TE Vwgh Erkenntnis 2008/11/24 2007/05/0293

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Veröffentlicht am 24.11.2008
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Index

L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AbwasserentsorgungsG OÖ 2001 §12 Abs1 Z2;
AbwasserentsorgungsG OÖ 2001 §13 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
ROG OÖ 1994 §30 Abs6;
ROG OÖ 1994 §30 Abs8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der D in Mining, vertreten durch Dr. Walter Ratt, Rechtsanwalt in 5270 Mauerkirchen, Obermarkt 26, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. August 2007, Zl. UR- 2007-5803/2-ZO/KN, betreffend Ausnahme von der Kanalanschlusspflicht (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Mining), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit ihrem Schriftsatz vom 5. März 2006 beantragte die Beschwerdeführerin die "Befreiung von einer etwaigen oder angeblichen Anschlusspflicht an das örtliche Kanalnetz" mit der Begründung, dass die zu ihrer "Liegenschaft gehörenden Grundstücke nach wie vor landwirtschaftlich bearbeitet und genutzt und die Gülle auf (...) eigenem Grund und Boden ausgebracht" würde.

Der vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als zuständiger Behörde (vgl. § 22 Abs. 2 Oö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001) beigezogene Sachverständige führte in seinem Gutachten vom 8. Mai 2006 aus, dass die Beschwerdeführerin ihre landwirtschaftlichen Nutzflächen in der Größe von 0,8906 ha zur Gänze verpachtet habe und nicht mehr eigenbetrieblich bewirtschafte. Die anfallenden Abwässer könnten daher nicht auf selbstbewirtschaftete Flächen ausgebracht werden.

Die Beschwerdeführerin gab zu diesem Gutachten mit Schriftsatz vom 22. Mai 2006 eine Stellungnahme ab, in der sie u. a. ausführte, dass das für den Anschluss an die öffentliche Kanalisation vorgesehene Objekt "mehr als 50 m vom öffentlichen Weg entfernt" sei, keine Anschlusspflicht bestünde und das Sachverständigengutachten unrichtig sei.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erließ hierauf folgenden Bescheid vom 7. Juni 2006:

"Gemäß § 13 Oö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001, LGBl. 27/2001 in der geltenden Fassung in Verbindung mit § 7 Oö. Bodenschutzgesetz 1991, LGBl. 115/1991 in der geltenden Fassung wird Ihrem Antrag auf Befreiung von der Kanalanschlusspflicht für das Objekt Holl 6, Grundstücke Nr. 523/3 und .77, KG Grundholling, nicht stattgegeben. Die Verpflichtung zum Anschluss an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage bleibt weiterhin aufrecht."

In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, auf Grund des § 12 Oö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001 in Verbindung mit der Verordnung des "gelben Linienplanes" der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. Juni 1996 bestehe für das im Spruch angeführte Anwesen die Anschlusspflicht an die öffentliche Kanalisationsanlage. Aus dem eingeholten Gutachten gehe schlüssig hervor, dass die Beschwerdeführerin keinen landwirtschaftlichen Betrieb führe. Die landwirtschaftliche Nutzfläche sei zur Gänze verpachtet und werde nicht mehr eigenbetrieblich bewirtschaftet. "Die Verpflichtung zum Anschluss an die öffentliche Kanalisationsanlage bleibt somit weiter vollinhaltlich aufrecht."

Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung, in der auch die Anschlusspflicht insbesondere im Hinblick auf die Entfernung des betroffenen Objektes bestritten wurde.

Der von der Berufungsbehörde bestellte Sachverständige erstattete folgendes "agrarfachliche Gutachten":

"Befund:

...

Die Liegenschaft umfasst gemäß Grundstücksverzeichnis ... eine landwirtschaftlich genutzte Fläche von 9.328 m2 sowie 196 m2 Baufläche.

Die landwirtschaftlichen Nutzflächen (Grünland) werden über Futtergewinnung genutzt, wobei die Futtergewinnung und weitere Nutzung durch Herrn F. G., ... erfolgt. Für die Überlassung des Aufwuchses bzw. Futters erhält die (Beschwerdeführerin) von Herrn F. G. jährlich EUR 87,--. Seitens Herrn G. werden zusätzlich die Senkgrubeninhalte vom Anwesen Holl 6 auf die Flächen von (Beschwerdeführerin) aufgebracht. Frau (Beschwerdeführerin) selbst führt auf den eigenen Flächen keine landwirtschaftlichen Tätigkeiten durch, wobei die ehemals vorhandenen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte nach Angabe von Frau (Beschwerdeführerin) verkauft wurden. Die anfallenden Abwässer des Anwesens Holl 6 werden in drei Gruben mit einem Gesamtfassungsvermögen von ca. 20,63 m3 gelagert (...). Die Liegenschaft Holl 6 wird derzeit nur von Frau (Beschwerdeführerin) bewohnt.

Gutachten:

Im vorliegenden Fall ist vom Besitz einer 9.497 m2 großen Liegenschaft ... auszugehen. Von der Gesamtfläche sind 9.328 m2 landwirtschaftliche Nutzfläche, welche über Grünlandfuttergewinnung genutzt wird. Die Nutzung erfolgt über entgeltliche Überlassung des Aufwuchses, jährlich EUR 87,--, durch Herrn F. G. Seitens Frau (Beschwerdeführerin) erfolgt keine weitere landwirtschaftliche Nutzung bzw. Tätigkeit.

Zur gegenständlichen Nutzung von insgesamt 9.328 m2 Grünland sowie die Abgabe des Aufwuchses für einen jährlichen Betrag von EUR 87,-- ist aus agrarfachlicher Sicht festzustellen, dass keinesfalls von einer betrieblichen landwirtschaftlichen Tätigkeit auszugehen ist. Die bestehenden Einnahmen von EUR 87,-- jährlich stellen keine Wertschöpfung in maßgeblicher Höhe dar, wodurch eine nachhaltige Wertschöpfung im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes erzielt werden könnte.

Als Kennzeichen eines aktiven landwirtschaftlichen Betriebes sind ein planvoller Arbeits- und Betriebsmitteleinsatz, Investitionen zur Erhaltung oder Steigerung der Ertragsfähigkeit anzuführen. Da im gegenständlichen Fall nur Einnahmen von EUR 87,--

je Jahr erzielt werden, ist abzuleiten, dass, auch theoretisch, weder Investitionen getätigt worden können noch eine Erhaltung oder Steigerung der Ertragsfähigkeit der Flächen aber auch Baulichkeiten möglich ist. Überdies ist anzuführen, dass nach Angabe von Frau (Beschwerdeführerin) jährlich EUR 140,-- an Unfallversicherung verpflichtend zu bezahlen sind, welche für sich allein die Einnahmen von EUR 87,-- überschreiten.

Hinsichtlich des eigenen Arbeitseinsatzes ist anzuführen, dass durch die mit Herrn G. getroffene Vereinbarung kein eigener Arbeitseinsatz auf Eigenflächen durchgeführt wird. Auf Grund der geringen vorhandenen Nutzfläche im Ausmaß von 9.328 m2 kann überdies nicht von einer nachhaltigen Sicherstellung entsprechender Einnahmen ausgenommen werden.

Im Hinblick auf die vorhandene Ausbringungsfläche von

9. 328 m2 ist weiters festzuhalten, dass umgerechnet für 47 m3 häusliche Abwässer (50 m3 je Hektar und Jahr zulässige Ausbringungsmenge) ausreichend Fläche vorhanden ist. Bei einem durchschnittlichen Abwasseranfall von 38 m3 je Person und Jahr ist allerdings davon auszugehen, dass bei Einrechnung zusätzlicher Abwassermengen, Besucher, zeitweise Bewohner, fallweise nicht mehr die gesamte anfallende Abwassermenge ordnungsgemäß auf Eigenflächen aufgebracht werden kann.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass aus Sicht des agrarfachlichen Sachverständigen auf Grund fehlender betrieblicher Kennzeichen im vorliegenden Fall kein landwirtschaftlicher Betrieb vorliegt."

Dieses Gutachten wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht. Eine Stellungnahme dazu erfolgte nicht.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Juni 2007 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Die Berufungsbehörde legte das oben zitierte Gutachten ihrer Entscheidung zugrunde und führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliege. Abschließend stellte die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides fest: "Die Verpflichtung zum Anschluss an die öffentliche Kanalisationsanlage der Gemeinde Mining bleibt somit aufrecht."

In der dagegen erhobenen Vorstellung wies die Beschwerdeführerin u.a. darauf hin, dass eine Anschlusspflicht nach § 12 des Oberösterreichischen Abwasserentsorgungsgesetzes 2001 dann nicht bestehe, wenn die Entfernung zwischen dem Objekt und dem Kanalstrang mehr als 50 m betrage. Mit dieser Frage habe sich die Berufungsbehörde nicht beschäftigt. Das dem Berufungsbescheid zu Grunde gelegte Sachverständigengutachten sei unvollständig und unrichtig.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung der Beschwerdeführerin mit der Feststellung keine Folge gegeben, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt worden ist. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Möglichkeit der Ausnahme von der Kanalanschlusspflicht im Wesentlichen an drei Voraussetzungen anknüpfe, nämlich an das Vorhandensein eines land- und forstwirtschaftlichen Objektes, keine Nutzung nach § 30 Abs. 6 und 8 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994 und Ausbringung der anfallenden Abwässer auf selbstbewirtschafteten geeigneten Ausbringungsflächen. Die "Frage des 50 m Abstandes" sei im Verfahren nach § 13 O.ö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001 nicht zu behandeln, da es sich hierbei um eine der Voraussetzungen für die Anschlusspflicht handle, die in einem allfälligen Verfahren nach § 12 O.ö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001 zu klären sei. Die Behörden hätten sich daher zu Recht auf die Prüfung der drei für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung wesentlichen Punkte beschränkt. Aus dem vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde eingeholten, agrarfachlichen Gutachten gehe schlüssig und widerspruchsfrei hervor, dass im Beschwerdefall wesentliche Elemente des aktiven landwirtschaftlichen Betriebes, nämlich ein planvoller Arbeits- und Betriebsmitteleinsatz, Investitionen zur Erhaltung oder Steigerung der Ertragsfähigkeit, etc. nicht gegeben seien. Es könne daher nicht vom Vorhandensein eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgegangen werden. Dem stehe auch die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin rund um das Haus die Pflege des Anwesens durchführe, nicht entgegen. Auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Kanalanschlusspflicht sei bei der Frage der Beurteilung der Voraussetzungen für das Vorhandensein einer Ausnahme von der Kanalanschlusspflicht nicht Bedacht zu nehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht "auf Gewährung der Ausnahme von der Kanalanschlusspflicht auf der Grundlage der §§ 12, 13 des Oberösterreichischen Abwasserentsorgungsgesetzes 2001" verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Sie bemängelt in den Beschwerdegründen, dass die Behörden Feststellungen zur Frage der "50 Meter Zone" und damit zur grundsätzlichen Frage der Anschlusspflicht des Objektes der Beschwerdeführerin an das öffentliche Kanalnetz unterlassen hätten. Die Rechtsfrage betreffend das Vorliegen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes sei nicht richtig gelöst worden. Die belangte Behörde gehe von unrichtigen Sachverhaltsvoraussetzungen hinsichtlich der Frage der Ausbringung der anfallenden Abwässer auf selbstbewirtschaftete, geeignete Ausbringungsflächen aus.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Folgende Bestimmungen des Landesgesetzes, mit dem die Entsorgung von Abwasser geregelt und die Oö. Bauordnung 1976 aufgehoben wird (Oö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001), LGBl. Nr. 27/2001, sind für den Beschwerdefall von Bedeutung:

"1. Abschnitt

Allgemeines

§ 1

Ziele und Grundsätze

(1) Dieses Landesgesetz hat das Ziel, die Entsorgung von häuslichen und betrieblichen Abwässern sowie von Niederschlagswässern, die auf bebauten Grundstücken anfallen, zu ordnen, die anfallenden Abwassermengen zu verringern und die Umwelt möglichst von Schadstoffen freizuhalten.

(2) Der Anfall von häuslichen und betrieblichen Abwässern ist weitgehend zu vermeiden. ...

(3) Die Entsorgung der häuslichen und betrieblichen Abwässer hat in einer den Anforderungen des Umweltschutzes, der Gesundheit und der Hygiene entsprechenden Weise zu erfolgen.

...

§ 2

Begriffsbestimmungen; Abgrenzung

(1) Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

1. Abwasser: Wasser, das infolge seiner Verwendung in nicht natürlichen Prozessen in seinen Eigenschaften derart verändert wird, dass es Gewässer in ihrer Beschaffenheit (§ 30 WRG) zu beeinträchtigen oder zu schädigen vermag; natürlich anfallendes oder künstlich erschlossenes Thermalwasser und Wasser aus Heilquellen oder Heilmooren, die derartigen Prozessen unterworfen werden, gelten nicht als Abwasser;

2. häusliches Abwasser: Abwasser aus Küchen, Waschküchen, Waschräumen, Sanitär- oder ähnlich benutzten Räumen in Haushalten oder mit diesem hinsichtlich seiner Beschaffenheit vergleichbares Abwasser aus öffentlichen Gebäuden, Gewerbe-, Industrie- oder landwirtschaftlichen oder sonstigen Betrieben;

3. betriebliches Abwasser: Abwasser aus Erzeugungsprozessen, die nach ihrer Herkunft und Beschaffenheit von häuslichen oder den üblicherweise in einem landwirtschaftlichen Betrieb sonst anfallenden Abwässern, wie z.B. Gülle, Jauche und Silowässer verschieden sind; zum betrieblichen Abwasser zählen auch Abwässer aus der Veredelung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die wegen möglicher schädlicher Auswirkungen auf die Bodengesundheit (§ 2 Z. 3 Oö. Bodenschutzgesetz 1991) nicht zur Ausbringung auf landwirtschaftliche Nutzflächen geeignet sind;

...

13. Objekt: ein Gebäude, in dem bei bestimmungsgemäßer Nutzung häusliches oder betriebliches Abwasser anfällt; mehrere Gebäude, die den Hofbereich eines land- und forstwirtschaftlichen Anwesens bilden, gelten als ein Objekt.

(2) Für die Auslegung von baurechtlichen Begriffen, wie z. B. Bau und Gebäude, sind die jeweils geltenden baurechtlichen Bestimmungen heranzuziehen.

...

5. Abschnitt

Abwasserentsorgung durch Kanalanschluss

...

§ 12

Anschlusspflicht

(1) Für Objekte besteht Anschlusspflicht an die öffentliche Kanalisation, wenn

1. die Abwässer nach Maßgabe der Einleitungsbedingungen in die öffentliche Kanalisation eingeleitet werden dürfen und

2. die kürzeste, in Luftlinie gemessene Entfernung zwischen dem Messpunkt des Objekts und dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 50 m beträgt; der Messpunkt wird ermittelt, indem der am weitesten in Richtung Kanalstrang vorspringende Teil des Objekts auf den Erdboden projeziert wird.

(2) Die Anschlusspflicht hat die Wirkung, dass die anfallenden Abwässer nach Maßgabe der Einleitungsbedingungen in die öffentliche Kanalisation einzuleiten sind. ...

...

(4) Kommt der Eigentümer eines Objekts seiner Verpflichtung nach Abs. 2 nicht nach, hat die Behörde mit Bescheid die Herstellung der für den Anschluss erforderlichen Einrichtungen binnen angemessener Frist vorzuschreiben. ...

...

§ 13

Ausnahmen von der Anschlusspflicht

(1) Die Behörde hat land- und forstwirtschaftliche Objekte oder Objektteile über Antrag des Eigentümers mit Bescheid von der Anschlusspflicht auszunehmen, wenn

1. es sich nicht um Objekte oder Objektteile handelt, die gemäß § 30 Abs. 6 und 8 des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994 verwendet werden, und

2. nachgewiesen wird, dass die anfallenden Abwässer auf selbstbewirtschaftete geeignete Ausbringungsflächen nach Maßgabe der Bestimmungen des Oö. Bodenschutzgesetzes 1991 und sonstiger Rechtsvorschriften zu Düngezwecken ausgebracht werden können.

(2) Der Eigentümer eines gemäß Abs. 1 von der Anschlusspflicht ausgenommenen Objekts oder Objektteils hat der Behörde den Wegfall der für die Ausnahme maßgeblichen Umstände unverzüglich bekannt zu geben.

(3) Die Behörde hat gleichzeitig mit der Überprüfung des Abwasserentsorgungskonzepts gemäß § 10 auch zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Ausnahme eines Objekts oder Objektteils von der Anschlusspflicht noch vorliegen.

(4) Die Behörde hat mit Bescheid die Ausnahme unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung der Ausnahme nicht mehr vorliegen.

...

6. Abschnitt

Abwasserentsorgung ohne Kanalanschluss

§ 15

Senkgruben

(1) Die Errichtung von Senkgruben ist nur in jenen Teilen des Gemeindegebiets zulässig, die im Abwasserentsorgungskonzept der Gemeinde als Zone gemäß § 8 Abs. 1 Z. 4 ausgewiesen sind. Außerhalb dieser Zonen ist die Errichtung von Senkgruben verboten, es sei denn,

1. es handelt sich um eine vorübergehende Maßnahme bis zum Anschluss an die öffentliche Kanalisation oder

2. die Senkgrube dient zur Sammlung von Abwässern aus Objekten oder Objektteilen, die vom Anschluss an die öffentliche Kanalisation ausgenommen sind.

..."

Schon im hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2008, Zl. 2007/05/0172, hat der Verwaltungsgerichtshof zur dargestellten Rechtslage ausgeführt, dass das Oö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001 die Entsorgung von häuslichen und betrieblichen Abwässern sowie von Niederschlagswässern, die auf bebauten Grundstücken anfallen, regelt. Senkgruben dürfen, abgesehen von dem hier nicht in Betracht kommenden Fall, dass im Abwasserentsorgungskonzept der Gemeinde das betreffende Grundstück in einer Zone gemäß § 8 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. liegt, nur errichtet werden, wenn es sich um eine vorübergehende Maßnahme bis zum Anschluss an die öffentliche Kanalisation handelt, oder die Senkgrube zur Sammlung von Abwässern aus Objekten oder Objektteilen, die vom Anschluss an die öffentliche Kanalisation ausgenommen sind, dient.

Zu den Ausnahmen von der Anschlusspflicht gemäß § 13 O.ö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001 hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 27. Mai 2008 ausgeführt:

"Das Oö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001 definiert im § 2 Abs. 1 Z. 13 den Begriff des Objektes. Eine nähere Umschreibung der Begriffe "land- und forstwirtschaftliche Objekte oder Objektteile", wie er in § 13 Abs. 1 verwendet wird, enthält das Gesetz nicht. Aus dem Regelungsinhalt des die Ausnahme von der Anschlusspflicht normierenden § 13 dieses Gesetzes und der Klarstellung des Begriffes Objekt im zweiten Halbsatz des § 2 Abs. 1 Z. 13 ("mehrere Gebäude, die den Hofbereich eines land- und forstwirtschaftlichen Anwesens bilden, gelten als ein Objekt") geht jedoch klar hervor, dass landwirtschaftliche Objekte solche Gebäude sind, die für einen landwirtschaftlichen Betrieb bestimmt und erforderlich sind und für einen solchen Betrieb auch verwendet werden. ...

...

Von einem landwirtschaftlichen Betrieb kann aber nur dann gesprochen werden, wenn eine planvolle, grundsätzlich auf Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige - zumindest nebenberufliche landwirtschaftliche - Tätigkeit ausgeübt wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/05/0062). ..."

Ist schon von vornherein ausgeschlossen, dass die aus der (geplanten bzw. behaupteten) Tätigkeit zu erwartenden Einnahmen auf Dauer den damit zusammenhängenden Ausgaben bleiben, spricht dies gegen die Annahme eines land- bzw. forstwirtschaftlichen (Neben-)Betriebes. Ob zumindest ein land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb vorliegt, hängt einerseits von der Betriebsgröße, aber auch von dem erzielbaren Bewirtschaftungserfolg ab. Dieser kann vor allem in jenen Fällen, in denen nicht schon die Betriebsgröße auf das Vorliegen land- oder forstwirtschaftlicher Nutzung schließen lässt, d. h. vor allem im Grenzbereich vom land- bzw. forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb zum (reinen) "Hobby", ein Indiz dafür sein, ob eine über einen bloßen Zeitvertreib hinausgehende land- und forstwirtschaftliche Nutzung im hier maßgebenden Sinne vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2008, Zl. 2006/05/0297, m. w.N; zur Maßgeblichkeit der Ertragslage bei der Abgrenzung der Nebenerwerbslandwirtschaft vom Hobby vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl. 89/05/0232).

Ausgehend von dem der Berufungsentscheidung zu Grunde gelegten und nicht als unschlüssig zu erkennenden Sachverständigengutachten, dem die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren auch nicht entgegengetreten ist, vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Annahme der belangten Behörde, dass das beschwerdegegenständliche Objekt der Beschwerdeführerin kein Gebäude ist, das für einen landwirtschaftlichen Betrieb bestimmt und erforderlich ist und für einen solchen Betrieb auch nicht verwendet wird, keine Rechtswidrigkeit zu erblicken. Liegen daher die Voraussetzungen für eine Ausschlusspflicht gemäß § 12 Oö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001 vor, kann die Beschwerdeführerin bei dem gegebenen Sachverhalt keine Ausnahme hievon gemäß § 13 leg. cit. erfolgreich beanspruchen.

Die Beschwerdeführerin hat jedoch im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden die Voraussetzungen für die Anschlusspflicht ihres Objektes an die öffentliche Kanalisation bestritten; die Voraussetzungen für eine Anschlusspflicht gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 O.ö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001 lägen nicht vor.

Die belangte Behörde hielt diesem Vorbringen entgegen, dass das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anschlusspflicht nicht im Verfahren über die Ausnahmen von der Anschlusspflicht nach § 13 O.ö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001 zu klären seien.

Damit verkennt die belangte Behörde die Rechtslage.

Nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. hiezu den Ausschussbericht AB 997/2001 GP XXV zu § 12 des O.ö. Abwasserentsorgungsgesetzes 2001) ist der Kanalanschluss nicht zwingend mit Bescheid vorzuschreiben. Außerhalb der "50 m-Zone" besteht jedoch keine Kanalanschlusspflicht. Der die Ausnahmen von der Kanalanschlusspflicht regelnde § 13 O.ö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001 kann daher nur auf jene Objekte angewendet werden, die innerhalb des im §  Abs. 1 Z. 2 leg. cit. normierten 50 m-Bereichs der öffentlichen Kanalisation liegen (siehe auch den Ausschussbericht AB 997/2001 GP XXV zu § 13 des O.ö. Abwasserentsorgungsgesetzes 2001). Die Frage der Gewährung der Ausnahme von der Anschlusspflicht gemäß § 13 Abs. 1 O.ö. Abwasserentsorgungsgesetz 2001 stellt sich somit erst dann, wenn die Anschlusspflicht gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. fest steht.

Die Gemeindebehörden gingen im Beschwerdefall davon aus, dass für das Objekt der Beschwerdeführerin Grundstück Nr. .77, KG Grund Holling, inneliegend dem Grundstück Nr. 523/3, desselben Grundbuchs, die Anschlusspflicht an die öffentliche Kanalisation besteht, ohne dies jedoch nach Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens zu begründen. Im Spruch des erst- und zweitinstanzlichen Bescheides wird die Verpflichtung zum Anschluss an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage ausdrücklich (als weiterhin aufrecht bestehend) festgestellt.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es dem Bescheidadressaten und auch dem Verwaltungsgerichtshof möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. August 1995, Zl. 94/05/0196).

Um den dargestellten Anforderungen des § 60 AVG zu entsprechen, hätte es in der Begründung der im gemeindebehördlichen Instanzenzug ergangenen Bescheide der Darlegung eines konkreten Sachverhaltes bedurft, der die Beurteilung der Rechtsfrage ermöglicht, ob die Voraussetzungen für die Kanalanschlusspflicht vorliegen.

Es liegt somit eine entscheidende Begründungslücke in den Gemeindebescheiden vor, die auch wesentlich ist, weil die Gemeindebehörden, hinsichtlich der Annahme der Kanalanschlusspflicht kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und die erforderlichen Feststellungen getroffen haben und dadurch die Überprüfung dieser Bescheide auf die Rechtmäßigkeit ihres Inhaltes gehindert wurde.

Da die belangte Behörde dies im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt und die für die abschließende rechtliche Beurteilung der Verwaltungsangelegenheit fehlenden Begründungsdarlegungen nicht aufgegriffen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. November 2008

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Diverses VwRallg9/5Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007050293.X00

Im RIS seit

18.12.2008

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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