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10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §85 Abs2 / "Vollzug"Spruch
Dem in der Beschwerdesache der GWT, ..., vertreten durch die Rechtsanwälte OEG, ..., gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 27. Jänner 2004, Z E VNP/07/2003.007/007, gestellten Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird gemäß §85 Abs2 und 4 VfGG F o l g e gegeben.
Begründung
Begründung:
1. Mit einer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wendet sich die beschwerdeführende Gesellschaft gegen einen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland (UVS), mit dem in einem Vergabeverfahren eines Wasserleitungsverbandes zur Beschaffung der maschinellen und elektrischen Ausrüstung des Bedienungshauses "Brunnenanlage Baumgarten" über Antrag einer übergangenen Bietergemeinschaft die an sie ergangene Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärt wurde.
In der Beschwerde wird auch der Antrag gestellt, ihr die aufschiebende Wirkung gemäß §85 Abs2 VfGG zuzuerkennen: Dem würden zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen. Unmittelbar nach Erlassung des angefochtenen Bescheides habe der Auftraggeber der beschwerdeführenden Gesellschaft mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihr Angebot auszuscheiden und den Zuschlag an mitbietende Gesellschaften zu erteilen. Eine solche Zuschlagserteilung würde für die beschwerdeführende Gesellschaft als zunächst evaluierter Bestbieterin nicht nur den Verlust eines bedeutenden Referenzprojektes, sondern auch sämtlicher bisheriger Aufwendungen im Vergabeverfahren nach sich ziehen. Daraus drohe ihr ein - im Antrag näher dargelegter - erheblicher Schaden.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat sowohl die belangte Behörde als auch den auftraggebenden Wasserleitungsverband sowie zwei mitbeteiligte Parteien eingeladen, zu diesem Antrag Stellung zu nehmen.
Der auftraggebende Wasserleitungsverband sowie die beiden mitbeteiligten Parteien haben eine Äußerung erstattet, in der sie dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegentreten: Die mitbeteiligten Parteien bestreiten dabei in erster Linie die Vollzugsfähigkeit des angefochtenen Bescheides; mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides wäre für die beschwerdeführende Gesellschaft auch kein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden.
Der auftraggebende Wasserleitungsverband verweist in seiner Äußerung darauf, dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen würden: Durch weitere Bauverzögerungen wäre - wie im Einzelnen dargelegt wird - die Wasserversorgung in Spitzenzeiten gefährdet; auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen sei eine zügige Beauftragung dringend geboten.
3. a) Gemäß §85 Abs2 VfGG hat der Verfassungsgerichtshof über Antrag des Beschwerdeführers einer Beschwerde mit Beschluss aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
b) Der Verfassungsgerichtshof übersieht nicht, dass das Bundesvergabegesetz 2002 einem durch Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung in Aussicht genommenen Bieter keinen Rechtsanspruch auf tatsächliche Erteilung des Zuschlags einräumt (vgl. §20 Z42 BVergG, der die Zuschlagsentscheidung als "nicht verbindliche Absichtserklärung" definiert). Der angefochtene Bescheid entfaltet diesem Bieter gegenüber aber dennoch insofern einem Vollzug im Sinne des §85 Abs2 VfGG zugängliche Wirkungen, als er auf die vergabeverfahrensrechtliche Stellung des Bieters unmittelbare Auswirkung zeitigt: es wäre dem Auftraggeber nämlich ohne Gewährung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls untersagt, der beschwerdeführenden Gesellschaft den Zuschlag zu erteilen.
Im zugrunde liegenden Vergabeverfahren wurde die beschwerdeführende Gesellschaft (zunächst) als Bestbieterin evaluiert. Der "Vollzug" des angefochtenen Bescheides würde unweigerlich die Vergabe des in Rede stehenden Auftrags an einen anderen, nachgereihten Bieter nach sich ziehen. Die Angaben der beschwerdeführenden Gesellschaft, dass dies für sie den Verlust eines wichtigen Referenzprojektes - und sohin einen unverhältnismäßigen Nachteil - bedeute, erscheint dem Verfassungsgerichtshof ebenso nachvollziehbar wie der von ihr zu gewärtigende frustrierte Aufwand zur Erstellung des Angebots und zur Teilnahme am Vergabeverfahren. Aus dem Bescheid sind auch Dritten keine demgegenüber durchschlagenden Rechte erwachsen.
Die vom vergebenden Wasserleitungsverband dagegen ins Treffen geführten öffentlichen Interessen an einer raschen Beauftragung wegen ansonsten zu gewärtigender Versorgungsprobleme können demgegenüber nicht ausschlaggebend sein: Der angefochtene Bescheid erklärt (bloß) die an die beschwerdeführende Gesellschaft abgegebene - aber gemäß §20 Z42 BVergG 2002 unverbindliche - Zuschlagsentscheidung für nichtig. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat - entgegen der Auffassung des auftraggebenden Wasserleitungsverbandes - aber nicht zur Folge, dass die ausgeschriebene Leistung nicht vergeben werden kann, sondern bewirkt, dass die an die beschwerdeführende Gesellschaft abgegebene Zuschlagsentscheidung nicht als nichtig erklärt gilt. Vorbehaltlich zwischenzeitig ergangener (Provisorial-)Entscheidungen der Nachprüfungsbehörde hindert sie den Auftraggeber aber nicht, unter Beachtung vergabeverfahrensrechtlicher Vorschriften einen Zuschlag zu erteilen; dabei könnte auch das Angebot der beschwerdeführenden Gesellschaft Berücksichtigung finden.
Schlagworte
VfGH / Wirkung aufschiebendeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B239.2004Dokumentnummer
JFT_09959692_04B00239_00