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20 Privatrecht allgemeinNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Gerichtsantrag auf Aufhebung des ersten Satzes in §16 Abs5 MietrechtsG; unterschiedliche Sanktionen für die Überschreitung der Höchstzulässigkeitsgrenzen bei Hauptmietzinsen einerseits und bei Untermietzinsen andererseits; ua. im Hinblick auf die sachlich gerechtfertigte Schaffung inhaltlich verschiedener Mietrechtstypen keine Gleichheitswidrigkeit der an die beiden Rechtseinrichtungen angepaßten DetailvorschriftenRechtssatz
Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Rechtsmittelgericht an eine bestimmte Gesetzesauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung darf daher ein Antrag eines an sich antragslegitimierten Gerichtes iSd Art140 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der (gerichtlichen) Entscheidung im Anlaßfall bildet (vgl. zB VfSlg. 9911/1983; VfGH 3.10.1986 G86/86 und die dort zitierten Vorjudikatur).
Unterschiedliche Sanktionen des MRG für die Überschreitung der Höchstzulässigkeitsgrenzen bei Hauptmietzinsen einerseits (§16 Abs5 Satz 1) und bei Untermietzinsen andererseits (§26 Abs2) - Kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz.
Dem Antrag des LG Linz, den 1. Satz des §16 Abs5 MietrechtsG, BGBl. 1981/520 idF BGBl. 1985/559, als verfassungswidrig aufzuheben, wird nicht Folge gegeben.
Die sinngemäße Argumentation des LG, unbedenklich - iSd Art7 Abs1 B-VG - sei wohl die Normierung inhaltlich verschiedener Mietrechtstypen (Haupt-, Untermiete), nicht aber die Statuierung verschiedener Rechtsfolgen für Zinsüberschreitungen, krankt an einem unlösbaren Widerspruch. Dies schon deshalb, weil sie - da angesichts aller Unterschiede zwischen den beiden (Miet-)Phänomenen nicht nachgewiesen wird und auch nicht zu ersehen ist, weshalb gerade die aus der (gar nicht in Zweifel gezogenen) Gesamtregelung herausgegriffenen Sanktionsnormen gleichförmig und übereinstimmend formuliert sein müssen - auf jede im MRG different beantwortete (Detail-)Frage der Haupt- und Untermiete zuträfe, dh. letzten Endes zwangsläufig zu einem einheitlichen Mietbegriff überhaupt führen würde: Das Rekursgericht machte sich im gegebenen Zusammenhang ausschließlich die - nicht gerechtfertigten - verfassungsrechtlichen Bedenken Würths, in: Korinek-Krejci (Hrsg), Handbuch zum Mietrechtsgesetz, S 344 f, zu eigen (sa:
Würth, in: Rummel (Hrsg), Kommentar zum ABGB, RZ 6 zu §16 MRG, S 3191), indem es ersichtlich vermeint, daß Verstöße gegen §16 Abs1 MRG (: Fälle der Hauptmiete) Vertragsnichtigkeit ex tunc nach sich zögen, dagegen §26 Abs2 MRG (: Fälle der Untermiete) nur eine (Zins-)Herabsetzung ex nunc zuließe, obgleich für die Höhe sowohl des Haupt- als auch des Untermietzinses im wesentlichen gleiche Angemessenheitskriterien mit geringemäß Bestimmtheitsgrad zu gelten hätten. Aus der Ähnlichkeit der Regelungen zur Haupt- und Untermietzinshöhe läßt sich aber nicht die Gleichheitswidrigkeit der bekämpften Norm ableiten, denn nicht dieser vom anfechtenden Gericht punktuell gesehene Teilbereich des Haupt- und Untermietrechtes gibt hier den Ausschlag, sondern der Umstand, daß der Gesetzgeber, wie schon einleitend festgehalten, mit Haupt- und Untermiete an sich Rechtspositionen unterschiedlicher Stärke schaffen und einräumen wollte. Geht man aber von einer solchen durchaus sachlichen Differenzierung im Grundsätzlichen aus, liegt auf der Hand, daß die den beiden Rechtseinrichtungen angepaßten Detailvorschriften nicht ohne weiteres miteinander verglichen werden dürfen.
Es ist davon auszugehen, daß der Bundesgesetzgeber mit dem MRG an die schon bisher unterschiedlich behandelten Erscheinungen der Haupt- und Untermiete (§§1091 ff, 1098 ABGB, Mietengesetz BGBl. 1929/210) anknüpft und diese Unterschiedlichkeiten, wie die Bundesregierung in ihrer schriftlichen Äußerung zutreffend hervorhebt, im Rahmen seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit nicht nur festschrieb, sondern - teilweise - weiter ausbaute (vgl. Würth-Zingher, Mietrechtsgesetz2, Anm. 1 zu §2, S 13: "Die Begriffe Haupt- und Untermieter bedeuten nun ... vollberechtigter Mieter und Mieter minderen Rechts ...; wer welche Stellung erlangt, ist kasuistisch geregelt"). Wenn auf solche Weise - den jeweiligen Erfordernissen des Rechtsverkehrs adäquate - verschiedenartige Vertragsinstrumente geschaffen wurden, so kann es - im Blick auf bestehende Unterschiede im Tatsächlichen - grundsätzlich nicht gleichheitswidrig sein, für jedes dieser Vertragsmodelle angemessene Sanktionen für Mietzinsüberschreitungen vorzusehen, die naturgemäß voneinander ebenso abweichen können wie die gesetzlichen Vertragsformen selbst, und zwar je nachdem, ob es sich um Haupt- oder um Untermietfälle handelt.
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Zivilrecht, MietenrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:G33.1987Dokumentnummer
JFR_10129383_87G00033_01