TE Vwgh Erkenntnis 2008/11/20 2007/09/0010

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.11.2008
beobachten
merken

Index

10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
77 Kunst Kultur;

Norm

DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs2 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §3 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §5 idF 1999/I/170;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des Dr. H O in M, vertreten durch Dr. Herbert Grass und Mag. Günther Kiegerl, Rechtsanwälte in 8530 Deutschlandsberg, Hauptplatz 42/I, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 21. August 2006, Zl. 13.110/1-IV/3/2006, betreffend Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 19. Februar 1998 wurde festgestellt, dass die Erhaltung des Hügelgräberfeldes "Leibenfeld" in Deutschlandsberg, Gerichts- und politischer Bezirk Deutschlandsberg, Steiermark, (u.a.) Grundstück Nr. 423/1 und 424/1 (EZ. 148) der KG Leibenfeld, gemäß §§ 1 und 3 des Denkmalschutzgesetzes im öffentlichen Interesse gelegen sei.

Der Begründung dieses Bescheides zufolge sei am Südrand des Deutschlandsberger Beckens über dem Talboden auf einem allmählich ansteigenden bewaldeten Hang ein Hügelgräberfeld gelegen, das mit seinen heute noch über 50 erhaltenen Hügeln zu den größeren der Steiermark gehöre und der Gegend (und der Katastralgemeinde) den charakteristischen Namen "Leibenfeld" gegeben habe. Seit 1884 seien wissenschaftliche Grabungen dokumentiert, die eine Datierung in die römische Kaiserzeit erlaubten, wobei einige Bestattungen nach dem derzeitigen Wissensstand bereits um und knapp nach der Zeitenwende anzusetzen seien und somit als früheste bekannte norisch-pannonische Grabhügel besonderes Interesse der Forschung verdienten. Im Verfahren zur Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Gegenstandes seien allein geschichtliche, künstlerische und kulturelle Kriterien maßgeblich. Finanzielle, wirtschaftliche oder sonstige Interessen seien nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unbeachtlich. Die bisherige Nutzung der Grundstücke werde von der Unterschutzstellung nicht berührt. Maßnahmen in diesem Sinne bedürften daher auch keiner Bewilligung durch das Bundesdenkmalamt. Bezugnehmend auf die Einwendung eines Betroffenen, dass die zunehmende Mechanisierung der Forstwirtschaft zu einer immer stärkeren Bedrohung auch von im Wald gelegenen Bodendenkmalen führe, werde entgegengehalten, dass eine Unterschutzstellung umso notwendiger erscheine, je eher eine auch unbeabsichtigte Beschädigung des Bodendenkmals zu erwarten sei. Die Eigentümer müssten sich bei entsprechenden Arbeiten um eine Schonung der Hügelgräber bemühen. Nach Kenntnis des Geländes lägen diese nicht so dicht, dass ein Befahren der Waldparzellen dadurch unmöglich würde. Die Bedeutung und Bewertung des Hügelgräberfeldes im Gutachten als Denkmal seien nicht bestritten worden. Das Vorliegen des öffentlichen Interesses an der Erhaltung dieses Denkmals sei gegeben, weil trotz einiger Eingriffe in den letzten hundert Jahren (Bau der Graz-Köflacher Eisenbahn, Straßen- und Hausbau) das Gräberfeld Leibenfeld mit seinen bis zu 15 m im Durchmesser großen Hügelgräbern immer noch ein besonderes geschlossenes und auch für den Laien gut erlebbares Bodendenkmal von geschichtlicher und kultureller Bedeutung und das wichtigste Monument der Römerzeit im Gemeindegebiet darstelle.

Gegen diesen Bescheid erhob (u.a.) der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 21. August 2006 gab die belangte Behörde dieser Berufung teilweise insoweit Folge, als festgestellt werde, dass die Erhaltung der in dem beigeschlossenen, einen integrierenden Bestandteil des Spruches bildenden Plan schwarz eingefärbt gekennzeichneten, (u.a.) auf den Grundstücken 423/1 und 424/1 der EZ 148, KG Deutschlandsberg, gelegenen Hügelgräber gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz (DMSG) in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 170/1999 im öffentlichen Interesse gelegen sei. Die belangte Behörde habe auf Grund der Ergebnisse eines von ihr durchgeführten Ortsaugenscheines Folgendes festgestellt:

"Die Begehung der Grundparzellen 423/1 und 424/1 (Eigentümer (Beschwerdeführer)) und 419 (Eigentümer J. K.) hat gezeigt, dass darauf verstreut zahlreiche Hügelgräber situiert sind.

Univ. Doz. Dr. Bernhard Hebert vom Landeskonservatorat für Steiermark (Bundesdenkmalamt) führte hiezu amtssachverständig aus, dass es sich beim Hügelgräberfeld im Bereich von Leibenfeld um ein besonders dichtes und auch für Laien deutlich sichtbares Gräberfeld handelt.

Der Berufungswerber (Beschwerdeführer) teilte mit, dass er die Liegenschaft nur aus dem Grund gekauft habe, um das Hügelgräberfeld zu erhalten. Durch die Unterschutzstellung werde er in seiner Absicht gestört, weil die normale forstliche Nutzung dadurch verhindert werde. Im Übrigen lehne er eine Unterschutzstellung schon deshalb ab, weil eine Entschädigungszahlung im Denkmalschutzgesetz nicht vorgesehen sei. Einvernehmen herrschte darüber, dass seitens des Landeskonservatorates für Steiermark eine planliche Darstellung der auf den drei Grundstücken gelegenen Hügelgräber erfolgen soll, um den Umfang der Unterschutzstellung und damit der Beeinträchtigung der Liegenschaftseigentümer so gering wie möglich zu halten."

Diese Augenscheinergebnisse seien in einem Situierungsplan eingezeichnet worden, wobei die schutzwürdigen Hügelgräber schwarz eingefärbt worden seien. Damit sei eine Klarstellung erfolgt, um welche schutzwürdigen Hügelgräber es sich im Einzelnen handle.

Im Verfahren zur Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Objektes (Denkmals) sei dieses öffentliche Interesse ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung zu prüfen, wobei auch schon das Vorliegen eines dieser vorgenannten Kriterien für die Begründung des Denkmalwertes ausreiche. Eine Abwägung mit sonstigen Interessen welcher Art auch immer habe daher zu unterbleiben. Die Erhaltung eines Denkmales liege des weiteren gemäß § 1 Abs. 2 DMSG dann im öffentlichen Interesse, wenn es sich bei diesem aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handle, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität, sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich sei auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden könne. Dem erstinstanzlichen Bescheid sei diesbezüglich ein schlüssiges und überzeugendes Gutachten der Fachbeamten des Bundesdenkmalamtes zugrunde gelegt worden, denen die Qualifikation von Amtssachverständigen im Sinne des § 52 AVG zukomme. Die Behörde habe diesem Amtsgutachten solange zu folgen, als dieses schlüssig und auch überzeugend sei und deren Richtigkeit nicht durch ein auf gleichem Niveau stehendes Gegengutachten widerlegt werde. Ein Gegenbeweis dieser Art sei nicht geführt worden. Der Beschwerdeführer habe auch in keiner Weise die Denkmalqualität der Hügelgräber bestritten oder auch nur ansatzweise in Frage gestellt. Nach den gutachtlichen Darlegungen des Amtssachverständigen handle es sich um eine größere Anzahl dicht gelagerter Hügelgräber aus der römischen Kaiserzeit. Für das Gemeindegebiet von Deutschlandsberg stelle sie das bedeutendste Monument der Römerzeit dar und habe als sogenanntes "Leibenfeld" auch der Region und der Katastralgemeinde den Namen gegeben. Darüber hinaus gehe - was als noch wesentlich bedeutsamer zu werten sei - hervor, dass es sich hier auch um die frühesten bekannten norisch-pannonischen Grabhügel in Österreich handle. Ihnen komme in geschichtlicher und kultureller Hinsicht so hoher Dokumentationswert zu, dass ihre Erhaltung zweifelsfrei im öffentlichen Interesse gelegen sei und ihr Verlust eine empfindliche und nicht zu verantwortende Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes darstellen würde. Im Hinblick darauf, dass vorliegend nur Teilbereiche der in Rede stehenden Grundstücke von den Hügelgräbern eingenommen würden und diese in der Landschaft nicht immer eindeutig bestimmbar seien, habe sich die Notwendigkeit einer planmäßigen Klarstellung ergeben. Daher sei von Seiten des Bundesdenkmalamtes ein Situierungsplan erstellt worden, wobei in einem Katasterplanausschnitt in den gegenständlichen Grundstücken nunmehr konkret jene Hügelgräber eingezeichnet worden seien, denen entsprechende geschichtliche und kulturelle Bedeutung zuzurechnen sei, womit die für die Auslegung des Bescheides erforderliche Klarheit geschaffen worden sei. Zu den Bedenken, dass durch maschinelle Bewirtschaftung der Grundstücke Schäden an den als schutzwürdig eingestuften Hügelgräbern verursacht werden könnten, werde darauf verwiesen, dass über Antrag des Bundesdenkmalamtes von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde Sicherungsmaßnahmen gemäß § 7 Abs. 1 DMSG erlassen werden könnten. Betreffend den Einwand der wirtschaftlichen Wertminderung werde darauf verwiesen, dass eine Unterschutzstellung keine entschädigungspflichtige Enteignung (Wertminderung) darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG mit Beschluss vom 6. Dezember 2006, B 1728/06-4, abgetretene und über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Die mitbeteiligten Parteien erstatteten keine Gegenschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das gegenständliche Unterschutzstellungsverfahren wurde zwar noch vor In-Kraft-Treten der Novelle zum Denkmalschutzgesetz, BGBl. I Nr. 170/1999 (per 1. Januar 2000) eingeleitet, war aber gemäß Art. II Abs. 5 dieser Novelle nach diesem Bundesgesetz fortzuführen.

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes (DMSG), BGBl. Nr. 533/1923 in der Fassung dieser Novelle lauten auszugsweise:

"§ 1. (1) Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung ('Denkmale') Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Bedeutung kann den Gegenständen für sich allein zukommen, aber auch aus der Beziehung oder Lage zu anderen Gegenständen entstehen. 'Erhaltung' bedeutet Bewahrung vor Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland.

(2) Die Erhaltung liegt dann im öffentlichen Interesse, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.

...

§ 3. (1) Bei Denkmalen, die nicht bloß kraft gesetzlicher Vermutung oder durch Verordnung unter Denkmalschutz stehen, gilt ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung erst dann als gegeben, wenn sein Vorhandensein vom Bundesdenkmalamt durch Bescheid festgestellt worden ist (Unterschutzstellung durch Bescheid).

...

§ 5. (1) Die Zerstörung sowie jede Veränderung eines Denkmals gemäß § 4 Abs. 1 bedarf der Bewilligung des Bundesdenkmalamtes, es sei denn, es handelt sich um eine Maßnahme bei Gefahr im Verzug (§ 4 Abs. 2). Der Nachweis des Zutreffens der für eine Zerstörung oder Veränderung geltendgemachten Gründe obliegt dem Antragsteller. Er hat auch - ausgenommen bei Anträgen gemäß Abs. 2 - mit einem Antrag auf Bewilligung einer Veränderung entsprechende Pläne in ausreichendem Umfang beizubringen. Das Bundesdenkmalamt hat alle vom Antragsteller geltend gemachten oder von Amts wegen wahrgenommenen Gründe, die für eine Zerstörung oder Veränderung sprechen, gegenüber jenen Gründen abzuwägen, die für eine unveränderte Erhaltung des Denkmals sprechen. Hiebei kann das Bundesdenkmalamt den Anträgen auch nur teilweise stattgeben. Werden Bewilligungen für Veränderungen beantragt, die zugleich eine dauernde wirtschaftlich gesicherte Erhaltung des Objektes bewirken, so ist dieser Umstand besonders zu beachten. Soweit die künftige wirtschaftliche Erhaltung und Nutzung von Park- und Gartenanlagen gefährdet oder spürbar geschmälert sein könnte, ist den Anträgen auf jeden Fall stattzugeben, es sei denn, es handelt sich um eine Veränderung, die die Zerstörung dieser Anlagen als solche oder in wesentlichen Teilen bedeuten würde.

..."

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer unter Zitierung des Urteils des EGMR vom 9. Dezember 1994, 10/1993/405/483 bis 484, geltend, die belangte Behörde habe sich mit der Frage der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs, insbesondere der wirtschaftlichen Zumutbarkeit und Adäquanz in keiner Weise auseinandergesetzt. Die belangte Behörde habe es auch unterlassen, das öffentliche Interesse vor Erlassung des angefochtenen Bescheides neuerlich zu überprüfen, zumal seit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bundesdenkmalamtes nahezu sieben Jahre verstrichen seien. Nach § 1 Abs. 10 DMSG sei jeweils aktuell zu prüfen, ob die Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen sei. Auch dies habe die belangte Behörde unterlassen.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, es sei ungeprüft geblieben, wie die unter Schutz gestellten Grundstücke derzeit genützt würden, welche Nutzungsart im Flächenwidmungsplan festgelegt sei, ob es sich bei den Grundflächen um Bauerwartungsland handle etc. In diesem Zusammenhang werde auf den beiliegenden Flächenwidmungsplan verwiesen, woraus ersichtlich sei, dass es sich beim Gräberfeld um einen dreiseitigen Baulandeinschluss handle, sodass von einem Bauerwartungsland auszugehen sei. Die belangte Behörde habe es auch unterlassen, auf das Argument des Beschwerdeführers einzugehen, wonach die unter Schutz gestellten Grundstücke mit den derzeit üblichen Maschinen nicht mehr ordnungsgemäß bewirtschaftet werden könnten. Dazu wäre es erforderlich gewesen, einen Sachverständigen aus dem Fach der Land- und Forstwirtschaft beizuziehen. In diesem Falle wäre die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt, dass die mit dem bekämpften Bescheid erfolgte Unterschutzstellung einer de facto Enteignung gleichkomme, weil jegliche sinnvolle Nutzung der Grundstücke beseitigt würden. Zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs wäre es erforderlich gewesen, festzuhalten, dass sich das Gräberfeld auf Waldgrundstücken gemäß Forstgesetz befinde, der einen Mischwaldbestand aus hochstämmigem Bewuchs im Alter zwischen 30 und 100 Jahren aufweise. Überhaupt fehle eine klare Zustandsbeschreibung des Umfeldes, dessen Nutzung und maßgebliche Veränderungen im Zustand und der Nutzung während des Unterschutzstellungsverfahrens. Auch wäre auf die Beurteilung der Zielvorstellung der Forstbehörde bezüglich der Bewirtschaftung und Waldentwicklung auf den Waldgrundstücken und dem Waldentwicklungsplan, aus dem sowohl die Waldfunktion als auch die grundstücksbezogene Beschränkung für die Bewirtschaftung zu entnehmen seien, Bedacht zu nehmen gewesen.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Mai 1993, Zl. 93/09/0066, und vom 22. April 1993, Zl. 92/09/0356) geht die Zielsetzung des Denkmalschutzes sowohl historisch als auch rechtssystematisch weit über das landläufige Verständnis des Denkmalschutzes hinaus und hat die Erhaltung überkommenen Kulturgutes schlechthin zum Inhalt. Wie die Denkmalpflege überhaupt hat es die Bodendenkmalpflege mit materiellen Hinterlassenschaften der Vergangenheit zu tun. Anders als bei der Bau- und Kunstdenkmalpflege liegt der Schwerpunkt dabei in Zeiten, für die die Quellen geschichtlicher Forschung ausschließlich oder überwiegend im Boden liegen. Es waren daher schon bisher die typischen Objekte der Bodendenkmalpflege, wie etwa Hügelgräber, vom gesetzlichen Schutz erfasst.

Dass die in dem dem angefochtenen Bescheid angeschlossenen Situierungsplan schwarz eingefärbten Hügelgräber im Sinne des § 1 Abs. 1 DMSG von geschichtlicher und kultureller Bedeutung sind, ergibt sich schlüssig aus den vom Bundesdenkmalamt eingeholten Gutachten, denen im Verwaltungsverfahren nicht entgegengetreten wurde, und wird vom Beschwerdeführer auch in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt.

Der Beschwerdeführer führt aber Umstände an, die im Rahmen einer Interessenabwägung zu seinen Gunsten hätten sprechen sollen. Damit verkennt er, dass in einem Verfahren betreffend die Unterschutzstellung nach den §§ 1 und 3 DMSG die im öffentlichen Interesse bestehende Erhaltungswürdigkeit ausschließlich nach den oben genannten Kriterien der geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung des Objekts zu prüfen ist und etwa Fragen der Wirtschaftlichkeit in diesem Verfahren unbeachtlich sind, weil eine Abwägung möglicherweise widerstreitender öffentlicher Interessen an der Erhaltung des Denkmales wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung gegenüber nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichteten privaten Interessen in diesem Verfahren nicht stattzufinden hat. Derartige Gesichtspunkte sind jedoch für eine Entscheidung im Verfahren gemäß § 5 DMSG relevant (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juni 2004, Zl. 2001/09/0010, mwN). Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Fragen der Verhältnismäßigkeit und Adäquanz, der wirtschaftlichen Zumutbarkeit und eingeschränkten Nutzbarkeit können daher nicht im Unterschutzstellungsverfahren, sondern nur in einem Verfahren nach § 5 DMSG aufgegriffen werden.

Auch der Hinweis auf das oben näher bezeichnete Urteil des EGMR vom 9. Dezember 1994 geht fehl, weil es sich dabei nicht um eine Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutz gehandelt hat.

Dass es sich bei der Unterschutzstellung nicht um eine (entschädigungsrelevante) Enteignung handelt, wurde vom Verfassungsgerichtshof zur Rechtslage vor der DMSG-Novelle, BGBl. I Nr. 170/1999, bereits in seinem Erkenntnis vom 1. Oktober 1981, VfSlg. 9189/1981, betont. Vielmehr handelt es sich um eine Eigentumsbeschränkung aus öffentlichen Interessen, die auch nicht unverhältnismäßig erscheint. Daran hat sich durch die Novelle BGBl. I Nr. 170/1999 nichts geändert.

Auch aus der Tatsache, dass der angefochtene Bescheid erst rund 8 1/2 Jahre nach Einlangen der Berufung erlassen wurde, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Denn er behauptet selbst nicht konkret, dass sich an dem Kalkül der Amtssachverständigen in Bezug auf die geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung der unter Schutz gestellten Objekte oder des öffentlichen Interesses an ihrer Erhaltung im Sinne des § 1 Abs. 2 DMSG etwas Wesentliches geändert hätte, oder dass sich die Hügelgräber im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) in einem Zustand befunden hätten, der im Sinne des § 1 Abs. 10 DMSG eine Unterschutzstellung ausschlössen.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. November 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007090010.X00

Im RIS seit

29.12.2008

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten