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65 Pensionsrecht für BundesbediensteteNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Erledigung des Stadtschulrates für Wien, daß dem Bf. ein Witwerversorgungsgenuß gebühre, dieser aber ruhe; Frage nach dem Bescheidcharakter einer Erledigung darf im Zweifel nicht zulasten der Partei beantwortet werden; hier abweisende Sachenstscheidung über das Begehren des Bf. auf Zuerkennung eines Witwerversorgungsgenusses; Entzug des gesetzlichen Richters durch Zurückweisung der Berufung mangels BescheidqualitätRechtssatz
Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10.374/1985).
Die Behörde erster Instanz, die sich über die strengen Vorschriften des §58 Abs1 AVG 1950 hinsichtlich Inhalt und Form eines Bescheides hinweggesetzt hat, hat dadurch hervorgerufene begründete Zweifel über das Vorliegen einer hoheitlichen Regelung, wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen hat, zu verantworten (vgl. VfSlg. 3728/1960, 9247/1981). Es entspricht der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, von der abzugehen keine Veranlassung besteht, daß in Fällen dieser Art die Frage nach dem Bescheidcharakter einer Erledigung nicht zulasten der Partei beantwortet werden darf.
Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift behauptet, der Beschwerdeführer verkenne die Aufgabe der Berufungsbehörde, wenn er meine, sie hätte primär die Aufgabe, ihm den Weg zum Verfassungsgerichtshof zu ebnen, damit seine Verwaltungssache zum Anlaßfall wird, ist ihr entgegenzuhalten, daß für die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung noch viel weniger aus der in der Gegenschrift enthaltenen Aussage zu gewinnen ist, es wäre dem Beschwerdeführer ein Leichtes gewesen, anläßlich der Zurückweisung seiner Berufung die Erlassung eines Bescheides durch die erstinstanzliche Behörde zu begehren. Tatsache ist, daß der Verfassungsgerichtshof im Zeitpunkte der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits ein Verfahren zur Prüfung der Ruhensbestimmungen (§40a PG) eingeleitet hatte.
Der Erledigung des Stadtschulrates für Wien vom 9.9.1986 kommt entgegen der Berufungsentscheidung Bescheidcharakter zu.
In Ansehung der bestehenden Sachlage folgt daraus, daß die belangte Behörde den Beschwerdeführer durch Zurückweisung seiner Berufung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt hat.
Mit der Erledigung vom 9.9.1986 eröffnete der Stadtschulrat für Wien dem Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf seinen Antrag vom 28.10.1985 - insbesondere -, daß ihm gemäß näher bezeichneter gesetzlicher Anordnungen vom 1.3.1985 an ein prozentuell und ziffernmäßig genannter Betrag gebühre, dieser aber - wie näher dargelegt - ruhe. Im Ergebnis hat der Stadtschulrat für Wien daher dem Antrag des Beschwerdeführers vom Oktober 1985 nicht stattgegeben.
Der Verfassungsgerichtshof vertritt unter den gegebenen Umständen die Auffassung, daß die Erledigung des Stadtschulrates für Wien vom 9.9.1986 eine abweisende Sachentscheidung über das Begehren des Beschwerdeführers auf Zuerkennung eines Witwerversorgungsgenusses zum Inhalt hat, indem bindend festgestellt wird, daß der dem Beschwerdeführer zustehende Anspruch auf Witwerversorgungsgenuß ruht.
Schlagworte
Bescheidbegriff, VfGH / AnlaßverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B127.1987Dokumentnummer
JFR_10129298_87B00127_01