TE Vfgh Erkenntnis 2003/11/27 B251/03 ua

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Veröffentlicht am 27.11.2003
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Index

83 Natur- und Umweltschutz
83/01 Natur- und Umweltschutz

Norm

B-VG Art4
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art144 Abs1 / Allg
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
EG Art28, Art29, Art30
ImmissionsschutzG-Luft §14
Luftreinhalte-Rahmenrichtlinie 96/62/EG Art7, Art8
Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 10.09.02 betreffend verkehrsbeschränkende Maßnahmen auf der A 12 Inntalautobahn (1) LKW-NachtfahrverbotsV.

Leitsatz

Keine Bedenken gegen eine Verordnung betreffend ein Nachtfahrverbot für schwere LKWs auf der Inntalautobahn zur Verringerung der Immissionen und zur Verbesserung der Luftqualität nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft; Nachtfahrverbot aufgrund von fachkundigen Untersuchungen als geeignetes, erforderliches und Maß haltendes Mittel anzusehen; kein Verstoß gegen das Gebot der Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes; keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit, des Eigentumsrechts und des Gleichheitssatzes; kein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht im Hinblick auf die Luftreinhalte-Rahmenrichtlinie; keine Verletzung der Warenverkehrsfreiheit

Spruch

1. Die zu B455/03, B458/03 und B459/03 gestellten Anträge "auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung" werden zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführer und beschwerdeführenden Gesellschaften sind durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerden werden daher im Übrigen abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaften Innsbruck, Schwaz und Kufstein wurden den Beschwerdeführern der zu B251/03 bis B265/03 und B455/03, B458/03 sowie B459/03 protokollierten Beschwerden Ausnahmegenehmigungen nach §14 Abs3 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), BGBl. I 115/1997 idF BGBl. I 102/2002 betreffend das auf einem Teilbereich der A 12 Inntalautobahn mit Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol verfügte Nachtfahrverbot, BGBl. II 349/2002 idF der Kundmachung BGBl. II 423/2002 (im Folgenden: 1. LKW-Nachtfahrverbotsverordnung), versagt.

Den gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen wurde von der belangten Behörde, dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol, keine Folge gegeben und die Versagung bestätigt.

2. Gegen diese Versagungsbescheide wenden sich die Beschwerdeführer der zu B251/03 bis B265/03 protokollierten Beschwerden - (ohne die Richtigkeit der Entscheidung der belangten Behörde auf Basis der die Bescheide tragenden Rechtsvorschriften in Zweifel zu ziehen) - im Wesentlichen mit der wortgleichen Behauptung einer Gesetzes- und Verfassungswidrigkeit der

1. LKW-Nachtfahrverbotsverordnung und regen ein Verordnungsprüfungsverfahren an:

2.1.1. Die Beschwerdeführer bestreiten zunächst die Erforderlichkeit der 1. LKW-Nachtfahrverbotsverordnung und führen dazu aus:

"Zunächst ist zu prüfen, ob die Erlassung eines Maßnahmenkatalogs auf der Autobahnstrecke Ampaß - Kundl im Sinne des IG-L erforderlich ist. Dies ist - grob gesprochen - der Fall, wenn eine Situation der Überschreitung eines Immissionsgrenzwerts des IG-L vorliegt und der Maßnahmenkatalog zur Verhinderung des Fortdauerns dieser Situation erforderlich ist.

Nach den Erläuterungen stützt die Verordnung ihre Berechtigung auf den Umstand, dass Ende des Jahres 1999 an 3 Tagen an 3 Tiroler Luftgüte-Messstellen (Innsbruck/Andechsstraße, Hall/Münzerstraße, Vomp/Raststätte A 12) Überschreitungen des Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid, und zwar des N02Halbstundenmittelwertes von 200 µ/m3, gemessen wurden. Die Erläuternden Bemerkungen weisen unter 1.3. (Statuserhebung) darauf hin, dass für den Großraum Innsbruck-Hall (in diesem Bereich liegt auch Ampaß) der Verkehr nicht als alleiniger Emittent anzusehen ist.

In der als 'Druckfehlerberichtigung' erst nachträglich am 15.11.2002 mit BGBl II 423/2002 kundgemachten Präambel zur Verordnung wird hingegen die vereinzelt gebliebene Grenzwertüberschreitung bei Vomp/Raststätte A 12 als einzige zitiert. Die Überschreitung in Vomp - die einzige im Bereich des Sanierungsgebiets - wurde am 1.12.1999 um 15 und 15.30 Uhr registriert; das Ausmaß der Überschreitung betrug 4,2 % bzw 5,2 %. Die meteorologischen Bedingungen waren über mehrere Tage vor Eintritt der Grenzüberschreitung durch eine austauscharme Wetterlage (Windstille, tiefliegende Inversionsschicht) gekennzeichnet. Seitdem gab es offenbar keine weiteren Überschreitungen des N02-Halbstundenmittelwertes - und zwar weder im Jahr 2000 noch im Jahr 2001 -, andernfalls wären sie in der Begründung zur Verordnung erwähnt worden.

Das IG-L verlangt die Feststellung, ob Überschreitungen auf einen Störfall oder auf eine andere in absehbarer Zeit nicht wiederkehrende erhöhte Emission zurückzuführen sind. In Anbetracht der Fakten (singuläre, lang zurückliegende, nicht wiederholte geringfügige Überschreitungen während einer meteorologischen Extremsituation) ist nicht nachvollziehbar, wie der LH von Tirol zu dem Schluss gelangen konnte, dass die Grenzwertüberschreitung nicht auf eine in absehbarer Zeit nicht wiederkehrende erhöhte Immission (die Erläuterungen sprechen in diesem Zusammenhang irriger Weise von erhöhten Emissionen) zurückzuführen war.

Offenbar ist das Gegenteil der Fall: Aus der Tatsache, dass in den Folgejahren 2000 und 2001 keine weiteren Überschreitungen des N02-Halbstundenmittelwertes gemessen worden sind, ist der Schluss zu ziehen, dass es sich damals eben doch um eine besonders ungünstige Wetter- und Immissionslage gehandelt hat, deren Wiederholung nicht zu erwarten ist.

Dass in den Jahren 2000 und 2001 keine Überschreitungen stattgefunden haben, ist emissionsseitig unter anderem auf die erfolgte Umrüstung von Fahrzeugen auf 'Euro-III-Standard' zurückzuführen, womit die Stickstoffdioxid-Emissionen um 70 % (von 15 auf 5 g/kWh) gesenkt wurden. Dies bestätigt das vom Amt der Tiroler Landesregierung veröffentlichte Szenario der NOx-Gesamtemissionen an der A 12 bei Vomp im Zeitraum 1980 - 2005: Seit 1999 sinken nicht nur die jährlichen Gesamtemissionen des Verkehrs, sondern auch die jährlichen Emissionen der LKW über 7,5 t (jeweils gemessen in t/km).

Die Ursache für die Überschreitung am 1.12.1999 ist somit - drei Jahre nach dem Ereignis - nicht mehr vorhanden. Damit würde die Verordnung jeder gesetzlichen Grundlage entbehren, da der Landeshauptmann gemäß §10 IG-L Maßnahmen lediglich 'zur Erreichung der Ziele dieses Bundesgesetzes', somit zur Einhaltung der darin normierten Grenzwerte setzen darf. Auf 'die Höhe und Dauer der Immissionsbelastung sowie die zu erwartende Entwicklung der Emissionen des betreffenden Luftschadstoffes' ist auch nach §11 Z7 IG-L Bedacht zu nehmen.

Auch wenn die jüngsten Medienberichte zutreffen sollten, wonach es im Jahr 2002 an der Messstelle Vomp zu einer Überschreitung des Jahresmittelwertes für N02 gekommen sei, so ändert sich an diesem Befund aufgrund der bereits in österreichisches Recht umgesetzten Maßnahmen zur weiteren Reduktion der Stickstoffdioxid-Emissionen von LKW nichts.

Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass das Ereignis der Immissionsgrenzwertüberschreitung zum Vorwand genommen wird, um in Wahrheit einen politischen Akt gegen den Transitverkehr zu setzen. Ein derartiger Zweck vermag das auf das IG-L gestützte Nachtfahrverbot jedenfalls nicht zu legitimieren.

Ein Indiz dafür ist auch der Umstand, dass als Sanierungsgebiet nicht ein Gebiet im herkömmlichen Sinn, sondern lediglich - singulär - ein mehr als 46 km langer Straßenabschnitt der A 12 Inntalautobahn festgelegt wurde ...

Nur der Vollständigkeit halber: Auch das politische Ziel wird mit der Verordnung verfehlt, weil sie - was vielfach übersehen wird - primär den innerösterreichischen Wirtschaftsverkehr trifft, während sie den Transitverkehr kaum zu beeinflussen vermag: Der Transitverkehr hat sich schon wegen der während der Nachtstunden verdoppelten Brenner-Maut weitgehend auf Tageszeiten umgestellt; dem internationalen Transitverkehr ist diese Umstellung auch ohne größere Schwierigkeiten möglich - anders als dem zB auf Zustellungen in den Nacht- und frühen Morgenstunden angewiesenen innerösterreichischen und lokalen Verkehr.

Auch der in den Erläuterungen und in der Präambel unternommene Versuch, die in der Verordnung vorgesehenen Maßnahmen damit zu rechtfertigen, dass der Jahresgrenzwert für N02 in den kommenden Jahren sinken werde und die schrittweise Annäherung des Grenzwerts bis zur Zielvorgabe der EU-Richtlinie 1999/30/EG im Jahr 2012 Maßnahmen erforderlich mache, ist rechtlich nicht haltbar.

§10 IG-L bietet keine Grundlage für Verordnungen, die prophylaktisch Maßnahmen zur Immissionsreduktion vorsehen. Vielmehr ist das Vorschreiben von Maßnahmen erst und nur dann gesetzlich gedeckt, wenn sie gegen eine bereits erfolgte Überschreitung eines Grenzwerts ergriffen werden.

Vor allem aber: Die auf EU-Ebene bereits angeordneten und in Vsterreich mit der 47. Novelle zur KDV 1967, BGBl II 414/2001 (§1d Abs1 Tabelle IB, Z5.1.3. und 5.1.4.) umgesetzten Maßnahmen zur weiteren Reduktion der Stickstoffdioxid-Emissionen von LKW (nämlich die verbindliche Einführung der verschärften Grenzwerte 'Euro-IV' ab 1.10.2005 und 'Euro-V' ab 1.10.2008) gewährleisten ohnedies die Einhaltung der Jahresmittelwerte ab den jeweils nach der EU-Richtlinie 1999/30/EG vorgesehenen Inkrafttretensterminen (Stufenplan bis 2012)."

2.1.2. Die belangte Behörde sowie der vom Verfassungsgerichtshof zur Abgabe einer Stellungnahme und zur Vorlage der die 1. LKW-Nachtfahrverbotsverordnung betreffenden Verwaltungsakten aufgeforderte Landeshauptmann von Tirol treten diesen Bedenken im Wesentlichen wortgleich entgegen:

"Mit diesem Vorbringen lässt die Beschwerdeführerin die der betreffenden Verordnung zugrundeliegenden fachkundigen Erhebungen, insbesondere die auch in den Erläuternden Bemerkungen angeführte 'Immissionsklimatische Analyse der Grenzwertüberschreitung für NO2 an der Messstelle Vomp im Dezember 1999 und Szenarien zu deren Vermeidung' von Dr. J. Thudiom (Oekoscience AG, Zürich), ... unberücksichtigt. In der betreffenden Studie werden fachkundig die zum Zeitpunkt der Grenzwertüberschreitung vorgelegenen klimatischen und meteorologischen Verhältnisse aufgezeigt und gelangt der Gutachter mit ausführlicher und nachvollziehbarer Begründung zur Auffassung, dass es sich bei der immissionskritischen Phase vom 28.11. bis 02.12.1999 zwar um eine ausgeprägte und intensive Inversionsphase gehandelt hat, allerdings damit zu rechnen sei, dass sich die Wetterlage, die zu dieser Persistenz geführt hat (stabile Hochdrucklage mit flacher Druckverteilung über Mitteleuropa), wieder einstellen wird (vgl. Seite 14 und Seite 19). Die gleichen Feststellungen finden sich im Übrigen auch in der ... Statuserhebung des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 28.02.2001, Zl. 102/2046 (vgl. Seite 4)."

Die gegenteiligen Ausführungen könnten die Richtigkeit dieser fachkundig getroffenen Schlussfolgerungen über die Möglichkeit künftiger Grenzwertüberschreitungen nicht erschüttern. Damit habe aber für den Landeshauptmann von Tirol nach dem IG-L die Verpflichtung zu einer Statuserhebung und in weiterer Folge zur Erlassung eines Maßnahmenkataloges bestanden. Am Erfordernis dieser Verordnung könne daher kein Zweifel bestehen. Verfehlt sei auch der Verweis der Beschwerdeführer auf §11 Z7 IG-L. In dieser Bestimmung (gemeint sei wohl §11 Z6 IG-L) würden lediglich Vorgaben für die Abgrenzung des Sanierungsgebiets und die Auswahl der Maßnahmen getroffen, nicht aber Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Erlassung des Maßnahmenkataloges normiert. Wenn außerdem bemängelt werde, dass im gegenständlichen Fall kein Sanierungsgebiet im herkömmlichen Sinne ausgewiesen, sondern lediglich - singulär - ein mehr als 46 km langer Straßenabschnitt der A 12 Inntalautobahn festgelegt worden sei, ließen die Beschwerdeführer die Legaldefinition des §2 Abs8 IG-L außer Acht. Demnach sei ein Sanierungsgebiet im Sinn des IG-L das Bundesgebiet oder jener Teil des Bundesgebiets, in dem sich die Emissionsquellen befinden, für die im Maßnahmenkatalog gemäß §10 Anordnungen getroffen würden. Da als Verursacher der Immissionen im betreffenden Gebiet nahezu ausschließlich der Autobahnbetrieb, und zwar größtenteils der LKW-Verkehr erhoben worden sei, entspreche die Festlegung des betreffenden Autobahnabschnittes als Sanierungsgebiet unzweifelhaft den gesetzlichen Vorgaben. Auch sei anzumerken, dass die gewählte westliche und östliche Abgrenzung des Sanierungsgebiets jenen Bereich darstelle, für den die Immissionsmessstelle Vomp/Raststätte A 12 aussagekräftig sei. Die Abgrenzung sei durch eine Ausbreitungsberechnung fachlich untermauert. Im Detail wird dabei auf die Quellenangaben unter Punkt 1.4. der Erläuterungen zur

1. LKW-Nachtfahrverbotsverordnung verwiesen.

2.2.1. Des Weiteren ziehen die Beschwerdeführer die Eignung des Nachtfahrverbots in Zweifel:

"Es ist nicht davon auszugehen, dass das Nachtfahrverbot dazu führt, dass das Verkehrsaufkommen im fraglichen Abschnitt des Inntals reduziert wird. Die vom Verbot betroffenen Fahrten werden

-

entweder auf andere Tageszeiten ausweichen - womit die Emissionen nur zeitlich verlagert (und wegen des tagsüber erhöhten Staurisikos sogar erhöht) werden,

-

oder auf LKW < 7,5 t ausweichen - womit es überhaupt keinen emissionsdämpfenden (sondern im Gegenteil einen emissionssteigernden) Effekt gibt,

-

oder auf parallel zur Autobahn führende Straßen ausweichen ... was ebenfalls zu erhöhten Emissionen, noch dazu in unmittelbarer Nähe der Wohngebiete, führt.

Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass das Nachtfahrverbot das Risiko einer Grenzwertüberschreitung tagsüber sogar noch erhöht. Dies nicht nur deshalb, weil das Verkehrsaufkommen und damit die Emissionsmenge während des Tages erhöht würde, sondern auch, weil tagsüber das Staurisiko ohnedies schon höher als in der Nacht ist und die Emissionen (g/kWh) während des Staus im Vergleich zum flüssig ablaufenden Verkehr um ein Vielfaches höher liegen. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Umstand, dass die Menschen aufgrund ihrer Arbeits- und Freizeitgewohnheiten überhöhten Immissionen während des Tages im Allgemeinen viel stärker ausgesetzt sind als in der Nacht.

Den Erläuterungen zufolge ist die Immissionsbelastung bei gleicher Emissionslage in der Nacht gegenüber dem Tag um den Faktor 6 erhöht. Diese Behauptung ist nicht schlüssig. Sie mag für 'Normalwetterlagen' zutreffen, bei denen aber ohnedies nicht das Risiko einer Grenzwertüberschreitung besteht. Bei den austauscharmen Wetterlagen - wie sie im Winter unter Umständen über mehrere Tage vorkommen - geht dieses Argument ins Leere. Dies illustrieren gerade jene Grenzwertüberschreitungen des Jahres 1999 anschaulich, welche zum Anlass für das vorliegende Verordnungsvorhaben genommen wurden:

Sie fanden am Vormittag bzw am Nachmittag, jedoch nicht in der Nacht statt.

Dies geben die Erläuternden Bemerkungen unter Punkt 1.5. selbst zu, denn sie räumen ein, dass sich ein Nachtfahrverbot auf die Spitzenbelastungen nur leicht positiv auswirkt (es fahren ja nur ein paar LKW weniger, dieser Effekt wird aber durch das Mehraufkommen an LKW tagsüber wieder aufgehoben, wobei tagsüber aufgrund des höheren Verkehrsaufkommens bei austauscharmen Wetterlagen von Haus aus eine erhöhte Möglichkeit der Grenzwertüberschreitung besteht). Im vorliegenden Fall ging es aber gerade um kurzfristige Spitzenwerte aufgrund einer mehrere Tage anhaltenden Inversionswetterlage. Auch aus diesem Grund kann die Nachtfahrverbotsverordnung kein taugliches Mittel zur Lösung des konkreten Problems sein."

Im Übrigen wird die räumliche Ausdehnung des in der Verordnung vorgesehenen Sanierungsgebiets in Zweifel gezogen: Es sei nicht zu rechtfertigen, dass dieses in westlicher Richtung bis Ampass gezogen werde, wenn nur im Bereich Vomp die Dominanz der Emissionen der LKW über 7,5 t angenommen werde.

2.2.2. Dem halten die belangte Behörde sowie der Landeshauptmann von Tirol im Wesentlichen wortgleich entgegen:

"Auch dieses Vorbringen ist ... verfehlt. Die fachlichen Grundlagen der Verordnung, insbesondere die Statuserhebung des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 28.02.2001, Zl. 102/2046, sowie die vorerwähnte Immissionsstudie von Dr. J. Thudiom belegen nachvollziehbar, dass die Verlagerung des Verkehrs aus der Nacht in den Tag zu einer Reduktion der mittleren Belastung führt, weil Immissionen bei ungünstigen Ausbreitungsbedingungen (nachts) in günstigere Phasen (tagsüber) verlegt werden. Dies ist laut den fachtechnischen Beurteilungen sowohl beim NOx als auch beim NO2 der Fall. Die Spitzenbelastungen, die zumeist tagsüber vorkommen, steigen aufgrund dieser Verlagerung hingegen nur wenig, bei den größten Spitzen, die während ausgeprägten, stagnierenden Lagen vorkommen, ergibt sich wegen der Reduktion des Hintergrundes sogar eine Verbesserung (vgl. Immissionsklimatische Analyse der Grenzwertüberschreitung für NO2 an der Messstelle Vomp im Dezember 1999 und Szenarien zu deren Vermeidung, Dr. J. Thudiom, Seite 26). Ein Nachtfahrverbot wirkt sich also auf die mittleren Belastungen stark und auf die Spitzenbelastungen leicht im positiven Sinne aus. Die Behauptungen der Beschwerdeführerin werden durch diese fachkundigen Ausführungen sohin eindeutig widerlegt. Es trifft auch keinesfalls zu, dass sich - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - die Verlagerung des Verkehrsaufkommens von der Nacht in den Tag nur bei 'Normalwetterlagen' günstig auswirkt. Im Gegenteil bestätigt die vorerwähnte Studie auch für 'ungünstige' Wetterlagen, wie sie im Zeitraum der Grenzwertüberschreitungen vorgelegen haben, die vorteilhaften Auswirkungen einer Verlagerung des Verkehrs von der Nacht in den Tag (vgl. ebenfalls Seite 26 der Studie, worin ausdrücklich auf die 'ungünstige' Wetterlage am 01.12.1999 Bezug genommen wird)."

Auch der in diesem Zusammenhang gemachte Vorwurf hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung des in der Verordnung vorgesehenen Sanierungsgebiets lasse die vorliegenden, fachkundig erhobenen Grundlagen außer Acht. In der erwähnten Immissionsstudie (vgl. S 10 und 19) werde ausdrücklich bestätigt, dass die Messstelle Vomp repräsentativ für die autobahnnahen Lagen zwischen Hall und Jenbach sei.

2.2.3. In ihrer Replik auf die Ausführungen der belangten Behörde bzw. des Landeshauptmannes von Tirol halten die Beschwerdeführer ihren Vorwurf der mangelnden Eignung des LKW-Nachtfahrverbots aufrecht und legen zur Untermauerung ihrer Thesen ein von der Forschungsgesellschaft für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik mbH (TU Graz, Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik) erstelltes Gutachten ("A12 Inntalautobahn, Beurteilung der Luftschadstoffbelastung durch die A12 im Bereich Vomp, Teil I:

Emissionen, Teil II: Immissionen") vor. Das verordnete Nachtfahrverbot erweise sich auf Grund dieses Gutachtens, welches Informationen in einer Qualität bzw. Tiefe enthalte, wie sie dem Landeshauptmann von Tirol bislang noch nicht vorgelegen seien, als "absolut ungeeignete Maßnahme". Dies sowohl im Hinblick auf mittlere Immissionskonzentrationen (Grenzwert für den Jahresmittelwert) als auch im Hinblick auf Spitzenbelastungen (Grenzwert für den Halbstundenmittelwert):

Die Auswirkungen des Nachtfahrverbots auf mittlere Immissionskonzentrationen würden "unterhalb der messtechnischen Nachweisgrenze" liegen, womit "keine nachweisbaren Auswirkungen des LKW-Nachtfahrverbots auf die mittleren Immissionskonzentrationen für NOx festgestellt werden konnten; für NO2 sind auf Grund der nicht-linearen Umwandlung von NO zu NO2 noch geringere Auswirkungen zu erwarten". Bezüglich der Spitzenbelastungen bei NO2 bringe "das LKW-Nachtfahrverbot sogar eine Verschlechterung (!) bezüglich möglicher Grenzwertüberschreitungen beim maximalen Halbstundenmittelwert", was auch der vom Land Tirol herausgegebene

"1. Evaluierungsbericht" zum "Nachtfahrverbot im Tiroler Unterinntal" ergebe.

2.3.1. In weiterer Folge versuchen die Beschwerdeführer die mangelnde Verhältnismäßigkeit des Nachtfahrverbots zu belegen:

"Die Verhängung eines Nachtfahrverbots ist für die betroffenen Straßenbenützer ein gravierender Eingriff in ihre Grund- und Freiheitsrechte. Vor diesem Hintergrund und auch im Hinblick auf die ausdrückliche Anordnung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im IG-L ist die Frage zu stellen, ob die Zielsetzung der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid nicht durch andere, weniger stark in Rechtspositionen von Bürgern eingreifende Mittel erreicht werden könnte. §11 Abs1 Z5 IG-L ordnet in diesem Sinn ausdrücklich an, dass Eingriffe in bestehende Rechte auf das unbedingt notwendige Ausmaß zu beschränken sind.

Als Alternative in Betracht zu ziehen wären insbesondere mögliche Differenzierungen der Bemautung nach den Emissionsintensitäten der Fahrzeuge. Wie bereits Erfahrungen mit dem Ökopunktesystem gezeigt haben, wirken solche Anreizinstrumente oft in kurzer Zeit ungemein stark. Wie bereits ausgeführt, haben diese ökonomischen Anreize auch tatsächlich jene Verringerungen der Stickstoffdioxid-Emissionen der LKW bewirkt, die seit 1999 Überschreitungen des Halbstundengrenzwerts hintan hielten. In diesem Zusammenhang ist auch auf die sogenannte Wegekostenrichtlinie (Richtlinie 1999/62/EG vom 17.6.1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge) zu verweisen. ... Damit bietet das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten ein luftreinhaltungspolitisches Instrument an, das aus EU-rechtlicher Sicht a priori als verhältnismäßig und geeignet anzusehen und gegenüber anderen stärker in die Grundfreiheiten eingreifenden Instrumenten vorrangig zu nutzen ist. Dieses Instrument könnte auch im vorliegenden Zusammenhang eingesetzt werden.

Ausdrücklich im Gesetz als Alternative zu Fahrverboten genannt ist die Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen. Gerade im vorliegenden Fall könnte eine derartige Maßnahme in Erwägung gezogen werden, denn bekanntlich nimmt die Emission von Stickstoffdioxid (zu messen als g/kWh) bei höheren Geschwindigkeiten zu. Bei geringeren Geschwindigkeiten werden somit auch geringere Mengen von Stickstoffdioxiden emittiert. Eine derartige Maßnahme wäre im Vergleich zum Nachtfahrverbot zweifellos als der gelindere Eingriff anzusehen. Auch unter diesem Gesichtspunkt verletzt das Nachtfahrverbot das einfach-gesetzlich und verfassungsrechtlich geforderte Verhältnismäßigkeitsprinzip.

Über das erforderliche Ausmaß greift das Nachtfahrverbot aber auch insofern in bestehende Rechte ein, als das Belastungsgebiet weit über das Gebiet der Messstelle Vomp hinaus ausgedehnt wird.

Unverhältnismäßig ist das Nachtfahrverbot auch insofern, als auch die derzeit emissionsärmsten verfügbaren LKW, nämlich die Euro-III-LKW, vom Verbot betroffen sein sollen. Die Verordnung berücksichtigt zwar die Überlegung, dass schadstoffarme LKW begünstigt werden sollen, stellt aber - völlig unsachlich - nur Euro-IV-LKW besser. Diese Begünstigung geht - wohl bewusst, aber umso unsachlicher - völlig ins Leere, weil Euro-III-LKW derzeit die emissionsärmsten verfügbaren Fahrzeuge sind (Euro-IV-LKW sind noch nicht erhältlich und, wie gesagt, erst ab 1.10.2005 vorgeschrieben)."

2.3.2. Dem halten die belangte Behörde sowie der Landeshauptmann von Tirol im Wesentlichen wortgleich entgegen, dass durch die Fachgutachten dieses Vorbringen widerlegt werde. Durch die vorhandenen Entscheidungsgrundlagen werde zunächst schlüssig belegt, dass Hauptverursacher jener Grenzwertüberschreitungen, die zur Erlassung des in Rede stehenden Maßnahmenkataloges geführt haben, der schwere Güterverkehr sei. Damit komme §14 IG-L zum Tragen, der als Maßnahmen für den Verkehr die Anordnung von zeitlichen und räumlichen Verkehrsbeschränkungen sowie von Geschwindigkeitsbeschränkungen vorsehe. Die zulässigen Maßnahmen seien demnach gesetzlich vorgegeben, weshalb die Ausführungen zur Bemautung bereits aus diesem Grund nicht nachvollzogen werden könnten. Im Übrigen würde die erwähnte Studie von Dr. Thudiom (Immissionsklimatische Analyse der Grenzwertüberschreitung für NO2 an der Messstelle Vomp im Dezember 1999 und Szenarien zu deren Vermeidung, S 24 bis 27) verschiedene Szenarien der Verkehrsreduktion darstellen, die belegen würden, dass die Anordnung des Nachtfahrverbots keinesfalls eine überschießende Maßnahme sei. Der auch in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung des Sanierungsgebiets wird unter Verweis auf die bisherigen Ausführungen bestritten.

2.3.3. In ihrer Replik bekräftigen die Beschwerdeführer ihren Vorwurf der mangelnden Verhältnismäßigkeit des Nachtfahrverbots, indem sie auf das Ergebnis des Gutachtens der Forschungsgesellschaft für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik (s. Pkt. 2.2.3.) verweisen. Dieses ergebe, dass eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h für PKW und leichte Nutzfahrzeuge die am besten geeignete verkehrsbeschränkende Maßnahme zur Senkung der NOx-Emissionen und der NO2-Immissionen sei. Diese Maßnahme wäre nicht nur ungleich besser, sondern auch bedeutend weniger einschneidend.

Zudem erweise das Gutachten, dass als wirkungsvollste Maßnahmen zur Senkung der NO2-Immissionen nicht verkehrsbeschränkende, sondern bauliche Maßnahmen entlang der Autobahn anzusehen seien, wozu insbesondere Dammlagen und (Lärmschutz-)Wände zählten. Allein (Lärmschutz-)Wände neben der Autobahn könnten beim NO2-Jahresmittelwert eine Reduktion von bis zu 30 % bewirken, was alle auch nur theoretisch in Betracht kommenden verkehrsbeschränkenden Maßnahmen in ihrer Wirksamkeit weit übertreffen würde. Darüber hinaus würden diese baulichen Maßnahmen eine Immissionsminderung gerade in jenen Bereichen bewirken, in denen es potentiell zu Grenzwertüberschreitungen kommen könnte, nämlich in einem bestimmten Seitenabstand entlang der Autobahn.

Sollte das IG-L dahingehend auszulegen sein, dass der Landeshauptmann nur verkehrsbeschränkende Maßnahmen, nicht aber straßenbauliche Maßnahmen (etwa entsprechende Aufträge an den Straßenerhalter) anordnen könne, wäre nach Ansicht der Beschwerdeführer das IG-L verfassungswidrig. Für diesen Fall regen sie die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend einzelne Bestimmungen des IG-L (insbesondere §14 bzw. allenfalls auch §10 Abs6b, §11 Z2 und §22 IG-L) an, da keine Gründe ersichtlich seien, die es sachlich rechtfertigen könnten, die wirksamsten Maßnahmen gesetzlich auszuschließen.

Des Weiteren ergebe das Gutachten, dass der derzeit tolerierte Jahresmittelwert von NO2 im Untersuchungsgebiet bis zu einem maximalen Seitenabstand von ca. 50 m von der Autobahn überschritten werde. Entgegen dem vermittelten Eindruck könnten daher keineswegs "die Bewohner des Inntals" von verkehrsbedingten Grenzwertüberschreitungen betroffen sein, sondern nur in Ausnahmefällen bestimmte Anrainer im unmittelbaren Nahbereich zur Autobahn.

2.4.1. Die Beschwerdeführer sehen in der

1. LKW-Nachtfahrverbotsverordnung auch einen Verstoß gegen sonstige gesetzlich vorgegebene Grundsätze für Maßnahmenkataloge:

"Gemäß §11 Abs1 Z1 IG-L 'sind die Luftschadstoffe nach Möglichkeit an ihrem Ursprung zu bekämpfen'. Damit will der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen, dass Maßnahmen der Emissionsverringerung gegenüber Maßnahmen der Emissionsverteilung vorzuziehen sind. Der vorliegende Entwurf zielt nur auf eine - insbesondere tageszeitliche - Umverteilung von Emissionen ab. Er nimmt dabei sogar per saldo eine Emissionserhöhung in Kauf und steht deshalb klar im Widerspruch zum erwähnten Grundsatz des IG-L.

Zu den Grundsätzen, die bei Erlassung eines Maßnahmenkatalogs zu beachten sind, zählt weiters das bereits erwähnte Prinzip der Opfersymmetrie. Sinngemäß besagt dieses, dass die Lasten der Emissionsreduktion auf die zur Gesamtimmissionssituation beitragenden Emittenten und Emittentengruppen gleichmäßig - entsprechend ihren Verursachungsanteilen - aufzuteilen sind. Die zu treffenden Maßnahmen sollen sich nicht auf einzelne Emittenten oder Emittentengruppen konzentrieren und andere Emittenten oder Emittentengruppen zu Lasten der erstgenannten schonen.

Einzuräumen ist, dass die IG-L-Novelle 2001 den Grundsatz der Opfersymmetrie insofern abgeschwächt hat, als es sich (wie hier vorliegend) um Überschreitungen eines Grenzwerts für Stickstoffdioxid handelt, die zum überwiegenden Teil durch 'Nicht-Anlagen' verursacht werden (§10 Abs6b). Diesfalls sind die Maßnahmen bei den hauptverursachenden Emittenten gemäß ihren Anteilen an den Emissionen zu setzen.

Demzufolge ist bei den Grenzwertüberschreitungen des Jahres 1999 zu prüfen, ob eine überwiegende Verursachung durch 'Nichtanlagen' vorliegt. Nach den Erläuterungen zur Verordnung war dies nur für die Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid an der Messstelle Vomp der Fall.

Der Anteil des schweren Güterverkehrs an den Stickstoffdioxid-Emissionen der Inntalautobahn wird an der Messstelle Vomp für 2000 mit 66 % beziffert (Erläuterungen S 7). Damit soll der Nachweis erbracht werden, dass es sich bei den schweren LKW um die Hauptemittentengruppe handle.

Diese Argumentation weist jedoch einige gravierende Schwächen auf:

-

Da sich das Belastungsgebiet von Ampaß bis Vomp erstreckt, darf sich eine derartige Betrachtung keinesfalls auf nur eine Messstelle beschränken.

-

Der Anteil des vom Nachtfahrverbot betroffenen Schwerverkehrs wäre - über den Tages- oder Jahreszyklus betrachtet - wegen der gesetzlich und verordnungsmäßig statuierten Ausnahmen deutlich geringer als 66 %.

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Tatsächlich ist jedoch eine Betrachtung des Tages- oder Jahreszyklus unzulässig, weist doch die betroffene Nachtzeit ein gänzlich anderes Nutzerprofil auf. Dies bestätigen auch die Erläuternden Bemerkungen zur Verordnung (S 6), die den Anteil der vom Fahrverbot betroffenen Fahrten - bezogen auf die Gesamtsumme der LKW-Fahrten - mit lediglich 9 % beziffern!

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Eine pauschale Betrachtung der Emissionen des gesamten Jahres 2000 genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Stattdessen kommt es auf den Anteil der schweren LKW in der erfassten Jahres- bzw Nachtzeit an. Demnach reduziert sich das Ausmaß der betroffenen Emittentengruppe auf 9 % der Fahrten. Im Hinblick darauf, dass auch den Nichtanlagen ein gewisser Anteil zuzuweisen ist und die großen LKW - soweit sie im weiteren Verlauf die Brenner-Autobahn benützen - ohnedies bereits der am Brenner erhöhten (doppelten) Nachtmaut ausweichen, kann der Anteil der vom Verbot betroffenen Emissionen kaum mehr als 5 % der Gesamtemissionen betragen.

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Schließlich ist die Erhebung nicht aktuell genug, weil gerade seit dem Jahr 2000 die verschärften Emissionsgrenzwerte gelten. Unter diesen Umständen kann eine Untersuchung des Jahres 2000 [gemeint ist wohl aus dem Jahr 1999] nicht als Grundlage für ein Nachtfahrverbot ab 1. Oktober 2002 herangezogen werden.

Der Grundsatz der Opfersymmetrie ist durch die IG-L-Novelle keineswegs vollständig außer Kraft gesetzt worden. Er gilt jedenfalls für die Lastenaufteilung innerhalb der 'hauptverursachenden Emittentengruppen'. Diesem Grundsatz der Opfersymmetrie widerspricht aber die einseitige Auferlegung des Nachtfahrverbots für die Kategorie der Lastkraftwagen über 7,5 t. Stattdessen müssten - wenn die sonstigen Voraussetzungen für eine Maßnahmenverordnung nach dem IG-L gegeben wären - auch andere Fahrzeugkategorien in den Maßnahmenkatalog einbezogen werden.

Die Beschränkung des Fahrverbots auf schwere Nutzfahrzeuge erhärtet die Vermutung, dass es dem Verordnungsgeber in Wahrheit um eine politisch plakative Maßnahme (vorgeblich) gegen den Transitverkehr geht. Dies ist jedoch eine Zielsetzung, die keinesfalls die Erlassung eines Maßnahmenkatalogs nach dem IG-L zu rechtfertigen vermag."

2.4.2. Dem halten die belangte Behörde sowie der Landeshauptmann von Tirol im Wesentlichen (wortgleich) entgegen:

"Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift trägt die vorliegende Verordnung offensichtlich auch dem Prinzip der Opfersymmetrie Rechnung. Wie die Gutachten belegen, ist der schwere Güterverkehr Hauptverursacher der Schadstoffbelastung im Sanierungsgebiet. Mithin kommt §10 Abs6b IG-L zum Tragen, wonach dann, wenn bei einer Überschreitung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid Immissionen, die zu dieser Überschreitung geführt haben, zum überwiegenden Teil nicht aus Anlagen gemäß §2 Abs10 stammen, Maßnahmen bei den hauptverursachenden Emittenten gemäß ihrem Anteil an den Immissionen zu setzen sind. Dem wurde mit der vorliegenden Verordnung Rechnung getragen. ... Entsprechend dem Gesetzeswortlaut wird nicht gefordert, dass sämtliche Emittenten von Beschränkungen des Maßnahmenkataloges erfasst werden, sondern sind entsprechende Maßnahmen bei den hauptverursachenden Emittenten und Emittentengruppen zu setzen. Dass der schwere Güterverkehr weit überwiegend zu jener Schadstoffbelastung beiträgt, der durch die in Rede stehende Verordnung entgegengewirkt werden soll, steht aufgrund der fachtechnischen Erhebungen fest. In der Verordnung des Landeshauptmannes BGBl. II Nr. 349/2002, i.d.F. der Kundmachung BGBl. II 423/2002, wurden daher nachvollziehbar und in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben für diese Emittentengruppe Verkehrsbeschränkungen angeordnet."

2.4.3. In ihrer Replik sehen die Beschwerdeführer die unter dem Gesichtspunkt der Gesetzwidrigkeit der Verordnung wegen Verstoßes gegen die Grundsätze des IG-L vorgetragenen Bedenken durch die von ihnen vorgelegte Studie der Forschungsgesellschaft für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik mbH (s. Pkt. 2.2.3.) bestätigt. Aus diesem Gutachten ergebe sich nämlich, dass der Anteil der NOx-Emissionen aus dem Personenverkehr mit 45 bzw. 41 % gleich hoch ist wie jener Anteil, der von - vom Nachtfahrverbot betroffenen - LKWs stamme. Grund dafür sei das hohe NOx-Emissionsniveau der PKWs mit Dieselmotoren. Da somit der schwere Güterverkehr nicht als Hauptversursacher für die NOx-Emissionen auf der A 12 angesehen werden könne, verstoße die bekämpfte Verordnung gegen §10 Abs6b sowie §11 Z2 und 3 IG-L.

2.5.1. Unter dem Blickwinkel der Gesetzwidrigkeit sehen die Beschwerdeführer abschließend noch einen Verstoß gegen die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Einführung eines Nachtfahrverbots:

"Die Erlassung eines Maßnahmenkatalogs nach dem IG-L bedarf schon mit Rücksicht auf ihre finale Normstruktur (vgl zuletzt zB VfGH 8.10.2002, V82/01, mwH) für ihre Rechtmäßigkeit einer gehörigen Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen. Die Anwendung der im IG-L statuierten Grundsätze für die Erlassung von Maßnahmenkatalogen erfordert ganz spezifische Informationsgrundlagen.

Diese Informationsgrundlagen umfassen nicht nur eine nachvollziehbare und gut begründete Auswahl der 'relevanten' Messstellen, die vollständigen Messergebnisreihen an diesen relevanten Messstellen, sondern auch die Beiträge der relevanten Emittenten und Emittentengruppen. Mit Pauschalannahmen ist dem Ermittlungserfordernis des IG-L nicht Genüge getan.

Es widerspricht beispielsweise der vom Gesetz gebotenen gehörigen Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen, lediglich eine Messstelle herauszugreifen, die fernab eines Wohngebiets - nämlich unmittelbar an einem Beschleunigungsstreifen der Autobahn - liegt. Es widerspricht weiters dem Gesetz, aus dieser Messstelle Schlussfolgerungen für einen mehr als 46 km langen Streifen zu ziehen.

Es widerspricht auch dem Gesetz, eine Emittentengruppe a priori als die hauptverursachende Emittentengruppe zu qualifizieren und die übrigen Emittenten und Emittentengruppen zu vernachlässigen. Innerhalb einer Hauptemittentengruppe müssen die Emissionsanteile der einzelnen Untergruppen festgestellt werden. Dies gilt umso mehr, wenn nicht die gesamte Emittentengruppe der Autobahnbenützer, sondern nur die Teilgruppe der Benützer von schweren LKW zur Emissionsreduktion herangezogen werden soll. Da Stickstoffdioxid von allen Fahrzeugen emittiert wird, müssen die aktuellen Emissionsbeiträge der einzelnen Fahrzeugkategorien auf empirischer Basis - und zwar im gesamten Sanierungsgebiet - festgestellt werden.

Unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist es erforderlich, die in Betracht kommenden Maßnahmen im Hinblick auf den zu ihrer Durchführung notwendigen Aufwand und die gleichzeitig bewirkten Eingriffe und Einschränkungen für die Bürger zu vergleichen. Nur so kann festgestellt werden, ob die gewählte Maßnahme der Prüfung auf Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips standhält.

... [D]ie Verordnung [müsste] auch durch Informationsgrundlagen gestützt werden, die die Wirksamkeit bereits getroffener Maßnahmen und die daraus resultierenden Emissions- und Immissionsentwicklungsszenarien darlegen. Seit dem Jahr 2000 ist der Umstieg auf Euro-III-Fahrzeuge EU-weit vorgeschrieben. Im Hinblick auf das geltende Ökopunkteregime, das nach geltender Rechtslage zumindest bis Ende 2003 besteht, haben die Transportunternehmer im Inntal vorrangig emissionsarme LKW eingesetzt. Der Anteil der emissionsarmen LKW (Euro-III) ist somit im Inntal im Vergleich zu anderen Autobahnen überproportional hoch und wie auf anderen Autobahnen konstant steigend. Ihr voraussichtlicher Anteil ab 1.10.2002 hätte ebenfalls empirisch gestützt erhoben werden müssen.

Was die Ausnahmen vom Fahrverbot betrifft, müsste untersucht werden, ob nicht die Forcierung der emissionsarmen LKW (Euro-III) die wirksamere Maßnahme (§11 Abs1 Z1 IG-L) und unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Schonung bestehender Rechte (§11 Abs1 Z5 IG-L) ausreichend wäre.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die vom LH von Tirol erhobenen Unterlagen nicht ausreichen, um die Erforderlichkeit, Eignung und Verhältnismäßigkeit des Nachtfahrverbots zu begründen. Diese - zwar umfangreichen, aber wie gezeigt weitgehend neben der Sache liegenden - Unterlagen mögen vergangenheitsorientiert eine beschränkte Aussagekraft haben; als Grundlage für eine in die Zukunft gerichtete Verbotsmaßnahme reichen sie keinesfalls aus. Der Nachweis, dass in künftigen Wintern mit derart ungünstigen Emissionsverhältnissen zu rechnen wäre, dass die Immissionen bei sehr ungünstigen meteorologischen Verhältnissen gerade zur Nachtzeit die Grenzwerte überschreiten würden, und dass die geplante Nachtfahrverbotsverordnung das geeignetste und gelindeste zum Ziel führende Mittel wäre, wurde vom Verordnungsgeber nicht erbracht."

2.5.2. Dem treten die belangte Behörde sowie der Landeshauptmann von Tirol unter Hinweis auf die für die Verordnungserlassung herangezogenen - und ihrer Meinung nach fachkundig erstellten - Gutachten entgegen.

2.6.1. Im Übrigen sehen die Beschwerdeführer eine Verfassungswidrigkeit der Verordnung wegen Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit, des Eigentumsrechts und des Gleichheitsgrundsatzes. Zwar gestehen sie ein öffentliches Interesse an der Eindämmung von Immissionen zu, bezweifeln aber, dass die Maßnahme zur Erreichung dieses Ziels geeignet ist. Jedenfalls stelle das Fahrverbot nach den vorhergehenden Ausführungen keinesfalls das gelindeste Mittel zur Zielerreichung dar, sei insgesamt als unverhältnismäßig und auch in seiner Ausdehnung als sachlich nicht gerechtfertigt zu betrachten.

Des Weiteren behaupten sie einen Verstoß gegen das Gebot der Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebiets nach Art4 B-VG:

"Durch die vorliegende Verordnung wird der innerösterreichische Güterverkehr in Ost-West-Richtung während der Nachtstunden unterbrochen. Dies vor allem deshalb, weil ein Ausweichen auf zur A 12 Inntalautobahn parallel führende Straßen teils aus praktischen, teils aus rechtlichen Gründen unmöglich ist. ... Die einzige Ausweichmöglichkeit parallel zur A 12 Inntalautobahn würde über die B 211 führen; diese ist jedoch schlecht ausgebaut, schmal und kurvenreich, führt durch verbautes Gebiet und ist gerade im Winter (während der Geltung des Nachtfahrverbots auf der A 12) aufgrund der zahlreichen Steigungen für die verfahrensgegenständlichen Schwerfahrzeuge kaum befahrbar ...

Der VfGH hat in mehreren Erkenntnissen ausgesprochen, dass durch eine gesetzliche Ermächtigung zur Erlassung eines zeitlich begrenzten Fahrverbots und darauf gestützter Verordnungen betreffend Nachtfahrverbot keine Verletzung des Art4 B-VG stattfindet; dies insbesondere mit der Begründung, dass nur bestimmte Fahrzeuge, auf einer bestimmten Strecke und nur während der Nachtstunden betroffen seien (vgl VfSlg 12485/1990, 11493/1987, 8086/1997, 4243/1963). Nach der im Erk VfSlg 8086/1977 vertretenen Rechtsansicht erfasst das Verbot nach Art4 Abs2 B-VG 'nur solche Beschränkungen oder Erschwerungen des Verkehrs von Personen oder Waren, die die Einheit des Bundesgebietes als Währungs-, Wirtschafts- oder Zollgebiet beschränken'. Als Argument für die Nichtverletzung des Art4 B-VG wird in diesem Erk, ebenso wie in VfSlg 11493/1987 auch die Tatsache ins Treffen gebracht, dass 'der Verkehr von und nach dem betroffenen Gebiet von der Beschränkung ... ausgenommen ist'. Eine solche Ausnahme gibt es im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil in dem 'Gebiet' lediglich der Autobahnstreifen (einschließlich zweier Raststätten) liegt.

Der VfGH hat mit Erk VfSlg 12944/1991 ein Nachtfahrverbot auf Grund des Vorliegens vergleichbarer Umstände als gesetzwidrig (nämlich gegen die in §43 Abs2 StVO normierte Pflicht zur Interessensabwägung verstoßend) aufgehoben, weil die Nachtsperre der praktisch einzigen Verkehrsverbindung für innerösterreichischen Güterverkehr in Ost-West-Richtung - auf Grund des Umstands, dass die vorgesehene Regelung dem Anliegen der Reduzierung des Verkehrslärms kaum gerecht werden könne - unverhältnismäßig sei.

Eine Bezugnahme auf Art4 B-VG erfolgte in diesem Erk zwar nicht; wenn man jedoch mit einem Teil der Lehre (vgl insbesondere Azizi, Zum Verfassungsgebot der Wirtschaftsgebietseinheit und zu seiner wirtschaftspolitischen Tragweite, ÖJZ 1985, 97, 134) das Gebot der Wirtschaftsgebietseinheit als 'speziellen Gleichheitssatz' deutet und für marktbeschränkende Vorschriften jeglicher Art eine sachliche Rechtfertigung fordert, ist das vorliegende Nachtfahrverbot - insbesondere im Hinblick auf die oben dargelegten Ausführungen zu seiner Unverhältnismäßigkeit - auch unter dem Aspekt des Art4 B-VG bedenklich.

Sieht man in Art4 B-VG ein Verbot gebietsabsperrender Maßnahmen (Schwarzer, Kommentar zu Art4 B-VG in: Korinek/Holoubek, Kommentar zum österreichischen Bundesverfassungsrecht (4. Lieferung, 2001), so ist die geplante Verbotsregelung wohl als Musterbeispiel einer verfassungsrechtlich unzulässigen Barriere des innerösterreichischen Warenverkehrs zu bezeichnen."

2.6.2. Auch diese Beschwerdevorbringen werden von der belangten Behörde und dem Landeshauptmann von Tirol im Wesentlichen wortgleich - unter Verweis auf die vorhergehenden Ausführungen und das damit erwiesene erhebliche öffentliche Interesse an der Vermeidung bzw. Reduktion von Luftverunreinigungen, vor allem zur Hintanhaltung von Gesundheitsschäden für die Bevölkerung bzw. die damit offenkundige Angemessenheit und Sachlichkeit der verordneten Maßnahmen - als nicht nachvollziehbar bezeichnet. Zum behaupteten Verstoß gegen Art4 B-VG führen sie aus:

"... Schlussendlich wird nach Ansicht der belangten Behörde durch die in Rede stehende Verordnung des Landeshauptmannes vom 10.09.2002 auch Art4 B-VG nicht verletzt. Nach der u.a. im Erkenntnis VfSlg. 8086/1977 vertretenen Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes erfasst das Verbot in Art4 Abs2 B-VG nur solche Beschränkungen oder Erschwernisse des Verkehrs von Personen oder Waren, die die Einheit des Bundesgebiets als Währungs-, Wirtschafts- oder Zollgebiet beschränken. Von einer solchen Beschränkung kann nach Meinung des Verfassungsgerichtshofes dann nicht die Rede sein, wenn das Fahrverbot nur Lastkraftfahrzeuge einer bestimmten Art betrifft und nur auf einzelnen Straßenstücken besteht. Diese Voraussetzungen treffen gegenständlich zu. Dass es der Verfassungsgerichtshof außerdem - wie von der Beschwerdeführerin offenbar angenommen - als essentiell angesehen hat, den Verkehr von und nach dem betroffenen Gebiet von den Beschränkungen der Verordnung auszunehmen, ist nicht der Fall. Im vorzitierten Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof auf diesen Umstand zwar ergänzend hingewiesen, dies rechtfertigt aber nicht die Schlussfolgerung, dass bei Fehlen von Ausnahmeregelungen für den Verkehr in oder aus dem Gebiet jedenfalls ein Widerspruch der Verordnung zu Art4 Abs2 B-VG vorliegt. So hat etwa auch die Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 21.03.1986, betreffend ein Nachtfahrverbot für Lkw über 7,5 t auf einem Teilstück der Loferer Straße B 312, keine derartige Ausnahmebestimmung beinhaltet. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Verordnung geprüft und dabei mit Bezug auf die Vorjudikatur, und zwar insbesondere auch auf das von der Beschwerdeführerin zum Beleg ihres Rechtstandpunktes angezogene Erkenntnis VfSlg. 8086/1977, in seiner Entscheidung vom 09.10.1987 eine Verletzung des Art4 Abs2 B-VG verneint (vgl. VfSlg. 11493). Die Ausführungen der Beschwerdeführerin sind also auch insofern nicht zielführend."

3. Mit großteils identen Vorbringen argumentieren auch die Beschwerdeführer der zu B455/03, B458/03 und B459/03 protokollierten Beschwerden die Gesetz- bzw. Verfassungswidrigkeit der

1. LKW-Nachtfahrverbotsverordnung und tragen weitere Bedenken vor:

3.1.1. Die Verordnung wird aus einem weiteren Grund als unverhältnismäßig gesehen:

"[D]ie Fahrer [sind] durch das Fahrverbot gezwungen, ihre Transportfahrzeuge an Raststätten und auch an anderen Plätzen in Tirol abzustellen. Da die Fahrer im Führerhaus nächtigen, müssen sie bei winterlichen Außentemperaturen die Standheizung oder den Lkw-Motor laufen lassen um das Führerhaus erwärmen zu können, was ebenfalls einen beträchtlichen Schadstoffausstoß verursacht. Um 5.00 Uhr fahren die Lkw fast zeitgleich von ihren Abstellplätzen los, nachdem sie ihre Motoren ungefähr 10 Minuten laufen ließen. Dies ist aus sicherheitstechnischen Gründen notwendig, da vorher die Luftdruckbremsanlage eines Lkw nicht betriebsbereit ist. Es ist wissenschaftlich belegbar, dass die Motoren in dieser Kaltlaufphase einen erhöhten Schadstoffausstoß produzieren. Das zeitgleiche Losfahren nach Ende der Fahrverbotsphase hat auch gezeigt, dass es in den Morgenstunden zu größeren Stauphasen kommt, bei denen die Umweltbelastung und auch das Unfallrisiko steigt."

Im Übrigen führe das Nachtfahrverbot - da die Unternehmer ihre Terminvereinbarungen nicht mehr erfüllen könnten (die gesamte Disposition baue auf der Verkehrssitte auf, dass im internationalen Güterverkehr die ersten Ladestellen bereits in den montäglichen Morgenstunden angefahren werden) - zu enormen Schäden bei den heimischen Betrieben und habe dementsprechend auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.

3.1.2. Dem hält die belangte Behörde entgegen, dass es nicht den Gegebenheiten entspreche, dass auf Grund des Nachtfahrverbots sämtliche Transportfahrzeuge, die das Sanierungsgebiet bislang während der Nacht durchfahren haben, jetzt am Rand desselben einen Stopp einlegen und nach Ende des tageszeitlichen Fahrverbots gemeinsam losfahren und damit einen kurzfristigen konzentrierten Schadstoffausstoß im betreffenden Gebiet verursachen:

"Tatsache ist vielmehr und gebieten dies schon wirtschaftliche Überlegungen, dass das Nachtfahrverbot zu einer Änderung der Fahrtenplanung geführt hat bzw. führt, Transportfahrten in aller Regel also so angesetzt werden, dass das Sanierungsgebiet erst außerhalb des tageszeitlichen Nachtfahrverbotes erreicht wird. Das Laufenlassen des Motors am Stand unterliegt außerdem rechtlichen Schranken (vgl. insbesondere §102 Abs4 KFG)."

Ebenfalls könnten die Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf nachteilige Auswirkungen des Nachtfahrverbots für ihren Geschäftsbetrieb keine Gesetzwidrigkeit der Verordnung aufzeigen. Die Anordnung der Verkehrsbeschränkungen stelle eine notwendige Maßnahme zur nachhaltigen Reduktion der Schadstoffbelastung der Luft dar. Dem Landeshauptmann als Verordnungsgeber komme in diesem Zusammenhang kein Ermessensspielraum zu; dieser sei auf Grund der Bestimmungen des IG-L zu einem entsprechenden Vorgehen verpflichtet.

3.2.1 Des Weiteren behaupten diese Beschwerdeführer eine Unvereinbarkeit der 1. LKW-Nachtfahrverbotsverordnung mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht:

Die Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol greife in die im Primärrecht verankerte Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit ein. Ein Eingriff in diese Grundfreiheiten sei nur zur Erreichung eines gemeinschaftsrechtlich anerkannten öffentlichen Interesses zulässig. Nach der Judikatur des EuGH müsse der Eingriff jedoch zum Schutz des öffentlichen Interesses erforderlich, geeignet und verhältnismäßig sein und dürfe keine unzulässige Diskriminierung von Waren oder Bürgern der anderen EU-Mitgliedstaaten herbeiführen, was jedoch bei der 1. LKW-Nachtfahrverbotsverordnung der Fall sei.

Der zwischen Österreich und der Europäischen Union abgeschlossene Transitvertrag regele im Art11 den Schutz der Transitregion vor der übermäßigen Immissionsbelastung durch den Straßenschwerverkehr in Form des Ökopunktesystems, wonach die Gesamtemissionen der Stickstoffoxide bis 2003 um 60 % reduziert werden sollten. Während der Gültigkeit dieses Vertrages bestehe demnach kein Raum für nationale Luftreinhaltenormen. Die angefochtene Verordnung könne daher frühestens nach Ablauf des Transitvertrages in Kraft treten.

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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