TE Vwgh Erkenntnis 2008/12/18 2008/06/0184

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.12.2008
beobachten
merken

Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §72 Abs2;
BauG Stmk 1995 §74;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des H P in J, vertreten durch Sollhart & Sollhart Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Friedrichgasse 6/V, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 3. September 2008, Zl. FA13B-12.10-F192/2008- 18, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. M B, 2. Marktgemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 31. Jänner 2008 bei der Behörde eingebrachten Baugesuch vom 29. Jänner 2008 kam der Erstmitbeteiligte (kurz: Bauwerber) um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für den Zu- und Ausbau eines Gebäudes zu einer Betriebsanlage (Servicestation und Reifenhandel) im Tagesbetrieb von 07.00 Uhr bis 19.00 Uhr auf einem Grundstück im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde ein. Dieses Grundstück ist gemäß dem Flächenwidmungsplan 6.0 der Gemeinde (beschlossen am 13. Dezember 2007, rechtswirksam seit 12. Jänner 2008) als Industrie- und Gewerbegebiet 1 gewidmet. Das 1430 m2 große Grundstück hat eine dreieckige Form und grenzt mit der nordwestlichen Seite an die Landesstraße X, mit der südwestlichen Seite an einen Weg und mit der östlichen Seite ebenfalls an einen Weg (Grundstück Nr. 690), der am nördlichen Ende des Grundstückes im spitzen Winkel an die Landesstraße stößt. Dieser Weg ist rund 4 m breit. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 691, welches östlich an diesen Weg (Nr. 690) grenzt (das zu bebauende Grundstück und das Grundstück des Beschwerdeführers sind somit durch diesen Weg getrennt).

Geplant sind unter anderem zwei Serviceräume (1 und 2), mit einer Fläche von 29,5 m2 bzw. 22,4 m2, jeweils mit einer Hebebühne ausgestattet, und ein Montageraum mit einer Fläche von 22,62 m2. In der Baubeschreibung heißt es dazu, im Montageraum würden Reifen abmontiert, neu aufgezogen und im Serviceraum 1 oder im Serviceraum 2 wieder auf das Fahrzeug montiert. In den beiden Serviceräumen würden außerdem noch folgende Tätigkeiten ausgeführt: Ölwechsel mit Filter, Getriebeölwechsel, Kontrolle und allfällige Ergänzung von Flüssigkeiten, Kontrollen von Lichtern und allfällige Erneuerung der Lampen, Räder vom Fahrzeug nehmen und wieder montieren, Zündkerzen erneuern, Luftfilter erneuern. Diese drei Räume sind zum Weg Nr. 690 gerichtet; die (geknickte) Gebäudefront weist zu diesem Weg Abstände von 2,30 m, 1,30 m und 1,0 m auf. Auf dem zu bebauenden Grundstück sind weiters Abstellflächen für insgesamt 15 Pkw geplant.

Vom Bauwerber wurde auch eine Bewilligung der Landesstraßenverwaltung vom 22. August 2007 vorgelegt, wonach ihm eine Ausnahmegenehmigung zum Bauen "im 15 m-Bauverbotsbereich" zur Landesstraße X erteilt wurde.

In den Bauakten befindet sich eine vom Bürgermeister gefertigte Erledigung vom 31. Jänner 2008, überschrieben mit "Ausnahmegenehmigung nach § 24 LStVG 1964 i.d.g.F." mit dem wesentlichen Inhalt, dass östlich des zu bebauenden Grundstückes die Gemeindestraße Grundstück Nr. 690 in einer ausgewiesenen Breite von ca. 4,0 m verlaufe. Diese diene vorwiegend als Zufahrt für die gegenständliche Liegenschaft und die angrenzenden landwirtschaftlichen Grundstücke. Aus den Projektunterlagen gehe hervor, dass durch die baulichen Maßnahmen der Abstand von 5,0 m (Hinweis auf § 24 Abs. 1 LStVG) unterschritten werde. Aus der Sicht der Straßenverwaltung bestünden gegen die Erteilung der Baubewilligung keine Einwände, wenn ein Abstand von mindestens 1,0 m zur Straßengrundgrenze eingehalten werde. Dachvorsprünge müssten von der Straßengrundgrenze einen Abstand von mindestens 0,75 m aufweisen.

Der Beschwerdeführer erhob in der Bauverhandlung vom 18. Februar 2008 Einwendungen gegen das Vorhaben. Soweit für das Beschwerdeverfahren noch erheblich, führte er aus, eine Bauplatzeignung sei auf Grund der mangelnden geeigneten und gesicherten Zufahrt nicht gegeben und es komme dadurch zu erheblichen Behinderungen und Beeinträchtigungen in Bezug auf sein Grundstück. Durch den zu geringen Abstand zur öffentlichen Verkehrsfläche gelangten übermäßig hohe Abgase auf sein Grundstück. Weiters komme es zu Lärmbelästigungen durch das vermehrte Zu- und Abfahren, insbesondere im Bereich der Hebebühne. In der Hochsaison sei ein Zufahren zu seinem Grundstück geradezu unmöglich, weil die Parkplätze nicht ausreichten und ein Ausweichen auf Grund der geringen Straßenbreite nicht möglich sei. Zufriedenstellende Arbeitsbedingungen seien auf seinem Grundstück nicht sichergestellt, weil es insbesondere durch die Arbeiten in den Serviceräumen und im Montageraum zu übermäßigen Lärmbelästigungen komme. Die Hebebühne sei so situiert, dass man beim Reversieren mit einem größeren Fahrzeug auf sein Grundstück gelange. Auf Grund der Umwidmung (des Grundstückes) in Industrie- und Gewerbegebiet sei eine Verbreiterung und eine andere Widmung des Weges erforderlich. Durch einen zu geringen Abstand zur öffentlichen Verkehrsfläche erfahre sein Grundstück eine erhebliche Abwertung, weil gewisse Bauvorhaben in Zukunft nicht durchführbar seien. Sollte es zu einer Aufhebung des Aufschließungsgebietes kommen (Anmerkung: Das Grundstück des Beschwerdeführers ist als Aufschließungsgebiet gewidmet - siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 25. November 2008, Zl. 2008/06/0185), sei mit einer Verbreiterung des Weges zu rechnen und es würde diesbezüglich dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen, wenn es lediglich hinsichtlich seines Grundstückes zu einer Grundabtretung kommen würde.

Der Amtssachverständige erwiderte hierauf zum Einwand, es seien nicht genügend Parkplätze vorhanden, es sei auf § 71 Stmk. BauG zu verweisen, wonach bei Gewerbebetrieben für je 15 Dienstnehmer ein Abstellplatz zu errichten sei. Die festgelegten 15 Abstellplätze dienten überwiegend dem Abstellen der Kfz während der Reifenmontage (Wartezeiten).

Der Bürgermeister erteilte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 26. April 2008 die angestrebte baubehördliche Bewilligung (einschließlich einer Nutzungsänderung des bewilligten Bestandes) mit einer Reihe von Vorschreibungen. In der Begründung des Bescheides erachtete die Behörde die Einwendungen des Beschwerdeführers teils als unzulässig und teils als unberechtigt. Zur Frage der Zufahrt zu den baulichen Anlagen komme ihm kein Nachbarrecht zu. Beim Betrieb des Bauwerbers handle es sich um einen kleingewerblichen Betrieb - Autoreifenverkauf, Servicestation - einfachster Art mit "geringfügigsten" technischen (zwei Hebebühnen) Anlagen und Einrichtungen und insgesamt maximal zwei Beschäftigten. Von der Betriebstype und unter Bedachtnahme auf die täglichen Betriebszeiten (von Montag bis Freitag von 07.00 Uhr - 19.00 Uhr) seien keine das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Belästigungen oder Gefährdungen der Nachbarschaft zu erwarten. Die baulichen Anlagen des Bauwerbers lägen im Nahebereich der Landesstraße X. Das Betriebsobjekt des Bauwerbers liege in einer Entfernung von ca. 20,0 m vom östlichen Fahrbahnrand der X. Die Entfernung zur westlichen Grundstücksgrenze des Grundstückes des Beschwerdeführers betrage ca. 12,00 m im nördlichen Grundstückbereich und ca. 52,0 m im südlichen Grundstücksbereich vom östlichen Fahrbahnrand der X. Dies ergebe sich durch Herausmessen aus der digitalen Katastermappe und aus der Überprüfung dieser Abstände durch Abschreiten an Ort und Stelle. Aus dem digitalen Atlas der Steiermark, Verkehrsbelastung, gehe in Bezug auf das Jahr 2006 hervor, dass der durchschnittliche Tagesverkehr im Querschnitt (betreffend beide Fahrtrichtungen), der aus den Zähl- und Schätzwerten aller ausgewerteten Tage im Belastungsjahr errechnet worden sei, 11100 Kfz betrage, wovon der Anteil des Schwerverkehrs mit 9 % angegeben sei. Die Bezugsstelle hiefür sei der Verlauf der X in genau jenem Bereich, in welchem die Grundstücke des Bauwerbers und des Beschwerdeführers situiert seien. Angesichts der Entwicklung des Kfz-Verkehrs im Allgemeinen sei die Annahme wohl mehr als gerechtfertigt, dass diese Verkehrsfrequenz im Jahr 2008 signifikant angestiegen sei bzw. ansteigen werde. Aus diesen Daten sei das Ausmaß der gesamten Immissionsbelastung, die vom Verkehr auf der X ausgehe (Lärm und Abgase) eindeutig abzuleiten. Demgegenüber stünden die zu erwartenden Immissionen aus dem Betrieb des Bauwerbers (einschließlich der "Parkplatzsituation") in keinem Verhältnis zu diesen Immissionen aus dem Verkehr auf der Landesstraße, seien nicht wahrnehmbar und daher auch nicht relevant. Dies sei für jedermann leicht nachvollziehbar. Der Immissionsschutz, der sich aus der Flächenwidmung ergebe, sei durch die Betriebstype (Servicestation mit Reifenhandel) als Kleinstbetrieb und durch die bauliche Ausgestaltung (Sektionaltor und Rolltor im Bereich der beiden Serviceräume) sichergestellt.

Der Beschwerdeführer berief und legte mit der Berufung ein Gutachten vom 25. Februar 2008 vor, in dem es unter anderem heißt, gemäß § 74 Stmk. BauG müsse die Fahrgasse bei einer Senkrechtaufstellung von Kraftfahrzeugen mindestens 6,0 m betragen. Da die Hebebühne im rechten Winkel bzw. senkrecht zur öffentlichen Straße errichtet werden solle, müsste die Straße dementsprechend mindestens 6,0 m breit sein. Da diese jedoch nur 4,0 m breit sei, sei die geplante Anordnung der Hebebühne nicht zulässig, weil angenommen werden müsse, dass beim Aus- und Einfahren zur Hebebühne das gegenüberliegende Grundstück des Beschwerdeführers ständig widerrechtlich befahren werde. Weiters sei anzunehmen, dass durch den geplanten Abstand von nur 1,30 m der Hebebühne zur öffentlichen Straße beim Auf- und Abfahren von der Hebebühne die Flüssigkeit des Verkehrs ständig behindert werde und dass der Beschwerdeführer als unmittelbarer Nachbar dadurch besonders betroffen sei.

Im Zuge des Berufungsverfahrens gab der bautechnische Amtssachverständige der Gemeinde am 25. März 2008 eine Stellungnahme zum Berufungsvorbringen ab (die wörtlich im Berufungsbescheid wiedergegeben ist). Darin heißt es unter anderem, die Säulenhebebühne werde in etwa in der Mitte des Raumes aufgestellt. Bedingt durch die Breite des Tores (ca. 5,0 m) sei eine schräge Zu- bzw. Ausfahrt mit einem Fahrzeug jederzeit möglich. Die erforderliche Fahrgassenbreite im Sinne des § 74 Abs. 2 Stmk. BauG von 4,50 m sei aus seiner Sicht gegeben. Der Abstand der beiden Serviceräume (in welchen die Hebebühnen untergebracht seien) zur westlichen Straßengrundgrenze betrage an der engsten Stelle gemäß dem Lageplan 1,30 m. Bei den Parkplätzen sei eine Schrägaufstellung der Fahrzeuge vorgesehen. Die Tiefe dieser Parkplätze werde so ausgeführt, dass eine erforderliche Fahrgassenbreite im Sinne des § 74 Abs. 2 Stmk. BauG von 4,50 m nicht unterschritten werde. Weiters solle am nordöstlichen Ende des Grundstückes ein ausreichend dimensionierter Umkehrplatz errichtet werden.

Der Gemeinderat wies mit dem Berufungsbescheid vom 31. März 2008 die Berufung als unbegründet ab. Zur Begründung heißt es insbesondere, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ergebe sich aus dem Ansuchen, dass auch die Änderung des Verwendungszweckes "und die übrigen baulichen Anlagen sehr wohl beantragt" worden seien. Allein die Wahl des Begriffes "Betriebsanlage" gebe zweifelsfrei zu erkennen, dass auch eine Änderung des Verwendungszweckes für das Vorhaben begehrt werde. Aus den dem Ansuchen beigeschlossenen Plänen und technischen Beschreibungen, die Bestandteil des Antrages seien, seien im Einzelnen die baulichen Maßnahmen zu entnehmen, die mit dem erstinstanzlichen Bescheid auch bewilligt worden seien. Im Übrigen schloss sich die Berufungsbehörde mit näheren Ausführungen der Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde an, und führte in diesem Zusammenhang ergänzend aus, die neuesten Daten über die Verkehrsfrequenz auf der X seien am 15. März 2007 erhoben worden und es seien innerhalb von 24 Stunden 14255 Kfz gezählt worden, wobei der Schwerverkehr als Anteil 4,7 % betragen habe. Angesichts dessen seien die Immissionen, die von den baulichen Anlagen einschließlich der Benutzung der Parkplätze ausgingen, nicht einmal "ansatzweise wahrzunehmen". Das gelte hinsichtlich der Übereinstimmung des Vorhabens mit der Flächenwidmung, aber auch im Hinblick auf die Bestimmung des § 26 Abs. 1 Z 3 iVm § 43 Abs. 2 Z 5 Stmk. BauG.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammengefasst schloss sich die belangte Behörde der Auffassung der Gemeindebehörden an.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 6/2008 anzuwenden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 Stmk. BauG die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

2.

die Abstände (§ 13);

3.

den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);

4.

die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);

5.

die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);

              6.              die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."

Gemäß § 43 Abs. 2 Z. 5 Stmk. BauG muss das Bauwerk derart geplant und ausgeführt sein, dass der von den Benützern oder von den Nachbarn wahrgenommene Schall auf einem Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufrieden stellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind.

Das Stmk. BauG trifft in seinem II. Teil, I. Abschnitt (umfassend die §§ 71 - 87) nähere Bestimmungen zu "Abstellflächen und Garagen". Die §§ 72 und 74 leg. cit. lauten (auszugsweise):

"§ 72

Zu- und Abfahrten

(1) Zu- und Abfahrten zwischen Abstellplätzen und Straßen mit öffentlichem Verkehr sind so anzuordnen, dass die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nicht beeinträchtigt wird.

(2) Vor Schranken, Garagentoren und anderen die freie Zufahrt zu Garagen zeitweilig hindernden Anlagen sowie vor mechanischen Förderanlagen für Kraftfahrzeuge ist ein Stauraum für mindestens ein wartendes Kraftfahrzeug vorzusehen. Ausnahmen können gestattet werden, wenn dadurch die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigt wird."

"§ 74

Abstellplätze und Verkehrsflächen

(1) Die Fläche der Abstellplätze und Garagen ist nach der Art der abzustellenden Kraftfahrzeuge zu bemessen. (...)

(2) Fahrgassen müssen bei Schrägaufstellung im Winkel bis zu 45 Grad mindestens 3,5 m, bis zu 60 Grad mindestens 4,5 m und bei Senkrechtaufstellung mindestens 6,5 m breit sein.

(3) ..."

Das zu bebauende Grundstück ist als "Industrie- und Gewerbegebiet 1" gemäß § 23 Abs. 5 lit. e Z. 1 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr.127 (ROG - diese Bestimmung idF LGBl. Nr. 20/2003) gewidmet. Diese Bestimmung lautet:

"e) Industrie und Gewerbeflächen sind Flächen, die

1. als Industrie- und Gewerbegebiet 1 für solche Betriebe und Anlagen bestimmt sind, die keine unzumutbaren Belästigungen oder gesundheitsgefährdenden Immissionen verursachen, wobei auch Schulungseinrichtungen (z.B. Fachhochschulen) oder Forschungseinrichtungen (z.B. Technologiezentren) oder die für die Aufrechterhaltung von Betrieben und Anlagen in ihrer Nähe erforderlichen Wohnungen, Verwaltungs- und Geschäftsgebäude errichtet werden können,

2. als Industrie- und Gewerbegebiet 2 ..."

Der Beschwerdeführer macht Beeinträchtigungen für sein Grundstück geltend, die sich seiner Auffassung nach daraus ergeben, dass es bei Erfüllung der Auflage, wonach 15 Abstellplätze zu schaffen seien, zu einer Senkrechtaufstellung der Abstellflächen kommen müsse, jedenfalls zumindest zu einer Schrägaufstellung von 60 Grad , weshalb "die Straße gem. § 74 Stmk. BauG" eine Breite von 6,5 m, zumindest aber 4,5 m aufweisen müsse. Ebenso seien die Hebebühnen im rechten Winkel zur Gemeindestraße angebracht, sodass selbst unter Berücksichtigung des Abstandes der östlichen Gebäudefront zur Straße nicht die erforderliche Breite von 6,5 m erreicht werde. Dies führe im Ergebnis dazu, dass auf Grund der zu geringen Fahrbahnbreite sein Grundstück beim Aus- und Einfahren zu den Hebebühnen, wie auch zu den Parkplätzen stetig widerrechtlich befahren werde. Der nachbarrechtliche Immissionsschutz sei dahingehend bestimmt, dass keine Betriebe errichtet werden dürften, die unzumutbare Belästigungen der Anrainer oder gar eine widerrechtliche Inanspruchnahme ihrer Grundstücke verursachten. Bei der relevierten Beeinträchtigung seines Grundstückes handle es sich demnach jedenfalls um subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, welche durch den bekämpften Bescheid in unzulässigerweise eingeschränkt würden. Mit den Ausnahmegenehmigungen des Bürgermeisters wie auch der Landesstraßenverwaltung, mit welchen ein geringerer Abstand als gesetzlich vorgeschrieben zu den jeweiligen Straßen bewilligt worden seien, sei jedenfalls "ein erhöhter Schallpegel verbunden". Insbesondere auch auf Grund des geringen Abstandes zur Straßengrenze sei somit mit permanenten und übermäßigen Lärmbelästigungen und Immissionen durch Abgase auf seinem Grundstück zu rechnen. Es wären hiezu entsprechende Sachverständigengutachten einzuholen gewesen.

Die Behörde habe auch durch die Bewilligung der Nutzungsänderung gegen § 29 Abs. 1 Stmk. BauG verstoßen, weil der Antrag des Bewilligungswerbers die materiell-rechtliche Grundlage für die Bescheiderlassung darstellte, die Baubehörde jedoch von sich aus vom gestellten Antrag abgewichen sei. Das eingeholte Sachverständigengutachten sei jedenfalls unzureichend.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Es trifft nicht zu, dass die Baubehörden die Nutzungsänderung ohne entsprechenden Antrag des Bauwerbers bewilligt hätten: In der Baubeschreibung, die Teil des Baugesuches ist, ist die Nutzungsänderung als Teil des Vorhabens ausdrücklich angeführt (mag sie auch im Formular "Ansuchen um Baubewilligung" wohl mangels ausreichenden Platzes in dieser Rubrik für ausführliche handschriftliche Eintragungen nicht ebenfalls aufscheinen).

Hinsichtlich der bezogenen Vorschriften der §§ 72 Abs. 2 und 74 Stmk. BauG (betreffend Abstellflächen) kommt dem Nachbarn mangels Aufzählung im Katalog des § 26 Abs. 1 leg. cit. kein Mitspracherecht zu. Es ergibt sich daraus ebenfalls kein Mitspracherecht dahingehend, ob es nun auf Grund der konkreten Verhältnisse zu einem Befahren seines Grundstückes kommen werde (Gegenteiliges ergibt sich jedenfalls nicht aus den von ihm zitierten hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 97/06/0037); es bleibt dem Beschwerdeführer unbenommen, gegen eine widerrechtliche Benützung seines Grundes zivilrechtlich vorzugehen.

Ein Mitspracherecht kommt ihm hingegen hinsichtlich der von ihm geltend gemachten Immissionsbelastung durch Lärm und Abgase zu, allerdings nur, soweit sie von dem zu bebauenden Grundstück ausgehen, denn hinsichtlich einer Vermehrung des Verkehres auf den öffentlichen Verkehrsflächen und einer dadurch bewirkten Vermehrung von Lärm- und Abgasimmissionen hat er ebenfalls kein Mitspracherecht (siehe dazu die in Hauer / Trippl, Steiermärkisches Baurecht4, in E 168ff zu § 26 BauG wiedergegebene hg. Judikatur).

Nach den unbekämpften Sachverhaltsfeststellungen der Baubehörden über die Beschaffenheit und Art des Betriebes handelt es sich um einen kleinen Betrieb, wobei die örtliche Situation in Bezug auf Lärm- und Abgasimmissionen insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass die stark befahrene Landesstraße LB 76 (mit, wie ebenfalls unbestritten festgestellt wurde, einem Verkehr von über 14000 Fahrzeugen täglich) unmittelbar am Baugrundstück vorbeiführt. All dies zieht der Beschwerdeführer nicht in Zweifel, sein Vorbringen zielt vielmehr darauf ab, dass durch die zu beengten Verhältnisse vor den Hebebühnen und auf den Parkflächen eine rechtswidrige, unzulässige Immissionsbelastung für sein Grundstück entstehen werde (eine Immissionsbelastung durch die eigentlichen Arbeiten in diesem Betrieb, nämlich durch die Montage- und Servicearbeiten selbst, wird nicht mehr geltend gemacht). Der Verwaltungsgerichtshof kann aber nicht erkennen, dass, ausgehend vom Baugrundstück, als Folge der thematisierten räumlichen Enge bei der Art, der Dimension und der Beschaffenheit dieses Betriebes vor dem Hintergrund der Lärm- und Abgasbelastung durch die in nächster Nähe vorbeiführende Landesstraße eine derart relevante Vermehrung der Lärm- und Abgasimmissionen auf dem Grundstück des Beschwerdeführers entstehen könnte, dass sich das Vorhaben in Bezug auf die Flächenwidmung Industrie- und Gewerbegebiet 1 als unzulässig oder gerade wegen einer solchen Vermehrung der Lärmimmissionen auf dem Grundstück des Beschwerdeführers keine zufriedenstellenden Wohn- und Arbeitsbedingungen (im Sinne des § 43 Abs. 2 Z 5 iVm § 26 Abs. 1 Z 3 Stmk. BauG) mehr sichergestellt sein sollten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Dezember 2008

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9Baurecht NachbarOrganisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008060184.X00

Im RIS seit

04.02.2009

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten