RS Vfgh 1987/6/25 A3/87

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Veröffentlicht am 25.06.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art137 / Allg
B-VG Art137 / Bescheid
B-VG Art137 / Liquidierungsklage
B-VG Art137 / ord Rechtsweg
Bgld GBedG 1971 §§25 ff
VfGG §41

Leitsatz

Klage eines Gemeindebediensteten gegen die Gemeinde wegen eines Anspruches aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis

Rechtssatz

Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind. Art137 B-VG enthält demnach für vermögensrechtliche Ansprüche gegen Gebietskörperschaften eine suppletorische Zuständigkeitsordnung, hat aber nicht den Sinn, neben bereits bestehenden Zuständigkeiten eine konkurrierende Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes einzuführen oder jene abzuändern (vgl. bereits VfSlg. 3287/1957).

Besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten werden in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtsstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht. Die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ist ein technischer Vorgang, der nur der Verwirklichung der vorangegangenen Bescheide dient, also selbst nicht durch Bescheid der Verwaltungsbehörde zu erledigen ist, sodaß für die Entscheidung eines solchen Liquidierungsbegehrens die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art137 B-VG gegeben ist (so die ständige, mit VfSlg. 3259/1957 eingeleitete Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes). Geht es nicht bloß um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches, nämlich den technischen Vorgang ihrer Auszahlung, sondern um die Rechtsfrage der Auslegung besoldungsrechtlicher Bestimmungen, so ist darüber im Streitfall durch Bescheid der zuständigen (Dienst-)Behörde zu entscheiden (vgl. die mit VfSlg. 7172 und 7173/1973 beginnende Rechtsprechung ua).

Mit der vorliegenden Klage wird ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen eine Gemeinde geltend gemacht. Der Anspruch gründet sich auf das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zu dieser Gebietskörperschaft. Da es sich somit um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, also nicht um eine bürgerliche Rechtssache gemäß §1 JN handelt, ist eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung nicht gegeben.

Über die Zuerkennung von Jubiläumszuwendungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, hat gemäß §25 Abs2 Z5 Bgld. GBedG 1971 der Gemeinderat zu entscheiden, wobei die in diesen Angelegenheiten gefaßten Beschlüsse des Gemeinderates der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde - das ist nach §26 GBedG 1971 die Burgenländische Landesregierung - bedürfen (§27 Abs1 GBedG 1971); diese Genehmigung ist unter bestimmten Voraussetzungen zu versagen (§27 Abs2 leg.cit.).

Aus diesen Rechtsausführungen ist zu schließen, daß über einen Antrag des Klägers auf Gewährung einer Jubiläumszuwendung (Treueprämie) mit Bescheid des Gemeinderates der beklagten Gemeinde unter Beachtung des oben aufgezeigten Verfahrens zu erkennen ist.

Der Bürgermeister der beklagten Gemeinde hat zwar dem Kläger mit den Schreiben vom 9.12.1985 und vom 9.6.1986 mitgeteilt, daß der Gemeinderat mit Beschluß vom 29.11.1986 entschieden habe, das Ansuchen des Klägers um die Treueprämie abzuweisen. Eine nach Inhalt und Form einem Bescheid entsprechende Erledigung über die Abweisung des Anspruches auf eine Jubiläumszuwendung hat der Kläger jedoch - selbst nach den Behauptungen der beklagten Gemeinde - nicht erhalten. Der Verfassungsgerichtshof hat in den Erk. VfSlg. 3728/1960 und 9247/1981 ausgesprochen, daß in Fällen dieser Art das Vorliegen eines Bescheides zu Lasten einer Partei nicht angenommen werden dürfe. Der Kläger hat daher Anspruch auf Erlassung eines Bescheides des Gemeinderates der beklagten Gemeinde, mit dem über seinen Anspruch auf Gewährung einer Jubiläumszuwendung abgesprochen wird (vgl. den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 28.2.1986, A13/85, und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zurückweisung der Klage wegen Unzuständigkeit.

Über einen Antrag auf Gewährung einer Jubiläumszuwendung (Treueprämie) ist mit Bescheid des Gemeinderates der beklagten Gemeinde zu erkennen.

Das Vorliegen eines Bescheides darf nicht zu Lasten einer Partei angenommen werden. Der Kläger hat daher Anspruch auf Erlassung eines Bescheides des Gemeinderates der beklagten Gemeinde, mit dem über seinen Anspruch auf Gewährung einer Jubiläumszuwendung abgesprochen wird.

Der Spruch über den Kostenersatz stützt sich auf §41 VfGG 1953. Der durch einen Rechtsanwalt vertretenen Gemeinde sind nur die Kosten nach TP2 des Rechtsanwaltstarifs für einen einfachen Schriftsatz zu ersetzen.

Entscheidungstexte

  • A 3/87
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 25.06.1987 A 3/87

Schlagworte

VfGH / Klagen, VfGH / Liquidierungsklage, Bescheidbegriff, Auslegung eines Bescheides, Dienstrecht, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:A3.1987

Dokumentnummer

JFR_10129375_87A00003_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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