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10 VerfassungsrechtNorm
StGG Art8Leitsatz
Im Auftrag des Finanzamtes von Sicherheitsorgangen durchgeführte Vorführung zum Strafantritt gem. §175 Abs2 Satz 3 FinStrG; Festnahme und nachfolgende - Anhaltung ohen die zwingend vorgeschriebene schriftliche Aufforderung zum Antritt der (Ersatz-)Freiheitsstrafe - Verletzung im Recht auf persönliche FreiheitRechtssatz
Verletzung der persönlichen Freiheit.
Nach §4 des Gesetzes vom 27.10.1862, RGBl. 87, zum Schutze der persönlichen Freiheit, das gemäß Art149 Abs1 B-VG als VerfassungsG gilt, dürfen die zur Anhaltung berechtigten Organe der öffentlichen Gewalt in den vom Gesetz bestimmten Fällen eine Person in Verwahrung nehmen. Hiezu zählt auch die hier von der belangten Behörde herangezogene Bestimmung des §175 FinStrG über den Vollzug der Freiheitsstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen): Der Beschwerdeführer wurde daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit (Art8 StGG) verletzt, wenn seine Anhaltung in Verwaltungsstrafhaft in der Vorschrift des §175 FinStrG keine Deckung fand.
Die Gesetzmäßigkeit eines solchen Vollzuges ist zunächst davon abhängig, daß die Freiheitsstrafe rechtskräftig verhängt wurde. Das war hier unbestritten der Fall.
Eine weitere Voraussetzung hiefür bildet die in §175 Abs2 FinStrG zwingend vorgeschriebene schriftliche Aufforderung zum Antritt der (Ersatz-)Freiheitsstrafe (vgl. VfGH 27.9.1985 B175/85 zu §53 Abs1 VStG 1950). Da dem Beschwerdeführer - wie die belangte Behörde im Einklang mit der Aktenlage selbst einräumt - eine derartige Aufforderung nicht zugegangen war, erweisen sich seine Festnahme und die - hier allein relevante - Anhaltung bis zur Einlieferung in das Gefangenenhaus II des LG für Strafsachen Wien schon deshalb als rechtswidrig, zumal die belangte Behörde auch nicht dartat, daß sie die sofortige Vorführung wegen Fluchtgefahr zu veranlassen hatte (§175 Abs2 letzter Satz FinStrG).
Festnahme und nachfolgende Anhaltung in §175 FinStrG nicht gedeckt. Keine schriftliche Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe; keine Fluchtgefahr.
Schlagworte
Finanzstrafrecht, Freiheitsstrafen, FestnehmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B275.1987Dokumentnummer
JFR_10129076_87B00275_01