Index
E3R E19103000;Norm
32003R0343 Dublin-II Art16 Abs1 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie die Hofrätin Dr. Pollak und den Hofrat Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerden 1. des M A, geboren am 16. März 2003, vertreten durch Dr. Gerhard Renner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Gonzagagasse 11/26, und 2. des S A, geboren am 2. Juli 1979, vertreten durch Mag. Wolfgang Reiffenstuhl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 41/9, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. Dezember 2005, Zl. 266.337/0-III/07/05 (zu 1.) und Zl. 266.336/0-III/07/05 (zu 2.), betreffend §§ 5, 5a Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 991,20 (insgesamt daher EUR 1.982,40) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der minderjährige Erstbeschwerdeführer ist der Sohn des Zweitbeschwerdeführers. Die Beschwerdeführer sind russische Staatsangehörige, gelangten am 21. Oktober 2005 (gemeinsam mit der Mutter des Erstbeschwerdeführers bzw. Ehefrau des Zweitbeschwerdeführers) in das Bundesgebiet und brachten am 22. Oktober 2005 bei der Erstaufnahmestelle Ost des Bundesasylamtes Asylanträge ein. Das Bundesasylamt holte hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers eine Eurodac-Auskunft ein, der zufolge dieser bereits am 1. Oktober 2005 in Polen einen Asylantrag gestellt hatte. Auf dieser Grundlage ersuchte das Bundesasylamt am 28. Oktober 2005 (nach Aktenlage via "Dublinet") die zuständige polnische Behörde, die Beschwerdeführer nach Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin-Verordnung), wieder aufzunehmen. Das "Office for Repatriation and Aliens of the Republic of Poland" beantwortete diese Ersuchen in den folgenden zwei Wochen nicht. Die Zustimmung zur Wiederaufnahme des Zweitbeschwerdeführers erfolgte erst mit Schreiben vom 17. November 2005, beim Bundesasylamt per Telefax eingelangt am 21. November 2005; eine entsprechende (im vorgelegten Akt nicht enthaltene) Erklärung betreffend den Erstbeschwerdeführer und dessen Mutter langte nach den Ausführungen im erstangefochtenen Bescheid ebenfalls am 21. November 2005 beim Bundesasylamt ein.
Gestützt auf Art. 16 Abs. 1 lit. c und Art. 20 Abs. 1 lit. c der Dublin-Verordnung wies das Bundesasylamt die Asylanträge mit Bescheiden vom 25. November 2005, dem Zweitbeschwerdeführer am 28. November 2005 durch persönliche Übergabe zugestellt, gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (AsylG) zurück, sprach aus, dass für die Prüfung der Asylanträge Polen zuständig sei, und wies die Beschwerdeführer gemäß § 5a Abs. 1 und 4 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen aus.
Die belangte Behörde wies dagegen (hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers im Wege der Mitanfechtung nach § 32 Abs. 7 AsylG) erhobene Berufungen mit Bescheiden vom 21. Dezember 2005 gemäß §§ 5 und 5a AsylG ab. In den angefochtenen Bescheiden wird ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass ein am 28. Oktober 2005 übermitteltes Übernahmeersuchen des Bundesasylamtes innerhalb der in Art. 20 Abs. 1 lit. c der Dublin-Verordnung normierten zweiwöchigen Frist unbeantwortet geblieben und erst am 21. November 2005 verspätet (im Sinne einer Zustimmung) beantwortet worden sei; auf die Einhaltung der Frist des § 24a Abs. 8 AsylG wird in den Begründungen allerdings nicht eingegangen.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 gebildeten Senat erwogen hat:
Die vorliegenden Fälle gleichen insofern, als die belangte Behörde dem Ende des "Konsultationsverfahrens" mit Ablauf der in Art. 20 Abs. 1 lit. c der Dublin-Verordnung genannten zweiwöchigen Frist und damit dem Verstreichen der Frist des § 24a Abs. 8 AsylG keine Bedeutung beigemessen hat, dem mit dem hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2005, Zl. 2005/01/0461, entschiedenen Fall. Aus den in diesem Erkenntnis, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, dargestellten Gründen waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 11. November 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008231197.X00Im RIS seit
15.01.2009Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009