TE Vwgh Erkenntnis 2008/12/18 2008/06/0090

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Veröffentlicht am 18.12.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
27/01 Rechtsanwälte;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

Ausbildungsrichtlinie Rechtsanwaltsanwärter 1993 §3;
Ausbildungsrichtlinie Rechtsanwaltsanwärter 1993 §6 Z4;
Ausbildungsrichtlinie Rechtsanwaltsanwärter 1993 §7;
AVG §56;
RAO 1868 §1 Abs2 litf;
RAO 1868 §28 Abs1 litm;
RAPG 1985 §1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des Dr. PS in W, vertreten durch NH Niederhuber Hager Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 24/12, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) vom 8. April 2008, Zl. 05/03 2008/1265, betreffend Anerkennung von Ausbildungsveranstaltungen gemäß § 1 Abs. 2 lit. f RAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Rechtsanwaltskammer Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 14. Jänner 2008 bei der Rechtsanwaltskammer Wien eingelangten Schreiben vom 11. Jänner 2008 beantragte der Beschwerdeführer die Anerkennung der von ihm im Rahmen seines postgradualen Europarechtsstudiums an der Donau Universität Krems und der TU Wien zur Erlangung des akademischen Grades des Master of Laws (LL.M.) wie auch des Master of Business Administration (MBA) absolvierten Ausbildungsmodule als Ausbildungsveranstaltung im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. f Rechtsanwaltsordnung (RAO) im Umfang von 24 Halbtagen, in eventu die Anerkennung der von ihm im Rahmen des angeführten postgradualen Europarechtsstudiums absolvierten Ausbildungsmodule als gleichwertig mit Ausbildungsveranstaltungen im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. f RAO im Umfang von 24 Halbtagen.

Der Beschwerdeführer führte dazu in dem Antrag aus, dass er von 2003 bis 2005 das postgraduale Europarechtsstudium an der Donau Universität Krems und an der TU Wien zur Erlangung des akademischen Grades des Master of Laws (LL.M.) wie auch des Master of Business Administration (MBA) absolviert habe. In diesem Zusammenhang hätte er neben dem Verfassen einer Masterthese (30 ECTS - European Credit Transfer and Accumulation System, siehe dazu etwa § 23 Abs. 3 Universitäts-StudienG, BGBl. I  Nr. 48/1997) näher angeführte rechtswissenschaftliche Lehrmodule absolviert (insgesamt 30 ECTS: darunter Grundlagen des Europäischen Gemeinschaftsrechts, Europäisches Binnenmarktrecht, Europäisches Wettbewerbsrecht, Welthandelsrecht, Europäisches und Internationales Gesellschaftsrecht, Europäisches Arbeits- und Sozialrecht). Sämtliche der genannten Lehrmodule seien entweder in Form von Vorträgen oder in Form von Seminaren, teilweise auch unter aktiver Mitwirkung der Teilnehmer durch Referate oder Diskussionen abgehalten und von ihm bewältigt worden. Die gesamte postgraduale Ausbildung habe insgesamt vier Semester umfasst, wobei pro Semester rund 50 Ausbildungstage zu jeweils zumindest drei Stunden, somit insgesamt weit mehr als 150 Stunden zu absolvieren gewesen seien. Die gesamte Ausbildung umfasse 105 ECTS, was nach dem European Credit Transfer and Accumulation System einem Standard für den europäischen/internationalen Vergleich von Ausbildungsleistungen und -anrechnungen, einem Arbeits- und Fortbildungsstundenaufwand von zwischen 2625 und 3150 Stunden entspreche. Nachdem es u.a. Ziel der postgradualuniversitären Ausbildung sei, eine Masterthese und mehrere schriftliche wie auch mündliche Haus- und Seminararbeiten zu verfassen sowie Prüfungen, Diskussionen, Referate und Planspiele über rechtliche, rechtspolitische und wirtschafts- und kommunikationswissenschaftliche Gegenstände und Themen zu absolvieren, sei die Ausbildung in ihrer Gesamtheit jedenfalls geeignet, die Fertigkeiten zur Abfassung von (Rechts-)Urkunden und (Rechts-)Gutachten sowie zum geordneten schriftlichen und mündlichen Vortrag einer Rechts- und Sachlage zu schaffen oder zu vertiefen. Insbesondere die ausbildungsimmanenten Diskussionen, Referate und Planspiele seien der Vertiefung und der Gewandtheit bei der Einleitung und Besorgung der einem Rechtsanwalt übertragenen öffentlichen und privaten Angelegenheiten förderlich. Es lägen somit hinsichtlich der antragsgegenständlichen Ausbildung die grundsätzlichen Voraussetzungen für Ausbildungsveranstaltungen im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. f RAO vor.

Insbesondere sei die antragsgegenständliche Ausbildung jedenfalls zu folgenden, dem Jahresprogramm der Akademie der Wiener Rechtsanwaltskammer (AWAK) 2008 entnommenen und insgesamt 14 Ausbildungshalbtage umfassenden, Ausbildungsveranstaltungen der AWAK inhaltlich wie auch didaktisch gleichwertig (diese Gleichwertigkeit könne insbesondere anhand eines Vergleichs der Ausbildungsunterlagen, die bei Bedarf nachgereicht würden, nachgewiesen werden):

-

Persönliche Einkommensteuer (ESt)

-

Bilanzlesen für Juristen

-

Optimale Fragetechnik: Der Weg zur richtigen Antwort

-

Europäisches Wirtschaftsrecht

-

Grundzüge der Bilanzanalyse und Unternehmensbewertung.

Die Abfassung der Masterthese sei hinsichtlich der Kriterien gemäß der Ausbildungsrichtlinie mit einem Ausmaß von 10 Halbtagen zu berücksichtigen. Zusammenfassend ergebe sich daher, dass die von ihm abgeschlossene Ausbildung an der Donau-Universität Krems und an der TU Wien zumindest in einem Ausmaß von 24 Halbtagen gleichwertig mit den von der AWAK angebotenen Ausbildungsveranstaltungen im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. f RAO sei.

Gemäß § 28 Abs. 1 lit. m RAO sei der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer für die Anerkennung von für Rechtsanwaltsanwärter verbindliche Ausbildungsveranstaltungen gemäß den vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag erlassenen Richtlinien (das sei vor allem die angeführte Ausbildungsrichtlinie) zuständig. So im antragsgegenständlichen Fall nicht die Anerkennung der Ausbildungsveranstaltungen an sich erfolgen könne, bestehe auf Grund der Tatsache, dass es sich bei der Aufzählung des § 28 Abs. 1 RAO um eine lediglich demonstrative handle und dem Ausschuss der Rechtsanwaltskammer daher eine Allzuständigkeit für sämtliche, nicht anderen Organen zugewiesene Aufgaben zukomme (Hinweis auf Feil/Wennig, Anwaltsrecht4, § 28 RAO, Rz. 2), sowie auf Grund der Tatsache, dass er auf Grund der Vorgaben des § 1 RAO ein rechtliches Interesse an einer Zuständigkeit des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer zur Anerkennung der Gleichwertigkeit der von ihm im Rahmen seines postgradualen Studiums absolvierten Ausbildungsmodule mit jenen im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. f RAO habe, eine Zuständigkeit des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer zur Anerkennung der Gleichwertigkeit der von ihm absolvierten Ausbildungsmodule mit jenen gemäß § 1 Abs. 2 lit. f RAO.

Die belangte Behörde wies beide Anträge mit dem angefochtenen Bescheid ab. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass die Rechtsanwaltskammern Ausbildungsveranstaltungen nur über solche Gegenstände anerkennen dürften, die im Sinne des § 1 RAPG für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes dienlich seien (Hinweis auf § 3 der Richtlinie für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern, Ausbildungsrichtlinie - RL-RAA). Weitere Voraussetzung sei, dass der Ausschuss einer Rechtsanwaltskammer die Veranstaltung approbiert habe (§ 6 Z. 4 RL-RAA). Aus den zum Ansuchen beigelegten Unterlagen ergebe sich, dass beide Voraussetzungen nicht vorlägen. Zum einen hätten die Lehrveranstaltungen im Zeitpunkt der Antragstellung (11. Jänner 2008) bereits stattgefunden, was nicht den Bestimmungen des § 6 Z. 4 RL-RAA entspreche. Überdies erachte die belangte Behörde die Dienlichkeit als nicht gegeben. Lehrgänge universitären Charakters stellten keine Ausbildungsveranstaltungen für Rechtsanwaltsanwärter dar. Ausbildungsveranstaltungen seien an den Erfordernissen der Rechtsanwaltsprüfung sowohl in inhaltlicher als auch didaktischer Hinsicht ausgerichtet und dienten der Berufsausbildung und nicht, wie postgraduale Lehrgänge, der weiteren akademischen Ausbildung. Eine Anerkennung der Lehrmodule des postgradualen Europarechtsstudiums der Donau-Universität Krems und der Technischen Universität Wien als Ausbildungsveranstaltung im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. f RAO komme daher nicht in Betracht.

Hinsichtlich des eventualiter gestellten Feststellungsbegehrens sei davon auszugehen, dass ein Anspruch auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich sei. Da es für das Eventualbegehren keine gesetzliche Grundlage gäbe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall ist die Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2007 (RAO), anzuwenden (§ 1 Abs. 2 in der Fassung dieser Novelle kommt gemäß Art. XVII § 6 im vorliegenden Fall noch nicht zur Anwendung).

Gemäß § 1 Abs. 1 RAO bedarf es zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft in der Republik Österreich keiner behördlichen Ernennung, sondern lediglich der Nachweisung der Erfüllung der nachfolgenden Erfordernisse und der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte.

Unter den Erfordernissen ist in Abs. 2 lit. f dieser Bestimmung die Teilnahme an den nach den Richtlinien für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern erforderlichen Ausbildungsveranstaltungen im Ausmaß von höchsten 42 Halbtagen, davon zwingend sechs Halbtage Mediationsausbildung, normiert.

Gemäß § 28 Abs. 1 lit. m RAO gehört zu dem Wirkungskreise des Ausschusses einer Rechtsanwaltskammer die Durchführung, gegebenenfalls die Anerkennung von für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen gemäß den vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag erlassenen Richtlinien.

Weiters ist das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz - RAPG, BGBl. Nr. 556/1985 in der Fassung BGBL. I Nr. 111/2007, anzuwenden (wobei u.a. § 2 und § 7 in der Fassung der Novelle 2007 gemäß der angeführten Übergangsbestimmung auch zur RAO im vorliegenden Fall noch nicht anzuwenden ist).

Gemäß § 1 RAPG soll die Rechtsanwaltsprüfung die für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse des Prüfungswerbers, im Besonderen seine Gewandtheit bei der Einleitung und Besorgung der einem Rechtsanwalt übertragenen öffentlichen und privaten Angelegenheiten sowie seine Eignung zur Abfassung von Rechtsurkunden und Rechtsgutachten sowie zum geordneten schriftlichen und mündlichen Vortrag einer Rechts- und Sachlage nachweisen.

Gemäß § 2 Abs. 2 RAPG ist Voraussetzung für die Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung überdies die Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen.

Gemäß § 7 RAPG sind dem Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltsprüfung u.a. der Nachweis der Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen anzuschließen.

Gemäß § 2 der Richtlinie für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern (Ausbildungsrichtlinie - RL-RAA; kundgemacht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 14. Februar 1993 bzw. im AnwBl. 1993/151, abgedruckt in Tades, RAO7, 266 ff; die am 25. April 2008 beschlossene und auf der Homepage des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages kundgemachte Ausbildungsrichtlinie war im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 14. April 2008 noch nicht in Geltung), die im vorliegenden Fall anzuwenden ist, sind die Ausbildungsveranstaltungen in Form von Vorträgen oder in Form von Seminaren auch unter aktiver Mitwirkung der Teilnehmer durch Referate oder Diskussionen abzuhalten.

Gemäß § 3 RL-RAA haben die Rechtsanwaltskammern gemäß § 28 Abs. 1 RAO Ausbildungsveranstaltungen nur über solche Gegenstände abzuhalten oder nur solche Ausbildungsveranstaltungen anzuerkennen, die im Sinne des § 1 RAPG für die Ausbildung des Rechtsanwaltsberufes dienlich sind.

Gemäß § 5 RL-RAA hat ein anrechenbarer Ausbildungshalbtag mindestens drei Stunden zu umfassen.

Gemäß § 6 RL-RAA ist die Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen schriftlich nachzuweisen. Dieser Nachweis hat zu enthalten:

"1.

Veranstalter und Referenten;

2.

Thema und Art der Ausbildungsveranstaltung;

3.

Datum und Dauer der Ausbildungsveranstaltung; und

4.

den Nachweis, dass eine Rechtsanwaltskammer eine in ihrem Sprengel, jedoch nicht von ihr durchgeführte Ausbildungsveranstaltung gemäß § 28 (1) m) RAO anerkannt hat."

Gemäß § 7 RL-RAA bestätigt die Rechtsanwaltskammer, in deren Sprengel der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen ist oder zuletzt war, gemäß § 7 RAPG, dass die in § 2 Abs. 2 RAPG geforderte Voraussetzung für die Zulassung zu der Rechtsanwaltsprüfung vorliegt.

Der Beschwerdeführer wendet sich inhaltlich in der Beschwerde nur gegen die Abweisung des Eventualantrages. In diesem Sinne macht er die Verletzung im Recht auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 56 AVG geltend, mit dem festgestellt werde, dass die verfahrensgegenständlichen Ausbildungsveranstaltungen gleichwertig mit denen gemäß § 1 Abs. 2 lit. f RAO seien. Wenn im antragsgegenständlichen Fall nicht die Anerkennung der Ausbildungsveranstaltungen an sich erfolgen könne, bestehe auf Grund der Tatsache, dass es sich bei der Aufzählung des § 28 Abs. 1 RAO um eine lediglich demonstrative handle, eine Zuständigkeit des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer zur Anerkennung der Gleichwertigkeit der vom Beschwerdeführer im Rahmen seines postgradualen Studiums absolvierten Ausbildungsmodule mit jenen im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. f RAO. Da der Beschwerdeführer ein rechtliches Interesse habe, zu wissen, wie viele Ausbildungsveranstaltungen er noch zu absolvieren habe, liege bei ihm ein rechtliches Interesse an einer solchen Feststellung vor. Wenn die belangte Behörde den Anspruch auf Erlassung eines solchen Feststellungsbescheides verneint habe, habe sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Dem jeweiligen Ausschuss einer Rechtsanwaltskammer kommt gemäß § 28 Abs. 1 lit. m RAO in seinem Wirkungskreis die Zuständigkeit zu, über die Frage der Anerkennung von für Rechtsanwaltsanwärter verbindliche Ausbildungsveranstaltungen gemäß den vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag erlassenen Richtlinien Feststellungsbescheide zu erlassen. Die Rechtsanwaltskammern werden gemäß § 22 Abs. 1 RAO durch sämtliche in die Liste eingetragene Rechtsanwälte gebildet, die in dem derzeit bestehenden Sprengel jeder Kammer ihren Kanzleisitz haben. Der Sprengel der Wiener Rechtsanwaltskammer ist die Bundeshauptstadt Wien (vgl. BGBl. Nr. 524/1987). Die Anerkennung von Ausbildungsveranstaltungen muss - wie das auch in § 6 Z. 4 RL-RAA zum Ausdruck kommt - als in die Zuständigkeit jener Rechtsanwaltskammer fallend angesehen werden, in deren Sprengel die in Frage stehende anzuerkennende Ausbildungsveranstaltung stattfindet. Gemäß § 6 Z. 4 RL-RAA hat der Nachweis über die Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen u.a. den Nachweis zu enthalten, dass eine Rechtsanwaltskammer eine in ihrem Sprengel stattfindende, jedoch nicht von ihr durchgeführte Ausbildungsveranstaltung gemäß § 28 Abs. 1 lit. m RAO anerkannt hat.

Daraus ergibt sich aber, dass die belangte Behörde, als Organ der Wiener Rechtsanwaltskammer, die für den Sprengel Wien zuständig ist, für die allfällige Anerkennung von im Sprengel Niederösterreich stattfindenden Ausbildungsveranstaltungen nicht zuständig war. Indem die belangte Behörde in der Sache entschieden hat, verletzte sie den Beschwerdeführer im Hinblick darauf jedenfalls in dem geltend gemachten Recht auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, dass die Rechtskraft des angefochtenen Bescheides einer Entscheidung des für diese Frage zuständigen Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich betreffend die Anerkennung der in Frage stehenden Ausbildungsveranstaltungen entgegenstünde.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VWGG aufzuheben.

Angemerkt wird abschließend, dass § 28 Abs. 1 lit. m RAO in Verbindung mit § 3 und § 6 Z. 4 RL-RAA nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch eine nachträgliche Feststellung über die allfällige Anerkennung einer bereits absolvierten Ausbildungsveranstaltung im Sinne des § 3 RL-RAA zulässt. Neben dem in der RAO in Verbindung mit der RL-RAA vorgesehenen Anerkennungsverfahren für nicht von einer Rechtsanwaltskammer durchgeführte Ausbildungsveranstaltungen kann im Übrigen ein weiteres rechtliches Interesse eines Rechtsanwaltsanwärters an einer allfälligen Feststellung der Gleichwertigkeit einer solchen Ausbildungsveranstaltung mit jenen gemäß § 1 Abs. 2 lit. f RAO nicht angenommen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Dezember 2008

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Besondere RechtsgebieteAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008060090.X00

Im RIS seit

04.02.2009

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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