TE Vfgh Beschluss 2004/4/22 A6/04

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.04.2004
beobachten
merken

Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art137 / Allg
VolksgruppenG
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags zur Erhebung einer Staatshaftungsklage wegen Missachtung der Bestimmungen des Volksgruppengesetzes durch den OGH und den VwGH als aussichtslos

Spruch

Der Antrag des G P, ..., auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Klage gegen den Bund ("Staatshaftung") wird a b g e w i e s e n .

Begründung

Begründung:

1. Der Einschreiter - nach eigenen Angaben österreichischer und ungarischer Doppelstaatsbürger mit Muttersprache Ungarisch - befindet sich in Strafhaft. Mit Schreiben vom 27. Februar 2004 erhebt er den Vorwurf, der Oberste Gerichtshof sowie der Verwaltungsgerichtshof hätten - in näher bezeichneten Verfahren - sein sich aus dem Volksgruppengesetz ergebendes Recht auf Gebrauch der ungarischen Sprache "nicht berücksichtigt". Der Einschreiter beantragt Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Klage, um den ihm durch die betreffenden Entscheidungen der beiden Höchstgerichte entstandenen - vom Einschreiter jedoch nicht bezifferbaren - Schaden "im Wege der Staatshaftung" geltend zu machen sowie um "festzustellen, ob [er] als Mehrfachstaatsbürger als Inländer oder als Ausländer, als Österreicher oder als Ungar zu gelten habe, falls strafgesetzliche Normen unterschiedliche Folgewirkungen betreffend Nationalität setzen bzw ob diese einfachgesetzlich geregelten Unterscheidungen (§64 Abs1 Z7 StGB versus §65 Abs2 StGB) EU- bzw. menschenrechtskonform sind".

2. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind zum Ersatz jener Schäden verpflichtet, die den Bürgern durch - den Mitgliedstaaten zurechenbare - "qualifizierte Verstöße" gegen das Gemeinschaftsrecht entstanden sind, und zwar auch dann, wenn die behaupteten Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht einem Höchstgericht eines Mitgliedstaates anzulasten sind (vgl. EuGH 30. September 2003, Rs C-224/01, Köbler, Rz 30 ff). Zur Entscheidung über Klagen, mit denen solche Ansprüche aus behaupteterweise in Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht stehenden Entscheidungen von Höchstgerichten geltend gemacht werden, ist gemäß Art137 B-VG der Verfassungsgerichtshof berufen (vgl. VfGH 10. Oktober 2003, A36/00; 12. Dezember 2003, A2/01).

3. Ein Staatshaftungsanspruch setzt somit jedenfalls einen Verstoß gegen eine Norm des Gemeinschaftsrechtes voraus. Eine Missachtung der Bestimmungen des Volksgruppengesetzes - wie sie den eingangs genannten Höchstgerichten vom Antragsteller vorgeworfen wird - kann daher einen solchen Anspruch nicht entstehen lassen. Das Gemeinschaftsrecht enthält auch keine dem Volksgruppengesetz vergleichbaren Gewährleistungen.

Die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung durch Erhebung einer Klage an den Verfassungsgerichtshof erscheint daher als offenbar aussichtslos.

Da die Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) somit nicht gegeben sind, war der Antrag abzuweisen.

Schlagworte

Amtshaftung, VfGH / Klagen, VfGH / Verfahrenshilfe, Staatshaftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:A6.2004

Dokumentnummer

JFT_09959578_04A00006_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten