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97 VergabewesenNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Nichtigerklärung einer Zuschlagsentscheidung und einer Ausschreibung auf Antrag eines übergangenen Bieters sowie durch die Abweisung von dessen Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidung seines Angebotes; keine Änderung der Behördenzusammensetzung, keine Vorlagepflicht an den EuGH; Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Entscheidung über die Unterlassung des Widerrufs einer Ausschreibung; keine in die Verfassungssphäre reichenden Verfahrensmängel, keine denkunmögliche BescheidbegründungSpruch
I. Die Beschwerdeführer sind durch Spruchpunkt II/3. des angefochtenen Bescheides insoweit in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden, als damit dem Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung, die Ausschreibung nicht zu widerrufen, stattgegeben wird.
Der Bescheid wird in diesem Umfang aufgehoben.
II. Im Übrigen werden die Beschwerden abgewiesen.
III. Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit jeweils € 714,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt hat mit EU-weiter Bekanntmachung die Erbringung sicherheitstechnischer Beratungsdienste für Unternehmen in ganz Österreich nach den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 1997 (BVergG 1997) ausgeschrieben. Die zu vergebenden Beratungsdienste sollten in Sprengeln erbracht werden, die jeweils aus einem oder mehreren politischen Bezirken bestehen sollten. Die Auftraggeberin behielt sich die sprengelweise Vergabe des Auftrages vor. Nach Angebotsöffnung wurde für die Sprengel 31 (Bezirk Amstetten und Bezirk Scheibbs sowie Waidhofen und Ybbs Stadt) und Sprengel 32 (Krems Stadt und Bezirk Krems Land sowie Bezirk Melk) bekannt gegeben, dass geplant sei, den Zuschlag an den im Verfahren B457/02 einschreitenden Beschwerdeführer zu erteilen.
b) Das von einem übergangenen Bieter angerufene Bundesvergabeamt (BVA) erließ in der Folge einen Bescheid, mit dem über die von dem betreffenden Bieter gestellten Anträge wie folgt entschieden wurde: Mit Spruchpunkt II/1. wurde der Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung des Auftraggebers, das Angebot des antragstellenden Bieters auszuscheiden, abgewiesen. Mit Spruchpunkt II/2. wurde dem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung stattgegeben. Stattgegeben wurde mit Spruchpunkt II/3. auch den Anträgen auf Nichtigerklärung der Ausschreibung und auf Nichtigerklärung der Entscheidung, die Ausschreibung nicht zu widerrufen.
2. Gegen diesen Bescheid richten sich zwei auf Art144 B-VG gestützte Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof:
In der zu B451/02 protokollierten Beschwerde behauptet die Auftraggeberin Allgemeine Unfallversicherungsanstalt ihre Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides (der Sache nach) im Umfang der Spruchpunkte II/2. und II/3.
In der zu B457/02 protokollierten Beschwerde wendet sich der (zunächst) evaluierte Bestbieter gegen die Spruchpunkte II/2. und II/3. des angefochtenen Bescheides. Er behauptet die Verletzung in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie auf Unversehrtheit des Eigentums und begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides in jenem Umfang.
3. Das BVA hat die Bezug habenden Verwaltungsakten vorgelegt und im Verfahren B451/02 eine Gegenschrift erstattet, in der es den Beschwerdebehauptungen im Einzelnen entgegentritt und die Abweisung jener Beschwerde begehrt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässigen und gemäß den §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
1. Das BVA hat mit dem vorliegenden Bescheid zunächst mit Spruchpunkt II/1. den Antrag des übergangenen Bieters auf Nichtigerklärung der Entscheidung des Auftraggebers, sein Angebot auszuscheiden, abgewiesen. Die Frage der Rechtmäßigkeit des Ausscheidens seines Angebotes ließ das BVA (aber) im Ergebnis "dahinstehen", da die angefochtene Ausscheidensentscheidung für den Ausgang des Verfahrens "nicht wesentlich" gewesen sei (§117 Abs1 Z2 BVergG 1997), weil - aus bei Spruchpunkt II/2. und II/3. näher dargelegten Gründen - die Ausschreibung bei rechtskonformer Vorgangsweise zu widerrufen gewesen wäre. Wie das BVA (zu Spruchpunkt II/2. und II/3.) näher ausführt, wären die vom Auftraggeber verwendeten Zuschlagskriterien zur Durchführung einer rechtskonformen Bestbieterermittlung ungeeignet und sohin rechtswidrig; unter anderem deshalb, weil bei einer sprengelweisen Gliederung der Ausschreibung nur dann ein (jeweiliger) Bestbieter ordnungsgemäß ermittelt werden könne, wenn in der Ausschreibung festgelegt sei, dass ein Bieter in seinem Angebot jedem Sprengel bestimmte Personen fix zuordnen müsse und sodann für jeden Sprengel diese Personen anhand der Zuschlagskriterien bewertet werden könnten. Wegen Vorliegens eines zwingenden Grundes wäre die Ausschreibung deshalb auch gemäß §55 Abs1 BVergG 1997 zu widerrufen.
2. a) Die zu B451/02 beschwerdeführende Auftraggeberin behauptet zunächst eine Verletzung in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz. Dies in mehrfacher Hinsicht:
Das BVA habe das Recht auf Parteiengehör dadurch verletzt, dass der Beschwerdeführerin Schriftsätze der Antragsgegnerseite erstmals am Beginn der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht worden seien, weshalb sie nicht ausreichend Gelegenheit gehabt hätte, sich auf das darin enthaltene Vorbringen vorzubereiten und eine entsprechend formulierte Stellungnahme abzugeben. Eine im Hinblick auf den Gleichheitssatz wahrzunehmende Verletzung des "Unmittelbarkeitsgrundsatzes" durch das BVA sei weiters darin zu konstatieren, dass der Bescheid durch ein Kollegialorgan erlassen worden sei, das bei Durchführung der mündlichen Verhandlung mit anderen Organwaltern besetzt gewesen wäre. In ihrem Recht auf Gleichheit erachtet sich die Beschwerdeführerin schließlich auch dadurch verletzt, dass das BVA §53 BVergG 1997 denkunmöglich angewandt habe, indem es die verwendeten Zuschlagskriterien als rechtswidrig bewertet habe.
In ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter erachtet sich die Auftraggeberin dadurch verletzt, dass es das BVA unterlassen habe, dem EuGH entscheidungswesentliche Fragen der Interpretation des Gemeinschaftsrechts zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Auslegungsbedürftig wäre zunächst die Frage gewesen, ob ein Unternehmer, dessen Angebot nach Auffassung des BVA zu Recht ausgeschieden wurde, noch zur Stellung weiterer (Nachprüfungs-)Anträge legitimiert sei: Da bereits mit Spruchpunkt II/1. das BVA den Antrag des übergangenen Bieters auf Nichtigerklärung der Entscheidung, sein Angebot auszuscheiden, abgewiesen habe, wäre dessen (weitere) Antragslegitimation im Hinblick auf die gestellten Anträge auf Nichtigerklärung der Ausschreibung und der Zuschlagserteilung gemeinschaftsrechtlich fragwürdig.
Seine Vorlagepflicht habe das BVA aber auch dadurch verletzt, dass es zu klären galt, ob es mit dem aus Art2 Abs8 letzter Satz der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG ableitbaren "Recht" auf Durchführung eines kontradiktorischen Verfahrens vereinbar sei, erst bei der Verhandlung Schriftsätze der Gegenseite ausgehändigt zu bekommen.
Schließlich hätte das BVA dem EuGH auch die Frage vorlegen müssen, inwieweit gemeinschaftsrechtlich vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles dem Auftraggeber bei der Festlegung und Normierung von Zuschlagskriterien ein "Ermessensspielraum" eingeräumt sei.
b) Auch der zu B457/02 beschwerdeführende Bieter begründet seine Beschwerde zunächst damit, dass das BVA eine ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch genommen habe: Wie auch die Auftraggeberin vermeint der Beschwerdeführer, dass der antragstellende Bieter nach Feststellung der Rechtmäßigkeit seines Ausscheidens durch das BVA (Spruchpunkt II/1. des Bescheides) nicht zur Stellung weiterer Nachprüfungsanträge legitimiert gewesen wäre. Der Gesetzgeber des BVergG 1997 habe das BVA auch nicht mit der Zuständigkeit ausgestattet, positive Willensentscheidungen des Auftraggebers zu substituieren, weshalb auch die mit Spruchpunkt II/3. ausgesprochene Nichtigerklärung der Entscheidung, das Vergabeverfahren nicht zu widerrufen, in Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben stünde.
3. a) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.337/1985, 11.436/1987).
b) Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10.374/1985, 11.405/1987, 13.280/1992). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 14.390/1995, 14.889/1997, 15.507/1999) verletzt der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aber auch dann das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, wenn die bescheiderlassende Behörde als Gericht im Sinne des Art234 Abs3 EG eingerichtet ist und es verabsäumt, eine entscheidungsrelevante Frage der Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.
4. a) Zunächst erweist sich der von der Auftraggeberin in ihrer Beschwerde erhobene Vorwurf, dass es zwischen Abhaltung der mündlichen Verhandlung und dem Zeitpunkt der Bescheiderlassung zu einer Änderung in der Zusammensetzung der Kollegialbehörde, also des erkennenden Senates des BVA, und infolge dessen zu einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gekommen wäre, als verfehlt. Die Bezug habenden Verwaltungsakten (in concreto die von den Mitgliedern des erkennenden Senates unterzeichnete Verhandlungsschrift vom 20. Dezember 2001 und das zugehörige Beratungsprotokoll vom selben Tag) belegen, dass sowohl in der mündlichen Verhandlung als auch in der Beratung über die auf Nichtigerklärung lautenden Anträge der erkennende Senat des BVA jeweils in gleicher Besetzung tätig wurde. Das von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift erstattete Vorbringen, dass im Kopf des Bescheides die Senatsbesetzung (bloß) falsch wiedergegeben sei, muss in Anbetracht dessen als zutreffend angenommen werden.
b) Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist der belangten Behörde auch nicht entgegen zu treten, wenn sie die mit Spruchpunkt II/2. und II/3. erledigten Anträge eines Bieters in meritorische Behandlung genommen hat, obwohl sie bereits mit Spruchpunkt II/1. den auf Nichtigerklärung seines Ausscheidens gerichteten Antrag jenes Bieters abwies: Zwar ist den Beschwerdeführern insoweit zuzustimmen, dass es einem Bieter, dessen Ausscheiden erwiesenermaßen zu Recht erfolgte, an der Legitimation gemäß §115 Abs1 BVergG 1997 mangeln dürfte, weitere seinem Ausscheiden nachfolgende Rechtswidrigkeiten eines Vergabeverfahrens geltend zu machen. Im vorliegenden Fall hat das BVA im Ergebnis eine Prüfung der materiellen Richtigkeit des Ausscheidens aber nicht durchgeführt: Aus den zu den Spruchpunkten II/2. und II/3. näher dargelegten Gründen gelangte es nämlich zur Auffassung der Rechtswidrigkeit der verwendeten Zuschlagskriterien und vertrat darauf aufbauend die Ansicht, die Entscheidung über das Ausscheiden des Bieters sei vor diesem Hintergrund nicht wesentlich. Nachdem das BVA über die einzelnen Anträge in Gestalt einer einzigen Entscheidung - nämlich jener über die behauptete Rechtswidrigkeit der Ausschreibung - befunden hat, ist der Annahme der Zuständigkeit des BVA, über jene Anträge insgesamt meritorisch abzusprechen, nicht entgegenzutreten.
Dem Vorwurf, das BVA habe diesbezüglich pflichtwidrig die Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH unterlassen, kann nicht gefolgt werden: Selbst wenn das Gemeinschaftsrecht die Antragslegitimation enger begrenzt als das BVA kraft §115 Abs1 BVergG 1997, stünde es einem solchen - weiteren Verständnis - nicht entgegen.
c) Auch kann der Verfassungsgerichtshof die Ansicht der Auftraggeberin nicht teilen, wonach das BVA dem EuGH die Frage vorzulegen gehabt hätte, inwiefern dem Auftraggeber bei der Benennung von Zuschlagskriterien ein "unbegrenzter Ermessensspielraum" eingeräumt worden sei. Die Beschwerdeführerin vermag in keiner Weise darzulegen, warum die vom BVA vertretene Auffassung, dass Zuschlagskriterien derart zu wählen sind, dass sie eine objektive und nachvollziehbare Bestbieterermittlung ermöglichen, gemeinschaftsrechtliche Fragen aufwerfen soll, die einer Klärung durch den EuGH bedürften. Solche Fragestellungen sind auch für den Verfassungsgerichtshof nicht ersichtlich.
d) Allein im Hinblick auf Spruchpunkt II/3. des angefochtenen Bescheides ist - und insofern folgt der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen dem Vorbringen des zu B457/02 beschwerdeführenden Bieters - dem BVA der Vorwurf zu machen, eine Zuständigkeit in Anspruch genommen zu haben, die ihm von Rechts wegen nicht zustand. Bereits in seiner Entscheidung VfSlg. 16.462/2002 hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein Nachprüfungsverfahren der Durchsetzung subjektiver Rechte von Bewerbern (Bietern) dient, die durch Handlungen des Auftraggebers in Gestalt von Entscheidungen (§115 Abs1 BVergG 1997) verletzt wurden (§113 Abs2 BVergG 1997: "zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen ..."). Die den Gegenstand eines Rechtsschutzantrags bildende Nichtigerklärung kann daher keinesfalls bloße Beschlüsse im Rahmen der internen Willensbildung des Auftraggebers betreffen. Vielmehr - so der Verfassungsgerichtshof in jener Entscheidung - geht es um die nach außen als "Entscheidungen" in Erscheinung tretenden Teilakte des vergebenden Organs im Vergabeverfahren und somit stets um die Möglichkeit einer Nichtigerklärung privatrechtlicher Willenserklärungen des Auftraggebers. In der zitierten Entscheidung hat der Verfassungsgerichtshof auch näher begründet, dass und warum nach dem Konzept des BVergG 1997 nur nach außen in Erscheinung tretende Willenserklärungen "Entscheidungen" des Auftraggebers sind, die nichtig erklärt werden und damit tauglicher Gegenstand eines entsprechenden Antrags vor dem BVA sein können. Das Unterlassen des Widerrufs bildet sohin keine im System des BVergG 1997 für nichtig erklärbare Entscheidung, weshalb der einen diesbezüglichen Antrag stattgebende Spruchpunkt II/3. einer gesetzlichen Grundlage entbehrt und die Beschwerdeführer deshalb in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Spruchpunkt II/3. des Bescheides war daher in jenem Umfang aufzuheben, in dem die als Unterlassung zu bewertende "Entscheidung", das Vergabeverfahren nicht zu widerrufen, nichtig erklärt wurde.
e) Im Übrigen werfen die Beschwerden keine Verfassungsfragen auf:
Keine Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten kann der im Verfahren B451/02 erhobene Vorwurf begründen, das BVA habe der Auftraggeberin nicht ausreichend Zeit eingeräumt, zu Schriftsätzen des Antragsgegners fundiert Stellung zu beziehen: Wie die Verwaltungsakten erweisen, handelt es sich bei den von der Beschwerdeführerin bezogenen Schriftsätzen (bloß) um solche, in denen die (vor dem BVA) antragstellende Gesellschaft ihre Anträge unter Beifügung kurzer rechtlicher Ausführungen ändert bzw. modifiziert; neues Tatsachenvorbringen, zu dem die Beschwerdeführerin im Rahmen des §45 Abs3 AVG zu hören gewesen wäre, enthalten die Schriftsätze insoweit nicht, als sie sich auf jene Anträge beziehen, die durch den angefochtenen Bescheid einer Erledigung zugeführt wurden.
Der Verfassungsgerichtshof hat auch nicht zu beurteilen, ob die Entscheidung des BVA im Einzelnen richtig ist. Seine Prüfung hat sich vielmehr auf die Untersuchung zu beschränken, ob der belangten Behörde bei ihrer rechtlichen Beurteilung des Vergabesachverhalts ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler - insbesondere Willkür oder denkunmögliche Gesetzesauslegung - anzulasten ist. Ein in die Verfassungssphäre reichender Vorwurf ist auf Basis der Beschwerdevorbringen aber nicht auszumachen: Mit Spruchpunkt II/2. und (dem verbleibenden Teil von) Spruchpunkt II/3. hat das BVA Anträgen auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Nichtigerklärung der Ausschreibung stattgegeben und dies verfassungsrechtlich unbedenklich damit begründet, dass die von der Auftraggeberin vorgesehenen Zuschlagskriterien zur Ermittlung des qualitativ besten Bieters ungeeignet und sohin rechtswidrig waren. Die dargelegten Entscheidungsgründe erweisen in Zusammenhalt mit den Bezug habenden Verwaltungsakten, dass dem BVA der Vorwurf der denkunmöglichen Auslegung des §53 BVergG 1997 oder gar der Willkür nicht gemacht werden kann. Die Frage, ob die rechtliche Würdigung des Vergabesachverhalts allen vergaberechtlichen Anforderungen genügt, obliegt dem Verfassungsgerichtshof auch dann nicht zur Beantwortung, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. VfSlg. 10.565/1985, 10.659/1985, 12.697/1991).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. Der jeweils zugesprochene Betrag entspricht jenem Teil der beanspruchten Kosten, zu dem die Beschwerdeführer mit ihren Beschwerden erfolgreich waren. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von jeweils € 109,-- und ein entsprechender Teil der Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in Höhe von jeweils € 60,-- enthalten.
IV. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Behördenzuständigkeit, EU-Recht Vorabentscheidung, Kollegialbehörde, Vergabewesen, ParteiengehörEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:B451.2002Dokumentnummer
JFT_09968875_02B00451_00