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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Undifferenziertes Anknüpfen an die Bestellung eines Sachwalters in §24 NRWO 1971 (betreffend den Ausschluß von Personen vom Wahlrecht); Gleichheitswidrigkeit des §24Rechtssatz
§24 Nationalrats-Wahlordnung 1971, BGBl. 391/1970, idF BGBl. 136/1983 wird als verfassungswidrig aufgehoben.
§24 NRWO 1971 knüpft den Ausschluß vom Wahlrecht einzig und allein an einen behördlichen Formalakt, nämlich an die "Bestellung" eines Sachwalters, und nimmt dabei auf die (unterschiedlichen) Gründe dieser Maßnahme in keiner wie immer gearteten Weise Rücksicht. Für den hier relevanten Bereich des Sachwalterschaftsrechtes ist eine derart beschaffene Rechtsfolgenfestlegung schon im Hinblick auf die weitgefaßten Voraussetzungen der Norm des §273 ABGB - die breitgefächert abgestufte Aufgaben der Sachwalter je nach dem Ausmaß der Behinderung der Schutzbefohlenen nennt und vorsieht - mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot des Art7 Abs1 B-VG nicht zu vereinbaren. Darüber hinaus kommt es dadurch, daß
§24 NRWO 1971 den Wahlrechtsausschluß nur von der tatsächlichen Sachwalterbeigabe abhängig macht, §273 Abs2 ABGB aber eine Sachwalterbestellung in jenen Fällen untersagt, in denen ein psychisch Kranker oder ein geistig Behinderter infolge anderer Hilfe, so etwa durch Einrichtungen der öffentlichen Behindertenhilfe, in die Lage versetzt werden kann, seine Angelegenheiten im erforderlichen Ausmaß (selbst) zu besorgen, in der Tat zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Differenzierung: Denn ein psychisch Kranker oder geistig Behinderter, dem ein Sachwalter bestellt ist, geht seines Wahlrechts verlustig, ein an den gleichen gesundheitlichen Störungen Leidender, dem die Sachwalterbestellung etwa (nur) wegen der ihm zuteil werdenden Unterstützung öffentlicher Institutionen erspart bleibt, hingegen nicht. Das aber bedeutet, daß §24 NRWO 1971 den Kreis der Schutzbefohlenen iSd §273 ABGB gleichheitswidrig benachteiligt.
Aufhebung des §24 NRWO 1971, der den Kreis der Schutzbefohlenen iSd §273 ABGB gleichheitswidrig benachteiligt.
Art26 Abs5 B-VG (: "Die Ausschließung vom Wahlrecht ... kann nur die Folge einer gerichtlichen Verurteilung oder Verfügung sein") ermächtigt zwar den einfachen Gesetzgeber zur Schaffung einer Regelung über die Ausschließung vom Wahlrecht (lediglich) auf Grund bestimmter Gerichtsakte, verpflichtet ihn aber keineswegs dazu.
Schlagworte
Wahlrecht, SachwalterbestellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:G109.1987Dokumentnummer
JFR_10128993_87G00109_01