUR 35,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von je 12 Stunden) und in 7 Fällen eine Geldstrafe von je EUR 55,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von je 19 Stunden) verhängt. Begründend wurde jeweils ausgeführt, bei der vom Beschwerdeführer genannten Adresse des SS handle es sich um eine "Deckadresse für Personen ohne festen Wohnsitz". Behördliche Zustellungen an diese Adresse seien nicht möglich.
In seinen dagegen eingebrachten Berufungen brachte der Beschwerdeführer vor, er habe die Auskünfte richtig erteilt. Die Frage "wie und ob" SS wohne, sei für die Richtigkeit seiner Angaben unerheblich. Außerdem könne es weder SS noch ihm angelastet werden, wenn die Betreuungsstelle der Caritas in der P-Gasse das Postabgaberitual geändert habe.
Die belangte Behörde gab den Berufungen mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 16. Februar 2007 (hg. Zl. 2007/17/0130) und dem zweitangefochtenen Bescheid vom 1. März 2007 (hg. Zl. 2007/17/0131) nach Durchführung einer gemeinsamen mündlichen Verhandlung keine Folge und bestätigte jeweils die Straferkenntnisse.
Die belangte Behörde führte jeweils - im Wesentlichen übereinstimmend - begründend aus, die erteilten Auskünfte seien unrichtig gewesen. An der genannten Adresse seien ausschließlich Büroräumlichkeiten der Beratungsstelle "P7 Wiener Service für Wohnungslose" vorhanden. Mangels Unterbringungsmöglichkeiten zu Wohnzwecken könne dies keine Wohnadresse sein. SS sei nach von der belangten Behörde durchgeführten Erhebungen und der in der mündlichen Verhandlung gemachten Aussage des Leiters der Beratungsstelle dort auch nicht wohnhaft gewesen. Die Anschrift dieser Beratungsstelle werde lediglich Personen ohne festen Wohnsitz als "Deckadresse" zur Verfügung gestellt. Die Beratungsstelle sei von SS in den Jahren 2004 und 2005 weder persönlich betreten noch als Postadresse benützt worden. SS habe die Adresse erst ab Jänner 2006 als Postadresse nutzen dürfen.
SS verfüge bereits seit Jahren über keinen festen Wohnsitz. Eine derartige Wohnsituation samt ihren Begleitumständen bleibe im alltäglichen Leben nicht verborgen, weshalb davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer davon Kenntnis erlangt habe, zumal dem SS das Fahrzeug jeweils mehrmals im Monat überlassen worden sei. Da der Beschwerdeführer nicht ohne weiteres von der Richtigkeit der Angaben des SS habe ausgehen dürfen, habe er die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen jedenfalls fahrlässig verschuldet.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, mit welchen der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhalts und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges hat der Verwaltungsgerichtshof die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:
Gemäß § 1a Abs. 1 Wiener Parkometergesetz, LGBl. für Wien Nr. 47/1974 idF LGBl. Nr. 24/1987 (Wr. ParkometerG), hat der Zulassungsbesitzer und jener, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Fahrzeuges überlässt, für deren Abstellen Parkometerabgabe zu entrichten war, falls das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.
Gemäß § 1 Abs. 9 Meldegesetz 1991, BGBl. Nr. 9/1992 idF BGBl. I Nr. 28/2001, ist obdachlos, wer nirgends Unterkunft genommen hat.
Nach § 19a Abs. 1 Z 2 leg. cit. ist eine Kontaktstelle eine Stelle, die der Obdachlose regelmäßig aufsucht.
Die Kontaktstelle gilt gemäß § 19a Abs. 2 leg. cit. als Abgabestelle iSd Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, sofern der Obdachlose hiezu die Zustimmung des für diese Stelle Verfügungsberechtigten nachweist.
Nach § 4 ZustellG in der Stammfassung BGBl. Nr. 200/1982 ist eine Abgabestelle jener Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf; das ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort (vgl. auch die Bestimmung des § 2 Z 5 ZustellG idF BGBl. I Nr. 10/2004).
Die pflichtgemäße Auskunft des Zulassungsbesitzers soll es der Behörde ermöglichen, ohne großen Aufwand, d.h. insbesondere ohne weitere Erhebungen zur Feststellung der Anschrift, den Fahrzeuglenker zu ermitteln.
Die Anschrift - dabei handelt es sich um die im Zeitpunkt der Tat des Lenkers - ist iSd § 1a Wr. ParkometerG auch dann der Behörde gesetzmäßig mitgeteilt, wenn der Lenker zwar an ihr nicht gemeldet ist, aber tatsächlich an ihr wohnt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2000, Zl. 2000/17/0057).
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die objektive Unrichtigkeit der von ihm angegebenen Adresse des SS. Er wendet sich aber gegen die Feststellung eines schuldhaften Verhaltens mit dem Vorbringen, an der von ihm genannten Adresse seien "Zustellungen ursprünglich möglich" gewesen. Der Umstand, dass SS von der Beratungsstelle nicht mehr betreut worden sei, habe sich seiner Kenntnis entzogen.
Die Verletzung der Auskunftspflicht nach § 1a Wr. ParkometerG ist ein so genanntes Ungehorsamsdelikt. Damit wird eine Schuldvermutung betreffend die subjektive Tatseite begründet. Der Auskunftspflichtige hat hinsichtlich seiner Schuldlosigkeit (subjektive Tatseite) initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1999, Zl. 98/17/0296).
Die belangte Behörde hat zu dem bereits in den Berufungen erstatteten Vorbringen umfangreiche Ermittlungen angestellt und in den angefochtenen Bescheiden in nachvollziehbarer Weise festgestellt, dass Zustellungen in der P-Gasse 7 erst ab Jänner 2006, also nach den gegenständlichen Auskunftserteilungen durch den Beschwerdeführer möglich gewesen seien. Der Beschwerdeführer vermag sich schon aus diesem Grunde nicht auf eine ihm unbekannt gebliebene Veränderung der tatsächlichen Umstände zu berufen. Ein darüber hinausgehendes Vorbringen, aus dem sich ein geringeres Maß an Verschulden bzw. ein völliges Fehlen desselben ableiten ließe, hat der Beschwerdeführer im Übrigen unterlassen.
Die Rüge des Beschwerdeführers, ihm sei die Ladung zur mündlichen Verhandlung (am 28. November 2006) unmittelbar vor derselben zugestellt worden, sodass er diese erst einen Tag vor der Verhandlung habe beheben können, geht schon deswegen ins Leere, als sich auf dem in den Verwaltungsakten erliegenden Rückschein die Bestätigung einer persönlichen Übernahme des Ladungsbescheides am 9. Oktober 2006, sohin sieben Wochen vor dem Verhandlungstermin, befindet. Damit ist aber auch seinem Vorbringen, die belangte Behörde hätte seiner - unter Hinweis auf die kurze Zeitspanne gestellten - Vertagungsbitte entsprechen müssen, der Erfolg zu versagen. Mit der Behauptung, die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer davon nicht in Kenntnis gesetzt, dass an SS keine Zustellungen möglich seien, wird schon deswegen keine Verletzung des Parteiengehörs aufgezeigt, als dem Beschwerdeführer dieser Umstand bereits aus den Straferkenntnissen hätte bekannt sein müssen.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. Oktober 2008
Schlagworte
Ermittlungsverfahren AllgemeinSachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007170130.X00Im RIS seit
09.12.2008Zuletzt aktualisiert am
08.04.2009