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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Regelung über die Beibringung von Befunden, die zur Erstattung eines amtsärztlichen Gutachtens erforderlich sind, in §75 KFG 1967 (betreffend das Verfahren bei Einführung der Lenkerberechtigung); Beibringung derartiger Befunde ist Aufgabe der Partei, kein Abweichen vom Kostentragungssystem der §§74 ff AVG 1950; aus der Regelung über die Erbringung von Befunden resultierende Ksotenbelastungen sind eine Folge dieser Verpflichtung; Grundsatz der Selbsttragung der Kosten gilt allgemein, also auch bei einem von amtswegen eingeleiteten Verfahren; Entzug der Lenkerberechtigung allein aus dem Grunde, daß die Verfahrenspartei über keine finanziellen Mittel zur Beibringung der Befunde verfügt - atypischer Härtefall; Regelung bei einer Durchschnittsbetrachtung nicht gleichheitswidrigRechtssatz
Anträge des Verwaltungsgerichtshofes, im ersten Satz des §75 Abs2 KFG 1967 die Wendung "gemäß §67 Abs2" und im zweiten Satz des §75 Abs2 KFG 1967 die Wendung "zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderliche Befunde zu erbringen", als verfassungswidrig aufzuheben.
Der Verfassungsgerichtshof geht mit dem Verwaltungsgerichtshof
davon aus, daß nach der Formulierung der bezughabenden Stellen in
§75 Abs2 zweiter Satz KFG 1967 ("Leistet der Besitzer einer
Lenkerberechtigung ... der Aufforderung, ... erforderliche
Befunde zu erbringen") sowie in §67 Abs2 letzter Satz ("Der
Antragsteller hat die ... erforderlichen besonderen Befunde ...
zu erbringen") die Erstellung und Erbringung derartiger - zur Erstattung des von Amts wegen zu veranlassenden ärztlichen Gutachtens erforderlicher - Befunde nicht Aufgabe der Behörde, sondern der Partei ist.
Keine Bedenken gegen §75 Abs2 KFG 1967, der dem Kostentragungssystem des AVG 1950 entspricht (VfSlg. 9513/1982).
Anträge des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung einiger Worte in §75 Abs2 KFG 1967, die die Partei verpflichten, Befunde auf eigene Kosten beizubringen.
Der Verfassungsgerichtshof kann die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht teilen, wonach die hier bekämpfte Regelung eine Abweichung vom Ordnungssystem des AVG 1950 (Kostentragungsregeln der §§76 ff) darstelle. Das AVG 1950 enthält nämlich nicht nur dieses "Ordnungssystem", sondern auch jenes des §74 Abs1, wonach jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten hat (VfSlg. 9513/1982). Ausschlaggebend ist bei Beurteilung der vom Verwaltungsgerichtshof geäußerten Bedenken, daß die bekämpften Bestimmungen nicht eine Regelung über Kosten, sondern über die Erbringung von Befunden enthalten; die daraus resultierenden Kostenbelastungen sind (bloß) eine Folge dieser Verpflichtung, deren Sachlichkeit auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht angezweifelt wird.
Auch gilt der Grundsatz der Selbsttragung der Kosten nicht nur für das auf Antrag durchzuführende Verfahren zur Erlangung einer öffentlich-rechtlichen Bewilligung, sondern ganz allgemein, also auch bei einem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren (s. Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren I8, S 424, Anmerkung 2 zu §74 AVG 1950, samt Hinweisen auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Dazu kommt, daß ein amtswegiges Verfahren nach §75 KFG 1967 überhaupt nur eingeleitet werden kann, wenn (begründete) Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkerberechtigung noch gegeben sind. Die Entziehung der Lenkerberechtigung kann somit erst nach Rechtskraft eines Bescheides erfolgen, dessen Voraussetzung begründete Bedenken hinsichtlich der Verkehrssicherheit des Betroffenen sind.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Kraftfahrrecht, Verwaltungsverfahren, Ermittlungsverfahren,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:G231.1985Dokumentnummer
JFR_10129684_85G00231_01