TE Vwgh Erkenntnis 2008/12/18 2007/06/0118

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Veröffentlicht am 18.12.2008
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;

Norm

BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauG Stmk 1995 §41 Abs4;
BauRallg;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des RS in G, vertreten durch Dullinger Schneider Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, ARES-Tower, Donau-City-Straße 11, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 14. März 2007, Zl. 021911/2005/0006, betreffend Beseitigungsauftrag gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Baukontrollor A.R. der Bau- und Anlagenbehörde des Magistrates Graz stellte auf dem Grundstück des Beschwerdeführers Nr. XY, KG G., am 28. Juli 2005 bei einer Erhebung fest, dass das Grundstück konsenswidrig als Parkfläche benutzt werde. Die Ausmaße der Parkfläche betrügen ca. 35 m x 11 m. Die Parkfläche sei eingeschottert. Zum Zeitpunkt der Erhebung seien 15 Personenkraftwagen abgestellt gewesen.

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz trug dem Beschwerdeführer als Grundeigentümer in der Folge mit Bescheid vom 30. Juni 2006 auf, die auf dem Grundstück Nr. XY, KG G., errichteten geschotterten Pkw-Abstellplätze binnen einer Woche ab Zustellung des Bescheides zu beseitigen. Sie führte dazu aus, es sei von der Baubehörde festgestellt worden, dass die im Spruch angeführte bauliche Anlage ohne baubehördliche Bewilligung errichtet worden sei. Die Errichtung einer Abstellfläche für Kraftfahrzeuge bedürfe gemäß § 19 Z. 3 Stmk. BauG vor ihrer Ausführung der Bewilligung der Baubehörde.

Am 7. August 2006 stellte der Baukontrollor bei einer neuerlichen Erhebung fest, dass die im Bescheid vom 30. Juni 2006 aufgetragenen Arbeiten bis zu diesem Tag nicht durchgeführt worden seien. Auf den drei bei dieser Erhebung gemachten Fotos sind auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück etliche parkende Autos ersichtlich.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung. Er habe die Liegenschaft von der W.H. GmbH vor einigen Jahren erworben und an dieser seitdem keinerlei Veränderungen baulicher Art vorgenommen.

Der vorliegende Zustand des Grundstückes ergäbe sich aus Folgendem:

Das auf dem Grundstück früher errichtet gewesene Lager- und Garagengebäude sei unter der Bedingung abgebrochen worden, dass auf dem Grundstück wieder ein Gebäude bewilligt werde. In der Bestandswidmung sei auch ein allseitiges Zufahrtsrecht vom öffentlichen Grund aus vorgesehen gewesen. Der Plan für die darauf vorgenommene Oberflächengestaltung sei dem Errichter der Garage vom Magistrat vorgegeben worden. Der Zustand der "geschotterten" Baufläche sei also jedenfalls im Konsens mit der Behörde erfolgt. Es bestehe auf dem Grundstück auf Grund eines rechtzeitig vorgenommenen Baubeginnes eine aufrechte Baubewilligung. Die von der Stadt erzwungenen Probleme mit der Wirtschaftlichkeit und Finanzierung seien Ursache, dass bis jetzt noch kein weiterer Baufortschritt erfolgt sei.

Auf Anfrage teilte die erstinstanzliche Baubehörde der belangten Behörde mit, dass auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück keine Pkw-Abstellplätze baurechtlich bewilligt seien. Der Akt betreffend die erteilte Bewilligung für die Errichtung eines Büro- und Wohngebäudes auf dem Grundstück wurde dem Schreiben angeschlossen.

Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet ab. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, die erstinstanzliche Baubehörde habe mitgeteilt, dass keine Baubewilligungen für Pkw-Stellplätze auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück vorhanden seien, allerdings liege eine Baubewilligung vom 13. Dezember 1996 für die Errichtung eines nicht unterkellerten 7-geschoßigen Büro- und Wohngebäudes und eines Flugdaches im Ausmaß von 172,67 m2 für dieses Grundstück vor. Der Beschwerdeführer habe dazu in der Weise Stellung genommen, dass er weder Stellplätze errichtet habe noch Stellplätze benütze. Es handle sich um eine private Baufläche (Verkehrsfläche), für die das Befahren mit Kraftfahrzeugen und allfälligen Baumaschinen üblich und gesetzlich zulässig sei. Auch hätten sich Kraftfahrzeuge niemals länger als 72 Stunden bzw. ohne Zulassung auf der Liegenschaft befunden. Es sei dies eine zwischenzeitlich widmungsgerechte Nutzung, die der Wirtschaft dienlich sei und die der Beschwerdeführer vom Vorbesitzer übernommen habe.

Es sei nach Ansicht der belangten Behörde unstrittig, dass die verfahrensgegenständliche Fläche als Stellplatz für Pkw benützt werde. Nach Auffassung der belangten Behörde handle es sich bei den vorhandenen Pkw-Stellplätzen darüber hinaus sehr wohl auch um eine "bauliche Anlage" im Sinne des § 4 Z. 12 Stmk. BauG, da es sich um eine relativ große Fläche handle, die eingeebnet, geschottert und sohin entsprechend bearbeitet habe werden müssen, um ein späteres Einsinken der abgestellten Fahrzeuge zu verhindern, sodass zu ihrer Herstellung im konkreten Fall offenkundig bautechnische Kenntnisse erforderlich gewesen seien. In diesem Zusammenhang werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 2002, Zl. 2000/06/0211, verwiesen.

Es handle sich daher um eine baubewilligungspflichtige bauliche Anlage, für die keine Baubewilligung vorliege, sodass von einer vorschriftswidrigen baulichen Anlage im Sinne des § 41 Z. 3 (gemeint offensichtlich Abs. 3) Stmk. BauG auszugehen sei.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall kommt das Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995, in der Fassung BGBl. Nr. 78/2003 (Stmk. BauG), zur Anwendung.

Gemäß § 19 Z. 3 sind folgende Vorhaben, sofern sich aus den §§ 20 und 21 nichts anderes ergibt, bewilligungspflichtig:

     "3.        die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von

Abstellflächen für Kraftfahrzeuge, Garagen und Nebenanlagen".

     Gemäß § 20 Z. 2 lit. a Stmk. BauG sind folgende Vorhaben

anzeigepflichtig, soweit sich aus § 21 nichts anderes ergibt:

     "2.        die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von

a) Abstellflächen für mehr als fünf Krafträder bis höchstens 30 Krafträder oder mehr als zwei Kraftfahrzeuge bis höchstens 12 Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von je 3500 kg einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrten".

Gemäß § 21 Abs. 1 Z. 2 lit. b Stmk. BauG gehört zu den bewilligungsfreien Vorhaben die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von:

"2. kleineren baulichen Anlagen, wie insbesondere

a)

... ;

b)

Abstellflächen für höchstens fünf Kraftfahrräder oder höchstens zwei Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von je 3500 kg einschließlich der erforderlichen Zu und Abfahrten, Fahrradabstellanlagen sowie Schutzdächer (Flugdächer) mit einer überdeckten Fläche von insgesamt höchstens 40 m2, auch wenn diese als Zubau zu einem Gebäude ausgeführt werden".

     Gemäß § 41 Abs. 1 Stmk. BauG hat die Behörde die

Baueinstellung zu verfügen, wenn Vorhaben gegen die Bestimmungen

dieses Gesetzes verstoßen, insbesondere wenn

     "1.        bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung,

       2.        anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im

Sinne des § 33 Abs. 6 oder

       3.        baubewilligungsfreie Vorhaben nicht im Sinne

dieses Gesetzes

     ausgeführt werden."

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.

Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung hat die Behörde die Unterlassung der vorschriftswidrigen Nutzung aufzutragen, wenn eine bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszweckes von baulichen Anlagen oder Teilen derselben ohne Bewilligung vorgenommen wurde; Abs. 3 zweiter Satz gilt sinngemäß.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass auf dem gegenständlichen Grundstück keine bewilligungspflichtigen Pkw-Stellplätze errichtet worden seien, weder von ihm noch vom Vorbesitzer des Grundstückes. Vielmehr sei das Grundstück im Zuge der "Errichtung der Parkgarage" (offenbar das mittlerweile abgebrochene Garagengebäude gemeint) geschottert worden und es werde seit damals zum Halten und Parken (nicht länger als 72 Stunden) genutzt. Die Schotterung des Grundstückes sei ohne Mitwirkung und schon gar nicht auf Betreiben des (damaligen) Grundstückseigentümers erfolgt. Nach dem Willen des früheren Grundstückseigentümers sollte auf dem Grundstück wieder ein Gebäude errichtet werden. Dem Abriss des Lager- und Garagengebäudes sei nur unter dieser Bedingung zugestimmt worden. Im Zusammenhang mit der Frage der hinreichenden Bestimmtheit des Beseitigungsauftrages macht der Beschwerdeführer geltend, wie geschotterte Abstellplätze beseitigt werden sollten, die nicht errichtet worden seien. Wie die Beseitigung zu erfolgen habe, werde auch nicht ausgeführt. Reiche es etwa, die abgestellten Kraftfahrzeuge zu entfernen und könne die geschotterte Fläche belassen werden? Werde dem Spruch Genüge getan, wenn die geschotterte Fläche betoniert werde? Dann wären keine "geschotterten Pkw-Abstellplätze" mehr vorhanden. Dem Bescheidspruch könnte auch durch Verlegen eines Spannteppichs oder eines Kunstrasens entsprochen werden. Würden diese Maßnahmen ausreichen, um einen spruchgemäßen Zustand des Grundstückes herzustellen oder müsste der Schotter selbst abgebaggert und entfernt werden, und wenn ja, bis in welche Tiefe?

Der Beschwerde kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Für den Verwaltungsgerichtshof ist nicht ersichtlich, dass die in Frage stehende, nach der Aussage des Baukontrollors eingeschotterte Grundfläche des verfahrensgegenständlichen Grundstückes für sich eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage darstellte. Die vorhandene, aus den dem Akt beiliegenden Lichtbildern ersichtliche Oberflächengestaltung hat sich offenbar nach Durchführung des bewilligten Abbruches eines Gebäudes auf dem Grundstück ergeben. Auf dem Grundstück ist eine neuerliche bereits bewilligte Bauführung beabsichtigt. Der Beschwerdeführer spricht daher von einer Baufläche. Die vorliegende Oberflächengestaltung des Grundstückes bestehend offenbar aus einer Kies-Sand-Schotterschicht kann für sich als bauliche Anlage im Sinne des § 4 Z. 12 Stmk. BauG qualifiziert werden, da sie nach Durchführung des bewilligten Abbruches zweifellos so hergestellt werden musste, dass sie Standsicherheit auf dem zurückbleibenden, unbebauten Grundstück gewährleistete (vgl. § 32 Abs. 2 Stmk. BauG betreffend die Anforderungen bei Durchführung eines Abbruches).

Indem diese Fläche zum Parken von Kraftfahrzeugen verwendet wurde, erfolgte aber eine bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszweckes einer baulichen Anlage ohne Vorliegen einer Baubewilligung im Sinne des § 41 Abs. 4 Stmk. BauG. Auch eine anzeigepflichtige Änderung des Verwendungszweckes einer baulichen Anlage, ohne dass eine entsprechende Anzeige erfolgt ist, stellte eine vorschriftswidrige Nutzung im Sinne dieser Bestimmung dar. Ein baupolizeilicher Auftrag darf in Beachtung insbesondere des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentum auch immer nur im unbedingt notwendigen Ausmaß ergehen. Der baupolizeiliche Auftrag gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG stellte sich aus diesem Gesichtspunkt als jedenfalls unverhältnismäßig und überschießend dar. Ob man im vorliegenden Fall tatsächlich davon ausgehen könnte, dass Abstellflächen errichtet worden seien, kann daher dahingestellt bleiben (diese Frage war bei dem dem von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2002 zu Grunde liegenden Beschwerdefall eindeutig zu bejahen). Sobald die in Frage stehende vorschriftswidrige Nutzung im vorliegenden Fall wegfällt, liegt allein eine eingeschotterte Grundfläche vor, eine Baufläche nach den Ausführungen des Beschwerdeführers, die für sich gegen keine baurechtliche Norm verstößt. Abgesehen davon wäre bei Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages in Bezug auf die in Frage stehende Nutzung einer Grundfläche als Abstellplatz immer auch der Abstellflächen betreffende Tatbestand der Bewilligungsfreiheit gemäß § 21 Abs. 1 Z. 2 lit. b Stmk. BauG zu beachten.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig. Er war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Bei diesem Ergebnis konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG von der beantragten Anberaumung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Da in den in der angeführten Verordnung angeführten Pauschalsätzen Umsatzsteuer bereits enthalten ist, war das Mehrbegehren in Bezug auf den Schriftsatzaufwand abzuweisen.

Wien, am 18. Dezember 2008

Schlagworte

Besondere RechtsgebieteBaupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007060118.X00

Im RIS seit

10.02.2009

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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