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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §9 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2004/03/0196 E 17. Dezember 2008Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des E A in R, vertreten durch Dr. Klaus Schiller, Rechtsanwalt in 4690 Schwanenstadt, Gmundner Straße 20, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. August 2004, Zl. Senat-SW-03-0065, betreffend Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer u.a. für schuldig erkannt, er habe am 7. Jänner 2003, um 11.05 Uhr, an einem näher bezeichneten Ort, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der Firma A. GmbH, mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Lastkraftwagen gefährliche Güter UN 3077, umweltgefährdender Stoff, fest, N.A.G., 9 III ADR (129 Säcke aus Kunststoff, 2.600 kg) als Beförderer befördert und es hiebei unterlassen, im Rahmen des § 7 Abs. 1 GGBG (Sicherheitsvorsorgepflicht)
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zu prüfen, ob die zu befördernden gefährlichen Güter hinsichtlich der Handhabung und Verstauung zur Beförderung zugelassen seien, da die Versandstücke nicht durch geeignete Mittel gesichert gewesen seien, weil die Ladungssicherung gegen seitliches Rutschen oder Rutschen nach hinten gefehlt habe (Spruchpunkt 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses),
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sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufweise, da die Versandstücke (129 Säcke aus Kunststoff) nicht mit einem Gefahrzettel nach Muster Nr. 9 versehen gewesen seien (Spruchpunkt 3 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses).
Der Beschwerdeführer habe Unterabschnitt 7.5.7.1 ADR iVm § 13 Abs. 1a Z. 1 GGBG iVm § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG (Spruchpunkt 2) und Abschnitt 5.2.2 ADR iVm § 13 Abs. 1a Z. 3 GGBG iVm § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG (Spruchpunkt 3) verletzt; über ihn wurden Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 730,-- (Ersatzfreiheitsstrafen: jeweils 20 Tage) verhängt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der Firma A. GmbH zur Verantwortung gezogen. Voraussetzung dafür, einen strafrechtlich Verantwortlichen iSd § 9 Abs. 1 VStG heranzuziehen, ist zunächst, dass die strafbare Handlung der juristischen Person zuzurechnen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2007, Zl. 2005/03/0121). Der Beschwerdeführer macht dazu im Wesentlichen geltend, dass er unbestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit iSd § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der A. GmbH sei. Diese Gesellschaft sei persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) der A. GmbH & Co, die als Kommanditgesellschaft eingerichtet sei. Beförderer iSd Bestimmungen des GGBG sei im gegenständlichen Fall aber die A. GmbH & Co. Unabhängig von den bestehenden rechtlichen Verhältnissen behandle die belangte Behörde jedoch die A. GmbH als "Beförderer" iSd GGBG und belege diese bzw. deren handelsrechtlichen Geschäftsführer mit einer Verwaltungsstrafe. Der bekämpfte Bescheid sei daher gegenüber dem falschen Bescheidadressaten ergangen.
Die belangte Behörde vertritt hiezu die Auffassung, die Bestrafung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der GmbH sei - selbst wenn man davon ausgehe, dass die KG Beförderer gewesen sei - rechtens erfolgt, weil im Lichte des § 9 Abs. 1 VStG im Fall einer GmbH & Co KG der Geschäftsführer der "Komplementär-GmbH" zur Vertretung nach außen berufen sei. Die Tat sei gemäß § 44a Z. 1 VStG so eindeutig umschrieben, dass kein Zweifel darüber bestehe, wofür der Beschwerdeführer bestraft worden sei.
Dem ist entgegenzuhalten, dass die Behörde im Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 VStG die Begehung der Tat durch die juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes als erwiesen anzunehmen hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1995, Zl. 93/10/0188), sodass auch im Beschwerdefall eindeutig zu klären ist, wem (welcher der beiden Gesellschaften) die Tat zuzurechnen ist (vgl. zu einer ebenfalls eine GmbH und eine GmbH & Co KG betreffenden Spruchformulierung das hg. Erkenntnis vom 5. September 2001, Zl. 98/04/0210).
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde in der Gegenschrift handelt es sich bei dem dargestellten Beschwerdevorbringen auch um keine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung, weil dieses Vorbringen in der Aktenlage seine Deckung findet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2005, Zl. 2004/02/0220, mwN):
Sowohl dem ADR-Beförderungspapier als auch dem CMR-Frachtbrief ist zu entnehmen, dass die "A. GmbH & Co" als Absender und Empfänger aufscheint und den dem Beschwerdefall zugrunde liegenden Transport als Frachtführer durchgeführt hat.
Ohne Berücksichtigung dieser eindeutigen Beweisergebnisse wird dem Beschwerdeführer mit dem von der belangten Behörde in Verkennung der Rechtslage aufrecht erhaltenen Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zur Last gelegt, die Tat als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der A. "GmbH" begangen zu haben. Es fehlt daher eine zweifelsfreie Bezeichnung der juristischen Person, die die verfahrensgegenständliche Güterbeförderung durchgeführt hat und in deren Geschäftsbetrieb die Verwaltungsübertretung begangen wurde. Die angeführte Umschreibung der Tätereigenschaft lässt damit die Merkmale nicht erkennen, aus denen sich die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers ergibt; sie entspricht daher nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Dezember 2007, Zl. 2003/03/0295, mwN).
Durch die Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 17. Dezember 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2004030195.X00Im RIS seit
23.01.2009Zuletzt aktualisiert am
05.03.2009