TE Vwgh Erkenntnis 2008/12/17 2006/13/0196

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Veröffentlicht am 17.12.2008
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §16 Abs1 Z6;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Zorn, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf in 1153 Wien, Ullmannstraße 54, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 16. November 2006, Zl. RV/0578-W/05, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2000 bis 2003 (mitbeteiligte Partei: JB in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Das Finanzamt veranlagte den Mitbeteiligten, einen in Wien beschäftigten technischen Angestellten mit Hauptwohnsitz in Bratislava (Slowakei), mit Bescheiden vom 8. September 2004 zur Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2003, wobei es die Berücksichtigung des so genannten "kleinen Pendlerpauschales" gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 für Entfernungen über 20 km zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit der Begründung nicht gewährte, dass für den Fall des Bestehens mehrerer Wohnsitze (neben dem Wohnsitz in Bratislava sei der Mitbeteiligte auch in Wien, S.-Gasse 10, seit 23. März 1994 "hauptgemeldet") die Entfernung zum nächstgelegenen Wohnsitz maßgeblich sei. Unter einem wies das Finanzamt darauf hin, dass auch "Familienheimfahrten" nicht zustünden, weil die einfache Wegstrecke zum Familienwohnort 70 km betrage und die tägliche Rückkehr aus diesem Grund zumutbar sei.

In seinen dagegen erhobenen Berufungen brachte der Mitbeteiligte im Wesentlichen vor, die Tatsache allein, dass ihm am Dienstort eine Zweitunterkunft zur Verfügung stünde, reiche seiner Ansicht nach nicht aus, die Berücksichtigung des Pendlerpauschales zu versagen. Die tatsächlich und überwiegend genutzte Wohnung sei seine Familienwohnung in Bratislava, wo er auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen habe und mit seiner Frau und zwei Kindern wohne. Die Wohnung am Arbeitsort in Wien, die er mit einem Kollegen teilen müsse, benütze er äußerst selten.

In Beantwortung eines Ergänzungsvorhaltes des Finanzamtes teilte der Mitbeteiligte mit Schreiben vom 30. November 2004 u. a. mit, dass er die Wohnung in Wien, S.-Gasse 10, unregelmäßig rd. einmal in zwei Wochen im Bedarfsfall zur Nächtigung, bedingt durch die Ausübung seines Berufes, benutze. Dieses "Notquartier" müsse er noch mit weiteren zwei Kollegen teilen. Einen Mietvertrag habe er nicht. Die Wohnung bestehe aus zwei Zimmern. Er habe weder einen eigenen Wohn- noch Schlafbereich. Die Miete teile er sich mit den anderen beiden Mitbewohnern, sodass er monatlich einen Betrag von 86 EUR zu bezahlen habe. Er fahre mit dem Auto zu seinem Wohnsitz allein nach Hause. Abgesehen davon, dass eine Wohnsitzverlegung nach Wien mit seiner Familie (zwei Kinder) mit Kosten verbunden wäre, die ihm "nicht zur Verfügung" stünden, verlege er seinen Wohnsitz "nicht in ein Land, wo ich um eine beschränkte Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung ansuchen muss". Seine Ehefrau habe eine dauerhafte Arbeitsstelle in der Slowakei. Zur "Glaubhaftmachung meiner täglichen Fahrten nach Bratislava" könne der Mitbeteiligte eine eidesstättige Erklärung abgeben. Auch seine Ehefrau könne die täglichen Fahrten bestätigen. Diese Nachweise könne er im Bedarfsfall über Aufforderung vorlegen.

Mit Berufungsvorentscheidungen vom 20. Dezember 2004 wies das Finanzamt die Berufungen als unbegründet ab. Die den Mitbeteiligten "an der Wiener Adresse zur Verfügung stehende Wohnmöglichkeit stellt keine Schlafstelle dar, da es sich dabei nur um eine Behauptung handelt, wofür ein Nachweis nicht vorliegt". Es liege daher eine Wohnmöglichkeit vor, welche für die Berechnung der Entfernung "Wohnung-Arbeitsstätte" heranzuziehen sei. Da diese Entfernung unter 20 km (einfache Wegstrecke) betrage, stehe das Pendlerpauschale nicht zu.

Mit seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz legte der Mitbeteiligte u. a. eidesstattliche Erklärungen des Vermieters, der beiden Mitbewohner, seiner Ehefrau sowie von ihm selbst zum Beweis dafür vor, dass er fast täglich zum Familienwohnsitz in Bratislava gependelt sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, es stehe fest, dass der Mitbeteiligte im Streitzeitraum durchgehend bei einem Arbeitgeber in Wien als technischer Angestellter beschäftigt gewesen sei. Er sei seit 1999 verheiratet und Vater von zwei in den Jahren 2000 und 2003 geborenen Kindern. Seine Ehefrau sei bei einem Unternehmen in Bratislava beschäftigt. Seit 1994 sei er in einer Wohnung in Wien gemeinsam mit zwei anderen slowakischen Staatsbürgern gemeldet. Das auf ihn entfallende Drittel der Miete betrage 86 EUR. Nach seinen Angaben und den vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen benutze er die Wohnung nur ca. zweimal pro Monat, wobei ihm in der Wohnung am Arbeitsort kein eigener Raum zur Verfügung stehe. Von diesen Ausnahmen abgesehen, fahre er täglich zu seiner 70 km entfernten Wohnung nach Bratislava (Ablichtungen des KFZ-Zulassungsscheines und der Geburtsurkunden seiner Kinder lägen in den Akten auf). Die belangte Behörde schließe sich der u.a. von Pülzl, SWK 31/2001 (753), "Schlafstelle als Wohnung?", sowie in "einer Reihe von Entscheidungen des UFS" vertretenen Meinung an, wonach es für die Zuerkennung des Pendlerpauschales bei zwei Wohnungen darauf ankomme, von welcher dieser Wohnungen im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zur Arbeitsstätte gefahren werde. Auf Grund der Ergebnisse des Vorhalteverfahrens sei unter Bedachtnahme auf die Lebenserfahrung, "wonach der weitaus überwiegende Teil der Eltern von Säuglingen und Kleinkindern trachten wird, möglichst viel Zeit mit ihren Kindern zu verbringen", die weitaus überwiegende, zumeist wohl tägliche Heimkehr zur Familie nach Bratislava glaubwürdig. Das Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 stehe daher zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf § 292 BAO gestützte Beschwerde des Finanzamtes, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Zur Frage der Berücksichtigung des Pendlerpauschales nach § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 unter dem auch in der vorliegenden Beschwerde ins Treffen geführten Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 28. Oktober 2008, 2006/15/0145, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung ausgeführt hat, dass bei vergleichbarem Sachverhalt (Unterkunftsmöglichkeit am Beschäftigungsort nur in einer von anderen Arbeitskollegen mitbenutzten Wohnung) dem Grunde nach ein Anspruch auf Berücksichtigung des Pendlerpauschales nicht abgesprochen werden kann.

Mit dem Beschwerdevorbringen, die Behauptung des Mitbeteiligten, die Wohnung in Wien nur einmal in zwei Wochen zu nutzen, erscheine "dem Finanzamt im Hinblick auf die angegebenen Mietkosten von monatlich 86 EUR nicht glaubwürdig" wird noch keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung betreffend die von der belangten Behörde auch unter Hinweis auf die Familiensituation des Mitbeteiligten getroffene Sachverhaltsannahme der "weitaus überwiegenden" täglichen Heimkehr des Mitbeteiligten zum Familienwohnort in Bratislava aufgezeigt. Dazu kommt, dass das Finanzamt selbst in der Berufungsvorentscheidung die in der Vorhaltsbeantwortung vom 18. Oktober 2004 erfolgte - durch eidesstattliche Erklärungen auch belegte - Glaubhaftmachung der täglichen Fahrten nach Bratislava nicht in Zweifel gezogen hat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 17. Dezember 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006130196.X00

Im RIS seit

03.02.2009

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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