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10 VerfassungsrechtNorm
StGG Art8Leitsatz
Vertretbare Annahme von Verwaltungsübertretungen nach §4 Vbg. SittenpolizeiG; Festnahmen jedoch ohne erforderliche Abmahnung - einige Tage vorher vorgenommene Abmahnung keine Abmahnung iSd §35 VStG; Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit durch Festnahmen und darauffolgende Anhaltung; kein Verstoß gegen Art3 MRK durch Personendurchsuchungen; Zuspruch der ganzen KostenRechtssatz
Zweimalige Festnahme und Anhaltung wegen Übertretung des §4 Vbg. SPG; Verletzung der persönlichen Freiheit mangels Abmahnung.
Angesichts der hier maßgebenden Sach- und Rechtslage konnten die die Festnahme der Beschwerdeführerin aussprechenden Gendarmeriebeamten zwar mit gutem Grund annehmen, daß sich die Beschwerdeführerin - entgegen dem §4 des Vbg. SittenpolizeiG, LGBl. 1976/6 - in beiden Fällen zur gewerbsmäßigen Unzucht angeboten habe.
Es mangelte jedoch in beiden Fällen an der für die Rechtmäßigkeit einer Festnahme nach §35 litc VStG erforderlichen Abmahnung (vgl. VfSlg. 10.376/1985). Die jeweils einige Tage vorher wegen eines ähnlichen Verhaltens vorgenommene Abmahnung kann nicht als solche iS der zitierten Gesetzesbestimmung angesehen werden; die Abmahnung muß sich nämlich unmittelbar auf das von den einschreitenden Beamten wahrgenommene strafbare Verhalten beziehen und darauf abzielen, eben dieses zu beenden. Erst dann, wenn die Beschwerdeführerin dieser Abmahnung nicht Folge geleistet hätte, wäre ihre Festnahme nach §35 litc VStG gerechtfertigt gewesen (vgl. zB VfSlg. 10.376/1985; VfGH 27.2.1986 B45/85).
Keine Verletzung durch Personsdurchsuchung.
Eine Verletzung dieses Grundrechtes würde voraussetzen, daß die bekämpfte Maßnahme unter gröblicher Mißachtung des Betroffenen als Person erfolgt ist (vgl. zB VfSlg. 10.321/1985, 10.378/1985, 10.427/1985; VfGH 22.11.1985 B885/84).
Die Beschwerdeführerin selbst schildert die Art und Weise der Personsdurchsuchungen nicht derart, daß sie dabei gedemütigt, geschweige denn, daß ihre Person gröblich mißachtet worden wäre.
Da die Beschwerdeführerin in der Hauptsache durchgedrungen ist, waren ihr die ganzen pauschalmäßig gebührenden Kosten zuzuerkennen (vgl. zB VfGH 17.6.1986 B19/86).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Verwaltungsstrafrecht, Festnehmung, Prostitution, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B47.1987Dokumentnummer
JFR_10129075_87B00047_01