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60 ArbeitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Berufungskommission für Heimarbeit ist eine Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG; iS des Art6 MRK keine Bedenken hinsichtlich der Tribunal-Qualität der Kommission; keine Bedenken, va. nicht aus dem Blickwinkel des Gleichheitsrechtes und des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter dagegen, daß den entscheidenden Organen als Beisitzer Organwalter aus den Gruppen der Auftraggeber, der Heimarbeiter, der Zwischenmeister und der Mittelspersonen angehören; keine Bedenken gegen den Heimarbeitstarif, unter Hinweis auf VfSlg. 11165/1986 auch keine Bedenken, daß durch Heimarbeitstarif die Stundenlöhne unverhältnismäßig hoch festgesetzt worden wären; keine Bestimmtheitsbedenken gegen die gesetzliche Grundlage; keine Bedenken gegen §§38 bis 40 leg. cit.; keine Verletzung im Gleichheitsrecht; kein Entzug des gesetzlichen RichtersRechtssatz
Die Berufungskommission für Heimarbeit beim BMsV ist eine Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG (VfSlg. 3574/1959). Ihre Bescheide unterliegen gemäß §40 Abs4 HeimarbeitsG nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Der Instanzenzug ist daher erschöpft.
Festlegung der Mindeststückentgelte für in Heimarbeit gefertigte Spielzeug-, Neujahrs- und Andenkenartikel durch den angefochtenen Bescheid der Berufungskommission für Heimarbeit beim BMsV vom 19.11.1985.
Der Verfassungsgerichtshof hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die den Bescheid tragenden gesetzlichen Grundlagen. Insbesondere bezweifelt er im Hinblick auf die Weisungsfreistellung ihrer Mitglieder und deren auch faktisch bestehende Unabhängigkeit gegenüber anderen Staatsorganen und gegenüber den Verfahrensparteien nicht die Tribunal-Qualität der Berufungskommission für Heimarbeit. Auch hat der Verfassungsgerichtshof unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes, des Grundrechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und anderer verfassungsrechtlicher Regelungen keine Bedenken dagegen, daß den entscheidenden Organen, insbesondere auch der Berufungskommission, als Beisitzer Organwalter aus den Gruppen der Auftraggeber, der Heimarbeiter, der Zwischenmeister und der Mittelspersonen angehören (vgl. auch VfSlg. 5487/1967).
Der Gerichtshof hegt auch keine Bedenken gegen den dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Heimarbeitstarif und sieht sich nicht veranlaßt, ein Verordnungsprüfungsverfahren einzuleiten.
Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß die Frage, ob ein Heimarbeitstarif das Entgelt in angemessener Höhe festlegt, vom Verfassungsgerichtshof im Rahmen eines Verordnungsprüfungsverfahrens überprüfbar ist (vgl. VfSlg. 3573/1959, 5487/1967, E v 6.12.1986, B787/84), weshalb auch gegen die dem Regelungssystem zugrundeliegende gesetzliche Ermächtigung keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Art18 B-VG bestehen. In der Beschwerde wird nun ausgeführt, daß der Stundenlohn von 41 S, der in dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Heimarbeitstarif festgelegt ist (bzw später 44 S), überhöht sei. Dies zeige sich an einem Vergleich mit dem Stundenlohn nach dem Heimarbeitstarif für die nichtqualifizierte Herstellung von kunstgewerblichen Arbeiten, für die ein Mindeststundenlohn von 31,50 S vorgesehen gewesen sei.
Der Verfassungsgerichtshof hat schon in seinem E v 6.12.1986, B787/84, dargelegt, daß der Vergleich verschiedener Heimarbeitstarife miteinander nur bedingt zur Überprüfung der Angemessenheit eines Heimarbeitstarifs geeignet ist, aber in Kombination mit anderen Faktoren als Indiz für die Angemessenheit bzw. Unangemessenheit eines bestimmten Tarifs dienen kann. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aber hat der Verfassungsgerichtshof - angesichts der absoluten Höhe des festgelegten Stundenlohns und seinem Verhältnis zu vergleichbaren Kollektivvertragslöhnen und anderen Heimarbeitstarifen (vgl. dazu die in der eben zitierten Entscheidung vom 6.12.19856 angeführten Heimarbeitstarife) - keine Bedenken, daß durch den in Rede stehenden Heimarbeitstarif die Stundenlöhne unangemessen hoch festgesetzt worden wären.
Keine Bedenken gegen die dem Regelungssystem (§§34 ff HeimarbeitsG) zugrundeliegende gesetzliche Ermächtigung unter dem Gesichtspunkt des Art18 B-VG.
Eine qualifizierte Rechtswidrigkeit sieht die Beschwerde darin, daß die Behörde es unterlassen habe, "vor ihrer Entscheidungsfindung dem Beschwerdeführer mitzuteilen, welcher Sachverhalt nun als erwiesen angenommen wird". Wieso in einem solchen Verhalten eine Verfassungswidrigkeit liegen soll, ist dem Verfassungsgerichtshof unerfindlich.
Auch mit dem Vorbringen, daß die entscheidenden Organe insofern verfassungswidrig zusammengesetzt gewesen wären, als ihnen kein Angehöriger des Erzeugungsgewerbes des Beschwerdeführers und aus der Gruppe der Heimarbeiter nur Gewerkschaftssekretäre angehört hätten, ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Denn die §§38 bis 40 HeimarbeitsG, gegen deren Verfassungsmäßigkeit der Verfassungsgerichtshof auch diesbezüglich keine Bedenken hegt, ermöglichen ihrem Wortlaut und Sinn nach eine Besetzung der entscheidenden Organe dergestalt, daß als Beisitzer aus der Gruppe der Auftraggeber auch Personen tätig werden, die nicht genau in jenem Erwerbszweig tätig sind, in den die zu beurteilende Tätigkeit fällt und daß als Beisitzer aus der Gruppe der Heimarbeiter auch Gewerkschaftssekretäre tätig werden.
Schlagworte
VfGH / Instanzenzugserschöpfung, Arbeitsrecht / Heimarbeit, Verwaltungsverfahren / Ermittlungsverfahren / ParteiengehörEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B49.1986Dokumentnummer
JFR_10129772_86B00049_01