TE Vwgh Erkenntnis 2008/12/3 2008/19/0990

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Veröffentlicht am 03.12.2008
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art8 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2008/19/0991 2008/19/0993 2008/19/0992

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Mag. Nedwed, Dr. N. Bachler, MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerden 1. des B, 2. der N, 3. der A und 4. des V, alle in Wien und vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hahngasse 25/5, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates jeweils vom 2. Juni 2008, 1.) Zl. 251.679-0/6E-VIII/40/04, 2.) Zl. 251.728/0/4E-VIII/40/04, 3.) Zl. 264.248/0/3E-VIII/40/05 und 4.) Zl. 315.584-1/3E-VIII/40/07, betreffend (zu 1. bis 3.) §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 sowie (zu 4.) §§ 3, 8 und 10 Asylgesetz 2005 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres),

Spruch

A. zu Recht erkannt:

Die angefochtenen Bescheide werden insoweit, als damit die Spruchpunkte II. und III. der erstinstanzlichen Bescheide bestätigt wurden, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 991,20, insgesamt somit EUR 3.964,80, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerden abgelehnt.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Mitglieder einer Familie (der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer) und Staatsangehörige der Ukraine.

Der Erstbeschwerdeführer brachte am 12. September 2002 beim Bundesasylamt einen Asylantrag ein. Die Zweitbeschwerdeführerin stellte am 21. Oktober 2003 einen Asylantrag. Am 11. Dezember 2003 heirateten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin in Österreich. Die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer wurden in Österreich geboren. Im Zusammenhang mit dem für die Drittbeschwerdeführerin am 29. November 2004 gestellten Asylantrag und dem für den Viertbeschwerdeführer am 23. Jänner 2007 gestellten Antrag auf internationalen Schutz wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Asylanträge der Erst- bis Drittbeschwerdeführer im Instanzenzug gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen (Spruchpunkt I.), die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.) und die Erst- bis Drittbeschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG in die Ukraine ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Mit angefochtenem Bescheid vom selben Tag wurde der Antrag des Viertbeschwerdeführers auf internationalen Schutz im Instanzenzug gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) abgewiesen und diesem der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde er gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

In ihrem den Erstbeschwerdeführer betreffenden angefochtenen Bescheid erachtete die belangte Behörde dessen Fluchtgründe aus näher dargestellten Gründen als unglaubwürdig.

In ihrem die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde aus, dass diese keine "begründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung zu gewärtigen hätte". Grund für das Verlassen der Ukraine sei nämlich gewesen, dass sie keine Arbeit gehabt habe und ohne Geld in der Ukraine nicht leben könne. Wenn sich die Zweitbeschwerdeführerin auf die Fluchtgründe des Erstbeschwerdeführers beziehe, sei auf die beweiswürdigenden Überlegungen zu dessen mangelnder Glaubwürdigkeit zu verweisen.

Zur Begründung ihrer Refoulement-Entscheidung führte die belangte Behörde für die Erst- bis Drittbeschwerdeführer gleich lautend aus, dass sich vor dem Hintergrund der in der Berufungsverhandlung genannten Erkenntnisquellen und den darauf basierenden Feststellungen keine Anhaltspunkte fänden, wonach diese bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat "mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG 2005" ausgesetzt sein würden. Es lasse sich nicht ersehen, dass es im Fall einer Abschiebung in die Ukraine dort an der "notdürftigsten Lebensgrundlage fehlen würde".

Auch die Ausweisung sei zulässig. Diese Erwägungen würden auch für den Viertbeschwerdeführer im Rahmen des für diesen nach § 34 AsylG 2005 anwendbaren Familienverfahrens gelten.

Dagegen richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten erwogen hat:

Zu A.:

Die Beschwerdeführer rügen, dass "mehr als die Hälfte der Bescheidfeststellungen" ohne jede Übersetzung in englischer Sprache abgefasst sei. Daher würden sich die angefochtenen Bescheide einer nachprüfenden Kontrolle entziehen.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Ergebnis im Recht.

Die belangte Behörde stützte die Verweigerung von Refoulementschutz tragend auf ihre Länderfeststellungen, die eine Rückkehrgefährdung der Beschwerdeführer nicht erkennen ließen. Diese Feststellungen (Punkt II.3. der Bescheidbegründung) enthielten in deutscher Sprache lediglich allgemeine Hinweise auf die politischen Geschehnisse im Gefolge der "Orangenen Revolution" zur Jahreswende 2004/2005. Alle weiteren Ausführungen wurden - ohne Übersetzung - in englischer Sprache abgefasst.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 B-VG ist die deutsche Sprache, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik. Daher haben sich die Behörden - abgesehen von der in dieser Bestimmung vorgesehenen, im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Ausnahme betreffend sprachliche Minderheiten - der deutschen Sprache als Amtssprache zu bedienen; die deutsche Sprache ist die offizielle Sprache, in der alle Anordnungen der Staatsorgane zu ergehen und mittels derer die Staatsorgane mit den Parteien und untereinander zu verkehren haben. Wenn der Gebrauch einer anderen Sprache nicht zugelassen ist, sind die behördlichen Erledigungen ausschließlich in deutscher Sprache abzufassen; die Verwendung der deutschen Sprache ist Voraussetzung dafür, dass die betreffende Äußerung der Behörde eine behördliche Erledigung darstellt, und damit wesentliches Erfordernis für das Vorliegen eines Bescheides. Verwenden die Behörden selbst fälschlicherweise die Staatssprache nicht, handelt es sich um "rechtliches Nichts" (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2003, 2003/21/0092, mwN).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die englischsprachigen Textpassagen der angefochtenen Bescheide so zu behandeln sind, als wären sie nicht Bestandteile dieser Bescheide.

Den Beschwerdeführern kann darin nicht gefolgt werden, dass "mehr als die Hälfte der Bescheidfeststellungen" in englischer Sprache verfasst sind. Die deutschsprachigen Berichte über die "Orange Revolution" vermögen aber die Refoulementbegründung jedenfalls nicht zu tragen. Diese beziehen sich nämlich lediglich auf allgemeine politische Ereignisse wie eine Koalitionsvereinbarung und eine vorgezogene Parlamentswahl. Damit entzieht sich die auf die Länderfeststellungen gestützte Begründung der belangten Behörde für die Verweigerung von Refoulementschutz aber einer nachprüfenden Kontrolle, womit weder diese Spruchpunkte in den angefochtenen Bescheiden noch die darauf aufbauenden Ausweisungen Bestand haben können.

Es war daher die Bestätigung der Spruchpunkte II. und III. der erstinstanzlichen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Zu B.:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerden werfen - soweit sie sich auf die Bestätigung der Spruchpunkte I. der erstinstanzlichen Bescheide beziehen - keine für die Entscheidung dieser Fälle maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerden - soweit sie sich gegen die Bestätigung der Spruchpunkte I. der erstinstanzlichen Bescheide richten - abzulehnen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 3. Dezember 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008190990.X00

Im RIS seit

13.01.2009

Zuletzt aktualisiert am

20.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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