TE Vwgh Erkenntnis 2008/12/17 2004/03/0025

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Veröffentlicht am 17.12.2008
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;
99/03 Kraftfahrrecht;

Norm

ADR 1973 Kap4.1;
ADR 1973 Kap6.1;
ADR 1973 UAbschn5.4.1.1;
AVG §62 Abs4;
GGBG 1998 §2 Z1;
GGBG 1998 §4 Z2;
GGBG 1998 §7 Abs1;
GGBG 1998 §7 Abs3 Z3;
GGSt §7 Abs3 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Dr. A K in N, vertreten durch Dr. Alfred Roschek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jasomirgottstraße 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14. Jänner 2004, Zl. UVS-03/G/13/7969/2003/2, betreffend Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer u.a. schuldig erkannt, er habe als verantwortlicher Beauftragter der D. Handelsgesellschaft mbH. in Wien, welche Absender des gefährlichen Gutes der Klasse 8 III ADR (Dinatriumtrioxosilicat (Natriummetasilicat) 4 Plastiksäcke a 50 kg, Gesamtmasse 200 kg UN 3253)

Klasse 6.1 ADR (ungereinigte leere Verpackungen, 1 Plastikfass) Klasse 8 II ADR (Natriumhydroxidlösung (Natronlauge) 2 IBC a

800 l, Gesamtmasse 2.200 kg UN 1824),

Klasse 8 II ADR (Essigsäure, Lösung 2 IBC a 800 l, Gesamtmasse 1.600 kg UN 2790)

Klasse 8 III ADR (Hypochloritlösung 1 IBC 1.000 kg UN 1791) Klasse 8 II ADR (Chlorwasserstoffsäure (Salzsäure) 1 IBC 800 kg UN 1789)

Klasse 8 II ADR (Salpetersäure, 1 IBC 1.000 kg UN 2031) Klasse 8 II ADR (Schwefelsäure 10 Kunststoffkanister a 30 l, Gesamtmasse 300 kg UN 1830) und Klasse 8 II ADR (Salpetersäure 4 Kunststoffkanister a 60 l, Gesamtmasse 240 kg UN 2031)

gewesen sei, zu verantworten, dass dieses gefährliche Gut zur Beförderung übergeben und mit dem von R. Sch. gelenkten, dem Kennzeichen nach bestimmten Lastkraftwagen am 14. April 2003 um 07.25 Uhr an einem näher bezeichneten Ort befördert worden sei,

1. obwohl dem Beförderer die für die Erstellung der nach dem ADR erforderlichen Beförderungs- und Begleitpapiere notwendigen Angaben und Informationen nicht geliefert worden seien. Es habe ein ordnungsgemäßes Beförderungspapier nach Abschnitt 5.4.1 ADR gefehlt (Beim Stoff UN 3253 Dinatriumtrioxosilicat (Natriummetasilicat)) 8 III ADR , habe die Anzahl und die Beschreibung der Versandstücke gefehlt) und

2. obwohl Verpackungen als Versandstücke verwendet worden seien, die nach den Verpackungsvorschriften der Teile 4 und 6 des ADR nicht zulässig und geeignet gewesen seien, da die verwendete Verpackung nicht entsprechend geprüft, überprüft bzw. genehmigt gewesen sei (beim Stoff UN 3253 Dinatriumtrioxosilicat (Natriummetasilicat) 8 III ADR habe der Verpackungscode auf den Versandstücken gefehlt.).

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 7 Abs. 3 Z. 2 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG) iVm Unterabschnitt 5.4.1.1 ADR (Spruchpunkt 1) und § 7 Abs. 3 Z. 3 iVm § 7 Abs. 1 iVm § 4 Z. 2 iVm § 2 Z. 1 GGBG iVm Kapitel 4.1 und 6.1 ADR (Spruchpunkt 2) verletzt; über ihn wurden Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 726,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 10 Tage) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass sich bereits aus der Berufung ergebe, dass im Beförderungspapier "3253 Dinatriumtrioxosilicat 8, III, ADR" vermerkt, während in der Anzeige "3253 Dinatriumtriosilicat (Natriummetasilicat) 8, III, ADR" angeführt gewesen sei, sodass sich schon aus dieser Gegenüberstellung, welche dieselbe UN-Nummer und in der Anzeige auch noch ein Synonym des betreffenden Stoffes enthalte, bereits eindeutig das Vorliegen eines bloßen Schreibfehlers in der Anzeige ergebe, welcher sodann weiter tradiert worden sei. Im Übrigen bleibe die Berufung jeden Hinweis schuldig, um welchen "anderen" Stoff es sich bei der durch den Entfall der Buchstaben "-XO-" gebildeten Wortschöpfung "Dinatriumtriosilicat" handeln solle.

Da ein offenkundiger Schreibfehler der jederzeitigen Berichtigung zugänglich sei, sei diese nunmehr vorzunehmen. Gründe für eine geänderte Beurteilung des Sachverhaltes und der Rechtslage seien weder vorgebracht worden noch hervorgekommen, weshalb aufgrund der Anzeige, die im Übrigen unbestritten sei, von der Verwirklichung des Tatbestandes in objektiver und subjektiver Hinsicht auszugehen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen habe, wendet sich aber weiterhin gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Berichtigung des Spruchs des angefochtenen Bescheides und führt aus, er sei erstmalig neun Monate nach der behaupteten Übertretung für einen Sachverhalt bestraft worden, der nicht Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens gewesen sei. Es handle sich bei der Angabe des gefährlichen Gutes UN 3253 "Dinatriumtriosilikat" nicht um einen Tipp- oder Schreibfehler. Gerade im Bereich der Gefahrgüter und der Beschreibung der auf Fahrzeuge geladenen Produkte sei höchste Genauigkeit und Sorgfalt anzuwenden. Diese Sorgfalt werde auch von den Absendern und Beförderern seitens der Behörde gefordert. Es könne daher auch von der Behörde verlangt werden, dass bei einem Vorwurf, der im vorliegenden Fall mit EUR 726,-- pro Übertretung sanktioniert sei, genau der Sachverhalt beschrieben werde, gegen den der Beschwerdeführer angeblich verstoßen habe.

Eine Korrektur eines Tippfehlers sei auch dann ausgeschlossen, wenn ein solcher Tippfehler nicht offenkundig sei. Offenkundig sei dieser Fehler aber schon deshalb nicht, weil der Meldungsleger ausdrücklich seine Anzeige zum Inhalt seiner Zeugenaussage erhoben habe. Sofern sich darin Fehler fänden und das angegebene Gefahrgut nicht auf dem Fahrzeug geladen gewesen sei, habe dies zur Einstellung des gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens zu führen und nicht zur Korrektur des Spruches des Straferkenntnisses.

Gemäß § 62 Abs. 4 AVG (§ 24 VStG) kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen. "Offenbar auf einem Versehen" beruht eine Unrichtigkeit nach der hg. Rechtsprechung dann, wenn sie für die Partei "klar erkennbar" ist und von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Bescheiderlassung hätte vermieden werden können. Es kommt dabei letztlich auf den Inhalt der übrigen Bescheidteile (z.B. Begründung) bzw. auf den Akteninhalt an (vgl. die Nachweise bei Walter/Mayer Verwaltungsverfahrensrecht 8. Auflage, Rz. 449).

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den der Anzeige angeschlossenen Beförderungspapieren (Lieferscheinen), dass hinsichtlich eines der dort angeführten gefährlichen Güter in der Anzeige ein Schreibfehler ("3253 Dinatriumtriosilicat (Natriummetasilicat) 8, III, ADR" statt "3253 Dinatriumtrioxosilicat 8, III, ADR") unterlaufen ist. Da dieser Aktenbestandteil dem Beschwerdeführer als Absender bekannt sein musste bzw. spätestens anlässlich der Akteneinsicht seines Vertreters bekannt wurde (sh. die Niederschrift vor der Erstbehörde vom 16. Juni 2003) und der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 23. September 2003 auch auf den genannten Lieferschein Bezug nimmt, war die falsche Bezeichnung des beförderten Gefahrgutes ein Versehen, das für den Beschwerdeführer jederzeit klar erkennbar war und auch von Seiten der Behörde ohne Weiteres hätte vermieden werden können.

Unter diesen Umständen vermag der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausgeht, dass es sich bei der Anführung des genannten Gefahrgutes im erstbehördlichen Straferkenntnis um einen im gegebenen Zusammenhang unwesentlichen Schreibfehler handelte, welchen sie zufolge § 62 Abs. 4 AVG zu berichtigen berechtigt war (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 19. April 1988, Zl. 88/04/0013).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Kosten waren nicht zuzusprechen, weil die belangte Behörde Kosten nicht verzeichnet hat.

Wien, am 17. Dezember 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2004030025.X00

Im RIS seit

23.01.2009

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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