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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
ABGB §6;Rechtssatz
Für Bescheide sind die für Gesetze zu beachtenden Auslegungsregeln analog heranzuziehen. Auch Bescheide haben, wie Gesetze, normativen Charakter, wenn auch (zum Unterschied von Gesetzen) nur in bestimmten einzelnen Angelegenheiten der Verwaltung gegenüber individuell bestimmten Personen, während das Vorliegen eines Vertrages den übereinstimmenden Willen mindestens zweier Personen auf die Weise, daß eine von ihnen ein Versprechen abgibt und die andere von ihr dieses annimmt, voraussetzt (§ 861 ABGB). Erläßt eine Behörde im Rahmen der Hoheitsverwaltung einen Bescheid, so stellt dies dagegen eine behördliche Erledigung dar, durch die in einer förmlichen und der Rechtskraft fähigen Weise über Rechtsverhältnisse in materiellrechtlicher oder verfahrensrechtlicher Art abgesprochen wird, sei es, daß bestehende Rechtsverhältnisse festgestellt oder neue Rechtsverhältnisse gestaltet werden. Die durch einen Bescheid zum Ausdruck gebrachte Willensäußerung einer Behörde verkörpert einen individuellen Rechtssatz. Der Bescheid bildet eine neue Rechtsgrundlage für Rechte und Pflichten und hat Normqualität. Damit stehen Bescheide Gesetzen (im materiellen Sinne) viel näher als privatrechtlichen Verträgen, sodaß es angebracht scheint, die Auslegung von Bescheiden nach den Grundsätzen des § 6 und des § 7 ABGB vorzunehmen (Hinweis E 17.6.1980, 3514/78, VwSlg 10163 A/1980).
Schlagworte
Bescheidbegriff Bescheidcharakter DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990050033.X02Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
06.08.2009