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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §47;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der P GmbH in Wien, vertreten durch Lattenmayer Luks & Enzinger Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mahlerstraße 11, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. Juni 2007, Zl. BOB - 50/07, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 16. Februar 2005 wurde der Beschwerdeführerin als Bauwerberin die Bewilligung erteilt, auf dem Grundstück Nr. 1348/12, Parkring 12, der Liegenschaft EZ 852, KG Innere Stadt Wien, folgende bauliche Änderungen vorzunehmen:
"Im 6., 7. und 9. Stock sollen Büroeinheiten zu insgesamt 15 neuen Wohneinheiten umgebaut werden."
In den mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Einreichplänen scheint als Planverfasser die "C GmbH" auf. Die Einreichpläne sind überschrieben mit: "gruppe c architektur planung". Die Anschrift stimmt mit der Firmenadresse der Planverfasserin überein.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 16. September 2005 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 70 Bauordnung für Wien iVm § 119a leg. cit. die Bewilligung erteilt, auf der vorgenannten Liegenschaft folgende Bauführung vorzunehmen:
"Der Aufzugsschacht und das Stiegenhaus der Stiege 1 sollen in das 2. Kellergeschoss verlängert, die Aufzugsschächte der Stiegen 1, 2 und 3, sowie die Einteilung und Widmung der Räume vom
2. Kellergeschoss bis in den 5. Stock abgeändert, Verbindungsstiegen vom Erdgeschoss in den 1. Stock abgebrochen und für den 1. Stock Innenhöfe geschaffen werden."
Als zusätzliche Auflage wurde u.a. vorgeschrieben:
"1. Sicherheitsaufzüge für die Feuerwehr
1.1. Die in den Plänen mit N gekennzeichneten Aufzüge sind gemäß ÖNORM EN 81-72 i.V.m. pr TRVB 150:2005 auszuführen, wobei die Bestimmungen gemäß Punkt 5.2.3. (Fahrkorbabmessungen) und für die Stiege 3 die Bestimmungen gemäß Punkt 5.4 (Notausstieg) der o. a. Norm nicht eingehalten werden müssen.
1.2. Diese Aufzüge sind als 'Sicherheitsaufzüge für die Feuerwehr' gemäß ÖNORM F 2030 zu kennzeichnen."
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 19. September 2005 wurde der Beschwerdeführerin gemäß §§ 70 und 73 Bauordnung für Wien iVm § 119a eine weitere Abweichung von dem mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 16. Februar 2005 bewilligten Bauvorhaben bewilligt. Auflage 1 des Bescheides vom 16. September 2005 wurde wiederholt. U.a. wurde jedoch folgende Auflage ergänzend vorgeschrieben:
"4. Brandmeldeanlage
4.1. Die geplante automatische Brandmeldeanlage (BMA) für das gesamte Gebäude ist so auszustatten, dass sie über das jeweils höchstwertigste zur Verfügung stehende Übertragungssystem an die Brandmeldeauswertezentrale der Feuerwehr der Stadt Wien angeschlossen wird. Die BMA ist gemäß den Bestimmungen der TRVB S 123 zu errichten und zu betreiben.
...
4.4. In Wohnungen, in denen laut Plandarstellung bauliche Änderungen vorgesehen sind, ist mindestens ein rauchempfindliches Element gemäß ÖNORM EN 54-7 unmittelbar hinter der Wohnungseingangstüre anzuordnen.
4.5. Bei den bestehenden Wohnungen, in denen laut Plandarstellung keine baulichen Änderungen vorgesehen sind, sind in den vorliegenden allgemein zugänglichen Gangbereichen jeder Wohnungseingangstüre rauchempfindliche Elemente gemäß ÖNORM EN 54- 7 anzuordnen. Sofern diese Wohnungen zu einem späteren Zeitpunkt umgebaut bzw. geändert werden, sind die entsprechenden rauchempfindlichen Melder in den Raum hinter der Wohnungseingangstüre zu verlegen.
..."
Eine weitere Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 7. Dezember 2005 gemäß § 70 und § 73 Bauordnung für Wien iVm § 68 Abs. 1 und 7 und § 119a leg. cit. genehmigt.
U. a. wurden ergänzend folgende Auflagen vorgeschrieben:
"...
3.) Zugangstüren zu Triebwerksräumen müssen eine lichte Breite von mindestens 0,60 m und eine lichte Höhe von mindestens 1,80 m haben. Sie - sind brandhemmend (Feuerwiderstandsklasse El2 30-C) gemäß ÖNORM B 3850 herzustellen und - müssen nach außen in Fluchtrichtung öffnend eingerichtet werden. Für Türen in Verbindungswegen zu Triebswerksräumen gelten die gleichen Mindestmaße.
...
6.) Aufzugsschächte sind an oberster Stelle direkt ins Freie zu entlüften, sofern der Triebwerksraum nicht über dem Schacht liegt. Die Lüftungsöffnungen müssen eine Querschnittsfläche von mindestens 1 % der Grundfläche des Schachtes haben.
7.) In den Geschossen 2. UG, 1. UG und EG (bei einer Ladestelle) sind den Schachtschiebetüren vorgesetzte brandhemmende Türen (Feuerwiderstandsklasse El2 30-C) anzuordnen. Werden diese Feuerschutztüren versperrbar ausgeführt, darf der Abstand zwischen den Türblättern der vorgesetzten Feuerschutztüre und der Schachttüre maximal 14 cm betragen."
Eine für das Beschwerdeverfahren nicht relevante weitere Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben ("3. Planwechsel") wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 22. Dezember 2006 erteilt.
Am 11. April 2006 langte beim Magistrat der Stadt Wien,
MA 37, folgendes Schreiben ein:
"Betr.: BVH 0308, Parkring 12
Grst.Nr. 1348/12, EZ. 852, K.G. 01004 Innere Stadt
Aktenzahl: MA 37/1-Parkring 12/34296-1/2004
4. Planwechsel; 1. Stock, Ansuchen
Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir ersuchen um Bewilligung der im beiliegenden Plan dargestellten baulichen Abänderung im 1. Stock des o.a. Bauvorhabens gemäß BO für Wien.
Mit freundlichen Grüßen
Gruppe C. P-Ges.m.b.H.
(darüber unleserliche Unterschrift)."
Handschriftlich wurde darunter hinzugefügt:
"Wir ersuchen weiter, wie mit Ihnen besprochen, um Anpassung der in der Anlage angeführten Bescheide MA 37/1 Parkring 12/34296- 1/2004 vom 16.9.2005 und MA 37/1 Parkring 12/29440-4/2004 vom 19.9.05 ad 1 Sicherheitsaufzüge.
(darunter unleserliche Unterschrift mit gleichartigem Schriftzug)."
Der Schriftsatz enthält im unteren Teil gedruckt "C Bauträger GmbH" mit derselben Firmenanschrift wie die Planverfasserin.
Die Seiten 2 und 3 dieses Antrages nehmen auf die eingangs wiedergegebenen Auflagen der Bewilligungs- und Änderungsbescheide Bezug und enthalten ebenfalls den Hinweis auf die "C Bauträger GmbH" wie auf Seite 1 dieses Antrages.
Der diesem Antrag als Anlage beigelegte Einreichplan, bezeichnet mit "4. Auswechslungsplan", ist überschrieben mit "Gruppe C architektur planung" und weist als Grundeigentümer die "Eigentümergemeinschaft Parkring 12" aus, für die die C Planungs GmbH im Vollmachtsnamen unterfertigt hat. Als Bauwerber ist die Beschwerdeführerin genannt und als Planverfasser ebenfalls die C Planungs GmbH. Dieser Plan enthält zwar die Firmenstampiglie der Beschwerdeführerin, wurde aber offenbar von der Beschwerdeführerin nicht unterfertigt.
(Im Beschwerdefall ist nur mehr der handschriftlich verfasste Teil dieses Antrages von Bedeutung. Der erste Teil dieses Antrages wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 14. Juli 2006 zurückgewiesen.)
Mit Schriftsatz vom 18. Mai 2006 wurde das Ansuchen vom 11. April 2006 von der "Gruppe C Planungs GmbH" mit deren Firmenpapier, unterfertigt vom Geschäftsführer der C Planungsgesellschaft m.b.H. als "Gruppe C Planungsgesellschaft m. b.H.", ergänzt. In diesem Schriftsatz wird im Wesentlichen ausgeführt:
"Zu unserem am 11.04.2006 eingereichten Ansuchen um
Bewilligung des 4. Planwechsels und Adaptierung der Punkte 1.1.,
ersuchen wir ergänzend um Adaptierung der Punkte 3, 4.1, 4.4, 4.5,
6 und 7 der gleichlautenden Bescheide .... vom 16.09.2005 sowie
.... vom 19.09.2005, wie im Folgenden ausgeführt:
1. Sicherheitsaufzüge
1.1.
Die Ausführung der in den Plänen mit N gekennzeichneten Aufzüge entspricht, wie bekannt und besprochen, in folgenden Punkten nicht der ÖNORM EN 81-72 in Verbindung mit pr TRVB 150:2005
Es wird ein Umbau durchgeführt (die Punkte in Klammern beziehen sich auf die ÖNORM EN 81-72:
..."
Es folgen konkretisierte Angaben betreffend die vorgesehenen Umbaumaßnahmen und die Ausstattung und Qualität der Baustoffe bei den Sicherheitsaufzügen. Auch die vorgesehenen Änderungen bei der Druckbelüftungsanlage der Stiegenhäuser 1 und 2, der Brandmeldeanlage, der Nasssteigleitungsanlage und der Übergangsmöglichkeit für die Feuerwehr werden beschrieben.
Zu der für den 28. Juni 2006 anberaumten mündlichen Verhandlung über diesen Antrag wurde von der Baubehörde die Beschwerdeführerin als Bauwerberin, die C Planungs GmbH als Planverfasserin geladen.
Im Protokoll über die Niederschrift zur Verhandlung vom 28. Juni 2006 wird festgehalten, dass für die Beschwerdeführerin als Bauwerberin zwei näher genannte Personen erschienen sind. In der Verhandlungsschrift ist nicht klargestellt, ob eine Vollmacht im Akt erliegt, vorgelegt wurde oder ob sich diese Personen auf die erteilte Vollmacht gemäß § 10 AVG berufen haben. Gekennzeichnet ist der Hinweis "Vollmacht gilt auch für das weitere Verfahren".
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 1. August 2006 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 11. April 2006 um baubehördliche Bewilligung für Abänderungen von Bescheidauflagen abweichend von der mit den Bescheiden vom 16. Februar 2005 und vom 16. September 2005 erteilten Baubewilligung und zur Abweichung von den Baubewilligungen vom 19. September 2005 und vom 7. Dezember 2005 für die Liegenschaft Parkring 12 gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen, weil die Beschwerdeführerin der Aufforderung in der Bauverhandlung vom 28. Juni 2006, näher genannte Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Tagen beizubringen, nicht nachgekommen sei. Die Aufforderung sei insofern unbeachtet geblieben, als nicht die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer der Liegenschaft nachgewiesen worden sei.
In der Zustellverfügung wurde die Beschwerdeführerin als Einschreiterin angeführt. Auf dem Duplikat des Rückscheins ist ersichtlich, dass die Zustellung an die Beschwerdeführerin unter der Adresse Parkring 12 erfolgen hätte sollen. Die Übernahme dieses Bescheides wurde auf dem Rückschein jedoch mit Firmenstampiglie der "C Planungs G.m.b.H." unter derselben Adresse mit unleserlicher Unterschrift und der Kennzeichnung des Vermerks als "Arbeitnehmer des Empfängers" bestätigt.
Mit Eingabe vom 5. September 2006 beantragte die C Planungs GmbH die "Änderung der Punkte 3., 4.1., 4.4., 4.5., 6. und 7. der Bescheide vom 16. September 2005 und vom 19. September 2005. Wie diese Auflagen lauten sollen, wurde in diesem Antrag näher ausformuliert.
Mit Aufforderung vom 21. September 2006 der Baubehörde erster Instanz wurde der Antragstellerin C Planungs GmbH aufgetragen, binnen acht Tagen u.a. die Vollmacht der Beschwerdeführerin vorzulegen. Dieser Aufforderung ist die Antragstellerin nachgekommen. Die vorgelegte schriftliche Vollmacht ist mit 28. September 2006 datiert.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 27. Dezember 2006 wurde unter Spruchpunkt "I.) Versagung" "die Nichtausführung (Entfall) der in den Einreichplänen mit 'N' gekennzeichneten Personenaufzüge auf den Stiegen 1, 2 und 3 als Sicherheitsaufzüge für die Feuerwehr gemäß Auflagepunkt 1. sowie die Nichtausführung (Entfall) der Druckbelüftungsanlage (TBA) für die Stiege 3 gemäß Auflagepunkt 3. jeweils der Bescheide ... vom 19. September 2005 und ... vom 16. September 2005 versagt" und unter Spruchpunkt "II.) Bewilligung (Änderung der Auflagen)" dahingehend ausgesprochen, dass die Auflagenpunkte "3., 6., 7. und 4.3. und 4.4., die zu einem neuen Punkt zusammengefasst werden, (...) nunmehr wie folgt zu lauten (haben):
"1. ehem. Punkt 3.
Die Stiegenhäuser sind mit einer Druckbelüftungsanlage (DBA) gemäß TRVB S 112:2004 auszustatten, und zwar für die Wohnungen und den mittleren Brandabschnitt des 13. Stockwerks gemäß Punkt 9.1.1. ('Aufenthaltskonzept') sowie für die Büro- und Beherbergungsstättenbereiche gemäß Punkt 9.1.2.
('Räumungsalarmkonzept'). Die in den Stiegenhäusern angeordneten Aufzugsschächte sind in die DBA einzubeziehen.
2. ehem. Punkte 4.3. und 4.4.
Der Überwachungsbereich der BMA muss alle Brandabschnitte umfassen, wobei für
...
zu gelten hat:
3. ehem. Punkt 6.
Bei den Stiegenhäusern ist im Bereich des Aufzugsvorplatzes eine Nachsteigleitungsanlage gemäß TRVB F 128 zu installieren. Die Wandhydranten haben der Ausführungsart 3 zu entsprechen, wobei die Ausführung des C-Schlauches nicht erforderlich ist.
4. ehem. Punkt 7.
Im 3. und 10. Stock ist im Brandfall für die Feuerwehr eine Übergangsmöglichkeit zwischen den Stiegenhäusern 1 und 2 sicher zu stellen und in diesen entsprechend ÖNORM F 2030 zu kennzeichnen."
Dieser Bescheid erging an die Beschwerdeführerin als Bauwerberin unter Anschluss der Pläne, an die Wohnungseigentümer zu Handen der C Architektur und Planungs GmbH und an die C Architektur und Planungs GmbH als Planverfasserin, alle unter der Anschrift Parkring 12.
In der dagegen erhobenen Berufung wurde der erstinstanzliche Bescheid wie folgt angefochten: "Der Bescheidteil 'I. Versagung' - in vollem Umfang; der Bescheidteil 'II. Bewilligung (Änderung der Auflagen) hinsichtlich der Ausführung der Behörde, dass die Auflagen der Bescheide vom 16./19. September 2005 mit Ausnahme der Auflagen jeweils Punkte 3., 4.3., 4.4., 6. und 7. weiterhin Anwendung finden - den Auflagenpunkt 1. betreffend, hinsichtlich der Zusammenfassung der Punkte 3., 6., 7. sowie 4.3. und 4.4. - den Punkt 1. (ehem. Punkt 3.), den Punkt 2. (ehem. Punkte 4.3. und 4.4.), den Punkt 3. (ehem. Punkt 6.) betreffend.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass er zu lauten hat:
"Der Antrag der P GmbH vom 5. September 2006 auf Änderung der Auflagenpunkte 3., 4.1., 4.4. und 6. des Bescheides der MA 37/1 vom 16. September 2005, ..., sowie des Bescheides der MA 37 vom 19. September 2005, ..., wird gemäß § 68 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) zurückgewiesen."
Dem Antrag auf Abänderung des Auflagenpunktes 7. der genannten Bescheide der MA 37/1 vom 16. September 2005 und vom 19. September 2005 wurde Folge geleistet und hat dieser nunmehr folgenden Wortlaut:
"Im 3. und 10. Stock ist im Brandfall für die Feuerwehr eine Übergangsmöglichkeit zwischen den Stiegenhäusern 1 und 2 sicher zu stellen und in diesem entsprechend ÖNORM F 2030 zu kennzeichnen."
In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu entscheidungswesentlich aus, die Beschwerdeführerin habe mit Schreiben vom 11. April 2006 eine Planwechselbewilligung gemäß § 73 Bauordnung für Wien zur Vornahme von Abweichungen von den mit Bescheiden der MA 37 vom 19. September 2005 und vom 7. Dezember 2005 erteilten Baubewilligungen beantragt. Gleichzeitig sei die Abänderung näher angeführter Bescheidpunkte beantragt worden. Diese Ansuchen seien mit Bescheid der MA 37 vom 1. August 2006 zurückgewiesen worden. Wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 12. April 2007 vorbringe, der Bescheid vom 1. August 2006 sei ihr nicht zugestellt worden, da der Bescheid laut Übergabebestätigung von einem Arbeitnehmer der C Planungs GmbH übernommen worden sei, so sei dies nicht zutreffend. Am Zustellnachweis sei die P GmbH als Empfängerin angeführt, und am Zustellnachweis sei ausdrücklich angegeben, dass es sich beim Übernehmer des Poststückes um einen Arbeitnehmer des Empfängers und somit der P GmbH handle. Bei dem Rückschein handle es sich um eine öffentliche Urkunde, die nach § 47 AVG iVm § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit für sich habe. Diese Vermutung sei widerlegbar, wobei die Behauptung der Unrichtigkeit der Beurkundung entsprechend zu begründen sei und Beweise dafür anzuführen seien, die geeignet seien, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen. Der Umstand, dass die Übernahmebestätigung mit einem Stempel der C Planungs GmbH versehen sei, sei nicht geeignet, Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass das Schriftstück von einem Mitarbeiter der P GmbH übernommen worden sei, da diese Gesellschaft und die C Planungs GmbH gegenüber der Behörde - wie etwa auch im vorliegenden Berufungsverfahren - stets gemeinsam aufgetreten seien und beide Gesellschaften über dieselbe Postanschrift und somit auch über eine gemeinsame Posteinlaufstelle verfügten. Dies finde besonders augenfällig eine Bestätigung darin, dass sich im Akt ein Schreiben der P GmbH vom 21. Juli 2006 befinde, welches im Briefkopf die Bezeichnung "Gruppe C" trage, und sich das Unternehmen selbst auf seinem Briefpapier mit "C P GmbH" bezeichne. Offenkundig sei sohin bei der gemeinsamen Posteinlaufstelle der beiden Gesellschaften lediglich ein falscher Stempel anlässlich der Postübernahme verwendet worden. Ein solches Versehen sei jedoch nicht geeignet, Zweifel an der Angabe am Rückschein, wonach es sich beim Übernehmer des Poststückes um einen Arbeitnehmer der Empfängerin handle, zu begründen. Da sohin davon auszugehen sei, dass der Bescheid der MA 37 vom 1. August 2006 der P GmbH wirksam zugestellt worden und gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel eingebracht worden sei, sei über die Anträge vom 11. April 2006 bereits rechtskräftig entschieden.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei somit zweifelsfrei der Antrag der P GmbH vom 5. September 2006, eingelangt am 18. September 2006, auf Abänderung von Auflagen. Auch wenn die MA 37 diesen Antrag irrtümlich als Antrag auf Planwechselbewilligung gewertet habe, was sich zweifelsfrei dem Schreiben der MA 37 vom 21. September 2006, in welchem die P GmbH zur Nachreichung von Unterlagen auf Grund ihrer Eingabe vom 18. September 2006 zur Durchführung eines Planwechselverfahrens aufgefordert worden sei, entnehmen lasse, so führe dennoch ein solches Missverständnis nicht zu einer Änderung des Verfahrensgegenstandes. Dass es sich bei dem Ansuchen vom 5. September 2006 um kein Planwechselansuchen handle, werde im Übrigen von der Beschwerdeführerin in deren Stellungnahme vom 12. März 2007 ausdrücklich bestätigt.
Einer Abänderung der Auflagenpunkte in der Weise, wie dies von der Beschwerdeführerin beantragt worden sei, stünden die von der Sachverständigen für Brandschutzfragen in ihrem Schreiben vom 26. Jänner 2007 geäußerten Bedenken entgegen.
Am 2. Mai 2007 sei hinsichtlich der gegenständlichen Aufzüge ein Bewilligungsbescheid nach dem Wiener Aufzugsgesetz ergangen, welcher teilweise zu Gunsten der Beschwerdeführerin von den bestehenden bautechnischen Bescheiden abweichende Bestimmungen enthalte.
Da der Vertreter der Beschwerdeführerin gegenüber der Bauoberbehörde für Wien am 11. Mai 2007 die Auskunft erteilt habe, dass eine Anpassung der Auflagen der bautechnischen Bescheide an den erwähnten Bescheid der MA 37 vom 2. Mai 2007 nicht im Interesse der Beschwerdeführerin liege, nehme die Bauoberbehörde das gegenständliche Verfahren nicht zum Anlass, eine solche Anpassung vorzunehmen. Da die von der Baubehörde erster Instanz ausgesprochene Abänderung des Auflagenpunktes 7. des Bescheides vom 16. September 2005 sowie vom 19. September 2005 nicht Gegenstand der Berufung sei und die MA 37 der Bauoberbehörde für Wien bestätigt habe, dass einer isolierten Abänderung dieses Auflagepunktes aus technischer, insbesondere brandtechnischer Sicht keinerlei Bedenken gegenüberstünden, sei die Abänderung dieses Bescheidpunktes im Spruch zu wiederholen gewesen. Die im Spruch der Behörde erster Instanz angeführten weiteren Bescheide vom 16. Februar 2005, 7. Dezember 2005 sowie vom 22. Dezember 2006 seien einerseits nicht Gegenstand des vorliegenden Antrages und sähen andererseits auch keine Auflage vor, die einen Bezug zur vorgeschriebenen Übergangsmöglichkeit für die Feuerwehr zwischen den Stiegenhäusern 1 und 2 aufweise (die diesbezügliche Vorschreibung im Bescheid der MA 37 vom 22. Dezember 2006 sei mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. Juni 2007 ersatzlos behoben worden).
Im Hinblick darauf, dass niemandem ein Recht auf Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides zukomme, sei die Berufung der Beschwerdeführerin im Übrigen als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass es eines weiteren Eingehens auf das Berufungsvorbringen bedurft habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht verletzt, "eine Bescheidwirkung nicht gegen sich gelten lassen zu müssen, ohne dass ihr dieser Bescheid rechtswirksam zugestellt wurde". Weiters erachtet sie sich in ihrem Recht "auf meritorische Erledigung" ihres Antrages vom 11. April 2006 sowie in ihrem Recht, "dass ihr bescheidmäßig nur Auflagen vorgeschrieben werden, die auch tatsächlich eingehalten werden können", verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin replizierte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, die belangte Behörde gehe unrichtigerweise davon aus, dass über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 11. April 2006 bereits eine rechtskräftige Entscheidung vorliege. Es werde daher in der Begründung des angefochtenen Bescheides als Gegenstand der Entscheidung der Behörde erster Instanz zu Unrecht ein Antrag vom 5. September 2006 unterlegt. Wäre die belangte Behörde richtigerweise davon ausgegangen, dass die Zustellung des Zurückweisungsbescheides der Behörde erster Instanz vom 1. August 2006 nicht nachgewiesen sei, hätte dies zur Konsequenz, dass nicht der Antrag vom 5. September 2006 Grundlage des gegenständlichen Verfahrens sei. Vielmehr wäre davon auszugehen gewesen, dass dem Bescheid der MA 37 vom 27. Dezember 2006 tatsächlich der Antrag der Beschwerdeführerin vom 11. April 2006 zu Grunde gelegen sei. Damit hätte die belangte Behörde in der Sache selbst entscheiden müssen. Keinesfalls hätte sie mit Zurückweisung gemäß § 68 Abs. 1 AVG vorgehen dürfen, da die Antragstellung vom 11. April 2006 einen Antrag auf Genehmigung eines Aliud darstelle. Wäre die Behörde erster Instanz tatsächlich davon ausgegangen, dass Gegenstand des Verfahrens der Antrag vom 5. September 2006 sei, wäre mangels Zustellung eines diesbezüglichen Zurückweisungsbescheides die Erledigung des Antrages aus April 2006 nach wie vor offen und könnte die Beschwerdeführerin ihr Recht auf richtige Sachentscheidung geltend machen.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, grundsätzlich immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sache des Berufungsverfahrens ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 2001, Zl. 2000/07/0034, u.v.a.).
Die belangte Behörde vertritt im Beschwerdefall die Auffassung, die Behörde erster Instanz habe (nur) über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 5. September 2006 entschieden. Sie hat die Berufung der Beschwerdeführerin deshalb abgewiesen, weil dieser Antrag der Beschwerdeführerin auf Abänderung von Auflagen in einem Baubewilligungsbescheid gerichtet war. Auf die Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides habe jedoch niemand einen Rechtsanspruch.
Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, dass die Behörde erster Instanz auch über ihren Antrag auf - als zulässig zu beurteilende - Abänderung der Baubewilligung vom 11. April 2006, ergänzt mit Schriftsatz vom 18. Mai 2006, entschieden habe.
Die Baubehörde erster Instanz hat in ihrem Bescheid vom 27. Dezember 2006 - ohne ausdrückliche Bezugnahme auf einen Antrag der Beschwerdeführerin - die "Nichtausführung (Entfall)" der als Auflage 1 in ihren Baubewilligungsbescheiden vom 16. und 19. September 2005 als Sicherheitsaufzüge für die Feuerwehr vorgeschriebenen, in näher bezeichneten Einreichplänen gekennzeichneten Personenaufzüge auf den Stiegen 1, 2 und 3 "versagt".
Der Antrag der Beschwerdeführerin "um Änderung von Bescheidpunkten" vom 5. September 2006 nimmt auf den in den Baubewilligungsbescheiden der Baubehörde erster Instanz vom 16. und 19. September 2005 enthaltenen Auflagenpunkt 1 keinen Bezug. In dem im Beschwerdeverfahren noch relevanten handschriftlichen Teil des Ansuchens der Beschwerdeführerin vom 11. April 2006 wird hingegen die Abänderung der Vorschreibung betreffend die Sicherheitsaufzüge beantragt.
Die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahren sei "zweifelsfrei" (allein) der "Antrag" der Beschwerdeführerin "vom 5. September 2006" auf "Abänderung von Auflagen" gewesen, treffen somit nicht zu. Entgegen der von der belangten Behörde nunmehr in ihrer Gegenschrift vertretenen Rechtsauffassung ist daher im Beschwerdefall die Frage, ob der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 1. August 2006, mit welchem der Antrag der Beschwerdeführerin vom 11. April 2006 zurückgewiesen wurde, in Rechtskraft erwachsen ist, für den Beschwerdefall von entscheidender Bedeutung. Wurde über diesen Antrag noch nicht rechtskräftig entschieden, war die belangte Behörde verpflichtet, auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin auch über Spruchpunkt "I.) Versagung" des erstinstanzlichen Bescheides in der Sache bzw. bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gemäß § 66 Abs. 2 AVG zu entscheiden.
Die Rechtskraft des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 1. August 2006, wurde von der belangten Behörde deshalb bejaht, weil eine dem Zustellgesetz entsprechende Ersatzzustellung an die Beschwerdeführerin erfolgt sein soll.
Gemäß § 22 Abs. 1 Zustellgesetz ist die Zustellung vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.
Nach Abs. 2 dieses Paragraphen hat der Übernehmer der Sendung die Übernahme durch Unterfertigung des Zustellnachweises unter Beifügung des Datums und, soweit er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen.
Der belangten Behörde ist darin zu folgen, dass es sich bei dem Rückschein (im Beschwerdefall: Formular 4/1 zu § 22 Zustellgesetz) um eine öffentliche Urkunde handelt, die nach § 47 AVG in Verbindung mit § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit für sich hat. Diese Vermutung ist widerlegbar, wobei die Behauptung der Unrichtigkeit des Beurkundeten entsprechend zu begründen ist und Beweise dafür anzuführen sind, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2002/08/0282, m.w.N.). Als öffentliche Urkunde begründet aber nur ein "unbedenklicher" - das heißt die gehörige äußere Form aufweisender - Zustellnachweis die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorganges (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1999, Zl. 96/03/0350, u.a.).
Über Vorhalt der mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 1. August 2006 erfolgten Zurückweisung des Antrages vom 11. April 2006 und des entsprechenden Zustellnachweises wies die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 12. April 2007 darauf hin, dass die Zustellung dieses Bescheides nicht an die Beschwerdeführerin oder einen von ihr benannten Zustellungsbevollmächtigten erfolgt sei, sondern von einem Arbeitnehmer der C Planungs Ges.m.b.H. übernommen worden sei. Da keine rechtswirksame Zustellung erfolgt sei, habe dieser Bescheid auch keine Rechtswirkungen entfalten können.
Die belangte Behörde hat dieses Vorbringen nicht zum Anlass genommen, ein Ermittlungsverfahren über den Zustellvorgang der Erledigung der Baubehörde erster Instanz vom 1. August 2006 betreffend den Antrag der Beschwerdeführerin vom 11. April 2006 durchzuführen.
Im Hinblick darauf, dass auf dem die Zustellung des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 1. August 2006 beurkundenden Rückschein als Empfänger zwar die Beschwerdeführerin angeführt ist, die Übernahme jedoch mittels Firmenstampiglie der C Planungs Ges.m.b.H. und einer unleserlichen Unterschrift bestätigt wurde, konnte die belangte Behörde nicht ohne weitere Ermittlung des wahren Sachverhaltes davon ausgehen, dass der (die) Übernehmer(in) des genannten Bescheides Arbeitnehmer(in) der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Zustellung war. Ausgehend vom Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 12. April 2007 war es keineswegs "offenkundig", dass "bei der gemeinsamen Posteinlaufstelle der beiden Gesellschaften lediglich ein falscher Stempel anlässlich der Postübernahme verwendet" worden ist, wie dies im angefochtenen Bescheid begründend ausgeführt wird. Der Rückschein war vielmehr auf Grund der unklaren Übernahmebestätigung nicht als unbedenklicher Zustellnachweis zu qualifizieren, weshalb die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, Feststellungen darüber zu treffen, ob die die Übernahme des Bescheides bestätigende natürliche Person tatsächlich Arbeitnehmer(in) der Beschwerdeführerin, der (die) an sich auch für eine juristische Person tauglicher Ersatzempfänger sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1992, Zl. 92/07/0114, VwSlg 13.720/A), war, wie im Rückschein beurkundet.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG.
Wien, am 28. Oktober 2008
Schlagworte
VerfahrensbestimmungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007050205.X00Im RIS seit
03.12.2008Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009