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25 Strafprozeß, StrafvollzugNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags zur Einbringung einesIndividualantrags auf Aufhebung einer Regelung desStrafvollzugsgesetzes betreffend die bloß hinsichtlich mit einemAufenthaltsverbot belegter Straftäter bestehende Möglichkeit desvorläufigen Absehens vom Strafvollzug; Beschwerdeführer nichtNormadressat, daher kein unmittelbarer Eingriff in seineRechtssphäre; andererseits zumutbarer Umweg zur Geltendmachung derGleichheitsbedenken durch einen Antrag auf bedingte Entlassung beimVollzugsgerichtSpruch
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Der Antragsteller verbüßt derzeit in der Justizanstalt Stein eine gerichtlich verhängte Freiheitsstrafe.
Mit selbst verfassten Eingaben vom 11. April 2008 und vom 11. Juni 2008 beantragte er die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Individualantrages auf Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des §133a Strafvollzugsgesetz (StVG).
Der Antragsteller erachtet sich durch diese Vorschrift - welche die Möglichkeit des vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbotes regelt - für benachteiligt, weil ausschließlich auf Strafgefangene abgestellt werde, gegen die ein Aufenthaltsverbot bestehe; "österreichische Straftäter" würden daher dem Gleichheitssatz widersprechend benachteiligt.
2. Strafgefangene können gemäß §46 Strafgesetzbuch (iVm §152 Abs1 StVG von Amts wegen oder auf Antrag) unter bestimmten Bedingungen vorzeitig aus der Haft entlassen werden. 2. Strafgefangene können gemäß §46 Strafgesetzbuch in Verbindung mit §152 Abs1 StVG von Amts wegen oder auf Antrag) unter bestimmten Bedingungen vorzeitig aus der Haft entlassen werden.
2.1. §46 StGB (idF des Strafrechtsänderungsgesetzes 2008, BGBl. I 109/2007) lautet (auszugsweise): 2.1. §46 StGB in der Fassung des Strafrechtsänderungsgesetzes 2008, Bundesgesetzblatt Teil eins, 109 aus 2007,) lautet (auszugsweise):
"Bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe
§46. (1) Hat ein Verurteilter die Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe oder des nicht bedingt nachgesehenen Teils einer solchen Strafe, mindestens aber drei Monate verbüßt, so ist ihm der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§50 bis 52 anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.
2.2. Darüber hinaus ermöglicht der mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2008, BGBl. I 109/2007, eingefügte §133a StVG in Bezug auf Verurteilte, gegen die ein Aufenthaltsverbot besteht, das vorläufige Absehen vom Strafvollzug. 2.2. Darüber hinaus ermöglicht der mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2008, Bundesgesetzblatt Teil eins, 109 aus 2007,, eingefügte §133a StVG in Bezug auf Verurteilte, gegen die ein Aufenthaltsverbot besteht, das vorläufige Absehen vom Strafvollzug.
§133a StVG hat folgenden Wortlaut:
"Vorläufiges Absehen vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbotes
§133a. (1) Hat ein Verurteilter die Hälfte der Strafzeit, mindestens aber drei Monate, verbüßt, so kann vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig abgesehen werden, wenn
1. gegen ihn ein Aufenthaltsverbot besteht,
verurteilt wurde. Im Übrigen kann vom weiteren Vollzug einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren erst nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafzeit vorläufig abgesehen werden.
3. Der angestrebte Individualantrag wäre mangels Legitimation nicht zulässig:
3.1. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch die Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit Beschluss VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der Betroffenen unmittelbar eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003). Andernfalls ergäbe sich nämlich eine Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die sich mit dem Charakter des Individualantrages als bloß Lücken schließendem, subsidiären Rechtsbehelf nicht vereinbaren ließe (zB VfSlg. 11.315/1987, 12.812/1991, 17.276/2004).
3.2. Da §133a StVG auf Personen mit Aufenthaltsverbot abstellt, scheidet der Antragsteller, der seinem Vorbringen zufolge mit keinem derartigen Verbot belegt wurde, von vornherein als Normadressat dieser Vorschrift aus; die von ihm ausdrücklich relevierte Bestimmung greift daher nicht unmittelbar und aktuell in seine Rechtssphäre ein.
3.3. Aber auch mit Blick darauf, dass der Antragsteller seine Betroffenheit der Sache nach aus dem Fehlen einer Regelung ableitet, die für Personen ohne Aufenthaltsverbot unter den sonstigen Voraussetzungen des §133a StVG die Möglichkeit des Absehens von der weiteren Strafverbüßung vorsieht, käme ihm eine Antragsbefugnis nicht zu:
Die Bestimmung des §133a StVG unterscheidet sich von jener des (undifferenziert für alle Strafgefangene geltenden) §46 Abs1 und 2 StGB über die bedingte Entlassung va. durch das Fehlen spezial- bzw. generalpräventiver Erfordernisse.
Dem Antragsteller stünde zur Geltendmachung seiner Bedenken ein zumutbarer Weg offen.
Er hätte nämlich die Möglichkeit, beim zuständigen Vollzugsgericht (§16 Abs2 Z12 StVG) einen Antrag auf bedingte Entlassung aus der Strafhaft gemäß §46 StGB (iVm §152 Abs1 StVG) - der angesichts der ins Treffen geführten gleichheitsrechtlichen Bedenken gemeinsam mit §133a StVG in den Blick zu nehmen wäre - zu stellen und seine Bedenken in einer Beschwerde gegen die Entscheidung des Vollzugsgerichtes dem zur Rechtsmittelentscheidung zuständigen Gerichtshof II. Instanz (§17 Abs3 StVG iVm §§85 ff. StPO) mit der Anregung auf Einbringung eines Gesetzesprüfungsantrages zu unterbreiten. Er hätte nämlich die Möglichkeit, beim zuständigen Vollzugsgericht (§16 Abs2 Z12 StVG) einen Antrag auf bedingte Entlassung aus der Strafhaft gemäß §46 StGB in Verbindung mit §152 Abs1 StVG) - der angesichts der ins Treffen geführten gleichheitsrechtlichen Bedenken gemeinsam mit §133a StVG in den Blick zu nehmen wäre - zu stellen und seine Bedenken in einer Beschwerde gegen die Entscheidung des Vollzugsgerichtes dem zur Rechtsmittelentscheidung zuständigen Gerichtshof römisch II. Instanz (§17 Abs3 StVG in Verbindung mit §§85 ff. StPO) mit der Anregung auf Einbringung eines Gesetzesprüfungsantrages zu unterbreiten.
Gleiches trifft im Ergebnis auf eine mögliche (wenngleich aussichtslose) Antragstellung beim Vollzugsgericht (§16 Abs2 Z10 StVG) auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug gemäß §133a StVG und Herbeiführung einer - sei es auch bloß zurückweisenden - Entscheidung durch das Beschwerdegericht zu. Auf die materiellen Erfolgschancen des Rechtsmittels kommt es hiebei nicht an (zB VfSlg. 16.134/2001, 17.359/2004).
Gemäß Art89 Abs2 zweiter Satz B-VG wäre der Gerichtshof II. Instanz - der die in Rede stehende Regelung (und sei es auch nur im Rahmen der Prüfung der Legitimation des Antragstellers) bei seiner Entscheidung (mit-)heranzuziehen hätte - zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofes verpflichtet, sofern er die vom Antragsteller behaupteten Gleichheitsbedenken teilt. Gemäß Art89 Abs2 zweiter Satz B-VG wäre der Gerichtshof römisch II. Instanz - der die in Rede stehende Regelung (und sei es auch nur im Rahmen der Prüfung der Legitimation des Antragstellers) bei seiner Entscheidung (mit-)heranzuziehen hätte - zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofes verpflichtet, sofern er die vom Antragsteller behaupteten Gleichheitsbedenken teilt.
Außergewöhnliche Umstände, welche die Einbringung eines Individualantrages zufolge Unzumutbarkeit eines anderen Weges ausnahmsweise zulässig machen können (zB weil die Erhebung eines unzulässigen Rechtsmittels mit besonderer Härte verbunden wäre), liegen hier (anders als etwa in den Fällen VfSlg. 15.786/2000 und 16.772/2002) nicht vor.
3.4. Da der Einschreiter somit jedenfalls die Zurückweisung des intendierten Individualantrages zu gewärtigen hätte, erscheint die beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof von vornherein als offenbar aussichtslos.
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe war daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) abzuweisen.
4. Dies konnte gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden. 4. Dies konnte gemäß §72 Abs1 ZPO in Verbindung mit §35 Abs1 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, VfGH / Verfahrenshilfe, Strafrecht,Strafvollzug, StrafeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:G46.2008Zuletzt aktualisiert am
18.08.2010