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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Kärnten ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit 2.143,68 €
bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Die beschwerdeführende Gesellschaft richtete am 17. Februar 1999 an den Magistrat der Stadt Villach den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung für die Änderung ihres auf den Parzellen Nrn. 158/3, 159, 160 und 163, alle KG Judendorf, bestehenden Möbelhauses durch Umbau, Änderung der Verwendung im Bereich des Kellergeschosses und Abbruch von Gebäudeteilen. Hierbei beabsichtigte sie, die bestehende Verkaufsfläche von 15.000 m² auf ca. 20.000 m² zu erhöhen.
1.2. Dieser Antrag wurde vom Bürgermeister der Stadt Villach nach Durchführung eines Vorprüfungsverfahrens gemäß §13 Kärntner Bauordnung 1996 mit Bescheid vom 22. April 1999 abgewiesen. Begründend führte er dazu aus, für die vom Bauvorhaben betroffenen Grundstücke gelte ein mit Beschluss des Gemeinderates vom 7. Mai 1997 erlassener Teilbebauungsplan, in welchem als maximal zulässige Verkaufsfläche eine Fläche von 15.000 m² ausgewiesen sei. Durch das von der beschwerdeführenden Gesellschaft geplante Vorhaben werde insgesamt eine Verkaufsfläche von 19.058 m² erreicht, wodurch ein Widerspruch zum rechtskräftigen Teilbebauungsplan gegeben sei.
1.3. Der Stadtsenat der Stadt Villach wies die dagegen von der beschwerdeführenden Gesellschaft erhobene Berufung mit Bescheid vom 16. Juni 1999 als unbegründet ab und führte dazu ua. aus, die Baubewilligung für ein Vorhaben dürfe nur dann erteilt werden, wenn sich im Zuge des Vorprüfungsverfahrens nicht ergebe, dass diesem ein Grund nach §13 Abs2 der Kärntner Bauordnung 1996 entgegenstehe. Für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft, welche als "Bauland-gemischtes Baugebiet, Sonderwidmung EKZ II" gewidmet sei, bestehe der mit Beschluss des Gemeinderates der Stadt Villach vom 7. Mai 1997 verordnete Teilbebauungsplan, der in Übereinstimmung mit §3 Abs2 des Entwicklungsprogrammes Versorgungsinfrastruktur die höchstzulässige Verkaufsfläche für EKZ II - Möbelhandel mit 15.000 m² festlege. Sowohl die Baubehörde I. Instanz als auch die Berufungsbehörde besäßen hinsichtlich der Gesetzwidrigkeit einer ordnungsgemäß kundgemachten Verordnung keine Prüfungsbefugnis, wodurch der genannte Teilbebauungsplan als Beurteilungsgrundlage heranzuziehen sei. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass Ausstellungsflächen vom Begriff der Verkaufsfläche im Sinne des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995 nicht umfasst seien und das Vorhaben daher nicht im Widerspruch zum Bebauungsplan stehe, sei unrichtig; sie übersehe damit die Begriffsdefinition der Verkaufsfläche in §9 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995.
1.4. Die beschwerdeführende Gesellschaft erhob gegen diesen Bescheid Vorstellung, welche von der belangten Behörde mit Bescheid vom 27. Oktober 1999 als unbegründet abgewiesen wurde. Eine ordnungsgemäß kundgemachte Verordnung sei von der Verwaltungsbehörde anzuwenden. Gemäß §13 Abs2 litb der Kärntner Bauordnung 1996 habe die Behörde bei der Vorprüfung festzustellen, ob dem Vorhaben der Bebauungsplan entgegenstehe. Aufgrund der Aktenlage sei davon auszugehen, dass die im Zuge des Umbaues geplante Ausstellungsfläche für Kunden allgemein zugänglich sein solle; diese zähle dadurch gemäß §9 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 zur Verkaufsfläche. Die Behörde habe den Antrag gemäß §15 Abs1 Kärntner Bauordnung 1996 abzuweisen, wenn dem Vorhaben einer der Gründe des §13 Abs3 (gemeint wohl: Abs2) leg. cit. entgegenstehe.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die beschwerdeführende Gesellschaft die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und auf Freiheit der Erwerbsausübung (Art6 StGG) sowie die Verfassungswidrigkeit näher bezeichneter Bestimmungen des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995, des Entwicklungsprogrammes - Versorgungsinfrastruktur, LGBl. für Kärnten Nr. 25/1993 sowie des Teilbebauungsplanes des Gemeinderates der Stadt Villach vom 7. Mai 1997 behauptet.
3. Die Stadtgemeinde Villach legte im Verfahren die maßgeblichen Teile der Verordnungsakten vor.
4. Die Kärntner Landesregierung legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
5. Die beschwerdeführende Gesellschaft erstattete eine Replik.
II. 1. Aus Anlass der vorliegenden Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 5. Dezember 2002 gemäß Art139 Abs1 und Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §10 Abs2 litd des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995, idF LGBl. für Kärnten Nr. 23/1995, und der Wortfolge "und das Höchstausmaß der zulässigen wirtschaftlich zusammenhängenden Verkaufsfläche" in §13 Abs6 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995, LGBl. für Kärnten Nr. 23/1995, sowie zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §3 Abs2 der Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 9. Februar 1993, betreffend ein Entwicklungsprogramm für Versorgungsinfrastruktur, LGBl. für Kärnten Nr. 25/1993 und der Festlegung "max. Verkaufsfläche 15.000 m² für den Möbelhandel" im Teilbebauungsplan der Stadtgemeinde Villach für das Planungsgebiet 49, Teilbereich 04, Zahl 20/49/04, Beschluss des Gemeinderates der Stadtgemeinde Villach vom 7. Mai 1997, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 9. Mai 1997 bis 26. Mai 1997 und in Kraft getreten am 10. Mai 1997, eingeleitet. Mit Beschluss vom 18. Juni 2003 ergänzte der Verfassungsgerichtshof den Beschluss vom 5. Dezember 2002 dahingehend, dass gemäß Art139 Abs1 B-VG auch die Gesetzmäßigkeit des §3 Abs1 der Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 9. Februar 1993 betreffend ein Entwicklungsprogramm für Versorgungsinfrastruktur, LGBl. für Kärnten Nr. 25/1993, von Amts wegen in Prüfung gezogen wurde.
2. Mit Erkenntnis vom 26. November 2003, G3/03, V2,3/03, V82/03, hob der Verfassungsgerichtshof die Wortfolgen "und II - soweit Abs2 nicht anderes bestimmt -" in §3 Abs1 und "sowie des Möbelhandels" in §3 Abs2 der Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 9. Februar 1993 betreffend ein Entwicklungsprogramm für Versorgungsinfrastruktur, LGBl. für Kärnten Nr. 25/1993, sowie die Festlegung "max. Verkaufsfläche 15.000 m² für den Möbelhandel" im Teilbebauungsplan der Stadtgemeinde Villach vom 7. Mai 1997 als gesetzwidrig auf.
III. Die Beschwerde ist gerechtfertigt.
Die belangte Behörde hat bei Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 27. Oktober 1999 ua. die als gesetzwidrig erkannte Festlegung des Teilbebauungsplanes der Stadtgemeinde Villach vom 7. Mai 1997 angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig war.
Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde somit durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (vgl. z.B. VfSlg. 10.404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
IV. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 327,- € und eine Eingabegebühr in der Höhe von 181,68 € enthalten.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:B1983.1999Dokumentnummer
JFT_09968874_99B01983_00