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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art137 / ord RechtswegLeitsatz
Zurückweisung der Klagen von Mobilfunk-Betreibern auf Ausstellung einer umsatzsteuergerechten, zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung über erfolgte Frequenzzuteilungen mangels Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes; Geltendmachung im ordentlichen Rechtsweg erforderlichSpruch
Die Klagen werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die klagenden Parteien sind Mobilfunk-Betreiber und bekamen mit 20. November 2000 Frequenzen für Mobilfunksysteme der dritten Generation (UMTS/IMT-2000) bzw. (betreffend die Partei in dem zu A13/03 protokollierten Verfahren) mit 3. Mai 1999 GSM-Frequenzen (DCS-1800-Kanäle) bzw. (betreffend die Partei in dem zu A18/03 protokollierten Verfahren) mit 7. Februar 2000 TETRA-Frequenzen bzw. (betreffend die Partei in dem zu A4/04 protokollierten Verfahren) mit 16. Februar 2001 WLL-Frequenzen jeweils von der Telekom-Control-Kommission (Telekom-Control GmbH) zugeteilt. Gleichzeitig wurde für die klagenden Parteien das Frequenznutzungsentgelt in bestimmter Höhe festgesetzt. Nach Ansicht der klagenden Parteien stellt diese Frequenzzuteilung eine der Umsatzsteuer unterliegende Leistung dar, was sich sowohl aus den einschlägigen Bestimmungen des EG-Rechts als auch aus dem österreichischen Umsatzsteuerrecht ergebe.
2. Die klagenden Parteien begehren vom Bund die Ausstellung einer umsatzsteuergerechten, zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung iSd §11 UStG über die erfolgten Frequenzzuteilungen.
3. Die klagenden Parteien, die auch bei den Zivilgerichten entsprechende Klagen eingebracht haben, begründen die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art137 B-VG wie folgt: §11 Abs1 UStG schaffe einen Anspruch auf Rechnungslegung, der ohne Zweifel einen vermögensrechtlichen Anspruch darstelle. Der Anspruch auf Rechnungslegung bzw. die damit angestrebte Rechnung sei nämlich zwingende Voraussetzung für die Geltendmachung des (auf Geld gerichteten) Vorsteuerabzuges und daher mit diesem Geldanspruch untrennbar verbunden. Dieser Anspruch sei im Regelfall ein zivilrechtlicher Anspruch und damit vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen. Allerdings stehe nach der zivilgerichtlichen Judikatur der Zivilrechtsweg zur Durchsetzung von Nebenansprüchen - zu denen auch der Rechnungslegungsanspruch gezählt werden könnte - dann nicht offen, wenn das dem Nebenanspruch zugrundeliegende (Haupt-)Rechtsverhältnis - anders als im Regelfall des umsatzsteuerlichen Leistungsverkehrs - nicht zivilrechtlicher, sondern öffentlichrechtlicher Natur sei. Es sei denkbar, daß diese Frequenzzuteilung einen Hoheitsakt der beklagten Partei darstelle. Für die Erlangung einer umsatzsteuergerechten Rechnung stehe der Verwaltungsweg nicht offen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche (u.a.) gegen den Bund, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
2. Die klagenden Parteien begehren die Ausstellung einer Rechnung gemäß §11 UStG vom Bund.
§11 Abs1 UStG, BGBl. 663/1994, lautet in der für den Streitfall maßgebenden Fassung (vor der Novelle BGBl. I 132/2002) auszugsweise:
"Führt der Unternehmer steuerpflichtige Lieferungen oder steuerpflichtige sonstige Leistungen aus, so ist er berechtigt und, soweit er die Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausführt, auf Verlangen des anderen verpflichtet, Rechnungen auszustellen, in denen die Steuer gesondert ausgewiesen ist. Diese Rechnungen müssen - soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist - die folgenden Angaben enthalten:
..."
Nach §12 Abs1 leg.cit. kann der Unternehmer Vorsteuerbeträge grundsätzlich nur abziehen, wenn sie von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§11 leg.cit.) an ihn gesondert ausgewiesen sind. Da das Recht auf Vorsteuerabzug (oder -erstattung) somit erst durch die umsatzsteuergerechte Rechnung vermittelt wird, ist der geltend gemachte Anspruch vermögensrechtlicher Natur.
3. Der geltend gemachte Anspruch ist nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen. Die Verpflichtung des leistenden Unternehmers zur Rechnungserteilung besteht in der hier maßgebenden Fassung des §11 Abs1 UStG (nur) gegenüber dem Leistungsempfänger (arg. "auf Verlangen des anderen"). Sie beruht nicht auf der (öffentlichrechtlichen) Beziehung des Steuerpflichtigen zur (Abgaben)Behörde.
4. Ein vermögensrechtlicher Anspruch gegenüber dem Bund ist jedenfalls dann in einer die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art137 B-VG ausschließenden Weise im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, wenn sich die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch aus §1 JN herleiten läßt (z.B. VfSlg. 12.049/1989). Für die Zuordnung eines Rechtsanspruchs zu den "bürgerlichen Rechtssachen" und die daraus folgende Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gemäß §1 JN ist maßgeblich, ob die Rechtsordnung die betreffenden Rechtsverhältnisse einem privatrechtlichen Regime unterworfen hat (vgl. VfSlg. 12.049/1989).
Der mit "Vollziehung" überschriebene §31 UStG betraut in seinem Abs2 mit der Vollziehung (u.a.) des §11 UStG, "sofern es sich um zivilrechtliche Bestimmungen handelt", den Bundesminister für Justiz. In den Materialien zum UStG 1972 (145 BlgNR, 13. GP, 34), dessen §11 in dem hier relevanten Teil die gleiche Bestimmung enthielt, wird dazu wörtlich folgendes ausgeführt:
"Diese Vorschrift enthält auch zivilrechtliche Bestimmungen. Der Leistungsempfänger wird durch Abs1 berechtigt, für steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen in der Rechnung die gesonderte Ausweisung der Steuer zu verlangen; ... §31 Abs2 sieht daher auch vor, daß bezüglich der zivilrechtlichen Bestimmungen des §11 der Bundesminister für Justiz mit der Vollziehung betraut ist."
Auch der Oberste Gerichtshof geht in ständiger Judikatur davon aus, daß die sich aus §11 Abs1 UStG ergebende Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung mit Steuerausweis zivilrechtlichen Charakter hat und daher im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen ist (z.B. Urteile vom 18. Dezember 1975, 6 Ob 142/75; 26. Juni 1979, 4 Ob 510/79; 15. Juni 1982, 5 Ob 28/82). Diese Meinung wird auch einhellig vom Fachschrifttum vertreten (z.B. Dorazil/Frühwald/Hock/Mayer/Paukowitsch, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz 1972, Wien 1974, Anm. 1 zu I/§11, 143; Kranich/Siegl/Waba/Scheiner/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Wien 1996, §11 Anm. 36; Kolacny/Mayer, UStG 1994², Wien 1997, §11 Anm. 28; Ruppe, Umsatzsteuergesetz 1994 - Kommentar², Wien 1999, §11 Tz 15; für Deutschland statt aller Widmann in Plückebaum/Malitzky, Umsatzsteuergesetz10, Köln, §14 Rz 70 ff.; zum hier vorliegenden Fall der Frequenzzuteilung überdies Lichtenberger/Ruhle, UMTS und Umsatzsteuer, ecolex 2002, 277 ff., 280, und Bürgler/Hübner, Umsatzsteuerpflicht von UMTS-Lizenzen?, SWK 2003, 305 ff., 307).
Konstitutive Bedeutung kommt dabei dem §11 UStG offenbar nur in jenen Fällen zu, in denen sich - wie dies anscheinend auch im Streitfall zutrifft - die Verpflichtung zur Rechnungslegung nicht bereits als (zivilrechtliche) Nebenverpflichtung aus dem der Leistung zugrundeliegenden Geschäft ergibt, somit insbesondere dann, wenn die Leistung nicht auf vertraglicher Grundlage beruht (Ruppe, aaO, §11 Tz 16). Auch in diesen Fällen wird der Anspruch auf Rechnungserteilung von der Kommentarliteratur als zivilrechtlicher qualifiziert (Stadie in Rau/Dürrwächter, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz8, Köln, §14 Rz 141). Damit stimmt die Judikatur des Obersten Gerichtshofes überein, der eine zivilrechtliche Verpflichtung nach §11 Abs1 UStG auch in Fällen bejaht, in denen die Verpflichtung zur Rechnungslegung nicht schon als Nebenverpflichtung aus dem zugrundeliegenden Vertrag abgeleitet werden konnte (so etwa im Fall der Zwangsversteigerung: Urteil vom 26. Juni 1979, 4 Ob 510/79).
5. Ist aber davon auszugehen, daß §11 Abs1 UStG eine - vom Grundgeschäft losgelöste - Verpflichtung zur Rechnungsausstellung normiert, die zivilrechtlichen Charakter hat, dann sind die Ansprüche der klagenden Parteien im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen, weshalb der Verfassungsgerichtshof gemäß Art137 B-VG nicht zuständig ist, über die Klagen zu entscheiden. Diese waren sohin zurückzuweisen.
III. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
Schlagworte
Umsatzsteuer, Rechnung, VfGH / KlagenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:A12.2003Dokumentnummer
JFT_09959774_03A00012_00