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32/04 Steuern vom Umsatz;Norm
UStG 1994 §1 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der Wgenossenschaft N, vertreten durch Wirtschaftstreuhand Tirol Wirtschaftsprüfungs GmbH in 6020 Innsbruck, Rennweg 18, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 3. Februar 2006, RV/0477-I/04, betreffend Umsatzsteuer 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine Genossenschaft nach § 73 Wasserrechtsgesetz 1959. Ihre satzungsmäßige Aufgabe besteht in der Versorgung der Gemeinde A mit Trinkwasser und Nutzwasser. Ihre Umsätze bestehen im Wesentlichen aus dem - dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden - Wasserzins.
Im Bericht vom 15. Juli 2004 über eine Buch- und Betriebsprüfung wird festgehalten, die "Wildbach- und Lawinenverbauung" habe in den Jahren 1999 und 2000 am Schwemmkegelhals des B-Baches und im Ausschüttungsgebiet der B-Tal-Lawine ein Kombinationsbauwerk zum Schutz gegen Muren und Lawinen aus dem B-Tal errichtet. Im Zuge dieser Baumaßnahmen habe der vorhandene Trinkwasser-Hochbehälter (Nutzungsinhalt 100 m3) der Beschwerdeführerin entfernt werden müssen. Die "Wildbach- und Lawinenverbauung" habe die Kosten für einen (neuen) Hochbehälter mit Nutzungsinhalt von 100 m3 mit 2 Mio S ermittelt und diesen Betrag der Beschwerdeführerin im Dezember 2000 als "Ersatz- /Entschädigungsleistung" bezahlt. Nach Ansicht des Prüfers sei dieser Vorgang als Leistungsaustausch (Duldung der Entfernung des alten Hochbehälters) zu beurteilen und unterliege daher der Umsatzsteuer. Der geleistete Betrag von 2 Mio S stelle den Bruttobetrag dar, sodass sich eine Umsatzsteuer von 333.333,33 S errechne.
Den Prüfungsfeststellungen entsprechend nahm das Finanzamt das Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2000 wieder auf und erließ einen geänderten Sachbescheid.
Die Beschwerdeführerin brachte Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid ein. Zur Begründung führte sie aus, der "Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung" sei eine bundesunmittelbare Dienststelle des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Diese Behörde gliedere sich in 28 Gebietsbauleitungen. Die für die Gemeinde A zuständige Gebietsbauleitung habe im Jahr 2000 kraft der ihr übertragenen Amtsgewalt, ohne dass es einer Zustimmung oder Mitwirkung der Beschwerdeführerin bedurft hätte, im Bereich des B-Baches ein Kombinationsbauwerk zum Schutz (der Gemeinde A) gegen Muren und Lawinen aus dem B-Tal errichtet. An dieser Stelle habe die Beschwerdeführerin zwei betonierte Wasserspeicher mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 100 m3 zur Trinkwasserversorgung der Gemeinde A (Dorfzentrum) unterhalten. Diese Wasserspeicher seien im Zuge der "behördlich durchgesetzten" Wildbach- und Lawinenschutzbaumaßnahmen entfernt worden. Dem gesamten Vorgang liege der Wasserrechtsbescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 30. September 1999 zugrunde, in welchem die "Wildbach- und Lawinenverbauung" verpflichtet werde, die abgetragenen Hochbehälter in der bisherigen Größenordnung (an anderer Stelle) wiederherzustellen. Die Beschwerdeführerin habe zur Aufrechterhaltung der Wasserversorgung der Gemeinde A selbst einen neuen - den gestiegenen Einwohnerzahlen angepassten - Wasserspeicher (Hochbehälter) mit Fassungsvermögen von ca 500 m3 um Nettobaukosten von ca 7 Mio S errichtet. Ein Gutachten der Abteilung Wasserwirtschaft des Baubezirksamtes vom 11. Mai 2000 habe die Netto-Neubaukosten eines Hochbehälters mit dem Fassungsvermögen von (wie bisher bloß) 100 m3 mit 2 Mio S geschätzt. Auf der Grundlage dieser Schätzung habe die Bundesbehörde "Wildbach- und Lawinenverbauung" diesen Betrag von 2 Mio S der Beschwerdeführerin als Zuschuss zur Errichtung des neuen Hochbehälters bezahlt.
Es treffe nicht zu, dass die Beschwerdeführerin den Betrag von 2 Mio S für die Duldung des Entfernens des bisherigen Hochbehälters erhalten habe. Die "Wildbach- und Lawinenverbauung" habe den gesetzlichen Auftrag, den Menschen durch technische und biologische Maßnahmen Schutz vor Wildbächen, Erosionen und Lawinen zu gewähren. In Ausübung dieses gesetzlichen Auftrages habe sie im Zuge der wasser-, forst- und naturschutzrechtlichen Verhandlung durch die Bezirkshauptmannschaft zur Sicherung der Trinkwasserversorgung der Gemeinde A bescheidmäßig die Auflage erhalten, der Beschwerdeführerin einen den bisherigen Wasserbehältern gleichartigen Hochbehälter zu finanzieren. Die "Wildbach- und Lawinenverbauung" habe kein eigenes Interesse daran gehabt, die Baukosten ihres Bauprojektes durch eine zusätzliche Zahlung von 2 Mio S zu erhöhen. Diese Zahlung stelle den Zuschuss einer Bundesbehörde zur Finanzierung der Herstellung eines neuen Wasserspeichers dar, da die beiden alten durch - im übergeordneten Allgemeininteresse begründete - Hoheitsakte zerstört worden seien. Zuschüsse von Gebietskörperschaften zur Anschaffung von Wirtschaftsgütern ohne jede weitere Bedingung stellten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht steuerbare Zahlungen dar; gleiches gelte für Zuschüsse für die Stilllegung von Betrieben.
Als Beilage legte die Beschwerdeführerin ein an sie gerichtetes Schreiben des "Forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung" vom 15. Dezember 2000 vor. Darin wird u. a. ausgeführt: "Im Zug der Errichtung der o.a. Schutzmaßnahmen war es notwendig, den vorhandenen Hochbehälter (…) zu entfernen und hiefür, gemäß WR-Bescheid, Ersatzmaßnahmen in der vorhandenen Größenordnung auf Projektskosten wiederherzustellen. Der bisherige Nutzinhalt des angesprochenen Hochbehälters betrug 100 m3." Die Beschwerdeführerin habe wegen der Beseitigung des bisherigen Hochbehälters einen neuen errichten lassen, der allerdings einen Nutzungsinhalt von 500 m3 aufweise und zu Baukosten von ca 7 Mio S geführt habe. Seitens der "Wildbach- und Lawinenverbauung" seien bloß die Kosten für einen Hochbehälter in der Größenordnung von 100 m3 zu ersetzen. Diese Kosten seien von einem Amtssachverständigen für Wasserwirtschaft des Baubezirksamtes mit 2 Mio S ermittelt worden; dieser Betrag ("Ersatz/Entschädigungsleistung") werde nunmehr seitens der "Wildbach- und Lawinenverbauung" der Beschwerdeführerin "rückvergütet".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der "Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung" habe in Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben die Verbauung der B-Tal-Lawine, welche in Verbindung mit dem B-Bach eine Bedrohung für die Gemeinde A darstelle, beabsichtigt. Von den Baumaßnahmen seien auch die Wasserversorgungsanlagen der Beschwerdeführerin berührt gewesen. Mit Bescheid vom 30. September 1999 habe die Bezirkshauptmannschaft der Gemeinde A die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung der Schutzmaßnahmen gegen die B-Tal-Lawine erteilt, allerdings unter der Nebenbestimmung, dass Ersatzmaßnahmen für die Beschwerdeführerin im Einvernehmen mit dieser zu setzen seien, wobei die Planung und Herstellung eines Ersatzes vom "Projekt" zu finanzieren seien.
Sodann seien die Hochbehälter der Beschwerdeführerin mit einem Fassungsvermögen von 100 m3 in Folge der Errichtung der Schutzmaßnahmen entfernt worden. Der Neuwert eines gleichartigen Hochbehälters sei vom Baubezirksamt der Landesregierung mit 2 Mio S angenommen worden. Daher habe der "Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung" diesen Betrag von 2 Mio S der Beschwerdeführerin als "Ersatz/Entschädigungsleistung" überwiesen. Tatsächlich habe die Beschwerdeführerin als Ersatz der bisherigen Hochbehälter einen solchen mit einem Fassungsvermögen von 500 m3 (und Baukosten von ca 7,1 Mio S) errichtet.
Bei diesem Sachverhalt stehe für die belangte Behörde fest, dass der streitgegenständlichen Zahlung eine Leistung der Beschwerdeführerin, nämlich der Verzicht auf die weitere Nutzung und die Zustimmung zur Entfernung der bestehenden Hochbehälter, gegenüber stehe. Dies folge daraus, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen der Wasserrechtsverhandlung dem Vorhaben der Lawinen- und Wildbachverbauung samt dem damit verbundenen Eingriff in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin nicht widersprochen habe, sondern durch die Geltendmachung der Ersatzmaßnahmen samt Kostenübernahme durch die Projektbetreiber ihre Zustimmung erteilt habe. Die Beschwerdeführerin habe damit der Gemeinde A bzw dem "Forsttechnischen Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung" einen konkreten wirtschaftlichen Vorteil verschafft, nämlich die Möglichkeit der planmäßigen Umsetzung des Schutzvorhabens. Die Beschwerdeführerin habe gegenüber der Gemeinde A bzw dem "Forsttechnischen Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung" ein vom wirtschaftlichen Kalkül getragenes Verhalten auf "Abtretung ihrer Hochbehälter" gesetzt. Für diesen individuellen Nutzen sei der "Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung" zur Leistung des in Rede stehenden Geldbetrages bereit gewesen.
Diese Beurteilung ergebe sich nach Ansicht der belangten Behörde daraus, dass der Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 30. September 1999 nicht über eine Enteignung oder Rechtsbeschränkung der Beschwerdeführerin abspreche, sondern lediglich die Gemeinde A bzw den "Forsttechnischen Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung" zur Finanzierung eines Ersatzbehälters verpflichte.
Die Zahlung des "Forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung" stelle auch keine Subvention und keinen Investitionszuschuss für den neuen Hochbehälter dar. Die Zahlung sei vielmehr eine Abschlagszahlung für die alten Behälter. Maßnahmen zur Gewährleistung der Wasserversorgung gehörten nämlich nicht zu den gesetzlichen Aufgaben des "Forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung", die Herstellung des neuen Hochbehälters sei daher nicht in dessen Interesse gelegen. Sohin sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin eine Gegenleistung in Form der "Aufgabe des alten Wasserspeichers" erbracht habe.
Die Zahlung könne auch nicht als Schadenersatz beurteilt werden, weil der Beschwerdeführerin nicht rechtswidrig und schuldhaft Schaden zugefügt worden sei.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin bringt vor, ihr Unternehmensgegenstand sei die Versorgung der Gemeinde A mit Wasser. Dazu habe sie Wasserfassungen und Wasserspeicher errichtet. Die Gemeinde A habe zur Sicherung des Siedlungsgebietes vor Lawinen und Muren beim "Forsttechnischen Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung" die Errichtung eines Kombinationsbauwerkes (gegen Lawinen und Muren) angeregt. Nach Erstellung des Ausführungsplanes durch den "Forsttechnischen Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung" (diesem Plan zufolge seien Hochbehälter der Beschwerdeführerin zu beseitigen gewesen) habe die Gemeinde A bei der Bezirkshauptmannschaft um die wasser-, forst- und naturschutzrechtliche Bewilligung für die Schutzbauten angesucht. Der diese Bauten genehmigende Bescheid der Bezirkshauptmannschaft halte fest, dass für die Hochbehälter der Beschwerdeführerin Ersatzmaßnahmen zu treffen seien. In der Folge habe der "Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung" die Schutzbauten errichtet. Die Finanzierung sei zu 60% aus Mitteln des Bundes und zu je 20% aus Mitteln des Landes und der Gemeinde A erfolgt. Eigentümer der errichteten Schutzbauten sei die Gemeinde A, sie trage die künftigen Erhaltungsaufwendungen. Im Dezember 2000 habe der "Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung" 2 Mio S an die Beschwerdeführerin bezahlt; diese Zahlung sei Teil der Gesamtbaukosten für die Schutzbauten und daher im angegebenen Verhältnis von Bund, Land und Gemeinde getragen worden. Eine Leistung der Beschwerdeführerin, etwa im Sinne eines Duldens der Entfernung alter Hochbehälter, liege nicht vor. Es gebe auch gar keine Leistungsbeziehung zwischen der Beschwerdeführerin und dem "Forsttechnischen Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung". Bei diesem stelle der Zuschuss von Bund, Land und Gemeinde A lediglich einen durchlaufenden Posten dar. Der Schutz der Gemeinde A vor Naturgewalten stehe ebenso im öffentlichen Interesse wie die Versorgung des Ortsgebietes mit Trinkwasser.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer.
Gemäß § 3 Abs 1 leg. cit. sind Lieferungen solche Leistungen, durch die ein Unternehmer den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen.
Sonstige Leistungen sind nach § 3a Abs. 1 leg. cit. Leistungen, die nicht in einer Lieferung bestehen. Eine sonstige Leistung kann auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen.
Die genannten gesetzlichen Bestimmungen sind in Umsetzung der
6. MwSt-Richtlinie 77/388/EWG erlassen worden.
Als Lieferung eines Gegenstandes gilt nach Art 5 Abs 1 der
6. MwSt-Richtlinie die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.
Als Dienstleistung gilt gemäß Art 6 Abs 1 der 6. MwSt-Richtlinie jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstandes im Sinne des Art 5 ist. Diese Leistung kann unter anderem auch in der Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen oder eine Handlung oder einen Zustand zu dulden, oder in der Ausführung eines Dienstes auf Grund einer behördlichen Anordnung oder kraft Gesetzes bestehen.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Leistung der Beschwerdeführerin in der "Abtretung ihrer Hochbehälter" und im "Verzicht auf die weitere Nutzung und die Zustimmung zur Entfernung der bestehenden Hochbehälter" erblickt. Eine Auseinandersetzung damit, ob ein Umsatz, der in der Abtretung der Hochbehälter als Bauwerk besteht, dem Befreiungstatbestand des § 6 Abs 1 Z 9 lit a UStG 1994 zu subsumieren wäre, ist dabei unterblieben.
Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ergibt sich jedoch bereits daraus, dass die belangte Behörde zu Unrecht einen Leistungsaustausch angenommen hat.
Bei einem Verhalten, das im öffentlichen Interesse liegt und bei dem keinem speziellen Leistungsempfänger ein verbrauchbarer Nutzen zukommt, kommt es nicht zu einem Leistungsaustausch iSd UStG (vgl Ruppe, UStG3, § 1 Tz 24 und Tz 162; siehe auch § 4, Tz 116, und das hg Erkenntnis vom 23. November 2004, 2001/15/0103).
Der EuGH hat im Urteil vom 29. Februar 1996 in der Rs C- 215/94 (Jürgen Mohr) auf den Charakter der Mehrwertsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer auf Gegenstände und Dienstleistungen hingewiesen (Rn 19). Im damals vorliegenden Fall hat er keinen Verbrauch im Sinne des gemeinschaftlichen Mehrwertsteuersystems gesehen (Rn 20) und ausgeführt, dass die Gemeinschaft dadurch, dass sie Landwirten, die sich zur Aufgabe ihrer Milchproduktion verpflichten, einen Ausgleich gewährt, keine Gegenstände erwirbt und keine Dienstleistungen zur eigenen Verwendung erhält, sondern im allgemeinen Interesse an der Förderung des ordnungsgemäßen Funktionierens des Milchmarktes in der Gemeinschaft handelt (Rn 21). In der Verpflichtung eines Landwirtes zur Aufgabe seiner Milchproduktion sah der EuGH unter diesen Umständen keinen Vorteil für die Gemeinschaft (nach deren Bestimmungen der Landwirt dafür eine Vergütung erhalten hatte) oder für die zuständigen nationalen Stellen, auf Grund dessen sie als Empfänger einer Dienstleistung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der 6. MwSt-Richtlinie angesehen werden könnten (Rn 22).
Im Urteil vom 18. Dezember 1997 hat der EuGH in der Rs C- 384/95 (Landboden Agrardienste) auf sein Urteil in der Rs C-215/94 (Jürgen Mohr) verwiesen und ausgesprochen, dass ein in der von einem Landwirt eingegangenen Verpflichtung zur Verringerung seiner Produktion bestehender Umsatz zu keinem Verbrauch führt, und dass der Landwirt keinem identifizierbaren Verbraucher Dienstleistungen erbringt und keinen Vorteil verschafft, der einen Kostenfaktor in der Tätigkeit eines anderen Beteiligten am Wirtschaftsleben bilden könnte (Rn 23). Da die vom Landwirt eingegangene Verpflichtung weder den zuständigen Behörden noch anderen identifizierbaren Personen Vorteile verschafft, aufgrund deren sie bezüglich einer Dienstleistung als die Verbraucher angesehen werden könnten, stufte der EuGH die vom Landwirt eingegangene Verpflichtung zur Verringerung seiner Produktion nicht als Dienstleistung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der 6. MwSt-Richtlinie ein (Rn 24).
Auf dem Boden dieser Rechtsprechung kann der Verwaltungsgerichtshof keinen Vorteil erkennen, welchen die Beschwerdeführerin im gegebenen Zusammenhang der Gemeinde A, dem Bund oder dem Land, jeweils in deren Eigenschaft als Verbraucher oder Beteiligte am Wirtschaftsleben, verschafft hätte.
Der "Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung" als Einrichtung des Bundes kann für sich von vornherein nicht Leistungsempfänger gewesen sein. Im gegenständlichen Fall haben zudem weder die Gemeinde A noch der Bund oder das Land dadurch, dass sie der Beschwerdeführerin einen Ausgleich für den abgetretenen Wasserspeicher gewährt haben, Gegenstände erworben, liegen doch keine Feststellungen darüber vor, dass ihnen die Befähigung, wie ein Eigentümer über die Hochbehälter zu verfügen, übertragen worden wäre oder dass sie auch bloß ein Interesse an einer solchen Übertragung gehabt hätten. Gemeinde A, Bund und Land haben auch keine Dienstleistungen zur eigenen Verwendung erhalten. Vielmehr sind im allgemeinen und öffentlichen Interesse am Schutz der Bevölkerung vor Lawinen- und Murenabgängen die bestehenden Hochbehälter abgetragen (vernichtet) und dafür Ersatzleistungen erbracht worden. In der Duldung der Abtragung der Hochbehälter ist unter diesen Umständen kein Vorteil für die Gemeinde A, den Bund oder das Land zu erblicken, auf Grund dessen diese als Empfänger einer Dienstleistung angesehen werden könnten. Durch die Bereitschaft, die bestehenden Hochbehälter abtragen zu lassen, werden weder einem identifizierbaren Verbraucher Dienstleistungen erbracht, noch wird ein Vorteil verschafft, der einen Kostenfaktor in der Tätigkeit eines anderen Beteiligten am Wirtschaftsleben bilden könnte.
Der angefochtene Bescheid ist sohin mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. Oktober 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006150131.X00Im RIS seit
10.12.2008Zuletzt aktualisiert am
21.05.2013