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10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §33Leitsatz
Keine Stattgabe eines Wiedereinsetzungsantrags mangels Glaubhaftmachung von WiedereinsetzungsgründenSpruch
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird keine Folge gegeben.
Begründung
Begründung:
I. 1.1. Der Einschreiter brachte beim Verwaltungsgerichtshof am 30. Juli 2003 einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gegen einen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (UVS) vom 16. Mai 2003, Z UVS-03/P/52/3525/2002-3, ein. Der Antrag wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 2003, VH 2003/02/0054-4, abgewiesen.
1.2. Mit Beschluß vom 7. November 2003, B1440/03, wies der Verfassungsgerichtshof einen Antrag des Einschreiters auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen den in Punkt 1.1. genannten Bescheid des UVS Wien wegen Aussichtslosigkeit infolge Versäumung der für die Beschwerdeerhebung an den Verfassungsgerichtshof maßgeblichen sechswöchigen Beschwerdefrist ab. (Die Beschwerdefrist gegen den Bescheid des UVS war am 30. Juli 2003 abgelaufen, der Verfahrenshilfeantrag wurde beim Verfassungsgerichtshof erst am 28. Oktober 2003 persönlich eingebracht.)
2.1. Der Einschreiter begehrt nunmehr mit dem am 24. November 2003 beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Schriftsatz die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist. Zur Begründung des Antrages wird ausgeführt, daß ihm angeblich vom "Kanzleipersonal" des Verwaltungsgerichtshofs zugesichert worden sei, einen an den Verwaltungsgerichtshof adressierten Verfahrenshilfeantrag zur Beschwerdeerhebung gegen den Bescheid des UVS vom 16. Mai 2003 auch an den Verfassungsgerichtshof weiterzuleiten. Dazu führte er in seinem Antrag aus:
"Als ich am 18.06.2003 den Bescheid des UVS erhielt dauerte es sehr lange, bis ich über die Möglichkeit eines Ansuchens um Verfahrenshilfe Kenntnis erlangte. Ich konnte jedoch am 30. Juli 2003 fristgerecht einreichen. Bei der Einreichung erhielt ich von der Kanzlei das Antragsformular, welches ich vor Ort ausfüllte! Auf Befragung des Kanzleipersonals, dass ich diesen Antrag gemäß Bescheid beim Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof einbringen muss ..., wurde mir versichert, dass der Antrag kopiert wird und auch an den Verfassungsgerichtshof weitergeleitet werden wird. Der Stempel über die Übernahme meines Antrages bestätigte für mich ... durch den Stempel, dass bei beiden eingereicht wurde. Für mich ist es daher vollkommen unverständlich warum mein Antrag zurückgewiesen wird. Wenn ich von der Kanzlei des Verwaltungsgerichtshofes derart informiert worden bin und ich zu Recht angenommen habe, dass der Antrag an beide Gerichtshöfe eingereicht wurde!!
Dieser Irrtum war für mich bis nach dem Negativen Bescheid des Verwaltungsgerichtshofes ... Zl. VH 2003/02/0054-4 aufrecht. Da aber nunmehr die Annahme war, wieder 6 Wochen Frist zu haben, erkundigte ich mich bei mehreren Stellen, wo denn nun der Akt verblieben sei und wer diesen denn bearbeiten würde. Ich ließ mir den Akt von der VwGH Kanzlei kopieren und brachte ihn selbst zum Verfassungsgerichtshof (28. Okt. 2003)."
2.2. Auf Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Februar 2004, binnen zwei Wochen glaubhaft darzulegen, zu welchem (genauen) Zeitpunkt der Irrtum des Einschreiters über die Einbringung des Verfahrenshilfeantrages auch beim Verfassungsgerichtshof wegfiel, teilte der Einschreiter mit, daß ihm der Irrtum erst in der
"47. Woche" 2003 durch zwei Telefonate mit einem verfassungsrechtlichen Mitarbeiter des Verfassungsgerichtshofes auffiel. Am Montag der darauffolgenden Woche (am 24. November 2003) habe er den Antrag auf Wiedereinsetzung beim Verfassungsgerichtshof rechtzeitig eingebracht.
2.3. Der Verfassungsgerichtshof brachte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch dem Verwaltungsgerichtshof zur Kenntnis. Das Präsidium des Verwaltungsgerichtshofes nahm dazu wie folgt Stellung:
"Laut Auskunft des Leiters der hg. Eingangsstelle, FOI Ernst D, seien die konkreten Umstände der Einbringung des oben angeführten Verfahrenshilfeantrages auf Grund des seither verstrichenen Zeitraumes und im Hinblick auf die große Anzahl persönlich eingebrachter Anträge nicht mehr erinnerlich; auch lässt sich nicht (mehr) feststellen, durch welche/n der Bediensteten der Eingangsstelle (neben FOI D die Vertragsbediensteten Helga B und Brigitte H) das Einlangen des Antrages am Verwaltungsgerichtshof durch die Anbringung des Eingangsstempels vom 30. Juli 2003 bestätigt wurde.
Zugleich teilte FOI D mit, dass die im Wiedereinsetzungsantrag zur dg. Zahl B1440/03 gemachten Angaben über angebliche Modalitäten und Auskünfte anlässlich der Einbringung des Verfahrenshilfeantrages in der Eingangsstelle des VwGH nicht mit den dort herrschenden Dienstanweisungen in Einklang stehen: Die schon anlässlich der Einschulung neuer Mitarbeiter in der Eingangsstelle erteilte Dienstanweisung gehe vielmehr dahin, Antragsteller im Falle der gleichzeitigen Einbringung von Verfahrenshilfeanträgen zur beabsichtigten Bekämpfung des selben Bescheides beim Verfassungsgerichtshof und beim Verwaltungsgerichtshof jedenfalls auf das Erfordernis zweier separater und jeweils eigenhändig unterfertigter Antragsformulare hinzuweisen; lege ein Antragsteller kein bereits formularmäßig an den Verfassungsgerichtshof adressiertes Antragsformular vor, so werde ein (weiteres) Antragsformular des Verwaltungsgerichtshofes mit dem Hinweis ausgehändigt, dass dieses ebenso vollständig auszufüllen und durch eine eigenhändige Korrektur der ersten Textzeile ("Ich stelle an den VERWALTUNGSGERICHTSHOF den A N T R A G ...") an den Verfassungsgerichtshof zu adressieren sei.
Vor dem Hintergrund der für den Bereich der Eingangsstelle geltenden Dienstanweisungen wie auch der dort regelmäßig geübten Praxis könne daher keineswegs angenommen werden, dass im konkreten Fall zugesagt worden sei, eine bloße Kopie des an den Verwaltungsgerichtshof adressierten Verfahrenshilfeantrages - ohne entsprechender Änderung des Adressaten und ohne Unterfertigung durch den Antragsteller - an den Verfassungsgerichtshof weiterzuleiten."
3. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Antrag erwogen:
3.1. Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden.
Da das VfGG die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. Nr. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte.
Nach §149 Abs1 ZPO iVm. §274 ZPO hat die Partei, welche die Wiedereinsetzung beantragt, alle die den Wiedereinsetzungsantrag begründenden Umstände glaubhaft darzulegen und die Mittel zu ihrer Glaubhaftmachung anzuführen. Ziel der Glaubhaftmachung ist, beim Richter die Überzeugung der Wahrscheinlichkeit einer Tatsache hervorzurufen.
3.2. Dem Antragsteller ist es nicht gelungen, glaubhaft darzulegen, daß ihm Beamte des Verwaltungsgerichtshofes zugesichert hätten, den ursprünglich nur an den Verwaltungsgerichtshof adressierten Verfahrenshilfeantrag rechtzeitig an den Verfassungsgerichtshof weiterzuleiten, steht doch dieses Vorbringen im offenen Widerspruch zur regelmäßig geübten Praxis des Verwaltungsgerichtshofes. Im übrigen wirft er den ihm damals Auskunft gebenden Beamten damit vor, ihm gegenüber geäußerte Zusicherungen nicht eingehalten zu haben. Auch dies ist nicht sehr wahrscheinlich - würden doch derartige Zusicherungen, sollten sie tatsächlich erfolgt sein, gegen die Dienstanweisungen dieser Beamten verstoßen.
Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.
4. Dieser Beschluß konnte gemäß §33 zweiter Satz VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
VfGH / WiedereinsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B1586.2003Dokumentnummer
JFT_09959690_03B01586_00