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40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §71 Abs1;Rechtssatz
Vor der Novelle des BArbSchlwEntschG, BGBl 1975/219, mit der der Nachsichtstatbestand im vierten Satz des § 10 Abs 1 BArbSchlwEntschG eingefügt wurde, konnte mangels einer gesetzlichen Regelung überhaupt keine Nachsicht von der Versäumnis der (materiell-rechtlichen) Präklusivfrist nach § 10 Abs 1 erster Satz gewährt werden (Hinweis EBzRV zu dieser Novelle, 1478 BlgNr 13. GP zu Art I Z 8 auf Seite 4f). Wenn der Gesetzgeber das Vorliegen "besonders berücksichtigungswürdiger Gründe" im § 10 Abs 1 vierter Satz BArbSchlwEntschG als Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung der Nachsicht von den Rechtsfolgen der Fristversäumnis normiert hat, gibt er - schon vom Wortlaut ausgehend - zu erkennen, daß nicht jede Ursache der Fristversäumnis darunter fällt. Keinesfalls hat der Gesetzgeber also mit dieser Bestimmung die Nichteinhaltung der Frist zur Stellung eines Rückerstattungsantrages rechtsfolgenlos gestellt:
Nach wie vor führt die Nichteinhaltung der Frist zum Anspruchsverlust, der lediglich aus Billigkeitserwägungen in Härtefällen ("besonders berücksichtigungswürdige Gründe") wieder beseitigt werden kann. Da im Falle einer befristeten Geltendmachung eines Anspruches (bei sonstigem - grundsätzlichen - Anspruchsverlust) der Gesetzgeber davon ausgeht, daß der Anspruchsberechtigte unter Einhaltung der erforderlichen (durchschnittlichen) und ihm zumutbaren Sorgfalt im Regelfall imstande ist, seinen Antrag fristgerecht zu stellen, kommt im Hinblick auf den Wortlaut und die Zielsetzung des § 10 Abs 1 vierter Satz BArbSchlwEntschG die Nachsichtserteilung nur dann in Betracht, wenn die Fristversäumnis eingetreten ist, obwohl der Anspruchsberechtigte seiner Sorgfaltspflicht (im obigen Sinn) nachgekommen ist. Das bedeutet, daß zur Fristversäumnis führende Fehlleistungen, die auf grobe Fahrlässigkeit des Anspruchswerbers zurückzuführen sind, keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe sind, während leichte Fahrlässigkeit des Anspruchswerbers die Anwendbarkeit des § 10 Abs 1 vierter Satz BArbSchlwEntschG nicht ausschließt.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989090018.X02Im RIS seit
22.11.1990