TE Vwgh Erkenntnis 2008/12/12 2004/12/0025

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Veröffentlicht am 12.12.2008
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E05200500;
E6J;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/13 Amtshaftung Organhaftpflicht Polizeibefugnis-Entschädigung;
19/05 Menschenrechte;
63/08 Sonstiges allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

31976L0207 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Berufsbildung Art2 Abs1;
31976L0207 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Berufsbildung Art2 Abs4;
31976L0207 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Berufsbildung Art6;
61995CJ0409 Marschall VORAB;
61997CJ0158 Badeck VORAB;
61998CJ0407 Abrahamsson und Anderson VORAB;
AHG 1949;
BGBG 1993 §15;
BGBG 1993 §2 Abs6;
BGBG 1993 §40;
BGBG 1993 §43;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
EURallg;
MRK Art6;
VwRallg;

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:* Vorabentscheidungsantrag:99/12/0198 B 13. September 2001 * EuGH-Entscheidung: EuGH 62001CJ0380 5. Februar 2004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Thoma, Dr. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des Dr. G S in W, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 3. Mai 1999, Zl. 275.03/1- III 3/99, betreffend Schadenersatz nach § 15 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Der Beschwerdeführer steht als Richter des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien in einem öffentlichen-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Auf Grund der Ermächtigung der belangten Behörde vom 10. März 1998 schrieb der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien u. a. eine Planstelle eines Richters/einer Richterin des Oberlandesgerichtes Wien in der Gehaltsgruppe II zur Besetzung aus, um die sich insgesamt dreizehn Richterinnen und Richter bewarben, unter ihnen am 14. April 1998 der Beschwerdeführer.

Der Personalsenat des Oberlandesgerichtes Wien reihte in seinem Besetzungsvorschlag vom 23. April 1998 den Beschwerdeführer an erster, Dr. C C an zweiter, Dr. M G an dritter und Dr. E H an vierter Stelle. Der Besetzungsvorschlag dieses Personalsenates räumte letztlich dem Beschwerdeführer auf Grund dessen längerer Judikaturerfahrung einen Eignungsvorsprung vor seiner Mitbewerberin Dr. C C ein.

Der Personalsenat des Obersten Gerichtshofes als Außensenat reihte in seinem Besetzungsvorschlag vom 11. Mai 1998 Dr. C C an erster Stelle, Dr. M G an zweiter Stelle und Dr. G S an dritter Stelle für die Besetzung der ausgeschriebenen Planstelle. Er sah die drei Bewerber als für die angestrebte Planstelle ausgezeichnet qualifiziert an und gab unter diesen Umständen den beiden weiblichen Bewerberinnen gemäß § 43 B-GBG den Vorzug vor dem Beschwerdeführer, wobei Dr. C C auf Grund ihres Vorsprunges an Lebens- und Dienstjahren an die erste Stelle und Dr. G an die zweite Stelle gereiht wurden. Weiters merkte der Besetzungsvorschlag zur - neuerlichen - Reihung des Beschwerdeführers an die dritte Stelle "ausdrücklich" an,

"dass die nunmehr vom Beschwerdeführer als Beilage zu seinem Bewerbungsgesuch detailliert aufgelisteten und vom oberlandesgerichtlichen Personalsenat durchaus zu Recht gewürdigten Aktivitäten, die der Justiz im weiteren Sinn zugute kommen, auch dem Personalsenat (Außensenat) des Obersten Gerichtshofes, nicht zuletzt auf Grund der diesbezüglichen Hinweise des Beschwerdeführers anlässlich der Vorstellungsgespräche bekannt waren. Gerade im gegenständlichen Fall sind aber diese - wenn auch überaus verdienstvollen - Tätigkeiten des Beschwerdeführers nicht geeignet, ihm einen Eignungsvorsprung gegenüber den beiden vorgereihten Bewerberinnen zu verschaffen. Dies deshalb, weil gerade diese Tätigkeiten nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers Anlass für Urteilsausfertigungsrückstände im Jahr 1997 waren, die laut dem Bericht des Leitenden Visitators erst im Laufe der Visitation auf ein Urteil reduziert werden konnten. Schon damals hat der Beschwerdeführer angekündigt, in Zukunft seine neben seiner Richtertätigkeit entfalteten Aktivitäten einzuschränken, wobei er diese Ankündigung, wie dem Anhang zu seinem Bewerbungsgesuch zu entnehmen ist, überwiegend auch in die Tat umgesetzt hat, was ihm aber offensichtlich erst seine rückstandsfreie Arbeit als Richter ermöglicht hat."

In seiner Erledigung vom 16. Juni 1998 schlug der Bundesminister für Justiz Dr. C zur Ernennung vor. Den vorgelegten Verwaltungsakten zufolge lag dem Vorschlag das Resümee zu Grunde, dass ein Eignungsvorsprung eines der beiden Bewerber - des Beschwerdeführers oder Dris. C - nicht festzustellen sei. Gemäß § 43 B-GBG sei bei dieser Sachlage Dr. C bei der Besetzung einer Planstelle eines Richters/einer Richterin des Oberlandesgerichtes Wien - in dieser Verwendungsgruppe sei der Frauenanteil von 40 % noch nicht erreicht - als weiblicher Mitbewerberin der Vorzug zu geben.

Mit Entschließung vom 18. Juni 1998 ernannte der Bundespräsident Dr. C gemäß § 25 Abs. 1 RDG mit Wirksamkeit vom 1. August 1998 auf die gegenständliche Planstelle einer Richterin des Oberlandesgerichtes Wien in der Gehaltsgruppe II.

2. In seinem Antrag vom 11. Jänner 1999 begehrte der Beschwerdeführer den Ersatz des Schadens, den er dadurch erleide, dass er nicht auf Grund seiner Bewerbung vom 14. April 1998 spätestens mit 1. August 1998 zum Richter des Oberlandesgerichtes Wien ernannt worden sei, und zwar im Ausmaß der Differenz zwischen seinen tatsächlichen Bezügen aus seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Richter und jenen (fiktiven) Bezügen, die er bisher erhalten hätte und künftig erhalten würde, wenn er (spätestens) zum 1. August 1998 zum Richter des Oberlandesgerichtes Wien ernannt worden wäre.

Zur Begründung seines Antrages brachte der Beschwerdeführer vor, er habe in seiner Bewerbung vom 14. April 1998 seine wesentlichen bisherigen besonderen Tätigkeiten, Funktionen und Leistungen wie folgt dargestellt:

"A) Erstes Ersatzmitglied des Außensenates beim OLG Wien seit 1996

B) Obmann der Fachgruppe Lebensmittelrecht der Österreichischen Richtervereinigung seit 1987 (Der Beschwerdeführer war damals Richter am Strafbezirksgericht Wien und u.a. für Lebensmittel- und Suchtgiftstrafsachen zuständig)

1) Organisation nachstehender Seminare:

Grundlagen der Lebensmittelchemie und - bakteriologie

1. Teil: 3.12.1987:

Einführung in die Lebensmittelchemie mit Übungen zur Berechnung chemischer Parameter

2. Teil: 17.3.1988:

Pathogenität von Lebensmittelkeimen aus humanmedizinischer Sicht

3. Teil: 31.5.1988:

Umwelttoxikologie und Lebensmittel

4. Teil: 20.10.1988:

Lebensmittelhygiene unter besonderer Berücksichtigung der Fleischuntersuchung

25.1.1990:

Wasser als Lebensmittel - Bestandaufnahme und Ausblick Lebensmittelschadstoffe aus humanmedizinischer Sicht

31.5.1990:

Einführung in das EG-Recht - 1. Teil (allgemeines EG-Recht)

15.11.1991:

Einführung in das EG-Recht 2. Teil: allgemeines EG-Recht und EG-Lebensmittelrecht

16.11.1991:

Aktuelle Fragen der Lebensmitteluntersuchung und Lebensmitteltechnologie

27.1.1993:

Aktuelle Fragen des Lebensmittelrechtes (Schwerpunkt: radioaktive Bestrahlung; Gentechnik)

27.5.1993:

Organe und Verfahren im EWR

10.- 11.6.1996:

Aktuelle Fragen des österreichischen und europäischen Lebensmittelrechtes (Schwerpunkt: Hormone in Lebensmitteln tierischer Herkunft

14.- 16.5.1997:

Einführung in das österr. Lebensmittelrecht (aus Anlass der geänderten Gerichtsorganisation in Wien)

15.-16.6.1998:

Aktuelle Fragen des österreichischen und europäischen Lebensmittelrechtes (Schwerpunkte: Gentechnik, BSE)

     2) 1989 bis 1991: Tätigkeit als Rechtsexperte in der

Unterkommission 'Bio' der Österr. Codexkommission (§ 52 Abs. 7 LMG)

Mitarbeit am Entwurf des Kap. A 8 des Österreichischen

Lebensmittelbuches sowie Einschulung der

Lebensmittelaufsichtsorgane im Rahmen von Seminaren; gemeinsam mit

Univ.Doz. Dr. L. M

3) 21.1.1986:

'Umwelt - Ethik - Recht'
Gastvortrag über Einladung des Institutes für Festkörperphysik an der Universität Wien

14.6.1989:

'Marktämter und Gerichte'
Festvortrag aus Anlass der 150-Jahrfeier des Wiener Marktamtes - Rathaus, Wien

25.1.1990:

'Die österr. Krebsstatistik und das Krebsstatistikgesetz' Seminar der Richtervereinigung in Wien

24.1.1991:

'EG - Lebensmittelrecht'
Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik, Wien

22.5.1991:

'Das österr. Lebensmittelrecht und die EG'
Österr. Städtebundtagung, Villach

5.3.1992:

'Österreich auf dem Weg in die EG'
Vortrag und anschließende Podiumsdiskussion mit den Bereichssprechern der im Nationalrat vertretenen Parteien Wiener Gesellschaft für Bildungspolitik

C) Bearbeitung der Entscheidungen des OLG Wien und das LG f.

Strfs Wien für die LSK-WR seit 1986

     D) Publikationen (z.T. mit Co-Autoren)

     'Die Kosten trägt der Bund' RZ 1987, 7 ff; s. auch BGBl I

97/112 RV 110 Blg. StenProt 20. GP

     'Die strafrechtliche Haftung des Arztes für Fehler eines

Hilfsorganes' Österr. Ärztezeitung 41/6, 21 ff

     'Die Einwilligung des Patienten in die ärztliche

Heilbehandlung' Österr. Ärztezeitung 44/6, 31 ff

     'Der Patient mit herabgesetzter Erwerbsfähigkeit'

Auftragsarbeit für den Marseille Verlag München (1992)

     'Gedanken zur wiederentflammten Aufklärungsdiskussion'

Auftragsarbeit für den Marseille Verlag München (1993)

     'Die strafrechtliche Haftung des Arztes in Österreich' Chir.

Praxis 49/4, 689 ff (München 1995)

     'Die zivil- und strafrechtliche Haftung des Arztes' Vortrag

aus Anlass der Primarärztekonferenz der Wiener

Privatkrankenanstalten am 17.6.1993

E) Seit 1992 Mitglied und seit 1993 stv. Obmann des

Betriebsausschusses der Richter beim ASG Wien (mit z.T.

spezifischer Aufgabenstellung)

Diese - vom Aufwand her sehr belastende - Tätigkeit wurde mit 31.12.1996 zurückgelegt.

F) Mitarbeit im Arbeitskreis Belastungsmessung beim OLG Wien, zuständig für den Bereich des Arbeits- und Sozialrecht, insbesondere während der Erhebungen PAR-LG im Jahr 1996. Auch diese Tätigkeit mit einer Inanspruchnahme von zumindest 30 ganzen Arbeitstagen im Jahr wurde am 31.12.1996 zurückgelegt.

G) Seit 1996 Vortragstätigkeit an der Österr. Anwaltsakademie zu den Gebieten GSVG, ASVG (Recht der Unfallversicherung), ALVG und ASGG. Vorträge und Seminare zu Themen des Arbeits- und Sozialrechtes und Strafrechtes (letzteres insbesondere im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis"

Dr. C - so das weitere Vorbringen - sei in den letzten Jahren nicht als Richterin, sondern im Evidenzbüro des OGH tätig gewesen, sodass insoweit der unmittelbare Eignungsnachweis aus einer Richtertätigkeit fehle. Unbeschadet dessen gehe der Beschwerdeführer davon aus, dass auf der aktuellen Dienstbeurteilungs-ebene die "Eignungsgleichheit" gegeben sei. Das gestehe er auch in Bezug auf Dr. G zu. Andererseits aber gehe er davon aus, dass keine dieser Richterinnen auch nur annähernd vergleichbare besondere Leistungen wie jene, die er in seinem Bewerbungsgesuch dargestellt habe, aufweise.

Die im Übrigen als besondere Gründe wertbaren Gegebenheiten

seien im Vergleich folgende:

"Beschwerdeführer

Dr. C

Dr. G

geb. 1953

geb. 1957

geb. 1960

Vorrückungsstichtag

11.4.1977

20.7.1980

6.8.1982

1. Richterernennung

21.3.1983

n.b.

n.b.

verheiratet

 

 

Kinder - Geburtsdaten

1 Sohn
geb. 1990

soweit bekannt
keine

soweit bekannt
keine"

Jedenfalls stehe fest, dass beide Mitbewerberinnen um viele Jahre jünger und dienstjünger seien als der Beschwerdeführer.

Ein weiterer sehr wesentlicher Umstand, der zu seinen Gunsten zu berücksichtigen gewesen wäre, bestehe darin, dass er bereits einmal (1997) bei einer Bewerbung allein wegen des Quotenvorrechtes der Frauen nicht zum Zuge gekommen sei. Es sei geradezu undenkbar, dass wiederholt ein und der selbe Mann zurückgesetzt werden dürfe, obgleich laufend entsprechende Postenbesetzungen erfolgten. Der schwerstwiegende Gesichtspunkt sei in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer wegen der "Überschreitung des Standardalters" durch das Übergehen bei diesem Ernennungs- bzw. Beförderungsvorgang jede Aussicht darauf verloren habe, später noch zum Zuge zu kommen, während die Mitbewerberinnen in dieser Beziehung noch einen "großen Zeitpolster" hätten, die ernannte Mitbewerberin Dr. B noch nicht einmal den Beginn des "Standardalters" erreicht habe.

In rechtlicher Hinsicht vertrat der Beschwerdeführer in seinem Antrag zusammengefasst den Standpunkt, dass die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 19 Abs. 2 B-GBG über die Kompetenz der Dienstbehörde sowie über die Frist zur Geltendmachung des Anspruches, die materiell-rechtliche Bestimmung des § 15 Abs. 2 B-GBG über die Beschränkung von Schadenersatzansprüchen und die Bestimmungen der §§ 40 ff B-GBG über ein Quotenvorrecht der Frauen der Richtlinie des Rates 76/207/EWG widersprächen. Das B-GBG sehe keinerlei Möglichkeit einer Rücksichtnahme auf im Widerspruch zur Frauenquote, für den Mann sprechende Gründe vor - es enthalte keine "Öffnungsklausel" im Sinne der Judikatur des EuGH. Hätte das B-GBG eine Öffnungsklausel enthalten, wäre es daher nicht möglich gewesen, eine der Mitbewerberinnen und nicht den Beschwerdeführer auf den gegenständlichen Richterposten zu ernennen. Der Beschwerdeführer sehe keine Möglichkeit, das B-GBG auch nur in einem der als richtlinienwidrig erörterten Punkte richtlinienkonform zu interpretieren, weil sie keinen entsprechenden Interpretationsspielraum zuließen. Die genannte Richtlinie erfülle unstrittig die Voraussetzungen für ihre unmittelbare Anwendung, nämlich dass sie "ausreichend ausgestaltet" sei und auf die Einräumung direkter subjektiver Rechte ziele. Die Anwendung des "materiellen EU-Rechts" bedeute, dass der Beschwerdeführer zu ernennen gewesen wäre, weil entsprechend den obigen Ausführungen trotz gleicher Eignung besondere Gründe (im Sinne der Öffnungsklausel) für ihn gesprochen hätten. Der ihm aus der Nichternennung entstehende Schaden sei zu ersetzen. Die Begrenzung auf fünf Monatsdifferenzbeträge nach § 15 Abs. 2 B-GBG gelte hiefür nicht. In diesem Zusammenhang sei noch bemerkt, dass auch für den Fall eines Staatshaftungsanspruches Gerichtszuständigkeit gegeben sei. Ein solcher Anspruch sei hier unter der Voraussetzung gegeben, dass abweichend von den obigen Ausführungen eine unmittelbare Anwendung des EU-Rechtes nicht stattfinden könne, damit jedenfalls ein Schadenersatzanspruch in Höhe von mehr als fünf Monatsdifferenzbeträgen ausgeschlossen sei und nach dem B-GBG allenfalls nicht einmal dieser Anspruch bestehe, weil gemäß diesem Gesetz ohne Rücksicht auf die für den Beschwerdeführer sprechenden besonderen Gründe die Mitbewerberin wegen des Quotenvorrechts der Frauen habe ernannt werden müssen. Unter diesen Voraussetzungen wäre der dem Beschwerdeführer im Sinne des "EU-Rechts" aus geschlechtsbezogener Benachteiligung erwachsene Schaden darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber (schuldhaft) innerstaatlich keine EU-rechtskonforme (der genannten Richtlinie entsprechende) Rechtslage hergestellt habe. Daraus resultiere im Sinne der einschlägigen Judikatur des EuGH der Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens im Rahmen der Staatshaftung.

Der Antrag basiere auch auf folgenden rechtlichen Überlegungen, die der Beschwerdeführer zwar nicht für richtig, aber für vertretbar halte und auf die er daher vorsichtshalber Rücksicht nehmen müsse:

Die trotz Eignungsgleichheit für seine Ernennung sprechenden besonderen Gründe hätten berücksichtigt werden können und müssen, und er wäre daher zu ernennen gewesen, weil

a) einer entsprechenden Interpretation des B-GBG (seiner §§ 40 ff) möglich sei oder

b) das B-GBG überhaupt kein Ausführungsgesetz zur genannten Richtlinie darstelle, das "EU-Recht" daher unmittelbare Anwendung zu finden habe, die Durchsetzung jedoch nicht auf dem Gerichtsweg, sondern dem B-GBG entsprechend auf dem Verwaltungsweg stattzufinden habe oder

c) die vom B-GBG geforderten Voraussetzungen für die Anwendung des Quotenvorrechts der Frauen überhaupt nicht erfüllt gewesen seien.

Es gelte die Beschränkung der Anspruchshöhe auf fünf Monatsdifferenzbeträge nach § 15 Abs. 2 B-GBG nicht, weil

a) das materielle EU-Recht unmittelbar Anwendung zu finden habe oder

b) im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren eine Aufhebung dieser Beschränkung durch den Verfassungsgerichtshof erfolge, sodass sie wegen der Anlassfallwirkung schließlich nicht zu berücksichtigen sein werde.

Abschließend erstattete der Beschwerdeführer Vorbringen zur Anspruchshöhe.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers ab. Nach kurzer Darstellung des gegenständlichen Besetzungsverfahrens führte sie begründend aus, sie habe nach Prüfung der Sachlage auch hier einen Eignungsvorsprung des Beschwerdeführers gegenüber Dr. C nicht festgestellt. Im Hinblick auf den noch nicht erfüllten Frauenanteil in der gegenständlichen "Verwendungsgruppe" und die für die richterlichen Funktionen im Bereich des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien (wozu auch die "Richter/innen" des Oberlandesgerichtes zählten), durch den Frauenförderungsplan für den Zeitraum bis 1. Jänner 2004 mit Erlass vom 20. Mai 1998 gemäß § 41 B-GBG festgelegte, zum fraglichen Zeitpunkt nicht erfüllte verbindliche Vorgabe zur Steigerung des Frauenanteils in diesem Bereich, habe die belangte Behörde dem Bundespräsidenten Dr. C zur Ernennung vorgeschlagen. Diese sei mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 18. Juni 1998 schließlich auf diese Planstelle ernannt worden.

Der Beschwerdeführer stelle außer Streit, dass sowohl die letztlich erfolgreiche Mitbewerberin Dr. C als auch die weitere Bewerberin Dr. G in dem von ihm in der vorliegenden "Beschwerde" kritisierten Ausschreibungsverfahren die gleiche Eignung aufgewiesen hätten wie er selbst.

Da der Beschwerdeführer im vorliegenden Antrag die gleiche Eignung von ihm, von Dr. C (sowie auch der zweitgereihten Dr. G) außer Streit stelle, erübrige es sich, auf die Eignungsfrage weiter einzugehen. Festzustellen sei lediglich, dass auch die belangte Behörde - ebenso wie der Außensenat beim Obersten Gerichtshof - einen Eignungsvorsprung des Beschwerdeführers vor Dr. C nicht habe feststellen können. Da auch die übrigen Voraussetzungen des § 43 B-GBG (Unterrepräsentation von Frauen in der in Rede stehenden Verwendungsgruppe und noch nicht erfüllte verbindliche Vorgabe laut dem für diesen Zeitraum geltenden Frauenförderungsplan gemäß § 41 B-GBG) vorgelegen seien, was vom Beschwerdeführer nicht bestritten werde, hätten die zuständigen Organe die Vorschrift des § 43 B-GBG zutreffend angewendet. Ein Schadenersatzanspruch des Beschwerdeführers nach § 15 B-GBG wegen der im antragsgegenständlichen Bewerbungsverfahren erfolgten Anwendung des § 43 B-GBG durch den Dienstgeber bestehe daher nicht zu Recht.

Zur Vorfrage der Anwendbarkeit von § 15 B-GBG bei Verstößen gegen § 43 B-GBG:

Die Frage, ob im Bundes-Gleichbehandlungsgesetz für Verletzungen des Frauenförderungsgebotes, wie sie im vorliegenden Antrag behauptet würden, Schadenersatzansprüche überhaupt vorgesehen seien, werde vom Gesetz nicht eindeutig beantwortet. Nach dem Wortlaut des § 15 B-GBG seien derartige Ansprüche an Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes nach § 3 Z. 5 B-GBG geknüpft. Die belangte Behörde sei der Auffassung, dass auch Verletzungen der §§ 40 bis 44 B-GBG generell als "Diskriminierungen" im Sinne des § 3 B-GBG anzusehen seien, weshalb § 15 B-GBG auch auf Fälle von Verstößen gegen das Frauenförderungsgebot Anwendung zu finden habe. Im Hinblick darauf, dass ungeachtet der grundsätzlich für gegeben erachteten Anspruchsvoraussetzungen beim vorliegenden Sachverhalt für einen konkreten Anspruch kein Anhaltspunkt bestehe, wie sich aus den im Folgenden dargelegten, auf verschiedenen Ebenen der Betrachtung liegenden Gründe ergebe, könne eine eingehende Erörterung dieser Frage mangels konkreter Auswirkung auf das Ergebnis unterbleiben.

Zum Vorliegen und zur Eignung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten "besonderen Gründe" als Hilfskriterien im Sinne des Urteils des EuGH vom 11. November 1997, Rs C-409/95 - Marschall:

Die vom Beschwerdeführer in seinem Antrag angeführten Umstände, auf die im Folgenden näher eingegangen werde, hätten nach seiner Meinung ein Abgehen von der Vorschrift des § 43 B-GBG erfordert, weil seiner Ansicht nach mit der genannten Entscheidung des EuGH klargestellt worden wäre, dass eine nationale Frauenförderungsvorschrift mit dem EU-Recht in Widerspruch stünde, wenn sie nicht für den Fall des Überwiegens besonderer Gründe, die für den männlichen Bewerber sprächen, eine sogenannte "Öffnungsklausel" vorsähen, derzufolge auch bei gleicher Eignung die Bevorzugung der Frau zu entfallen hätte.

Als den schwerstwiegenden Umstand bezeichne er, dass er durch den in Rede stehenden Bestellungsvorgang "jede Aussicht verloren" hätte, bei späteren Bewerbungen zum Oberlandesgericht Wien noch zum Zuge zu kommen, weil nur Richter im Alter zwischen 39 und 45 Jahren auf Planstellen von Richtern des Oberlandesgerichtes Wien ernannt würden.

Schon der Beschwerdeführer selbst räume dazu allerdings ein, dass von der von ihm vermuteten Praxis, wonach vorrangig Personen einer bestimmten Altersgruppe zu Richtern des Oberlandesgerichtes Wien ernannt würden, in diversen Fällen abgewichen werde. Wie eine Einsichtnahme in das Personalverzeichnis der Richter und Richteramtsanwärter des Oberlandesgerichts-Sprengels Wien (Stand: 1. Jänner 1998) gezeigt habe, seien von insgesamt 47 Richtern des Oberlandesgerichtes Wien 13 bei ihrer Ernennung älter als 45 Jahre, davon sieben im Alter zwischen 45 und 53 Jahren. Die Behauptung des Beschwerdeführers, wegen Überschreitung des Standardalters jede Aussicht darauf verloren zu haben, später noch zum Zug zu kommen, sei daher unzutreffend.

Seit der Ernennung Dris. C zum 1. August 1998 seien im Übrigen sechs weitere Planstellen eines Richters/einer Richterin des Oberlandesgerichtes Wien in der Gehaltsgruppe II ausgeschrieben worden, wovon eine aus dem Bereich der im Arbeits- und Sozialrecht tätigen "Richter/innen" zu besetzen gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe sich bei all diesen Ausschreibungen nicht beworben.

Abgesehen davon, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers in diesem Punkt demnach schon von der Tatsachenseite her gar nicht zutreffend sei, würde auch eine allfällige "letzte Beförderungschance" kein zulässiges Hilfskriterium darstellen, das einen Entfall der Frauenbevorzugung trotz Vorliegens gleicher Eignung zur Folge haben könnte. Derartige Umstände wären auch im Rahmen einer allfälligen "Öffnungsklausel" nach der genannten Entscheidung des EuGH deshalb nicht heranzuziehen, weil nicht gesagt werden könne, dass es sich dabei - als einem mit dem Alter zusammenhängenden Umstand - um ein objektives Kriterium handle, das nichts mit einer Diskriminierung zu tun habe. Selbst wenn daher das Vorbringen des Beschwerdeführers, nunmehr von einer Ernennung zum Oberlandesgericht endgültig ausgeschlossen zu sein - was wie gesagt nicht der Fall sei - zutreffend gewesen wäre, läge darin kein im Sinne einer "Öffnungsklausel" beachtlicher Umstand.

Was die (sonstigen) besonderen Gründe anlange, die nach Auffassung des Beschwerdeführers zu berücksichtigen gewesen wären, so sei - ungeachtet ihres Vorliegens - auch aus diesen Umständen für den von ihm vertretenen Standpunkt nichts zu gewinnen. Die im Antrag angeführten, schon im seinerzeitigen Bewerbungsschreiben vom 14. April 1998 enthaltenen Tätigkeiten, Funktionen und Leistungen seien nämlich als außerhalb des Berufes liegende Aspekte schon in die Eignungsbeurteilung einzubeziehen gewesen, weshalb sie als zusätzliche Hilfskriterien ausschieden. Sie seien auch tatsächlich - und zutreffend - von den Vorschlagsgremien bereits in den Qualifikationsvergleich einbezogen worden. Nicht zuletzt auf Grund ihrer erfolgten Einbeziehung in den Leistungsvergleich sei letztlich die gleiche Eignung des Beschwerdeführers mit Dr. C (und Dr. G) festgestellt worden. Auch diese Umstände seien somit keine in der Person gelegenen Gründe, denen im Sinne der zitierten Entscheidung des EuGH zu Gunsten des männlichen Bewerbers zusätzlich Beachtung zu schenken gewesen wäre.

Soweit der Beschwerdeführer neben den erwähnten Tätigkeiten als weitere Gründe, die für seine Ernennung sprechen würden, sein Lebens- und Dienstalter anführe sowie durch einen Hinweis auf Familienstand und Anzahl der Kinder offenbar auch die Einbeziehung dieser Umstände anstrebe, sei auszuführen, dass - wie sich, wie bereits erwähnt, aus dem genannten Urteil des EuGH einschließlich der Schlussanträge des Generalanwaltes sowie auch aus der weiteren Entscheidung des EuGH, Rs C-1/95 - Gerster, ergebe - solche Hilfskriterien, die gegen Frauen diskriminierend wirkten, im Rahmen der Öffnungsklausel grundsätzlich nicht anzuwenden seien. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ließen sich auch für die Behauptungen des besonderen Zusammenhanges zwischen der Dauer der beruflichen Tätigkeit und dem Erwerb eines bestimmten Kenntnis- oder Erfahrungsstandes ("Dienstalter") keine objektiven Kriterien entnehmen, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts zu tun hätten, da es sich dabei lediglich um eine verallgemeinernde Aussage zu bestimmten Kategorien von Arbeitnehmern handle. Der objektive Charakter eines solchen Kriteriums hänge von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere davon ab, welche Beziehung zwischen der Art der ausgeübten Tätigkeit und der Erfahrung bestehe. Derartige diskriminierende Kriterien seien im Übrigen bereits auf Grund von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 76/207/EWG und gemäß § 4 B-GBG ausdrücklich ausgeschlossen.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich den Umstand, dass er bereits zum zweiten Mal aus dem Grund des § 43 B-GBG nicht zum Zug gekommen wäre, als "besonderen Grund" anführe, der seiner Auffassung nach im Sinne einer sogenannten "Öffnungsklausel" hätte einbezogen werden müssen, so sei dazu festzustellen, dass auch der angeführte Umstand ein derartiges Hilfskriterium, das gegen Frauen nicht diskriminierend wirke, nicht darzustellen vermöge. Die von ihm reklamierte Berücksichtigung dieses Umstandes würde nämlich die paradoxe Wirkung haben, dass männliche Bewerber aus bestimmten, vom B-GBG für eine Steigerung der Frauenbeteiligung ausersehene Konstellation einen Vorteil gegenüber der üblicherweise gegebenen Situation bei Konkurrenz mit gleich geeigneten Männern zögen: Während Männer bei wiederholter Konkurrenz mit gleich geeigneten männlichen Bewerbern die im Ermessensbereich der Dienstbehörde liegende Entscheidung des Dienstgebers weiterhin in jedem Fall zu akzeptieren hätten, würde die Situation, mit Frauen zu konkurrieren, demgegenüber die Chance beinhalten, dass beim zweiten Mal einer festgestellten gleichen Eignung für den Bewerber daraus quasi ein "Anspruch" auf die zu besetzende Planstelle abgeleitet würde. Hingegen würden bei dieser Auslegung einzelne Bewerberinnen - trotz weiterhin gegebener Unterrepräsentation von Frauen in bestimmten Bereichen - bei zufälliger Konkurrenz mit gleich geeigneten Männern, die bereits früher einmal aus dem Grunde des § 43 B-GBG nicht zum Zuge gekommen seien, die Frauenbevorzugungsregelung nicht mehr für sich in Anspruch nehmen können. Es könne - ungeachtet der, wie noch auszuführen sein werde, im gegenständlichen Fall darüber hinaus gar nicht vorliegenden Grundlagen, für eine allfällige Berücksichtigung "besonderer Gründe" im Sinn einer Öffnungsklausel - auch dem "europäischen Gesetzgeber" nicht unterstellt werden, dass die ohnedies nur in seltenen Fällen vorliegende Situation gleicher Eignung, die als Voraussetzung für eine Bevorzugung von Frauen normiert sei, durch eine Auslegung wie die vom Beschwerdeführer angestrebte zu einem Instrument umfunktioniert werde, das der Schaffung einer Art "Anwartschaftsrecht" auf Beförderung für solche Männer diene, die zwar nicht besser, aber gleich gut geeignet seien wie die sich mitbewerbenden bestgeeigneten Frauen.

In der Tatsache, dass der Beschwerdeführer bereits in einem früheren Ausschreibungsverfahren gleich geeignet gewesen sei wie die dort bestgeeignete Mitbewerberin und demzufolge schon einmal aus dem Grund des § 43 B-GBG nicht zum Zuge gekommen sei, liege sohin ebenfalls kein zu einem Wegfall der Frauenförderungsvorschrift führender Umstand. Für eine Berücksichtigung dieser Gründe im Sinne einer "Öffnungsklausel" habe daher insgesamt keine Grundlage bestanden, weshalb die Befolgung des in § 43 B-GBG festgelegten Auftrags durch die zuständigen Entscheidungsorgane zutreffend erfolgt sei.

Schließlich würde aber sodann, wenn Umstände geltend gemacht worden wären, die grundsätzlich als Hilfskriterium im Rahmen einer sogenannten "Öffnungsklausel" zu berücksichtigen gewesen wären, im vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis vorliegen, weil, wie im Folgenden noch aufzuzeigen sein werde, die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Normen gar nicht vorgelegen sei.

Zu den Grundlagen für eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Erwerbsleben 76/207/EWG:

Vom Beschwerdeführer werde in diesem Zusammenhang vorgebracht, dass die vollziehenden Organe deshalb, weil das B-GBG eine derartige Klausel nicht enthielte, zu einer unmittelbaren Anwendung der genannten Richtlinie im Sinne einer derartigen Ausnahmebestimmung verpflichtet gewesen wären. Dem sei entgegen zu halten, dass eine unmittelbare Anwendung des Gemeinschaftsrechts grundsätzlich nur in Frage komme, wenn (abgesehen von anderen Erfordernissen) die maßgebenden gemeinschaftsrechtlichen Regelungen "inhaltlich unbedingt" und "hinreichend genau" erschienen. Eine Regelung sei dann "inhaltlich unbedingt", wenn dem Mitgliedstaat bei der Umsetzung der Richtlinie kein (nennenswerter) Gestaltungsspielraum offen stehe. "Hinreichend genau" sei eine Richtlinie dann, wenn sie nach österreichischer Terminologie hinreichend bestimmt sei. Gerade diese Voraussetzungen seien im Bereich der Maßnahme der Frauenförderung nicht gegeben. Hinsichtlich der Anwendung dieser Maßnahmen (Art. 2 Abs. 4 der genannten Richtlinie) sei den Mitgliedstaaten vielmehr ein weiterer Gestaltungsfreiraum gegeben worden, was mittlerweile vom EuGH mehrfach (Hinweis auf die Urteile des EuGH Rs C-165/82, Rs C-222/84, Rs C-84/83 und Rs C-163/82) betont worden sei. Es lägen daher die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie 76/207/EWG nicht vor.

Mangels eines festzustellenden Defizits bei der Umsetzung der Richtlinie wäre den mit der Vollziehung des B-GBG betrauten Bediensteten der belangten Behörde sogar bei Vorliegen derartiger beachtlicher Gründe die Anwendung einer Öffnungsklausel nicht offen gestanden.

Nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang anzuführen, dass seit der Entscheidung des EuGH in der Sache Marschall wesentliche Änderungen der Entscheidungsgrundlagen eingetreten seien. Vor dem Hintergrund des am 1. Mai 1999 in Kraft getretenen Vertrags von Amsterdam, mit dem neue primärrechtliche Grundlagen der Gemeinschaft zu diesem Rechtsbereich geschaffen worden seien, werde daher abzuwarten sein, welche weitere Entwicklung die gegenständliche Rechtsmaterie angesichts der im Gründungsvertrag der Europäischen Union in verstärkter Betonung des Anliegens der Beseitigung von Unterrepräsentation von Frauen vorgenommenen Änderungen nähmen und welche Position der EuGH auf dem Boden dieser Grundlagen künftig einnehmen werde. Die mit dem Vertrag von Amsterdam vorgenommenen Änderungen des Vertrags, insbesondere des Art. 141 Abs. 4 EG, deute jedenfalls darauf hin, dass die Bestrebungen zur effektiven Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Frauen und Männern im Arbeitsleben verstärkt umgesetzt werden sollten. Nach Art. 141 EG hindere der Grundsatz der Gleichbehandlung die Mitgliedstaaten nicht daran, "zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung bzw. zum Ausgleich von Benachteiligungen in der Laufbahn spezifische Vergünstigungen" zu beschließen oder beizubehalten. Abweichend von den bisherigen Urteilen des EuGH, in denen regelmäßig der Begriff der "Chancengleichheit" verwendet werde, werde nunmehr schon im Vertragstext auf die "effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung" von Frauen und Männern im Arbeitsleben hingewiesen. Auch der kollektive Ansatz und die kompensatorische Funktion von Quoten fänden nunmehr Bestätigung ("zum Ausgleich von laufbahnspezifischen Benachteiligungen des unterrepräsentierten Geschlechts"). Sogar bei einer - hier gar nicht gegebenen - unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie schiene daher fraglich, wo auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts derzeit die Grenzen bei der Ausgestaltung der Frauenförderungsnormen durch den EuGH gezogen würden.

In den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umständen seien insgesamt keine solchen zu erkennen, die bei der vorliegenden Entscheidung im Sinne einer "Öffnungsklausel" zu berücksichtigen gewesen wären. Für eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie 76/207/EWG lägen im Übrigen die Voraussetzungen nicht vor. Die Nichtanwendung der Öffnungsklausel sei sohin nicht rechtswidrig erfolgt. Vielmehr hätten die für die gegenständliche Planstellenbesetzung zuständigen Organe zutreffend den ihnen bei der antragsgegenständlichen Planstellenbesetzung gemäß § 43 B-GBG gesetzlich erteilten Auftrag entsprochen. Eine Diskriminierung des Beschwerdeführers durch die vorgenommene Planstellenbesetzung liege somit nicht vor.

Auf die weiteren Behauptungen des Beschwerdeführers, es wären sowohl die Höhe des gemäß § 15 B-GBG festgelegten Schadenersatzanspruches als auch die Frist des § 19 Abs. 2 B-GBG nicht gemeinschaftsrechtskonform, brauche bei der gegebenen Sachlage nicht näher eingegangen zu werden.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "sich aus den Bestimmungen des B-GBG, weiters aber auch aus einschlägigem EU-Recht (insbesondere Richtlinie 76/207/EWG-EURGB) ..., weiters auf EU-rechtskonforme Verfolgbarkeit dieses Anspruches im Rechtsweg (vor den ordentlichen Gerichten)" verletzt.

5. Die belangte Behörde hat - über mehrfaches Ersuchen - Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

6. Im Hinblick auf die in der Beschwerde geltend gemachten - gemeinschaftsrechtlichen - Bedenken gegen die Zuständigkeit der belangten Behörde legte der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Beschluss vom 13. September 2001, Zl. EU 2001/0013, vorerst dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) folgende Frage mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung vor:

"Ist Art. 6 der Richtlinie des Rates 76/207/EWG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zuganges zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen dahin auszulegen, dass die darin geforderte Möglichkeit einer gerichtlichen Geltendmachung von Rechten (hier: eines Schadenersatzanspruches) allein durch den Österreichischen Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf dessen rechtlich eingeschränkte Befugnisse (nur Kassationsgerichtshof mit mangelnder Tatsachenkognition) nicht ausreichend erfüllt ist?"

In seinem Beschluss vom 26. März 2003 gab der Verwaltungsgerichtshof zu seinem Ersuchen um Vorabentscheidung eine ergänzende Äußerung ab.

In seinem Urteil vom 5. Februar 2004, Rs C-380/01 - Schneider, erkannte der EuGH, dass das Vorabentscheidungsersuchen vom 13. September 2001 unzulässig sei.

Er führte hiezu u.a. begründend aus:

"24 Artikel 6 der Richtlinie 76/207, wonach jeder, der sich wegen Nichtanwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung auf seine Person für beschwert hält, die Möglichkeit haben muss, seine Rechte gerichtlich geltend zu machen, legt nicht fest, welcher Art von Gerichtsbarkeit die Mitgliedstaaten diese Aufgabe zu übertragen haben. Dem Erfordernis des genannten Artikels 6 ist vielmehr Genüge getan, wenn jemand, der sich wegen Nichtanwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung auf seine Person für beschwert hält, seine Rechte bei einem zuständigen Gericht effektiv geltend machen kann.

     25        Die Richtlinie 76/207 wurde ins österreichische

Recht mit dem B-GBG umgesetzt, dessen Anwendung bei einer

Verwaltungsbehörde und anschließend vor den Verwaltungsgerichten

angefochten werden kann.

     26        Wie sich aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten

ergibt, besteht in Österreich jedoch außerdem die Möglichkeit, bei

den Zivilgerichten eine allgemeine Amts-         und

Staatshaftungsklage nach § 1 Abs. 1 AHG auf Ersatz des Schadens zu erheben, der durch eine Entscheidung entstanden ist, die im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Beförderung von Beamten und Richtern für rechtswidrig gehalten wird.

27 Wie der Generalanwalt in Nummer 35 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, stellt die österreichische Rechtsordnung mit den allgemeinen Vorschriften über die Staatshaftung, deren Anwendung in einem dreistufigen Instanzenzug von den Zivilgerichten sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht überprüft wird, einen Rechtsweg zur Verfügung, mit dem der Einzelne eine Nichtanwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung auf seine Person gerichtlich geltend machen kann.

     28        Ein solcher Rechtsweg entspricht unbestreitbar dem

Erfordernis eines angemessenen und effektiven Rechtsschutzes, wie

es in Artikel 6 der Richtlinie 76/207 vorgesehen ist.

     29        Im Ausgangsverfahren steht jedoch fest, dass Herr

Schneider Verfahren beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, beim Oberlandesgericht Wien sowie beim Obersten Gerichtshof angestrengt hat, um Ersatz für den Schaden zu erhalten, den er dadurch erlitten zu haben behauptet, dass mit der ablehnenden Entscheidung der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen verletzt worden sei.

30 Demnach ist in einem Gerichtssystem wie dem im

Ausgangsverfahren in Rede stehenden dem Erfordernis des Artikels 6 der Richtlinie 76/207 durch die nach allgemeinen Bestimmungen wie denen des AHG bei den Zivilgerichten eröffneten und auf Staatshaftung gerichteten Rechtsbehelfe, von denen Herr Schneider Gebrauch gemacht hat, vollständig Genüge getan.

31 Unter diesen Umständen ist die Frage, ob das

verwaltungsgerichtliche Verfahren den Anforderungen des Artikels 6 der Richtlinie 76/207 genügt, für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits unerheblich, so dass die Vorlagefrage hypothetisch erscheint. Wie sich aus den Randnummern 22 und 23 dieses Urteils ergibt, ist der Gerichtshof für die Beantwortung einer solchen Frage nicht zuständig.

32 Nach alledem ist festzustellen, dass die

Vorlagefrage unzulässig ist. ..."

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 33 des Richterdienstgesetzes, BGBl. Nr. 305/1961 - RDG, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 507/1994, regelt die "Grundsätze für die Erstattung der Besetzungsvorschläge". Nach dem ersten Satz seines Abs. 2 hat die Aufnahme in den Besetzungsvorschlag und die Reihung im Besetzungsvorschlag ausgehend von den Kriterien des § 54 Abs. 1 nach Maßgabe der Eignung der einzelnen Bewerber für die ausgeschriebene Planstelle zu erfolgen. § 54 Abs. 1 RDG zählt die für die Dienstbeschreibung des Richters maßgebenden Beurteilungskriterien auf.

2. Die Richtlinie des Rates vom 9. Februar 1976, 76/207/EWG, zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zu Beschäftigung, zu Berufsbildung, zu beruflichem Aufstieg, sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, lautet auszugsweise:

"Artikel 1

(1) Diese Richtlinie hat zum Ziel, dass in den Mitgliedstaaten der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, einschließlich des Aufstiegs und des Zugangs zu Berufsbildung, sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und in Bezug auf die soziale Sicherheit unter den in Abs. 2 vorgesehenen Bedingungen verwirklicht wird. Dieser Grundsatz wird im Folgenden als "Grundsatz der Gleichbehandlung" bezeichnet.

...

Artikel 2

(1) Der Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der nachstehenden Bestimmungen beinhaltet, dass keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts - insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand - erfolgen darf.

(2) Diese Richtlinie steht nicht der Befugnis der Mitgliedstaaten entgegen, solche beruflichen Tätigkeiten und gegebenenfalls die dazu jeweils erforderliche Ausbildung, für die das Geschlecht auf Grund ihrer Art und der Bedingung ihrer Ausübung eine unabdingbare Voraussetzung darstellt, von ihrem Anwendungsbereich auszuschließen.

(3) Diese Richtlinie steht nicht den Vorschriften zum Schutz der Frau, insbesondere bei Schwangerschaft und Mutterschaft, entgegen.

(4) Diese Richtlinie steht nicht den Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen, insbesondere durch Beseitigung der tatsächlich bestehenden Ungleichheiten, die die Chancen der Frauen in den in Artikel 1 Absatz 1 genannten Bereichen beeinträchtigen, entgegen.

Artikel 3

(1) Die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung beinhaltet, dass bei den Bedingungen des Zugangs - einschließlich der Auswahlkriterien - zu den Beschäftigungen oder Arbeitsplätzen - unabhängig vom Tätigkeitsbereich oder Wirtschaftszweig - und zu allen Stufen der beruflichen Rangordnung keine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts folgt.

(2) Zu diesem Zweck treffen die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen,

a) dass die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unvereinbaren Rechts- und Verwaltungsvorschriften beseitigt werden;

...

Artikel 4

Die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in Bezug auf den Zugang zu allen Arten und Stufen der Berufsberatung, der Berufsbildung, der beruflichen Weiterbildung und Umschulung beinhaltet, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen,

a) dass die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unvereinbaren Rechts- und Verwaltungsvorschriften beseitigt werden;

...

Artikel 6

Die Mitgliedstaaten erlassen die innerstaatlichen Vorschriften, die notwendig sind, damit jeder, der sich wegen Nichtanwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Sinne der Art. 3, 4 und 5 auf seine Person für beschwert hält, nach etwaiger Befassung anderer zuständiger Stellen seine Rechte gerichtlich geltend machen kann.

...

Artikel 9

(1) Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um dieser Richtlinie binnen 30 Monaten nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen, und unterrichten hievon unverzüglich die Kommission. ...

...

Artikel 11

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

..."

3.1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. Nr. 100/1993 - B-GBG, lauteten:

"1. TEIL

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Anwendungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt wird, für

1. Bedienstete, die in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen,

...

Begriffsbestimmungen

§ 2. ...

(6) Diskriminierung ist jede benachteiligende Differenzierung, die ohne sachliche Rechtfertigung vorgenommen wird.

...

2. TEIL

GLEICHBEHANDLUNG

...

Gleichbehandlungsgebot

Allgemeine Bestimmungen

§ 3. Auf Grund des Geschlechtes darf im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis gemäß § 1 Abs. 1 niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

...

5. beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen),

...

Auswahlkriterien

§ 4. Bei der Auswahlentscheidung zwischen Bewerberinnen und Bewerbern dürfen insbesondere folgende Kriterien nicht diskriminierend herangezogen werden:

1. bestehende oder frühere

a)

Unterbrechung der Erwerbstätigkeit,

b)

Teilbeschäftigung oder

c)

Herabsetzung der Wochendienstzeit,

2.

Lebensalter und Familienstand,

3.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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