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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine sachliche Rechtfertigung des Ausschlusses der Geltung einerBestimmung im Burgenländischen Jagdgesetz 2004 vor der Novelle 2008für juristische Personen betreffend die Bestellung einervertretungsbefugten Person durch die JagdgesellschaftSpruch
§36 Abs11 des Gesetzes vom 10. November 2004 über die Regelung des Jagdwesens im Burgenland, LGBl. für das Burgenland Nr. 11/2005, (im Folgenden: Bgld. Jagdgesetz 2004) war bis zum 29. Februar 2008 verfassungswidrig.
Der Landeshauptmann von Burgenland ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland (imrömisch eins. 1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland (im
Folgenden: UVS) sind zwei Verfahren über Berufungen gegen Bescheide (Straferkenntnisse) der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 14. Mai 2007, Z300-2336-2007 und Z300-2344-2007 anhängig. Beide Berufungswerber bilden die Jagdgesellschaft Rotenturm an der Pinka, welche die Genossenschaftsjagd Rotenturm a.d.P. gepachtet hat. Zum Jagdleiter ist der Berufungswerber G.K. bestellt, er hat seinen Hauptwohnsitz in Wien. Beide Berufungswerber hatten für den Tatzeitraum keine zur gemeinsamen Vertretung befugte und im Verwaltungsbezirk Oberwart oder in einem angrenzenden Verwaltungsbezirk wohnhafte Person bestellt. Aus Anlass dieses Verfahrens beantragte der UVS beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 (iVm §§129a Abs1 und 89 Abs2) B-VG, §36 Abs11 Bgld. Jagdgesetz 2004 idF LGBl. für Burgenland 11/2005 als verfassungswidrig aufzuheben.Folgenden: UVS) sind zwei Verfahren über Berufungen gegen Bescheide (Straferkenntnisse) der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 14. Mai 2007, Z300-2336-2007 und Z300-2344-2007 anhängig. Beide Berufungswerber bilden die Jagdgesellschaft Rotenturm an der Pinka, welche die Genossenschaftsjagd Rotenturm a.d.P. gepachtet hat. Zum Jagdleiter ist der Berufungswerber G.K. bestellt, er hat seinen Hauptwohnsitz in Wien. Beide Berufungswerber hatten für den Tatzeitraum keine zur gemeinsamen Vertretung befugte und im Verwaltungsbezirk Oberwart oder in einem angrenzenden Verwaltungsbezirk wohnhafte Person bestellt. Aus Anlass dieses Verfahrens beantragte der UVS beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 in Verbindung mit §§129a Abs1 und 89 Abs2) B-VG, §36 Abs11 Bgld. Jagdgesetz 2004 in der Fassung LGBl. für Burgenland 11/2005 als verfassungswidrig aufzuheben.
2.1. Die im vorliegenden Verfahren einschlägigen Bestimmungen des Bgld. JagdG 2004 hatten vor der am 29. Februar 2008 in Kraft getretenen Novelle LGBl. 37/2008, folgenden Wortlaut (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben): 2.1. Die im vorliegenden Verfahren einschlägigen Bestimmungen des Bgld. JagdG 2004 hatten vor der am 29. Februar 2008 in Kraft getretenen Novelle Landesgesetzblatt 37 aus 2008,, folgenden Wortlaut (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):
"§34
Eignung zur Pacht
Zur Pachtung einer Genossenschaft sind nur zugelassen:
1. eine einzelne physische Person oder
2. zwei oder mehrere physische Personen, wenn sie gemeinsam pachten (Jagdgesellschaft §36)
3. juristische Personen.
§35
Einzelpersonen
1. ihnen die Ausstellung einer Jagdkarte nicht zu verweigern ist (§67),
2. die in den vorangegangenen zehn Jagdjahren mindestens drei Jahre im Besitze einer burgenländischen Jahresjagdkarte oder im Besitze einer in einem anderen Bundesland, in dem zur Erlangung der ersten Jagdkarte eine Eignungsprüfung vorgesehen ist, ausgestellten Jagdkarte waren,
3. sie das 19. Lebensjahr vollendet haben.
§36
Jagdgesellschaft, juristische Person;
Jagdleitung
...
§184
Strafbestimmungen
1. einer in diesem Gesetz verfügten Anzeige- oder Meldepflicht nicht oder nicht fristgerecht nachkommt;
...
Übergangs- und Schlussbestimmungen
§193
Funktionsperioden; Bescheide; Verfahren
2.2. Mit der Novelle LGBl. 37/2008 wurde §36 Abs12 Bgld. Jagdgesetz 2004 wie folgt geändert: 2.2. Mit der Novelle Landesgesetzblatt 37 aus 2008, wurde §36 Abs12 Bgld. Jagdgesetz 2004 wie folgt geändert:
"(12) Juristische Personen sind zur Pachtung eines Genossenschaftsjagdgebietes zuzulassen, wenn sie eine Person mit der Jagdleitung betrauen, die die Voraussetzungen nach §35 Abs1 und 2 erfüllt und die in allen Belangen der ordentlichen Jagdbetriebsführung vertretungsbefugt ist. Abs11 ist sinngemäß anzuwenden."
In den Materialien dieser Novelle finden sich dazu folgende Erläuterungen:
"Nach den Bestimmungen des §35 Abs4 und §36 Abs11 verfolgt der Gesetzgeber die Absicht, dass eine zur Vertretung befugte Person mit einem bestimmten räumlichen Nahebezug zum Jagdgebiet zu bestellen ist. Hat der Pächter bzw. Jagdleiter seinen Hauptwohnsitz nicht im Verwaltungsbereich des Bezirkes, in dem das Jagdgebiet liegt, oder in einem angrenzenden Verwaltungsbezirk, so ist eine zur Vertretung befugte Person mit Wohnsitz im Verwaltungsbereich des Jagdgebietes, oder im angrenzenden Verwaltungsbezirk zu bestellen. Da eine derartige Bestimmung für juristische Personen fehlt, eine Privilegierung von juristischen Personen weder beabsichtigt noch im Hinblick auf das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes zulässig erscheint, wird durch die Anfügung dieser Mangel behoben."
3. In seinem Antrag legt der UVS auf das Wesentliche zusammengefasst dar, dass er bei der Beurteilung der Frage, ob die Berufungswerber jeweils eine Verwaltungsübertretung gemäß §36 Abs11 iVm §184 Abs3 Z20 Bgld. Jagdgesetz 2004 begangen hätten, zu überprüfen habe, ob die Berufungswerber - für den Fall, dass der Jagdleiter nicht in dem Verwaltungsgebiet, in dem das Jagdgebiet liegt oder in einem benachbarten Verwaltungsgebiet den Hauptwohnsitz hat - dem Gebot zur Bestellung einer zur gemeinsamen Vertretung befugten Person mit einem Wohnsitz im Bezirk des Jagdgebietes oder im Nachbarbezirk, nachgekommen seien. Die angefochtene Bestimmung sei daher präjudiziell. 3. In seinem Antrag legt der UVS auf das Wesentliche zusammengefasst dar, dass er bei der Beurteilung der Frage, ob die Berufungswerber jeweils eine Verwaltungsübertretung gemäß §36 Abs11 in Verbindung mit §184 Abs3 Z20 Bgld. Jagdgesetz 2004 begangen hätten, zu überprüfen habe, ob die Berufungswerber - für den Fall, dass der Jagdleiter nicht in dem Verwaltungsgebiet, in dem das Jagdgebiet liegt oder in einem benachbarten Verwaltungsgebiet den Hauptwohnsitz hat - dem Gebot zur Bestellung einer zur gemeinsamen Vertretung befugten Person mit einem Wohnsitz im Bezirk des Jagdgebietes oder im Nachbarbezirk, nachgekommen seien. Die angefochtene Bestimmung sei daher präjudiziell.
In der Sache selbst hegt der UVS das Bedenken, dass keine sachliche Begründung für die Differenzierung zwischen der Regelung des §36 Abs11 und der des §36 Abs12 Bgld. Jagdgesetz 2004 bestehe. Das Erfordernis der Bestellung einer zur gemeinsamen Vertretung befugten Person mit einem bestimmten Wohnsitz, für den Fall, dass der Jagdleiter der Jagdgesellschaft keinen entsprechenden Hauptwohnsitz habe (§36 Abs11 leg.cit.), lasse die Absicht des Landesgesetzgebers erkennen, ein räumliches Naheverhältnis zwischen dem Jagdgebiet und dem Jagdpächter zu schaffen. Vermutlich habe der Landesgesetzgeber durch die "Wohnsitzbindung" bewirken wollen, dass eine möglichst nahe zum Jagdgebiet wohnhafte Person als Ansprechpartnerin für alle von der Jagdausübung Betroffenen zur Verfügung stehe. Eine im Verwaltungs- oder Nachbarbezirk wohnhafte Person sei "durchschnittlich" betrachtet auch schneller im Jagdgebiet. Insoweit scheint die Regelung dem Sachlichkeitsgebot zu entsprechen. Für juristische Personen fehle eine vergleichbare Norm. Sie müsse lediglich einen Jagdleiter ohne ausdrückliches Wohnsitzerfordernis bestellen (§36 Abs12 leg.cit.) und darüber hinaus keine zur gemeinsamen Vertretung befugte Person. Ein vernünftiger Grund für die Ungleichbehandlung hinsichtlich der Notwendigkeit zur Bestellung eines "jagdgebietsnahen" weiteren Vertreters sei nicht erkennbar. An gleiche Sachverhalte würden unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft. Die Ungleichbehandlung sei unverhältnismäßig, da die Jagdgesellschaft eine geeignete vertrauenswürdige Person finden und wohl auch bezahlen müsse.
4. Die Burgenländische Landesregierung hat von der Erstattung einer inhaltlichen Äußerung mit dem Hinweis abgesehen, dass mit der geplanten (mittlerweile mit 29. Februar 2008 in Kraft getretenen) Novelle zum Bgld. Jagdgesetz 2004 auch für juristische Personen die Verpflichtung zur Bestellung einer vertretungsbefugten Person, mit einem bestimmten räumlich umschriebenen Wohnsitz, vorgesehen sei.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:römisch II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Zulässigkeit:
Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenat an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenates im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003). Unter Zugrundelegung des vorliegenden Sachverhaltes ist es jedenfalls nicht als denkunmöglich anzusehen, wenn der UVS davon ausgeht, dass er bei der Beurteilung der bei ihm anhängigen Verfahren §36 Abs11 Bgld. Jagdgesetz 2004 anzuwenden habe. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenat an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenates im Anlassfall bildet vergleiche etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003). Unter Zugrundelegung des vorliegenden Sachverhaltes ist es jedenfalls nicht als denkunmöglich anzusehen, wenn der UVS davon ausgeht, dass er bei der Beurteilung der bei ihm anhängigen Verfahren §36 Abs11 Bgld. Jagdgesetz 2004 anzuwenden habe.
In der Sache:
Der UVS hat ungeachtet der Übergangsbestimmungen des §193 Abs4 Bgld. Jagdgesetz 2004 auf die bei ihm anhängigen Verfahren das Bgld. Jagdgesetz 2004 in der Fassung anzuwenden, die zur Zeit der Begehung der Tat, das ist jeweils der Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis 10. Mai 2007, in Kraft war. Im relevanten Zeitraum mussten Jagdgesellschaften gemäß §36 Abs11 leg.cit. eine zur gemeinsamen Vertretung befugte Person bestellen, sofern der Jagdleiter seinen Hauptwohnsitz nicht in dem Verwaltungsbezirk, in dem das Jagdgebiet gelegen ist, oder in einem angrenzenden Verwaltungsbezirk hat. Für juristische Personen enthielt §36 Abs12 leg.cit. keine vergleichbare Regelung. Eine solche besteht erst seit dem In-Kraft-treten der Novelle LGBl. 37/2008 am 29. Februar 2008 zum Bgld. Jagdgesetz 2004. Für die im hier relevanten Zeitraum bestehende Differenzierung wurde eine sachliche Rechtfertigung weder von der Burgenländischen Landesregierung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vorgebracht noch ist eine solche für den Verfassungsgerichtshof erkennbar. Der UVS hat ungeachtet der Übergangsbestimmungen des §193 Abs4 Bgld. Jagdgesetz 2004 auf die bei ihm anhängigen Verfahren das Bgld. Jagdgesetz 2004 in der Fassung anzuwenden, die zur Zeit der Begehung der Tat, das ist jeweils der Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis 10. Mai 2007, in Kraft war. Im relevanten Zeitraum mussten Jagdgesellschaften gemäß §36 Abs11 leg.cit. eine zur gemeinsamen Vertretung befugte Person bestellen, sofern der Jagdleiter seinen Hauptwohnsitz nicht in dem Verwaltungsbezirk, in dem das Jagdgebiet gelegen ist, oder in einem angrenzenden Verwaltungsbezirk hat. Für juristische Personen enthielt §36 Abs12 leg.cit. keine vergleichbare Regelung. Eine solche besteht erst seit dem In-Kraft-treten der Novelle Landesgesetzblatt 37 aus 2008, am 29. Februar 2008 zum Bgld. Jagdgesetz 2004. Für die im hier relevanten Zeitraum bestehende Differenzierung wurde eine sachliche Rechtfertigung weder von der Burgenländischen Landesregierung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vorgebracht noch ist eine solche für den Verfassungsgerichtshof erkennbar.
Da das Bgld. Jagdgesetz 2004 in der für die Beurteilung der Tat maßgeblichen Fassung nicht mehr in Geltung steht, hatte der Verfassungsgerichtshof festzustellen, dass die vom UVS angefochtene Bestimmung des §36 Abs11 Bgld. Jagdgesetz 2004 bis zum Inkrafttreten der Novelle LGBl. 37/2008 mit 29. Februar 2008 verfassungswidrig war. Da das Bgld. Jagdgesetz 2004 in der für die Beurteilung der Tat maßgeblichen Fassung nicht mehr in Geltung steht, hatte der Verfassungsgerichtshof festzustellen, dass die vom UVS angefochtene Bestimmung des §36 Abs11 Bgld. Jagdgesetz 2004 bis zum Inkrafttreten der Novelle Landesgesetzblatt 37 aus 2008, mit 29. Februar 2008 verfassungswidrig war.
III. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z2 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.römisch III. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z2 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Jagdrecht, Genossenschaftsjagd, Verpachtung, Pächter,Jagdgesellschaft, Person juristische, Verwaltungsstrafrecht,Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Novellierung,ÜbergangsbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:G193.2007Zuletzt aktualisiert am
19.08.2010