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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
keine Verletzung im Recht auf Versammlungsfreiheit durch gesetzmäßige gewaltsame Auflösung der Versammlung in der Stopfenreuther Au (mit Hinweis auf VfSlg. 10955/1986); Zuständigkeit der Sicherheitsdirektion für NÖ nach §17 VersG zur Auflösung der Versammlung; Befugnis der Sicherheitsdirektion zu Festnahmen gem. §35 VStG bei auf dem VersG fußenden Amtshandlungen; vertretbare Annahme des Verharrens in einer Verwaltungsübertretung nach §19 VersG - Festnahme in §35 VStG gedeckt; keine Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit; bei einer Festnahme ohne Rechtsgrundlage wäre das Freiheitsrecht, nicht aber das Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter; kein Nachweis dafür, daß der Bf. die Böschung nicht hinuntergestoßen sondern hinuntergeworfen worden ist; keine Verletzung des Art3 MRK; keine Abtretung der Beschwerde an den VwGH, da die bekämpften Amtshandlungen zur Gänze in Vollziehung des VersG erfolgt sindRechtssatz
Keine Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit.
Rechtmäßige Versammlungsauflösung in der Stopfenreuther Au; vertretbare Annahme einer Übertretung des §19 VersG; Festnahme gesetzmäßig.
Der Beschwerdeführer weist selbst darauf hin, daß er der Aufforderung, sich zu entfernen, nicht nachgekommen sei, sich vielmehr immer wieder niedergesetzt habe.
Bereits aus diesem Beschwerdevorbringen ist ersichtlich, daß der den Beschwerdeführer festnehmende Gendarmeriebeamte mit gutem Grund annehmen konnte, der Beschwerdeführer habe eine Verwaltungsübertretung nach §19 VersG 1953 begangen und verharre in der Fortsetzung dieser Straftat, wobei auch die von §35 VStG 1950 vorausgesetzte Betretung auf frischer Tat gegeben war, ebenso die erforderliche Abmahnung.
Zu dem behaupteten Verstoß gegen das Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter genügt der Hinweis, daß bei einer ohne Rechtsgrundlage erfolgten Festnahme nicht dieses, sondern das Freiheitsrecht verletzt wäre.
Der Beschwerdeführer hat bei seiner Vernehmung ausgesagt, mehrfach (vermutlich dreimal) die Böschung hinuntergestoßen worden zu sein. Angesichts der Beweisergebnisse kann der Verfassungsgerichtshof nicht als erwiesen annehmen, daß der Beschwerdeführer - wie in der Beschwerde behauptet - die Böschung hinuntergeworfen worden ist.
Es ist daher nicht zu untersuchen, ob ein Hinunterwerfen des Beschwerdeführers über die Böschung als Verstoß gegen Art3 MRK zu qualifizieren wäre (vgl. hiezu die Ausführungen im Erk. vom heutigen Tag, B45/85). Ein (bloßes) Hinunterstoßen stellt jedoch - wie der Verfassungsgerichtshof in dem einen vergleichbaren Sachverhalt betreffenden E v 16.10.1986, B91/85, festgestellt hat - in Anbetracht der damals gegebenen Situation keine Verletzung des nach Art3 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes dar. Daß das Hinunterstoßen des Beschwerdeführers über die Böschung nicht besonders schwerwiegend gewesen sein kann, wird auch durch die Tatsache illustriert, daß der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben sodann immer wieder über den Hang hinaufgeklettert ist. Im übrigen wird im gegebenen Zusammenhang auf die Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes im erwähnten Erk. B91/85 verwiesen.
Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist abzuweisen, weil die bekämpften behördlichen Maßnahmen anläßlich der gewaltsamen Auflösung einer Versammlung zur Gänze in Vollziehung des VersG 1953 erfolgt sind. Jede Rechtsverletzung auf diesem Gebiet trifft unmittelbar die Verfassung, weil das Versammlungswesen seine Regelung im gemäß Art 149 Abs1 B-VG als VerfassungsG geltenden Art12 StGG findet, weshalb für die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes kein Raum bleibt (siehe zB VfSlg. 9783/1983, S 84).
Schlagworte
Versammlungsrecht, Verwaltungsstrafrecht, Festnehmung, Grundrechte / VfGH / Abtretung, Verwaltungsgerichtshof ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B47.1985Dokumentnummer
JFR_10129773_85B00047_01