RS Vfgh 1987/6/12 B84/85

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Veröffentlicht am 12.06.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/11 Vereins- und Versammlungsrecht

Norm

MRK Art3
VfGG §88

Leitsatz

Gem. §17 VersammlungsG zuständige Sicherheitsdirektion zum Einsatz physischer Gewalt zur Durchsetzung der Auflösung der Versammlung in der Stopfenreuther Au befugt; Versetzen von Schlägen mit dem Gummiknüppel auf den liegenden Bf., Tritte, sowie Würgen am Hals mittels einer Fahne - keinesfalls maßhaltende Vorgangsweise; offenkundige Mißhandlungsabsicht; Verstoß gegen Art3 MRK; Obsiegen des Bf. zu zwei Drittel; Zuspruch eines Drittels der ihm im Falle des gänzlichen Obsiegens zugestandenen Kosten gem. §88 VerfGG

Rechtssatz

Verletzung des Beschwerdeführers in dem durch Art3 MRK gewährleisteten Recht dadurch, daß er am 19.12.1984 in der Stopfenreuther Au von SWB mit Gummiknüppeln geschlagen, getreten und mittels einer Fahne am Hals gewürgt worden ist.

Der Verfassungsgerichtshof sprach schon wiederholt aus (vgl. aus jüngerer Zeit zB VfSlg. 10250/1984 mit weiteren Judikaturhinweisen), daß eine (im Sinne des WaffengebrauchsG) unzulässige Anwendung von Körperkraft dann gegen das in Art3 MRK statuierte Verbot erniedrigender Behandlung verstößt, wenn darin eine die Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Mißachtung des Betroffenen als Person zum Ausdruck kommt. Auch wenn beim Einschreiten der Exekutive am 19.12.1984 in der Stopfenreuther Au und im besonderen an dem Ort, an dem sich der Beschwerdeführer damals aufhielt, der Einsatz des Gummiknüppels iSd WaffengebrauchsG an sich gerechtfertigt gewesen sein mag (vgl. VfGH 28.11.1986 B88/85 und 9.12.1986 B152/85), stellten jedenfalls die festgestellten Schläge mit dem Gummiknüppel durch mehrere Beamte auf den liegenden Beschwerdeführer, die Tritte sowie das Würgen am Hals mittels einer Fahne keinesfalls eine maßhaltende Art der Anwendung von Körperkraft dar. Die Vorgangsweise der Beamten war auch keineswegs notwendig, um den Zweck der Amtshandlung (Auflösung der Versammlung) zu erreichen, sondern erfolgte vielmehr offenkundig in Mißhandlungsabsicht (möglicherweise verursacht durch ein provokantes Verhalten des mit einer Fahne an der Spitze einer Gruppe von Demonstranten auftretenden Beschwerdeführers).

"Einschränkung" der Beschwerde in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof.

Zuspruch eines Drittels der Kosten, die im Falle des gänzlichen Obsiegens zugestanden wären.

Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof die Beschwerde zwar auf die Mißhandlungen im Zusammenhang mit seiner Festnahme "eingeschränkt" hat, das Beweisverfahren aber überwiegend der Klärung dieser Mißhandlungen gedient hat, geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, daß der Beschwerdeführer zu zwei Drittel obsiegt hat. Da der Beschwerdeführer daher ein Drittel der Kosten dem Bund zu ersetzen hätte, ist ihm ein Drittel der ihm im Falle des gänzlichen Obsiegens zugestandenen Kosten zuzusprechen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Waffengebrauch, Versammlungsrecht, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B84.1985

Dokumentnummer

JFR_10129388_85B00084_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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