TE Vwgh Beschluss 2008/10/28 2008/05/0186

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Veröffentlicht am 28.10.2008
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Index

L00019 Landesverfassung Wien;
L10109 Stadtrecht Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §56 Abs1 impl;
AuslBG §20 Abs3 impl;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art103 Abs4 impl;
B-VG Art103 Abs4;
B-VG Art118;
VwGG §34 Abs1;
WStV 1968 §80;
WStV 1968 §88 Abs4;
WStV 1968 §99;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, in der Beschwerdesache der H GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 27. Juni 2008, Zl. MA 64 - 1505/2008, betreffend Gebrauchserlaubnis, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird, soweit im angefochtenen Bescheid über Anträge auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz abgesprochen wurde, zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die im Devolutionsweg zuständig gewordene belangte Behörde meritorisch über mehrere Anträge der Beschwerdeführerin u.a. auf Gebrauchserlaubnis nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz.

Die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid lautete:

"Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel mehr

zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein und ist spätestens im Zeitpunkt ihrer Überreichung mit EUR 180.-- zu vergebühren."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtwidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Dieser Regelung der Legitimation zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde liegt unter anderem der Gedanke zugrunde, dass die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes solange unzulässig ist, als noch gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde eine andere Verwaltungsbehörde angerufen werden kann (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 20. November 2001, Zl. 99/09/0244, mwN).

§ 48a Abs. 1 Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (WStV) lautet:

"(1) Die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Verfügungen oder Entscheidungen des Magistrats im eigenen Wirkungsbereich (§ 99) obliegt dem Berufungssenat, der aus dem Vorsitzenden, sechs Beisitzern und sechs Stellvertretern der Beisitzer besteht."

§ 99 WStV lautet:

"(1) Sofern nicht durch ein Gesetz eine andere Rechtsmittelinstanz gegeben ist, entscheidet in den zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörenden Angelegenheiten der Berufungssenat über Rechtsmittel gegen Verfügungen oder Entscheidungen des Magistrats.

(2) Wenn für das Verfahren keine andere gesetzliche Regelung gilt, ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, anzuwenden.

(3) Gegen die Entscheidung des Berufungssenates ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zulässig."

Der Verwaltungsgerichtshof nimmt in ständiger Rechtsprechung an, dass in der unmittelbaren Bundesverwaltung der Instanzenzug bis zur obersten Behörde (grundsätzlich zum jeweils zuständigen Bundesminister) geht, soweit nicht bundesgesetzlich anderes bestimmt ist (vgl. bereits das hg. Erkenntnis vom 6. Jänner 1950, Zl. 171/48, Slg. Nr. 1232 A, und z.B. die hg. Beschlüsse vom 20. November 2001, Zl. 99/09/0244, sowie vom 11. September 2008, 2007/08/0218; zur mittelbaren Bundesverwaltung vgl. die besondere Regelung des Art. 103 Abs. 4 B-VG). Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass in der Landesverwaltung der Instanzenzug, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist, bis zur Landesregierung (und damit bis zur obersten Behörde dieses Vollzugsbereiches) offen steht (vgl. den hg. Beschluss vom 6. Mai 1981, 81/03/0049).

Für den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (diesem ist der angefochtene Bescheid zuzurechnen) ist jedenfalls auf Grund der WStV der Gemeinderat als "oberste Behörde" im Sinne des § 73 Abs 2 AVG anzusehen (vgl. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 24. April 1986, Zl. 85/02/0281, VwSlg. 12.123).

Der Verwaltungsgerichtshof ist in den schon zitierten Beschlüssen vom 20. November 2001 und vom 11. September 2008 zu § 20 Abs. 3 AuslBG bzw. § 56 Abs. 1 AlVG davon ausgegangen, dass das Gesetz, das zwar ein "weiteres" Rechtsmittel gegen Entscheidungen der jeweils belangten Behörde als Berufungsbehörde ausschließt, für die Fälle, dass diese Behörden in erster Instanz tätig werden, damit aber keinen Ausschluss einer Berufung an die jeweilige Oberbehörde normiert.

Im Beschwerdefall hat der Berufungssenat infolge Devolution gemäß § 73 Abs. 2 AVG anstelle des säumig gewordenen Magistrates der Stadt Wien funktionell als Behörde erster Instanz entschieden. Den Instanzenzug für den Fall einer vom Berufungssenat nicht als Berufungsbehörde ergangenen Entscheidung regelt die WStV nicht ausdrücklich. § 99 WStV gleicht insoweit § 20 Abs. 3 AuslBG bzw. § 56 Abs. 1 AlVG (vgl. hingegen das hg. Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2006/05/0038, zu § 60 der NÖ Gemeindeordnung 1973, und jenes vom 10. September 2008, Zl. 2007/05/0116, zu § 64 des Statutes der Stadt Wels 1992: In beiden genannten Bestimmungen ist ausdrücklich normiert, dass auch dann, wenn der Gemeindevorstand bzw. Stadtsenat als Oberbehörde entscheidet, eine Berufung gegen seine Entscheidung unzulässig ist).

Allerdings kann aus dem Umstand, dass eine solche Regelung fehlt, angesichts der Bestimmungen der WStV, nach denen der Gemeinderat sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über dem Berufungssenat ist, nicht geschlossen werden, dass ein ordentliches Rechtsmittel gegen eine derartige Entscheidung nicht offen steht (vgl. abermals die zitierten hg. Beschlüsse vom 20. November 2001 und vom 11. September 2008). Der Rechtsmittelzug geht vielmehr - entgegen der Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid - in einem Fall wie dem vorliegenden an den Gemeinderat. Die Prozessvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzuges ist folglich nicht gegeben.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Soweit der angefochtene Bescheid Entscheidungen gemäß § 82 StVO zum Gegenstand hat, wird der hiefür zuständige Senat des Verwaltungsgerichtshofes über die Beschwerde absprechen.

Wien, am 28. Oktober 2008

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht und Baurecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008050186.X00

Im RIS seit

10.12.2008

Zuletzt aktualisiert am

20.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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