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63 Allgemeines Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes betreffend die Anrechnung von Zeiten bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtages infolge Zumutbarkeit der Anrufung des ArbeitsgerichtsSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Gestützt auf Art140 Abs1 B-VG begehrt der Antragsteller mit näherer Begründung §26 Abs1 Z2 litb des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 (VBG) sowie die Wortfolge "können mit Zustimmung des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Vertragsbediensteten von besonderer Bedeutung ist" in §26 Abs3 VBG, jeweils "in der Fassung BGBl. I/Nr. 119/2002", als verfassungswidrig aufzuheben.
2.1. §26 VBG, BGBl. 86/1948, idF BGBl. I 119/2002 hat auszugsweise folgenden Wortlaut (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"(1) Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, daß - unter Ausschluß der vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten und unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs4 bis 8 - dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:
1.
die im Abs2 angeführten Zeiten zur Gänze,
2.
sonstige Zeiten,
a) die die Erfordernisse der Abs3 oder 3a erfüllen, zur Gänze,
b) die die Erfordernisse der Abs3 oder 3a nicht erfüllen, soweit sie insgesamt drei Jahre nicht übersteigen, zur Hälfte.
...
(3) Zeiten gemäß Abs1 Z2, in denen der Vertragsbedienstete eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, können im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Vertragsbediensteten von besonderer Bedeutung ist. Solche Zeiten können jedoch höchstens in folgendem Ausmaß zur Gänze berücksichtigt werden:
1. in den Entlohnungsgruppen v1, v2 oder in gleichwertigen Entlohnungsgruppen fünf Jahre,
2. in den Entlohnungsgruppen v3, h1 oder in gleichwertigen Entlohnungsgruppen drei Jahre und
3. in den Entlohnungsgruppen v4, h2, h3 oder in gleichwertigen Entlohnungsgruppen zwei Jahre.
..."
2.2. Die vom Antragsteller gleichfalls angefochtene Wortfolge "mit Zustimmung des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport" (s. oben Pkt. 1) ist in der mit Art3 Z12 Deregulierungsgesetz - Öffentlicher Dienst 2002, BGBl. I 119, geänderten Fassung des §26 Abs3 VBG nicht enthalten.
3.1. Zu seiner Antragslegitimation führt der Antragsteller aus, er sei seit 4. November 1996 als Vertragsbediensteter an der Technischen Universität Wien beschäftigt. Mit Schreiben dieser Universität vom 7. Mai 2003 sei sein Dienstvertrag rückwirkend durch die Festsetzung des Vorrückungsstichtages mit 4. August 1988 geändert worden. Bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtages seien von seinen in der Privatwirtschaft absolvierten Tätigkeiten im Ausmaß von 30 Jahren, 6 Monaten und 24 Tagen gemäß §26 Abs3 VBG nur 8 Jahre und 3 Monate berücksichtigt worden. Die Festsetzung des Vorrückungsstichtages wirke sich unmittelbar auf die Höhe seiner Entlohnung aus. §26 VBG greife daher unmittelbar und aktuell in seine Rechtssphäre ein, ohne dass es hiefür einer behördlichen Entscheidung oder eines Urteiles bedürfe. Auch könne er keine bescheidmäßige Festsetzung des Vorrückungsstichtages oder eine gerichtliche Entscheidung über die Festsetzung des Vorrückungsstichtages erlangen.
3.2. In der Sache macht der Antragsteller geltend, die angefochtenen Bestimmungen des §26 VBG seien sachlich nicht gerechtfertigt und verletzten daher das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG).
II. Der Antrag ist nicht zulässig.
1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potenziell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, VfGH 7.12.2002 G137/02).
2. Entgegen der Ansicht des Antragstellers steht ihm ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der von ihm behaupteten Verfassungswidrigkeit offen:
Gemäß §2 iVm §50 Abs1 Z1 ASGG sind zur Entscheidung über bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis die ordentlichen Gerichte berufen. Der Antragsteller hätte daher die Möglichkeit, zur Klärung der Frage der Anrechnung von sonstigen Zeiten iSd §26 Abs3 VBG bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtages das Arbeitsgericht anzurufen (vgl. etwa OGH 15.11.2001 8 ObA 125/01t). Im Zuge dieses Verfahrens stünde es ihm frei, unter Darlegung der nach seiner Auffassung gegen die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Gesetzesstellen sprechenden Argumente die Stellung eines Gesetzesprüfungsantrages durch das Gericht zweiter Instanz gemäß Art89 Abs2 B-VG anzuregen (vgl. VfSlg. 15.834/2000).
3. Der Antrag war daher bereits mangels Legitimation des Antragstellers als unzulässig zurückzuweisen, weshalb dahingestellt bleiben konnte, ob das hinsichtlich der zur Aufhebung beantragten Fassung der bekämpften Bestimmungen widersprüchliche Aufhebungsbegehren (s. oben Pkt. I.2.2.) den strengen Formerfordernissen des ersten Satzes des §62 Abs1 VfGG gerecht wird (vgl. VfSlg. 14.261/1995).
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Dienstrecht, Vertragsbedienstete, Vorrückungsstichtag, Festsetzung, VfGH / Individualantrag, Arbeits- u SozialgerichtsbarkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:G209.2003Dokumentnummer
JFT_09968875_03G00209_00