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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Vorschreibung von Gesellschaftsteuer gem. §2 Z1 KapitalverkehrssteuerG für eine Erhöhung des Grundkapitals durch Umwandlung von Teilbeträgen aus der gesetzlichen und der freien Rücklage; keine Bedenken dagegen, daß auch für die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmittels Gesellschaftsteuer vorgeschrieben wird - keine denkunmögliche Gesetzesanwendung, keine Unterstellung eines gleichheitswidrigen Inhaltes; Einbeziehung von Maßnahmen der Kapitalberichtigung, die auf freier Entscheidung beruhen, in die Gesellschaftsteuerpflicht ist nicht verfassungswidrig; keine Bedenken dagegen, daß hier auch Beträge, die schon als Aufgeld der Gesellschaftsteuer unterworfen waren, (nochmals) als gesellschaftsteuerpflichtig qualifiziert werden; keine (verpönte) Doppelbesteuerung derselben Gesellschaftereinlage - derselbe Tatbestand wird durch zwei voneinander unabhängige und zeitlich getrennte Sachverhalte erfüllt; keine Verletzung im Eigentums- und im GleichheitsrechtRechtssatz
Erhöhung des Grundkapitals der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft aus Gesellschaftsmitteln gemäß dem KapitalberichtigungsG (und zwar durch Umwandlung von Teilbeträgen aus der gesetzlichen und der freien Rücklage) - Vorschreibung von Gesellschaftsteuer gemäß §2 Z1 KapitalverkehrsteuerG für diesen Vorgang mit dem angefochtenen Bescheid.
In der Lehre wird - worauf die Beschwerde zu Recht hinweist - die Auffassung vertreten, daß durch die Gesellschaftsteuer die Zufuhr von Eigenkapital an inländische Kapitalgesellschaften besteuert wird (vgl. zB Doralt-Ruppe, Steuerrecht II, 82). Dies trifft regelmäßig auch zu, doch kann der Verfassungsgerichtshof der Behörde unter dem Blickwinkel der von ihm wahrzunehmenden Rechtsverletzungen nicht entgegentreten, wenn sie im vorliegenden Fall auch die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln zum Anlaß einer Vorschreibung von Gesellschaftsteuer gemacht hat. Denn weder hat die Behörde damit die angewendeten gesetzlichen Bestimmungen denkunmöglich angewendet noch hat sie ihnen einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt: Wenn nämlich die belangte Behörde eine Auslegung wählt, die zu einer Besteuerung der Kapitalerhöhung führt, so unterstellt sie dem Gesetz damit keinen verfassungswidrigen Inhalt. Denn es ist dem Gesetzgeber weder durch den Gleichheitsgrundsatz noch durch andere verfassungsrechtliche Bestimmungen an sich verwehrt, auch den Vorgang einer Kapitalerhöhung als solchen zum Anknüpfungspunkt für eine Steuerpflicht zu nehmen und die Kapitalumschichtung innerhalb des Unternehmens einer Gesellschaftsteuer zu unterwerfen. Es kann die Art der Schichtung des Eigenkapitals angesichts der unterschiedlichen Funktionen von Grundkapital und Rücklagen für ein Unternehmen von Bedeutung sein. Wenn in einem solchen Fall ein Unternehmen eine Umschichtung vorzunehmen beabsichtigt, kann es sich dazu unter Abwägung aller Umstände (und eben auch der steuerlichen Konsequenzen) frei entscheiden. Unter diesen Voraussetzungen ist die Einbeziehung von Maßnahmen der Kapitalberichtigung in die Gesellschaftsteuerpflicht nicht verfassungswidrig. In diesem Sinne stützen auch die Materialien die Auslegung der belangte Behörde, da in der Amtlichen Begründung zum KapitalverkehrsteuerG als Ziel dieses Gesetzes ua. auch genannt wird, die "Zusammenballung und Bewegung unpersönlichen (anonymen) Kapitals" zu besteuern (RStBl. 1934, 1460).
Es ist dem Gesetzgeber weder durch den Gleichheitsgrundsatz noch durch andere verfassungsrechtliche Bestimmungen an sich verwehrt, auch den Vorgang einer Kapitalerhöhung als solchen zum Anknüpfungspunkt für eine Steuerpflicht zu nehmen und die Kapitalumschichtung innerhalb des Unternehmens einer Gesellschaftsteuer zu unterwerfen.
Die von der Behörde gewählte Auslegung des KapitalverkehrsteuerG führt dazu, daß auch Beträge, die schon als Aufgeld der Gesellschaftsteuer unterworfen waren, (nochmals) als gesellschaftsteuerpflichtig qualifiziert werden. Aber auch gegen die damit bewirkte (von der beschwerdeführenden Gesellschaft als unsachlich angesehene) Gleichbehandlung von der Gesellschaftsteuer schon unterworfenen und nicht unterworfenen Rücklagen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Behörde hat dem angewendeten Gesetz keinen unsachlichen Inhalt unterstellt, wenn sie Beträge, die schon der Gesellschaftsteuer unterlegen waren, bevor sie der gesetzlichen Rücklage zugeführt wurden, anläßlich der Verwendung zur Kapitalerhöhung neuerlich besteuert hat. Bei diesen Teilbeträgen handelt es sich meist - so auch im vorliegenden Fall - um das Aufgeld, das in der gesetzlichen Rücklage gebunden ist. Die Überführung von Teilen der gesetzlichen Rücklage in das Grundkapital hat für die Gesellschaft regelmäßig andere Auswirkungen als die Kapitalberichtigung aus freien Rücklagen: Da gesetzliche Rücklagen nämlich nur zum Ausgleich von Verlusten verwendet werden dürfen, freie Rücklagen hingegen jederzeit zur Ausschüttung von Dividenden aufgelöst werden können, hat die Verwendung der gesetzlichen Rücklage zur (nominellen) Kapitalerhöhung daher schon deshalb eine teilweise andere wirtschaftliche Funktion als die Verwendung freier Rücklagen zu diesem Zweck. Darüberhinaus bindet die gesetzliche Rücklage das Gesellschaftsvermögen stärker als das Grundkapital selbst, da dieses - anders als die gesetzliche Rücklage - in Fällen des §175 Abs3 AktienG freigesetzt werden kann (vgl. dazu Schiemer, Kommentar zum Aktienrecht2, 540).
Es ist daher für die Gesellschaft auch unter diesen Aspekten relevant, wie ihr Vermögen geschichtet ist, ebenso wie dieser Umstand auch für die Gesellschafter von Bedeutung ist. Dem Gesetz zu unterstellen, eine Umschichtung ("Bewegung") - auch von schon der Gesellschaftsteuer unterlegenen Beträgen - zu besteuern, ist daher an sich nicht unsachlich. Eine Unsachlichkeit könnte allenfalls durch eine exzessive Höhe der Besteuerung des Umschichtungsvorganges bewirkt werden, die in concreto (2 % der Grundkapitalserhöhung) freilich nicht vorliegt.
Vorschreibung von Gesellschaftsteuer gemäß §2 Z1 KapitalverkehrsteuerG für den Vorgang der Erhöhung des Grundkapitals der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft aus Gesellschaftsmitteln (und zwar durch Umwandlung von Teilbeträgen aus der gesetzlichen und der freien Rücklage).
Auch die unter Hinweis auf das E v 14.3.1986, B371/85, verfochtene Behauptung, die Behörde unterstelle dem Gesetz einen verfassungswidrigen Inhalt, weil sie eine doppelte Besteuerung derselben Gesellschaftereinlagen bewirke, ist verfehlt. In dem verwiesenen Fall war der Besteuerungsgegenstand (aber auch der Kreis der Abgabepflichtigen, nicht jedoch die Bestimmungen über die Steuerbemessung) in §1 Abs1 des Gesetzes über die Zinsertragsteuer mit jenem des EinkommensteuerG identisch. Durch einen Sachverhalt wären also gleichzeitig zwei Steuertatbestände verwirklicht, was den Verfassungsgerichtshof veranlaßt hat, in verfassungskonformer Interpretation eine Anrechnungspflicht als gegeben anzunehmen. Im vorliegenden Fall wird durch zwei voneinander unabhängige und zeitlich getrennte Sachverhalte (zB ordentliche und nominelle Kapitalerhöhung) derselbe Tatbestand - nämlich der des §2 Z1 KVG - erfüllt.
Keine denkunmögliche Anwendung des §2 Z1 KapitalverkehrsteuerG bei der Vorschreibung von Gesellschaftsteuer für den Vorgang der Erhöhung des Grundkapitals der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft aus Gesellschaftsmitteln (und zwar durch Umwandlung von Teilbeträgen aus der gesetzlichen und der freien Rücklage).
Schlagworte
Kapitalverkehrsteuer, Zivilrecht, Gesellschaftsrecht, DoppelbesteuerungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B466.1986Dokumentnummer
JFR_10129684_86B00466_01