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10 VerfassungsrechtNorm
ZustellG §7Leitsatz
Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist; wenn dem Zustelldatum an den Zustellbevollmächtigten keine Beachtung geschenkt wird und nur darauf geachtet wird, wann der Bf. den Bescheid selbst zu Gesicht bekommen hat - kein Versehen minderen Grades, sondern auffallende Sorglosigkeit; keine Stattgebung des Antrages; Zurückweisung der Beschwerde als verspätetRechtssatz
Zurückweisung der Beschwerde wegen Fristversäumnis.
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kann der Verfassungsgerichtshof nicht erkennen, daß die - eine Aufforderung zur Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten iSd §10 ZustellG erübrigende - Bevollmächtigung der Mutter des Beschwerdeführers auf den Empfang eines bestimmten Schriftstückes eingeschränkt wäre. Da unter den gegebenen Umständen kein Grund für die Annahme vorlag, andere Schriftstücke sollten an den (an dieser Adresse nicht mehr wohnhaften, sondern dort nur mit seiner Mutter "in Kontakt" stehenden) Beschwerdeführer selbst gerichtet werden, mußte die Behörde davon ausgehen, daß die Bevollmächtigung für das Verfahren insgesamt bis zu einem deutlichen Widerruf weiter aufrecht war. Daß er in späteren Anträgen den Namen seiner Mutter nicht wiederholte, konnte insbesondere angesichts des Umstandes, daß die - offenbar versehentlich an ihn selbst adressierte - Berufungsvorentscheidung von seiner Mutter übernommen wurde, der Behörde nicht nahelegen, daß die Bevollmächtigung weggefallen wäre. Die Zustellung des Berufungsbescheides an die Mutter hat daher die Beschwerdefrist in Lauf gesetzt. Sie war bei Absendung der Beschwerde folglich schon abgelaufen.
Behauptung des Beschwerdeführers, er sei der Meinung gewesen, der angefochtene Bescheid hätte ihm selbst zugestellt werden müssen oder gelte erst mit dem Zugang an ihn als zugestellt, obwohl ein Zustellbevollmächtigter bestellt war; Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags.
Ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so etwa, daß er von der Zustellung keine Kenntnis erlangt hätte (§146 ZPO iVm §35 VfGG) -, tut der Beschwerdeführer nicht dar. Er bringt auch nichts vor, was ihn dazu gebracht haben könnte, den Tag der Zustellung an seine Mutter außer Betracht zu lassen. Daß die Frist erst mit dem Zugang an ihn selbst zu laufen begonnen hätte, konnte er nicht ohne Unterstellung eines Zustellmangels (§§7 oder 9 Abs1 ZustellG) annehmen. Gerade wenn der Beschwerdeführer von sich selbst sagt, er sei "mit rechtlichen Vorschriften kaum vertraut", hätte er den mit der Verfassung der Beschwerde betrauten Anwalt von der Zustellung an die Mutter unterrichten müssen, damit dieser die rechtliche Bedeutung dieses Umstandes prüfen und allenfalls den Gründen hätte nachgehen können. Wenn er dem Zustelldatum keine Beachtung geschenkt und nur darauf geachtet hat, wann er selbst den Bescheid zu Gesicht bekommen hat, ist das nicht mehr bloß ein Versehen minderen Grades, sondern eine auffallende Sorglosigkeit.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Fristen, VfGH / WiedereinsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B1068.1986Dokumentnummer
JFR_10129074_86B01068_01