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20 Privatrecht allgemeinNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Bescheid der nach der UrhG-Nov. 1980 beim BMfJ eingerichteten Schiedsstelle; Schiedsstelle ist eine Kollegialbehörde "mit richterlichem Einschlag "iSd. Art20 Abs2 B-VG; Erschöpfung des Instanzenzuges; Kollegialbehörden iSd. Art133 Z4 B-VG (Art20 Abs2 B-VG) sind angesichts ihrer gerichtsähnlichen Stellung hinsichtlich der Zusammensetzung zur Durchführung fortgesetzter Verhandlungen denselben strengen Regeln unterworfen wie kollegial besetzte Gerichte: in diesem Verfahrensstadium dürfen ihre Mitglieder nicht mehr ausgewechselt werden; zur (Sach-)Entscheidung sind jene Kommissionsmitglieder berufen, die an der letzten Verhandlung teilgenommen haben; Entzug des gesetzlichen Richters dadurch, daß die Beratung und Beschlußfassung nach Schluß der (letzten) Verhandlung in geänderter Zusammensetzung stattfandRechtssatz
Die Schiedsstelle beim BMJ iS der UrhGNovelle 1980 besteht aus neun Mitgliedern, von denen eines dem Richterstand angehören muß (ArtIII §4 Abs1 UrhGNovelle 1980). Alle Mitglieder des Kollegiums, die vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung für die Dauer von fünf Jahren bestellt werden, sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen und Aufträge gebunden (ArtIII §§4 Abs2, 5 Abs1 UrhGNovelle 1980). Die Schiedsstelle wurde folglich vom Bundesgesetzgeber als Kollegialbehörde iSd Art20 Abs2 B-VG eingerichtet. Ihre Entscheidungen unterliegen kraft ArtIII §11 Abs1 UrhGNovelle 1980 nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg, können jedoch mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden (vgl. VfGH 28.11.1986 B670/86).
Die - gemäß ArtIII §1 Abs1 des BG vom 2.7.1980 (Urheberrechtsgesetznovelle 1980 - UrhGNovelle 1980), BGBl. 1980/321 - beim BMJ eingerichtete Schiedsstelle wurde vom Bundesgesetzgeber als Kollegialbehörde iSd Art20 Abs2 B-VG eingerichtet. Ihre Entscheidungen unterliegen kraft ArtIII §11 Abs1 UrhGNovelle 1980 nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg, können jedoch mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden (vgl. VfGH 28.11.1986 B 670/86).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art83 Abs2 B-VG (auch) durch unrichtige Zusammensetzung einer an sich zuständigen Kollegialbehörde verletzt (VfSlg. 3406/1958, 3752/1960 uam). Daran anknüpfend sprach der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt aus, daß sogenannte "Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag" iSd Art133 Z4 B-VG (Art20 Abs2 B-VG) angesichts ihrer gerichtsähnlichen Stellung in der Frage der Zusammensetzung zur Durchführung fortgesetzter Verhandlungen denselben strengen Regeln wie kollegial besetzte Gerichte unterworfen sind (VfSlg. 4664/1964, 4728/1964; VfGH 28.11.1986 B670/86): Ihre Mitglieder dürfen also jedenfalls in diesem Verfahrensstadium nicht mehr ausgewechselt werden. Das bedeutet zugleich, daß zur (Sach-)Entscheidung (nur) jene Kommissionsmitglieder berufen sind, die an der letzten Verhandlung teilgenommen haben. Eine Auswechslung des einen oder anderen Mitglieds nach Schluß der Verhandlung - bloß zur Mitwirkung an der Entscheidungsfindung - ist jedenfalls unzulässig, also auch dann, wenn nicht in der Verhandlung (s. §44 Abs3 AVG 1950 iVm ArtIII §11 Abs2 UrhGNovelle 1980) oder im Anschluß daran, sondern erst in einer späteren nichtöffentlichen Sitzung entschieden wird (s. VfSlg. 4728/1964).
Unterschiedliche Zusammensetzung der Schiedsstelle iS der Urheberrechtsgesetznovelle 1980 beim BMJ bei der Verhandlung einerseits und bei der Entscheidungsfindung andererseits - Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.
Die belangte Behörde räumte selbst ein, daß sie im vorliegenden Administrativverfahren zuletzt am 13.8.1986 (in Anwesenheit der Parteienvertreter) verhandelt und (erst) am 17.10.1986 in nicht-öffentlicher Sitzung, und zwar in geänderter Zusammensetzung - an die Stelle des Ersatzmitgliedes Dkfm. I N war das Ersatzmitglied DDr. H K getreten -, entschieden habe (s. Verhandlungsschrift vom 13.8.1986 und Beratungsprotokoll vom 17.10.1986): Demnach steht fest, daß die Beratung und die Beschlußfassung nach Schluß der (letzten) Verhandlung in - unzulässig - geänderter Zusammensetzung stattfanden. Daran vermag
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da am 13.8.1986 unter Mitwirkung der Parteien verhandelt wurde
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entgegen der Rechtsauffassung der Schiedskommission auch nichts zu ändern, daß die Entscheidung (nach Darstellung in der Gegenschrift) bloß "auf Grund der Aktenlage" ergangen sein soll.
Daraus folgt, daß die hier entscheidende Kollegialbehörde in unrichtiger personeller Besetzung einschritt.
Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Schlagworte
Urheberrecht, KollegialbehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B1288.1986Dokumentnummer
JFR_10129388_86B01288_01