TE Vfgh Beschluss 2004/6/8 V14/04

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Veröffentlicht am 08.06.2004
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Plandokument Nr 7550 und Nr 7547. Beschluss des Wr Gemeinderates vom 23.05.03
VfGG §57 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung der Individualanträge auf Aufhebung von Wiener Plandokumenten hinsichtlich der Widmung von Grundflächen als Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel mangels Darlegung konkreter Bauabsichten in Bezug auf einen bestimmten Bereich

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Antragsteller begehren gemäß Art139 B-VG die Aufhebung von Teilen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans PD 7550, PR. Zl. 2031 GSV/2003, sowie von Teilen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans PD 7547, PR. Zl. 2028 GSV/03, beide vom Gemeinderat der Stadt Wien beschlossen am 23. Mai 2003.

Die zwei Haupt- und jeweils zahlreichen Eventualanträge sind alle auf die Aufhebung der Flächenwidmung "SWWL (Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel, landwirtschaftliche Nutzung)" und auf die Aufhebung der Festlegung, dass "auf den mit SWWL BB1 bezeichneten Flächen die Errichtung von landwirtschaftlichen Nutzbauten nicht zulässig ist, ausgenommen sind Bauten kleineren Umfanges (Werkzeughütten, Bienenhütten u.Ä.), die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen" gerichtet. Die einzelnen (Eventual-)Anträge beziehen sich auf jeweils verschiedene Bereiche der Plangebiete. Bei der verbalen Abgrenzung dieser Bereiche, die alle in einem insgesamt ca. 20 Hektar großen landwirtschaftlich genutzten Areal liegen, stellen die Antragsteller - da der Plan etwa keine Bezeichnung von Hausnummern aufweist - auf andere Markierungen in den Plänen ab.

2. Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führen die Antragsteller aus, sie seien Eigentümer bzw. Miteigentümer der zahlreichen, im einzelnen angeführten Grundstücke in der Katastralgemeinde Stammersdorf, die insgesamt das angesprochene, ca. 20 Hektar große landwirtschaftlich genutzte Areal bilden. Die Grundstücke seien vor Inkrafttreten der angefochtenen Flächenwidmungspläne zum größten Teil als "Grünland - ländliches Gebiet" und nur in einem kleinen Teil als "Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel" gewidmet gewesen. Die angefochtenen Verordnungen würden eine "gleichheitswidrige Beschränkung der Nutzungsintensität" bedeuten. Die Antragsteller führen weiter aus:

"Die Widmung SWWL gestattet nicht die Errichtung von Gebäuden zu Wohnzwecken und auch nicht die berufsgärtnerische Nutzung [...]. Die Errichtung eines Bauernhofes entlang der Josef Flandorfer Straße im bisherigen ländlichen Gebiet, der sinnvoll wäre um mit dem landwirtschaftlichen Betrieb dem Wohngebiet des Ortskernes und dem Verkehrsaufkommen im Ortsgebiet zu entgehen sowie um eine Wohnmöglichkeit für die herangewachsenen neuen Betriebsinhaber zu erhalten, ist nicht möglich. Auch ist [...] im SWWL mit der besonderen Bebauungsbestimmung BB1 nicht einmal die Errichtung von sinnvollen landwirtschaftlichen oder berufsgärtnerischen Nutzbauten zulässig."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Anträge erwogen:

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzmäßigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).

Bei Beurteilung der Antragslegitimation ist zu untersuchen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (VfSlg. 8060/1977, 8587/1979, 10.593/1985, 11.453/1987).

2. Vor diesem Hintergrund ist nach der ständigen Rechtsprechung (vgl. zuletzt VfGH vom 4. Dezember 2003, V106/03) Folgendes erforderlich: Um einen aktuellen Eingriff in die Rechtssphäre durch die Festlegungen eines Flächenwidmungsplans darzutun, muss der Grundeigentümer konkrete Bauabsichten (VfSlg. 15.144/1998) behaupten, wobei der bloße Hinweis auf eine Beeinträchtigung der künftigen Bebaubarkeit noch keine aktuelle Betroffenheit dartun würde (VfSlg. 11.128/1986). Für den vorliegenden Fall ist hervorzuheben, dass diese Bauabsichten den Bereich betreffen müssen, dessen Widmung bekämpft wird.

Die Antragsteller führen aus, die "Errichtung eines Bauernhofes entlang der Josef Flandorfer Straße im bisherigen ländlichen Gebiet" mit Wohnmöglichkeit wäre aus bestimmten Gründen sinnvoll, aufgrund der neuen Widmung jedoch nicht möglich. Auch sei "im SWWL mit der besonderen Bebauungsbestimmung BB1 nicht einmal die Errichtung von sinnvollen landwirtschaftlichen oder berufsgärtnerischen Nutzbauten zulässig."

Selbst wenn man in diesem Vorbringen die Behauptung der konkreten Absicht, einen Bauernhof zu errichten, sehen würde, wäre nicht klar, in welchem der Bereiche, deren Widmung - durch die zahlreichen Eventualanträge - im einzelnen bekämpft wird, dieser Bauernhof errichtet werden soll. Die Ortsangabe "entlang der Josef Flandorfer Straße im bisherigen ländlichen Gebiet" ermöglicht dem Verfassungsgerichtshof keine eindeutige Zuordnung zu einem dieser Bereiche. Völlig ausgeschlossen ist es, anzunehmen, dass diese Bauabsicht auf das gesamte Areal der Antragsteller - dessen Widmung die Antragsteller in den Hauptanträgen bekämpfen - bezogen ist.

Dasselbe gilt für die - zudem noch weitaus unbestimmter formulierte - Absicht der "Errichtung von sinnvollen landwirtschaftlichen oder berufsgärtnerischen Nutzbauten".

Die Anträge sind daher unzulässig.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:V14.2004

Dokumentnummer

JFT_09959392_04V00014_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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