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19/05 Menschenrechte;Norm
FrPolG 2005 §31 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des B, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 22. Jänner 2008, Zl. Fr-519/07, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein aus dem Kosovo stammender (bisher) serbischer Staatsangehöriger, wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 4. Oktober 2007 gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid keine Folge. Begründend wurde - auf das Wesentliche zusammengefasst - ausgeführt, dass der am 4. September 2002 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereiste Beschwerdeführer am 5. September 2002 einen Asylantrag eingebracht habe, der mit Bescheid vom 17. September 2002 abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe dagegen Berufung erhoben, diese jedoch in der Folge am 30. Jänner 2004 zurückgezogen, weshalb ihm seither eine Aufenthaltsberechtigung "nach dem Asylgesetz" nicht mehr zukomme und er sich daher unrechtmäßig in Österreich aufhalte. Er sei ledig, habe keine Kinder und auch keine sonstigen familiären Bindungen in Österreich. Zwar sei er seit September 2002 für eine Pongauer Firma beschäftigt, die Ausübung der Erwerbstätigkeit sei jedoch "nur sporadisch" erfolgt. Zur Sicherstellung einer geordneten Zuwanderung sei daher die Ausweisung erforderlich "und auch unter Berücksichtigung der EMRK geboten sowie zulässig".
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt - im Ergebnis die behördliche Feststellung, er habe seine Berufung im Asylverfahren zurückgezogen, bestreitend - vor, dass sein Asylverfahren noch nicht rechtskräftig beendet sei. Der unabhängige Bundesasylsenat habe zwar im Rahmen einer mündlichen Berufungsverhandlung einen - erkennbar gemeint: die Berufung des Beschwerdeführers abweisenden - Bescheid verkündet, "bis dato" jedoch noch keine schriftliche Ausfertigung des Bescheides zugestellt. Solange der mündlich verkündete Bescheid nicht schriftlich ausgefertigt worden sei, könne die Frist für die Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nicht zu laufen beginnen. Das Asylverfahren des Beschwerdeführers befinde sich daher noch "in Schwebe im Verfahrensstadium zwischen mündlicher Bescheidverkündung und schriftlicher Bescheidausfertigung"; von daher komme dem Beschwerdeführer nach wie vor ein vorläufiges Aufenthaltsrecht "nach dem Asylgesetz" zu.
Die Verwaltungsakten lassen keine eindeutigen Schlüsse auf den tatsächlichen Ablauf des Asylverfahrens des Beschwerdeführers zu. Auch vor dem Hintergrund des dargestellten Beschwerdevorbringens ergäbe sich allerdings, dass es bereits rechtskräftig beendet ist: Ein Bescheid gilt nämlich bereits mit seiner Verkündung als erlassen und damit als rechtlich existent. Dem Beschwerdeführer wäre auch die Möglichkeit offen gestanden, gegen einen durch Verkündung in Existenz getretenen Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 24. Juni 2004, Zl. 2001/20/0602).
Ist mithin jedenfalls davon auszugehen, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig beendet ist, so ist nicht zu sehen, inwieweit er die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 31 Abs. 1 FPG erfüllen könnte. Im Ergebnis bestehen daher gegen die Annahme, er halte sich unrechtmäßig in Österreich auf und könne daher gemäß § 53 Abs. 1 FPG ausgewiesen werden, keine Bedenken.
Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei einer Entscheidung über eine Ausweisung ist der Behörde Ermessen eingeräumt.
Erkennbar darauf Bezug nehmend macht der Beschwerdeführer geltend, dass er sich seit langem in Österreich aufhalte, hier integriert sei und auch einer Beschäftigung nachgehe. Er habe keine Möglichkeit, in ein Drittland auszureisen und dort Aufenthalt zu nehmen; in welche Lebenssituation er im Falle einer Ausweisung in sein Herkunftsland konkret geraten würde, habe die belangte Behörde aber nicht überprüft. Auch sei sie in keiner Weise darauf eingegangen, dass "bei der Abwägungsentscheidung auch ein Bleiberecht" zu berücksichtigen sei.
Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass der etwa fünfeinhalbjährige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich durch eine illegale Einreise erlangt wurde und - soweit er rechtmäßig war - auf einem nicht erfolgreichen Asylantrag beruhte. Davon ausgehend reichen die geltend gemachten - nur das Privat- und nicht auch das Familienleben des Beschwerdeführers betreffenden - Umstände auch in Verbindung mit der Aufenthaltsdauer und der festgestellten Beschäftigung nicht aus, dass unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK oder des Ermessens von einer Ausweisung hätte Abstand genommen werden und hätte akzeptiert werden müssen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten (illegale Einreise und unrechtmäßiger Verbleib nach negativer Beendigung des Asylverfahrens) versucht, vollendete Tatsachen ("fait accompli") zu schaffen. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen kommt nämlich aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zu, weshalb sich die gegenständliche Ausweisung unter Bezug darauf im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG als dringend geboten erweist (vgl. in diesem Sinne aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Juli 2008, Zl. 2008/21/0220). Die vom Beschwerdeführer der Behörde vorgeworfene Verletzung von Ermittlungspflichten vermag daran schon deshalb nichts zu ändern, weil in der Beschwerde nicht dargetan wird, welches Ergebnis die vermisste "Überprüfung der Lebenssituation des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat" erbracht hätte. Insgesamt ergibt sich damit, dass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 20. November 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008210188.X00Im RIS seit
18.12.2008Zuletzt aktualisiert am
23.06.2009