TE Vwgh Erkenntnis 2008/10/28 2008/05/0073

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Veröffentlicht am 28.10.2008
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Index

L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Kärnten;
L70702 Theater Veranstaltung Kärnten;
L80202 Flächenwidmung Bebauungsplan einzelner Gemeinden Kärnten;
L82000 Bauordnung;
L82002 Bauordnung Kärnten;
L82252 Garagen Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
BauansuchenV Krnt 2002 §7 Abs2 lita Z2;
BauO Krnt 1996 §10 Abs2;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3 litf;
BauO Krnt 1996;
BauRallg;
BauvorschriftenG Krnt 1985 §6;
BauvorschriftenG Krnt 1985;
BebauungsplanV Klagenfurt 2003 §1 Abs2 litd;
BebauungsplanV Klagenfurt 2003 §3 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde 1. des Dr. JR und 2. der Dr. IR, beide in Klagenfurt und beide vertreten durch Dr. Hans Georg Mayer, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, St. Veiter Straße 1, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 20. Februar 2008, Zl. 7-B-BRM-1041/1/2008, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee, 2. Dr. K in 9020 Klagenfurt am Wörthersee), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die zweitmitbeteiligte Partei ist Eigentümerin des im Bauland - Wohngebiet liegenden Grundstückes Nr. 517/54 der Liegenschaft EZ 1141, KG St. Martin bei Klagenfurt, auf welchem ein baubehördlich bewilligtes Wohnhaus in offener Bauweise sowie eine in den nördlichen und östlichen Abstandsflächen bis an diese Grundstücksgrenzen heranreichende Garage, ebenfalls baubehördlich bewilligt, errichtet sind.

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Grundstückes Nr. 517/57 der Liegenschaft EZ 1158 desselben Grundbuchs, welches nordöstlich des Grundstückes der zweitmitbeteiligten Partei liegt und an dieses Grundstück im nordöstlichen Eckpunkt grenzt.

Mit Eingabe vom 3. April 2006 ersuchte die zweitmitbeteiligte Bauwerberin um die Erteilung der Baubewilligung für den Anbau eines Geräteraumes und für die Erweiterung des Wohnhauses auf ihrem Grundstück. Nach dem maßgeblichen Einreichplan vom 6. November 2006 gliedert sich die geplante Erweiterung der bestehenden Baulichkeiten in zwei Baukörper, die funktionelle Unterschiede aufweisen und höhenmäßig abgestuft sind. Der geplante, an das bestehende Wohnhaus anzubauende Baukörper mit zwei Zimmern und einem Vorraum soll 3 m von der östlichen Grundgrenze entfernt errichtet und an die nördliche Grundgrenze zum Grundstück Nr. 517/56 angebaut werden. Für diesen Anbau ist die Zustimmung zur geschlossenen Bauweise erteilt worden (Wohngebäudezubau, Baukörper 1). Der Nebenbaukörper mit dem vorgesehenen Verwendungszweck "Geräteraum" (Baukörper 2) ist in einer Länge von 9,90 m an der östlichen Grundgrenze mit einer Breite von 2,75 m geplant. Er soll 20,23 m2 groß sein und von der nördlichen Grundstücksgrenze 5 cm zurückversetzt werden. Die östliche, 38 cm breite Außenwand des geplanten Baukörpers 1 ist gleichzeitig als westliche Außenwand des Baukörpers 2 vorgesehen. Die übrigen Außenwände des Baukörper 2 sollen 25 cm dick sein. Das Flachdach des Geräteraums liegt um ca. 96 cm tiefer als das Flachdach des Wohngebäudezubaus und wird an der Südseite von der gemeinsamen Gebäudemauer gestützt. Der Geräteraum kann durch eine Tür von einem im Süden vorgelagerten Balkon betreten werden, über den auch der Zubau zum Wohngebäude betreten werden kann. Der Geräteraum wird über eine über dem Flachdach befindliche Lichtkuppel (LK 100/100) mit Licht versorgt. Beide Baukörper sollen über der bereits bestehenden, baubehördlich bewilligten, unterirdischen Garage, deren Deckenunterkante sich 80 cm über der Fußbodenoberkante des Erdgeschoßes des bereits errichteten und bewilligten Wohnhauses befindet, errichtet werden. Die Fußbodenoberkante des neu zu errichtenden Zubaus liegt ebenso wie diejenige des Geräteraumes bei + 1,20 m. Das anschließende Gelände beim nordöstlichen Grenzpunkt zum Grundstück der mitbeteiligten Parteien liegt bei + 1,35 m, die Gebäudeoberkante des Geräteraums liegt bei + 4,10 m.

Die Beschwerdeführer wendeten ein, dass das Bauvorhaben unmittelbar an ihrer Grundstücksgrenze der Klagenfurter Bebauungsplanverordnung widerspreche, weil die vorgesehenen Abstandsflächen nicht eingehalten würden. Die Voraussetzungen für eine geschlossene Bebauung seien nicht gegeben. Der als Geräteraum bezeichnete Bauteil sei optisch und funktionell der Wohnhauserweiterung bzw. dem bestehenden Wohnhaus eingegliedert, sodass das gesamte Bauvorhaben einen einheitlichen Zubau darstelle. Jedenfalls dürfte in der Abstandsfläche nur ein Nebengebäude bis zu einer Höhe von 3 m errichtet werden, wobei die Höhe an der der Aufschließungsstraße zugewandten Gebäudefront zu messen sei. Da an der Grundstücksgrenze bereits eine 3 m hohe Garage bestehe, sei die Überbauung dieses bestehenden Nebengebäudes durch ein weiteres Nebengebäude nicht zulässig.

Der Amtssachverständige der Baubehörde erster Instanz führte in seinem Gutachten im Wesentlichen aus, dass der Geräteraum funktionell mit dem Hauptgebäude nicht direkt verbunden sei; die Erschließung dieses Raums erfolge über einen Balkon bzw. eine Rampe. Der Geräteraum sei der Aufschließungsstraße nicht zugewandt, vielmehr vom Hauptgebäude nach Westen abgeschottet. Es handle sich dabei um einen Anbau an ein Hauptgebäude. Die Flachdachhöhe betrage 2,75 m über dem angrenzenden Gelände nach Osten und Norden hin. Das Baugrundstück stelle ein Hanggrundstück dar. Die bestehende Garage sei im nordöstlichen Bereich ins Gelände eingegraben. Die Garage sei Teil des geplanten Hauptgebäudes und liege im nordöstlichen Grenzbereich unterhalb des Geländes. Bei Anbauten an Hauptgebäude könnten bei der Errichtung eines Nebengebäudes Teile des Hauptgebäudes miteinbezogen werden.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2007 erteilte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen die beantragte Baubewilligung.

Mit Bescheid vom 29. Oktober 2007 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer von der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee als unbegründet abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde hiezu aus, die Beschwerdeführer erachteten sich ausschließlich in ihrem Recht auf Einhaltung der Abstandsbestimmungen im Sinne des § 23 Abs. 3 lit. e der Kärntner Bauordnung 1996 verletzt. Nach der Klagenfurter Bebauungsplanverordnung habe der Mindestabstand des Gebäudes von der Baugrundstücksgrenze 3 m zu betragen; dieser Abstand gelte jedoch nicht für Nebengebäude und für Gebäude oder Gebäudeteile, die unter dem Gelände lägen oder das Gelände nicht mehr als einen Meter überragten. Bei einem Anbau an ein Hauptgebäude könnten bei der Errichtung eines Nebengebäudes Teile des Hauptgebäudes miteinbezogen werden. Dachaufbauten (wie Brüstungen, standfeste Gelände, Attika udgl.) würden höhenmäßig nur dann mitberechnet, wenn sie näher als 2,25 m an der Grundstücksgrenze lägen. Strittig sei, ob der im Nahbereich der nördlichen und direkt an der östlichen Grundstücksgrenze situierte eingeschoßige Bauteil im Ausmaß von 9,9 m x 3 m und 2,75 m Höhe als Nebengebäude zu qualifizieren sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verstehe man unter einem Nebengebäude grundsätzlich ein Gebäude, das zu einem anderen, dem Hauptgebäude, hinzukomme, das also in der Regel im Vergleich zum gegebenen oder voraussehbaren Hauptgebäude nur untergeordnete Bedeutung habe und demnach im Allgemeinen nicht Wohnzwecken diene. Der Anbau des statisch unabhängigen Nebengebäudes an das Hauptgebäude hindere die Beurteilung als Nebengebäude nicht. Auch die Verbindung eines Nebengebäudes mit dem Hauptgebäude beeinträchtige grundsätzlich den Charakter eines Nebengebäudes nicht. Es komme vielmehr auf das äußere Erscheinungsbild an, das heißt, dass das Bauwerk eine entsprechende bauliche Selbständigkeit aufweise und mit dem Hauptgebäude kein solcher bautechnischer und funktioneller Zusammenhang bestehe, dass beide bauliche Anlagen als eine Einheit betrachtet werden müssten. Das bestehende Gebäude und insbesondere der geplante Wohnhauszubau diene im Wesentlichen Wohnzwecken, der weitere Bauteil, im Lageplan mit 2 gekennzeichnet, solle hingegen nach dem angegebenen Verwendungszweck als Geräteraum genutzt werden. Nach der Definition des Nebengebäudes in der Klagenfurter Bebauungsplanverordnung hätten die Baubehörden zutreffend diesen Geräteraum als Nebengebäude qualifiziert. Dieses Nebengebäude weise keine unterschiedlichen Gebäudehöhen auf, sodass im Beschwerdefall die Gebäudehöhe ausgehend vom anschließenden Gelände und nicht auf Grund der Anordnung des § 1 Abs. 2 lit. d zweiter Satz Klagenfurter Bebauungsplanverordnung zu beurteilen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichterteilung der Baubewilligung verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten die von ihnen geltend gemachten Nachbarrechte insoweit verletzt, als die belangte Behörde den "Geräteraum" nicht als Zubau zum Hauptgebäude, sondern als Nebengebäude beurteilt und die Höhe dieses Gebäudes - wenn es als Nebengebäude zu qualifizieren ist - falsch bemessen habe.

Gemäß § 23 Abs. 1 lit. e Kärntner Bauordnung 1996 (in der Folge: BO) haben im Baubewilligungsverfahren Parteistellung auch die Anrainer. Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen sind Anrainer die Eigentümer (Miteigentümer) der an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke und aller weiteren im Einflussbereich des Vorhabens liegenden Grundstücke.

Das Grundstück der Beschwerdeführer grenzt (wenn auch nur in einem Punkt) an das Baugrundstück der mitbeteiligten Bauwerberin. Den Beschwerdeführern kam daher im Baubewilligungsverfahren Parteistellung als Anrainer zu.

Gemäß § 23 Abs. 3 BO dürfen Anrainer im Sinne des Abs. 2 gegen die Erteilung der Baubewilligung nur begründete Einwendungen dahingehend erheben, dass sie durch das Vorhaben in subjektivöffentlichen Rechten verletzt werden, die ihnen durch die Bestimmungen dieses Gesetzes, der Kärntner Bauvorschriften, des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes eingeräumt werden, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Schutz der Anrainer dienen. Einwendungen der Anrainer im Sinne des ersten Satzes können insbesondere gestützt werden auf Bestimmungen über

d)

die Lage des Vorhabens;

e)

die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von den Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken.

Die Beschwerdeführer haben Einwendungen im Sinne des § 23 Abs. 3 lit. d und e BO erhoben.

§ 4 der Kärntner Bauvorschriften bestimmt in diesem Zusammenhang:

"(1) Oberirdische Gebäude und sonstige bauliche Anlagen sind entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder so anzuordnen, dass sie voneinander und von der Grundstücksgrenze einen ausreichenden Abstand haben. Der Abstand ist in Abstandsflächen (§ 5) auszudrücken.

(2) Wenn und soweit in einem Bebauungsplan Abstände festgelegt sind, sind die Bestimmungen des Abs. 1 letzter Satz und der §§ 5 bis 10 nicht anzuwenden.

...

§ 6

Wirkung von Abstandsflächen

(1) Oberirdische Gebäude sind so anzuordnen, daß sich in den Abstandsflächen ihrer Außenwände nur die in Abs 2 lit a bis d angeführten Gebäude oder sonstigen baulichen Anlagen befinden.

(2) In Abstandsflächen dürfen nur die nachstehend angeführten Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen errichtet werden, und zwar unabhängig davon, ob sie in Verbindung mit einem Gebäude oder einer sonstigen baulichen Anlage oder für sich allein errichtet werden:

a) bauliche Anlagen, die an keiner Stelle mehr als 1,50 m hoch sind;

b) ein Gebäude oder eine sonstige bauliche Anlage, das keine Aufenthaltsräume und Feuerstätten enthält, wie eine Einzelgarage oder ein Nebengebäude von ähnlicher Form und Größe oder eine überdeckte, mindestens an zwei Seiten offene Terrasse von höchstens 25 m2 Grundfläche, wenn

aa) es nicht höher als 2,50 m über dem angrenzenden projektierten Gelände liegt,

bb) ein Lichteinfall im Sinne des § 48 Abs 1 erster und zweiter Satz hinsichtlich des zu errichtenden Vorhabens nicht verhindert und hinsichtlich bestehender Gebäude nicht verschlechtert wird und

cc) Interessen der Sicherheit, der Gesundheit und des Schutzes des Ortsbildes nicht verletzt werden;

c) Dachvorsprünge, Sonnenblenden, Erker, Balkone, Wetterdächer u.ä. bis zu einer Ausladung von 1,30 m;

d) überdeckte, seitlich offene oder an einer Längsseite geschlossene und höchstens 2,00 m breite und 2,50 m hohe Zugänge."

Die für das Baugrundstück geltende Klagenfurter Bebauungsplanverordnung - KBPVO enthält hiezu folgende wesentliche Regelungen:

"§ 1

Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen

...

(2) Begriffsbestimmungen

...

b) Geschlossene Bebauungsweise bedeutet, dass Gebäude an einer oder mehreren Grenzen des Baugrundstückes unmittelbar angebaut errichtet werden.

c) Offene Bebauungsweise bedeutet, dass Gebäude unter Einhaltung eines Abstandes zur Baugrundstücksgrenze errichtet werden.

d) Nebengebäude sind Garagen und andere nicht für Aufenthaltsräume bestimmte Gebäude mit einer First- bzw. Flachdachhöhe bis zu 3,00 m. Weist ein als Nebengebäude in Betracht kommendes Gebäude auf Grund der bestehenden bzw. projektierten Geländekonfiguration unterschiedliche Gebäudehöhen auf, so ist die maßgebende Höhe an der der Aufschließungsstraße zugewandten Gebäudefront zu messen.

Bei einem Anbau an ein Hauptgebäude können bei der Errichtung eines Nebengebäudes Teile des Hauptgebäudes miteinbezogen werden. Dachaufbauten (wie Brüstungen, standfeste Geländer, Attika udgl.) werden höhenmäßig nur dann mitberechnet, wenn sie näher als 2,25 m an der Grundstücksgrenze liegen.

...

§ 3

Bebauungsweise

(1) Geschlossene Bebauungsweise ist, sofern Interessen des Schutzes des Ortsbildes nicht eine offene Bebauung erfordern, an jenen Baugrundstücksgrenzen zulässig, an denen bereits ein unmittelbar angebautes Gebäude, das nicht als Nebengebäude anzusehen ist, besteht, oder hinsichtlich der die Eigentümer der benachbarten Grundstücke einer geschlossenen Bebauungsweise zustimmen.

(2) Bei offener Bebauungsweise hat in den Zonen 1 bis 6, unbeschadet der sich nach Abs. 3 ergebenden Mindestabstände, der Gebäudeabstand zur Baugrundstücksgrenze mindestens 3 m zu betragen.

...

(5) Die in den Abs. 2 und 3 angegebenen Mindestabstände gelten nicht

a) für Nebengebäude;

...

(6) Nebengebäude sind, sofern die Interessen des Ortsbildes oder die verkehrsmäßige Erschließung dies erfordern, in geschlossener Bebauungsweise und in gleicher Baulinie zu errichten. Im 3,00 m-Bauwich zur Baugrundstücksgrenze darf jede dieser zugewandte, durch ein oder mehrere Nebengebäude gebildete Gebäudefront im Bereich der gemeinsamen Grundgrenze mit dem jeweilig betroffenen Anrainergrundstück eine Länge von 10,00 m (Vordächer zählen mit) nur dann überschreiten, wenn der Behörde die Zustimmung des Eigentümers des betreffenden Anrainergrundstückes nachgewiesen wird und Interessen des Ortsbildes nicht verletzt werden.

..."

Das Baugrundstück der mitbeteiligten Bauwerberin liegt gemäß § 2 der KBPVO in Zone 2 (Wohn- und Geschäftsgebiet mit ein- bis dreigeschoßiger Bebauung sowie als Bauland gewidmete Bauflächen in Grünland bzw. gemischtes Baugebiet), die Zustimmung zur geschlossenen Bauweise an der Nordseite liegt im Sinne des § 3 Abs. 1 KBPVO vor.

Die Beschwerdeführer bringen vor, der Geräteraum stelle gemeinsam mit der Wohnraumerweiterung einen einheitlichen Zubau zum bestehenden Hauptgebäude dar. Die Einheitlichkeit ergebe sich aus der baulichen Gestaltung, dem funktionellen Zusammenhang sowie aus dem äußeren Erscheinungsbild. Dieser Raum füge sich optisch nahtlos in die Gesamtarchitektur sowohl des bestehenden Wohnhauses als auch des als Wohnraum bezeichneten Teiles als Zubau ein. Die unterschiedlich hohe und versetzte Dachkonstruktion sowie die optische Fassadengliederung seien ein durchgängiges architektonisches Merkmal des Gesamtobjektes. Die bauliche Gestaltung und das äußere Erscheinungsbild des Geräteraumes seien dem restlichen Zubau angepasst. Der Geräteraum verfüge über eine völlig idente Balkonkonstruktion wie der nach Westen ausgerichtete Teil des Wohnraumzubaus. Beide Baukörper seien mit einer Glasfront über die gesamte Balkonbreite geplant. Die Plangestaltung zeige ein einheitliches und harmonisches Ganzes, dieser Zubau sei nach dem äußeren Erscheinungsbild nicht als selbständiges Nebengebäude erkennbar. Der überdachte Balkon stelle eine Verbindung des Geräteraums zum angrenzenden Zimmertrakt her, da der von drei Seiten geschlossene Balkon (Loggia) sowohl vom Geräteraum als auch vom angrenzenden Zimmer begehbar sei. Die vom Balkon in den Garten führende Rampe diene daher auch als direkter Gartenzugang für den Zimmertrakt. Aber auch die als Geräteraum ausgewiesene Nutzung, die von der Behörde nicht hinterfragt worden sei, könne eine Qualifizierung als Anbau (Nebengebäude) nicht rechtfertigen. Die planerische Ausgestaltung lasse die Möglichkeit zu, dass dieser Raum als Raum für Haushaltsgeräte z.B. als Wasch-, Trocken- und Bügelraum genutzt werden könne, was eine funktionelle Zuordnung zum Wohnhaus bedeute. Dafür spreche auch, dass der Geräteraum über eine die Gesamtbreite umfassende Glasfront Richtung Süden und einen Zugang zum davor befindlichen Balkon durch eine normale Balkontür verfüge. Durch die geplante Glaskuppel entstehe ein mit natürlichem Licht sehr gut ausgeleuchteter Raum.

Diesem Vorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, dass das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist. Das bedeutet, dass der in den Einreichplänen und der Baubeschreibung zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist. Gegenstand der baubehördlichen Entscheidung hat das durch den Bauplan und die baubehördliche Beschreibung konkretisierte Bauvorhaben zu sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar in Fällen, in denen der im Einreichplan angegebene Verwendungszweck im Hinblick auf die geplante Ausgestaltung nicht eindeutig darauf schließen lässt, ob es sich hierbei um einen Aufenthaltsraum handelt, ausgeführt, dass sich die Behörde bei der rechtlichen Qualifikation des Raumes nicht allein auf die Bezeichnung des Raumes im Einreichplan stützen dürfe (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2008, Zl. 2006/05/0282); im Beschwerdefall ergibt sich jedoch auf Grund der vorgesehenen Ausgestaltung und Anordnung des als Geräteraum bezeichneten Gebäudeteils im Einreichplan, dass dieser Raum nicht als Aufenthaltsraum vorgesehen ist. Auch wenn - wie die Beschwerdeführer behaupten - die planerische Ausgestaltung die Möglichkeit zulässt, dass dieser Raum als Wasch-, Trocken- und Bügelraum genutzt werden könnte, bietet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass dieser Raum als Wohnraum genutzt werden soll. Zutreffend verweist die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf § 47 der Kärntner Bauvorschriften, wonach eine Wohnung ein baulich in sich abgeschlossener Raumverband innerhalb eines Gebäudes ist, der den Bedürfnissen von Unterkunft und Haushaltsführung entsprechen muss, und Aufenthaltsräume Wohnräume in einer Wohnung sind. Alle übrigen Räume sind Nebenräume.

Bei Beurteilung der Frage, ob der geplante Geräteraum als Nebengebäude oder als Zubau zu qualifizieren ist, ist zunächst davon auszugehen, dass weder die Kärntner Bauordnung 1996 noch die Kärntner Bauvorschriften eine abschließende Definition für einen Zubau und ein Nebengebäude enthalten. Fehlt es an abweichenden gesetzlichen Definitionen, ist unter einem Zubau jede Vergrößerung eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung zu verstehen. Ein Bauwerk, das keinen Wohnzwecken dient und keinen unmittelbaren Zugang zum Hauptgebäude hat, wurde vom Verwaltungsgerichtshof auch im Geltungsbereich der Kärntner Bauordnung 1996 als Nebengebäude qualifiziert (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/05/0147, mwN). Unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis auch festgehalten, dass der Anbau eines statisch unabhängigen Nebengebäudes an das Hauptgebäude dessen Beurteilung als Nebengebäude nicht hindert.

Im Beschwerdefall ist zwar der Bauteil 2 (Geräteraum) nicht statisch unabhängig vom Bauteil 1 (Zubau zum Hauptgebäude) in der hier anzuwendenden KBPVO werden jedoch diesbezüglich die Anforderungen an die Qualifikation einer baulichen Anlage als Nebengebäude näher und abweichend von der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geregelt (vgl. § 1 Abs. 2 lit. d und § 3 Abs. 6 KBPVO). Nach der zitierten Bestimmung des § 1 Abs. 2 lit. d KBPVO, die insoweit auch der Regelung des § 6 Abs. 2 Kärntner Bauvorschriften entspricht, hindert die Miteinbeziehung von Teilen des Hauptgebäudes in das Nebengebäude dessen Qualifikation als Nebengebäude nicht.

Der hier zu beurteilende Geräteraum ist mit dem Hauptgebäude nicht direkt durch eine Verbindungstüre verbunden, er steht in keinem funktionellen Zusammenhang zum Hauptgebäude. Mit Ausnahme der bautechnischen Verbindung mit einer tragenden Mauer zum Zubau des Hauptgebäudes erfüllt dieser Raum somit sämtliche Voraussetzungen, die von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Qualifikation einer baulichen Anlage als Nebengebäude gefordert werden. Allein die Mitbenützung der östlichen tragenden Außenwand des Bauteiles 1 (Hauptgebäudezubau) als Stützmauer für den Bauteil 2 (Geräteraum) ändert daher im Beschwerdefall nichts an der rechtlichen Qualifikation dieses - im Übrigen funktionell und optisch vom Hauptgebäude abweichenden - Gebäudes als Nebengebäude. Im Hinblick auf die in der KBPVO enthaltene Sonderregelung bezüglich der bautechnischen Ausgestaltung eines Nebengebäudes vermag die festgestellte Verbindung mit dem Zubau des Hauptgebäudes die Qualifikation dieses Geräteraumes als Nebengebäude nicht zu ändern.

Die Beschwerdeführer bemängeln die Bemessung der Höhe des Geräteraumes. Sie sind der Auffassung, dass die Garage für die Bemessung der Höhe des Geräteraumes miteinzubeziehen sei. Der Geräteraum nutze die Konstruktion des Hauptgebäudes als Fundament; insoweit entstehe ein funktioneller Zusammenhang, weil dieses Fundament hinsichtlich der zulässigen Maximalhöhe eine untrennbare Einheit mit dem Nebengebäude darstelle und daher für die Bemessung der Höhe des Nebengebäudes diese Einheit zu berücksichtigen sei. Bei Hanggrundstücken bzw. unebenen Grundstücken sei die vorgesehene Höhe des Nebengebäudes von der Straßenseite her zu bemessen, und zwar vom Straßenniveau als Bezugspunkt. Auf keinen Fall sei der Höhenbemessung irgendein Punkt eines angrenzenden Nachbargrundstückes zu Grunde zu legen, da dies für jeden Nachbarn unterschiedliche Ergebnisse zeitigen würde. Die Lichtkuppel sei in die Höhenbemessung einzubeziehen, da sich diese näher als 2,25 m an der Grundstücksgrenze befinde.

Die belangte Behörde hat richtig erkannt, dass die Gebäudehöhe nach der Kärntner Rechtslage grundsätzlich vom angrenzenden projektierten Gelände zu messen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2006, Zl. 2004/05/0103).

Das Nebengebäude "Geräteraum" weist auf Grund der bestehenden bzw. projektierten Geländekonfiguration keine unterschiedlichen Gebäudehöhen auf (vgl. § 1 Abs. 2 lit. d KBPVO), weshalb die belangte Behörde zutreffend die Gebäudehöhe vom anschließenden Gelände berechnet hat. Das anschließende Gelände ist beim Nebengebäude mit + 1,35 m kotiert; an der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführer liegt der höchste Punkt des Geräteraumes bei + 4,10 m. Selbst die plangemäß dargestellte Lichtkuppel liegt innerhalb der vom anschließenden Gelände berechneten 3 m-Höhe.

Insofern die Beschwerdeführer ausführen, dass die im Einreichplan eingezeichnete Höhenkote Fußbodenoberkante/Grünfläche nicht richtig dargestellt sei, in natura nicht bei + 1,35 m sondern bei ca. + 1,15 m liege, ist nochmals darauf hinzuweisen, dass das Baubewilligungsverfahren ein Projektsgenehmigungsverfahren ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II. Nr. 333/2003.

Wien, am 28. Oktober 2008

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Gebäudehöhe BauRallg5/1/5Baubewilligung BauRallg6Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Parteivorbringen Erforschung des Parteiwillens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008050073.X00

Im RIS seit

04.12.2008

Zuletzt aktualisiert am

10.02.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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