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L37162 Kanalabgabe Kärnten;Norm
GdKanalisationsG Krnt 1999 §5 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl sowie den Senatspräsidenten Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des Vereins E in Gallizien, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1A/VII, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 3. April 2006, Zl. 8-ALL-1193/1-2006, betreffend Kanalanschluss (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Sittersdorf), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der beschwerdeführende Verein ist Eigentümer der Liegenschaften Gallizien, Müllnern 19 und Obernarrach 13. Auf jeder der Liegenschaften befindet sich ein Gebäude (ein Seminarhotel), dessen häusliche Abwässer in einer gemeinsamen vollbiologischen Kläranlage gereinigt werden. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 10. August 1988 wurde diese vollbiologische Kläranlage nach Maßgabe der erteilten Bedingungen bewilligt. Unter der Überschrift "Bedingungen und Auflagen" wird in Ziffer 13 angeführt:
"13. Die Bewilligung wird bis zur Anschlussmöglichkeit an eine zentrale Abwasserbeseitigungsanlage befristet erteilt."
Mit Bescheiden des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde (im Folgenden: Bürgermeister) vom 8. Oktober 2002 wurde im zweiten Rechtsgang der Beschwerdeführer verpflichtet, die Gebäude auf den Liegenschaften Müllnern 19 (Grundstück Nr. 1099/3) und Obernarrach 13 (Grundstücke Nr. 1097/14, 1097/13 und 1097/2) an die Kanalisationsanlage Sittersdorf anzuschließen und eventuell bereits bestehende Abwasseranlagen (Senkgrube, Kläranlage, etc.) binnen drei Wochen nach erfolgtem Anschluss und Inbetriebnahme der Kanalisationsanlage aufzulassen. Entsprechend der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. März 2002 befänden sich die gegenständlichen Grundstücke im Kanalisationsbereich der Kanalisationsanlage dieser Gemeinde.
In der dagegen erhobenen, als Einspruch bezeichneten Berufung verwies der Beschwerdeführer auf den stattgefundenen Schriftverkehr im ersten Rechtsgang; es bestehe eine eigene, funktionierende und ausreichende vollbiologische Kläranlage.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. November 2005 wurde der Berufung keine Folge gegeben. Spätestens ab Februar 2003 habe für den Beschwerdeführer die Möglichkeit und Verpflichtung bestanden, die Gebäude Obernarrach 12 und Müllnern 19 an die öffentliche Kanalisationsanlage der Gemeinde Sittersdorf anzuschließen, weil die eigene Abwasserbeseitigungsanlage nur befristet bis zur Anschlussmöglichkeit an eine öffentliche Kanalisationsanlage bewilligt worden sei.
In der dagegen erhobenen, als Berufung bezeichneten Vorstellung wurde vom Beschwerdeführer ausgeführt, es liege eine Befreiung von der Anschlusspflicht vor. Er verfüge über eine wasserrechtlich bewilligte Abwasserbeseitigungsanlage, die Abwasserentsorgung sei folglich nicht illegal. Die vollbiologische Kläranlage könne solange betrieben werden bis ein anders lautender, rechtskräftiger Bescheid erlassen werde. Der aufgetragene Anschluss an den Sammelkanal könne nur unter unverhältnismäßigen Mehrkosten erfolgen. Die Anschlusskosten für die Liegenschaften Müllnern 19 und Obernarrach 13 seien dreibeziehungsweise sechsmal höher als ein Anschluss im Durchschnitt im Bauabschnitt Schaffersiedlung. Da die Kosten der Herstellung eines baulichen Anschlusskanals diejenigen eines vergleichbaren, dem örtlichen Durchschnitt eines Bauabschnittes entsprechenden Anschlusses um mehr als 50 v. H. überstiegen und eine sonstige Verbringung der Abwässer gegeben sei, dürfe der Anschlussauftrag nicht erteilt werden.
Zudem sei ein Anschluss an die öffentliche Kanalanlage unmöglich, denn es stünden Hindernisse von Seiten Dritter entgegen. Der Nachbar A. V. habe mit Schreiben vom 19. April 2005 dem Beschwerdeführer untersagt, über seine Gründe zum Gemeindekanal zu graben (dazu wurde ein vom Beschwerdeführer verfasstes Schreiben vom 19. April 2005 vorgelegt, welches den handschriftlichen Zusatz des A. V. "bin nicht einverstanden" enthält).
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab und führte im Wesentlichen aus, die rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung für die bestehende Abwasserbeseitigungsanlage sei durch Zeitablauf erloschen. Die Möglichkeit des Anschlusses an die Kanalisationsanlage habe somit spätestens seit Februar 2003 bestanden, zu diesem Zeitpunkt sei die Kanalisationsanlage fertig gestellt worden. Diese Möglichkeit des Kanalanschlusses sei gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur im tatsächlichen, sondern ebenso im rechtlichen Sinn zu verstehen. Das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes trete ex lege ein und bedürfe keines Feststellungsbescheides. Eine Betrachtung der Kosten der baulichen Herstellung der Anschlusskanäle könne unterbleiben, da keine schadlose Verbringung der Abwässer gegeben sei.
Es bestehe keine Unmöglichkeit des Anschlusses der Liegenschaften Müllnern 19 und Obernarrach 13 an die öffentliche Kanalisationsanlage, da laut einer telefonischen Auskunft von der Mitbeteiligten ein Anschluss möglich sei, ohne die Liegenschaften des A. V. in Anspruch nehmen zu müssen. Hindernisse von Seiten Dritter würden folglich nicht entgegenstehen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bekämpft die Rechtsmeinung der belangten Behörde, wonach eine Betrachtung der Kosten der baulichen Herstellung der Anschlusskanäle unterbleiben könne. Folgte man dieser Rechtsansicht, fänden die Kosten der baulichen Herstellung des Anschlusskanals auch dann nie Berücksichtigung, wenn sie ein Vielfaches der gesetzlich definierten Unzumutbarkeitsgrenze überschritten. Die bloß theoretische Möglichkeit des Anschlusses an die Gemeindekanalisationsanlage genüge nicht, um die wasserrechtliche Bewilligung für die vorhandene Abwasserbeseitigungsanlage zum Erlöschen zu bringen. Im Zweifel sei eine Analogie zu den allgemeinen Bestimmungen über die Möglichkeit und Erlaubtheit nach den §§ 878, 1447 ABGB zu ziehen, wobei Unerschwinglichkeit der Unmöglichkeit gleichstehe.
Das Vorgehen der belangten Behörde, eine telefonische Auskunft von der mitbeteiligten Gemeinde über die Anschlussmöglichkeit des gegenständlichen Grundstückes einzuholen, ohne dem Beschwerdeführer die Möglichkeit der Kenntnis- und Stellungnahme zu geben, verstoße gegen das Recht auf Parteiengehör. Es sei nicht beurteilt worden, wie die Hausanschlusskanalleitungen verliefen, wären sie über das öffentliche Gut "Straßen und Wege" zu führen. Die Kosten würden sich vervielfachen und diejenigen eines vergleichbaren, dem örtlichen Durchschnitt des gegenständlichen Bauabschnittes entsprechenden Anschlusses um mehr als das Zehn- bis Zwanzigfache übersteigen. Da die bestehenden Leitungen nicht verwendet werden könnten, wäre es unsinnig, die häuslichen Abwässer von Obernarrach 13 wie bisher in die Hauskanalisation von Müllnern 13 abzuleiten und von dort mittels Pumpe zum Anschlusspunkt hinauf zu befördern.
Gemäß § 4 Gemeindekanalisationsgesetz 1999, LGBl. Nr. 62 (zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 12/2005; K-GKG), sind die Eigentümer der im Kanalisationsbereich gelegenen Grundstücke verpflichtet, die auf diesen Grundstücken errichteten Gebäude an die Kanalisationsanlage der Gemeinde anzuschließen. § 5 K-GKG sieht Ausnahmen von der Anschlusspflicht vor; dies Bestimmung lautet auszugsweise:
"(1) Ein Anschlussauftrag darf nicht erteilt werden, wenn
a) die Kosten der baulichen Herstellung des Anschlusskanals diejenigen eines vergleichbaren, dem örtlichen Durchschnitt eines Bauabschnittes entsprechenden Anschlusses um 50 v. H. übersteigen, sofern eine sonstige schadlose Verbringung der Abwässer gewährleistet ist;
...
(2) Ein Anschlussauftrag darf weiters nicht erteilt werden, wenn der Anschluss an die Kanalisationsanlage nicht möglich ist. Der Anschluss an die Kanalisationsanlage ist nicht möglich, wenn durch die Einbringung der in Betracht kommenden Abwässer die wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter (§ 32 Abs 2 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl Nr 215, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 112/2003) überschritten oder die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt würde oder wenn der Durchführung des Anschlusses rechtliche Hindernisse von Seiten Dritter entgegenstehen."
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass seine Grundstücke im Kanalisationsbereich liegen; er macht aber die Ausnahme von der Anschlusspflicht gemäß § 5 Abs. 1 lit. a K-GKG geltend, die unter anderem voraussetzt, dass eine sonstige schadlose Verbringung der Abwässer gewährleistet ist. Hier steht die Notwendigkeit einer wasserrechtlichen Bewilligung für die vorhandene vollbiologische Kläranlage fest und wird auch vom Beschwerdeführer nicht angezweifelt.
Der Verwaltungsgerichtshof führte in seinem Erkenntnis vom 4. März 2008, Zl. 2007/05/0020, aus, dass eine für eine schadlose Verbringung der Abwässer im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. a K-GKG allenfalls erforderliche wasserrechtliche Bewilligung der Erteilung der Ausnahme von der Anschlusspflicht voranzugehen hat, da sie eine notwendige Bedingung für letztere sei. Von einer wasserrechtlich zulässigen Entsorgung könne nur dann gesprochen werden, wenn für die in Frage stehende Anlage, soweit sie (wie auch im jetzt zu beurteilende Fall) wasserrechtlich bewilligungspflichtig ist, eine rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung vorliege.
Auch in seinem Erkenntnis vom 21. Februar 2008, Zl. 2005/07/0124, hat der Verwaltungsgerichtshof betont, dass im Falle der Verbringung der Abwässer über eine Einzelkläranlage eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist, sodass die (auch hier gegenständliche Ausnahme) nur erteilt werden kann, wenn bereits diese Bewilligung vorliegt.
Auf eine bestehende wasserrechtliche Bewilligung kann sich der Beschwerdeführer nicht berufen, weil die am 10. August 1988 erteilte Bewilligung erloschen ist: § 27 Abs. 1 lit. c WRG 1959 sieht unter anderem vor, dass befristete Wasserbenutzungsrechte durch Ablauf der Zeit erlöschen. In seinem Erkenntnis vom 11. März 1997, Zl. 95/07/0036, hat der Verwaltungsgerichtshof zu dieser Bestimmung ausgesprochen, dass dann, wenn eine Behörde ein Recht auf Abwasserversickerung "befristet bis zur Möglichkeit des Anschlusses an eine Ortskanalisation mit zentraler Abwasserreinigung" erteilt, damit klar zum Ausdruck kommt, dass die Behörde den Bestand des Rechtes auf Abwasserversickerung auf die Dauer des Zeitraumes, in dem eine Möglichkeit zum Anschluss an eine Ortskanalisation nicht besteht, festgelegt hat. Wie die belangte Behörde weiters richtig erkannt hat, tritt das Erlöschen nach dieser Bestimmung ex lege ein (s die Nachweise bei Bumberger/Hinterwirth Wasserrechtsgesetz, 145). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Wasserrechtsbehörde mit Schreiben vom 17. Februar 2006 den Beschwerdeführer zu einer Überprüfung seiner Anlage aufgefordert hat.
Da somit eine "sonstige schadlose Verbringung der Abwässer" gemäß § 5 Abs. 1 lit. a K-GKG nicht gegeben ist, bedurfte es keiner weiteren Ermittlungen durch die Gemeindebehörden hinsichtlich der Kosten der baulichen Herstellung des Anschlusskanals (s das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 4. März 2008).
Mit seinem Vorbringen zur Unmöglichkeit des Anschlusses und mit seiner Verfahrensrüge zielt der Beschwerdeführer auf die Anwendung des Ausnahmetatbestandes des § 5 Abs. 2 K-GKG ab. Diese Bestimmung definiert aber erschöpfend, was unter "Unmöglichkeit" zu verstehen ist; keinesfalls kann darunter Unerschwinglichkeit subsumiert werden.
Das rechtliche Hindernis der Weigerung des Nachbarn hat der Beschwerdeführer, soweit ersichtlich, erstmals in der Vorstellung behauptet. Zu Recht rügt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde, indem sie die mit diesem Vorbringen verbundenen Sachfragen durch ein Telefonat klärte und das Ergebnis dieser Ermittlungen dem Beschwerdeführer nicht vorhielt, den Beschwerdeführer in seinem rechtlichen Gehör verletzt hat.
Gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG ist der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid aufzuheben, wenn Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderem Bescheid hätte kommen können. Der Beschwerdeführer hat es aber unterlassen, in seiner Beschwerde darzutun, was er unter Wahrung des Parteiengehörs vorgebracht hätte und inwieweit die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid gekommen wäre. Insbesondere bestreitet er nicht die Tatsachenfeststellung, dass ein Anschluss beim Anschlusspunkt auf der (Weg-)Parzelle Nr. 1148/1 möglich ist, ohne dass die Grundstücke des Nachbarn in Anspruch genommen werden müssen. Eine Bedachtnahme auf die Wirtschaftlichkeit des Anschlusses sieht das Gesetz in diesem Zusammenhang nicht vor.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unberechtigt, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. November 2008
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006050146.X00Im RIS seit
25.12.2008Zuletzt aktualisiert am
17.07.2009