RS Vfgh 1987/10/9 B778/86, B800/86, B801/86, B802/86

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Veröffentlicht am 09.10.1987
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art4 Abs2
B-VG Art10 Abs1 Z9
B-VG Art11 Abs1 Z4
StVO 1960 §§94 ff
Abkommen vom 14.9.1955, BGBl 241/1957, zwischen der Republik Österreich und der BRD betreffend Erleichterungen im Straßendurchgangsverkehr
Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 21.3.1986, betreffend ein Nachtfahrverbot für Schwerfahrzeuge auf einem Teilstück der Loferer Straße B 312
StVO 1960 §43 Abs2 litb
StVO 1960 §94a Abs1
StVO 1960 §94e

Leitsatz

Verordnung der Tir. Landesregierung vom 21.3.1986 betreffend ein Nachtfahrverbot für LKW über 7,5 t; Beschwerden gegen Ausnahmebewilligungen der Tir. Landesregierung; zu den Kompetenztatbeständen "Straßenpolizei" und "Kraftfahrwesen"; ausschließlich zur Sicherung der Nachtruhe erlassene V - Zugehörigkeit zum Kompetenztatbestand Straßenpolizei; gesetzliche Deckung der V in der straßenpolizeilichen Vorschrift des §43 Abs2 litb; Zuständigkeit der Landesregierung zur Erlassung dieser V; kein Widerspruch zu Art4 Abs2 B-VG (Verbot der Errichtung von Zwischenzollinien oder sonstigen Verkehrsbeschränkungen); kein Überschreiten des Beurteilungsspielraumes, wenn Interessen der Bevölkerung und des Fremdenverkehrs ua. am Lärmschutz der Vorrang vor den Interessen nichtanliegender Wirtschaftstreibender eingeräumt wurde; keine Rechtsverletzung

Rechtssatz

Beschwerde gegen Bescheide der Tiroler Landesregierung, mit denen befristete Ausnahmebewilligungen (§45 Abs2 StVO) vom Nachtfahrverbot für Schwerfahrzeuge auf einem Teilstück der B 312 (Loferer Straße) "gemäß §68 Abs2 AVG" dahin abgeändert wurden, daß die Gültigkeit der Bewilligungen verlängert wurde.

Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß die angefochtenen Bescheide nicht eine bloße Verlängerung der Geltungsdauer der seinerzeit erteilten Bewilligungen darstellen, sondern neuerliche (abermals befristete) Bewilligungen enthalten.

Zuständigkeit zur Erlassung einer Verordnung gemäß §43 Abs2 litb StVO (hier: Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 21.3.1986 betreffend ein Nachtfahrverbot für Schwerfahrzeuge auf einem Teilstück der B 312 (Loferer Straße)).

Nach §94e StVO 1960 - einer Bestimmung, die im Art11 Abs3 B-VG ihre verfassungsrechtliche Grundlage hat - steht die Erlassung von Verordnungen, soweit sie nicht vom Bundesminister für Verkehr (nunmehr: Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr) zu erlassen sind, den Ländern zu. Aus §94a Abs1 erster Satz StVO 1960 ergibt sich, daß die Zuständigkeit zur Erlassung von Verordnungen der hier in Rede stehenden Art der Landesregierung zukommt, weil hiefür weder der BmfV (nunmehr: BMföWuV) nach §94 Z1 StVO 1960 noch die Bezirksverwaltungsbehörde nach §94b litb StVO 1960 noch die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich nach §94d Z4 StVO 1960 zuständig ist. Die StVO 1960 enthält keine Bestimmung, die die Zuständigkeit des Landeshauptmannes zur Erlassung derartiger Verordnungen begründet.

Keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der StVO 1960 unter dem Gesichtspunkt der Kompetenzverteilung.

Bei der Erlassung der StVO 1960 stützte sich der Gesetzgeber, wie insbesondere aus den Vorschriften über die Behördenzuständigkeit (XII. Abschnitt) und aus der Vollzugsklausel (§105) deutlich wird, auf den Kompetenztatbestand "Straßenpolizei" (Art11 Abs1 Z4 B-VG idF des BVG BGBl. 1960/148). In diesen Angelegenheiten ist die Gesetzgebung Bundessache, die Vollziehung Landessache. Daß gegen die Verfasssungsmäßigkeit der StVO 1960 unter dem Gesichtspunkt der Kompetenzverteilung keine Bedenken bestehen, hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erk. VfSlg. 4161/1962 (S 101) ausdrücklich ausgesprochen (im gleichen Sinn VfSlg. 4381/1963).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes fallen unter den Kompetenztatbestand "Straßenpolizei" Regelungen, die der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs dienen (verkehrssichernde Maßnahmen; VfSlg. 4381/1963, 4605/1963, 6089/1969, 6880/1972); insbesondere auch Vorschriften, die die Erfordernisse der Verkehrsregelung und der Verkehrssicherung betreffen, denen die Straßen in bezug auf ihre Ausstattung mit den Verkehr regelnden und sichernden Einrichtungen entsprechen müssen (VfSlg. 4349/1963, 5951/1969). Dem Kompetenztatbestand "Straßenpolizei" sind ferner Regelungen zu unterstellen, die aus dem technischen Zustand der Straße oder des Straßennetzes oder aus dem allgemeinen Verkehrsbedürfnis der überwiegenden Mehrheit der Straßenbenützer abzuleiten sind (VfSlg. 4243/1962, 8013/1977 und 8035/1977). Vorschriften, die dem Schutz der übrigen Verkehrsteilnehmer vor Gefahren dienen, die von Verkehrsteilnehmern jeder Art herrühren, sind straßenpolizeilicher Natur (VfSlg. 8035/1977, S 264).

Der Kompetenztatbestand "Kraftfahrwesen" umfaßt alle Angelegenheiten, die das Kraftfahrzeug und seinen Lenker betreffen (VfSlg. 2977/1956). Dazu gehören die nach der Eigenart des Kraftfahrzeuges notwendigen verkehrspolizeilichen Bestimmungen (VfSlg. 2977/1956, 3924/1961, 4180/1962, 4243/1962, 4381/1963, 8035/1977), ferner die Bestimmungen über die Beschaffenheit der Fahrzeuge und ihren Betrieb (VfSlg. 2977/1956, 4180/1962, 4243/1962). Der Kompetenztatbestand umfaßt alles, was sich auf die Ausstattung und den Betrieb von (Kraft-)Fahrzeugen sowie auf den Verkehr von (Kraft-)Fahrzeugen auf öffentlichen Verkehrsflächen bezieht (VfSlg. 8035/1977). Die Zuordnung einer Regelung zum Kompetenztatbestand "Kraftfahrwesen" wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß durch sie unter anderem auch die Sicherheit der übrigen Straßenbenützer gewährleistet werden soll (VfSlg. 8035/1977, S 261, 264). Für die Zuordnung einer Regelung zum "Kraftfahrwesen" kommt es darauf an, daß die zu bekämpfenden Gefahren nicht von Verkehrsteilnehmern jeder Art herrühren, sondern spezifisch von (bestimmten) Kraftfahrzeugen (VfSlg. 8035/1977, S 264). In dem zuletzt erwähnten Erk. (S 265) ordnete der Verfassungsgerichtshof - allerdings bloß einen untergeordneten Teil eines dem Kraftfahrwesen zuzuordnenden Normenkomplexes bildende - Regelungen über das Halten und Parken von Kraftfahrzeugen, die gefährliche Güter transportieren, dem Kompetenztatbestand "Kraftfahrwesen" zu, weil es sich nicht um eine Vorschrift handle, die sich aus dem allgemeinen Verkehrsbedürfnis der überwiegenden Mehrheit der Straßenbenützer ergebe und daher der "Straßenpolizei" zu unterstellen wäre, sondern weil diese Halte- und Parkverbote der Abwehr von Gefahren dienten, die sich spezifisch daraus ergäben, daß gefährliche Güter mit Kraftfahrzeugen transportiert werden. Dazu komme, daß diese Gefahren durchaus nicht bloß anderen Verkehrsteilnehmern, sondern auch anderen Personen (etwa den Bewohnern umliegender Häuser) oder auch der Natur (etwa den angrenzenden Gewässern) drohten.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erk. VfSlg. 8984/1980 (S 397) den Wortlaut des §43 Abs2 StVO 1960 dahin gedeutet, "daß die dort genannten Gefahren und Belästigungen jene des Straßenverkehrs" sind. Der Umstand, daß die Belästigungen, deren Hintanhaltung das zeitlich begrenzte Fahrverbot dienen soll, durch den Straßenverkehr hervorgerufen werden, erlaubt es, eine das Verkehrsgeschehen regelnde Norm - wie sie im gegebenen Fall vorliegt - auch dann (noch) als eine dem Kompetenztatbestand "Straßenpolizei" zugehörige Vorschrift anzusehen, wenn ihr Zweck nicht in der Wahrung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, sondern im Schutz der Bevölkerung vor Belästigungen durch Verkehrslärm liegt. So hat etwa auch Funk (Verfassungsrechtliche Fragen der Bundeszuständigkeit zur Abwehr gefährlicher Umweltbelastungen, Schriftenreihe der Bundeswirtschaftskammer, Heft 51, Wien 1984, S 21) die Auffassung vertreten, daß es im Rahmen des Kompetenztatbestandes "Straßenpolizei" zwar in erster Linie um Bestimmungen gehe, die im Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs erlassen werden, daß aber daneben auch solche Regelungen zur Straßenpolizei gehören, die das Verhalten der Verkehrsteilnehmer zum Zweck der Vermeidung von Beeinträchtigungen anderer Personen oder anderer Schutzgüter als der Verkehrssicherheit betreffen (Beispiele:

Hupverbote zur Vermeidung von Lärmbelästigungen, Verkehrsbeschränkungen zur Sicherung der Nachtruhe).

Fahrverbot gemäß §43 Abs2 litb StVO 1960 (zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen) ist als straßenpolizeiliche (und nicht als kraftfahrrechtliche) Maßnahme zu werten.

Im Erk. VfSlg. 8086/1977 hat der Verfassungsgerichtshof - freilich ohne sich mit der Kompetenzfrage ausdrücklich auseinanderzusetzen - gegen die zum Schutz der Bevölkerung und des Fremdenverkehrs vor Gefahren und Belästigungen, insbesondere durch Geruch und Lärm, unter Berufung auf §43 Abs2 litb StVO 1960 erfolgte Erlassung eines (zeitlich nicht begrenzten) Fahrverbotes für Lastkraftfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht über 5 t auf einem Teilstück der Brenner Bundesstraße durch die BH Innsbruck keine kompetenzrechtlichen Bedenken geäußert. Zwar ist eine BH zur Erlassung von Verordnungen sowohl auf Grund kraftfahrrechtlicher als auch auf Grund straßenpolizeilicher Vorschriften zuständig, im gegebenen Fall war jedoch ein im Instanzenzug ergangener, unter anderem auf die StVO 1960 sich berufender Bescheid der Landesregierung (und nicht etwa des Landeshauptmannes) beim Verfassungsgerichtshof bekämpft worden. Wenngleich das Fahrverbot auf der Brenner Bundesstraße zweifellos auch der Verkehrssicherheit diente, wurde es doch in erster Linie nicht im Interesse der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer, sondern zur Wahrung der "Interessen der Bevölkerung und des Fremdenverkehrs an der Fernhaltung von Gefahren und Belästigungen, insbesondere durch Geruch oder Lärm" (VfSlg. 8086/1977, S 436 f) erlassen.

Den Umstand, daß das Fahrverbot nur eine bestimmte "Fahrzeugart", nämlich Lastkraftfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht über 5 t betraf, erachtete der Verfassungsgerichtshof nicht als Hindernis, §43 Abs2 litb StVO 1960 als eine taugliche Grundlage für die Erlassung eines solchen Fahrverbotes anzusehen und damit diese Maßnahme unausgesprochen als straßenpolizeiliche - und nicht als kraftfahrrechtliche - zu werten. Insbesondere hatte der Verfassungsgerichtshof keine kompetenzrechtlichen Bedenken gegen die Art der Eingrenzung der normierten Verkehrsbeschränkungen.

Die Verordnung der Tiroler Landesregierung wurde nicht im Interesse der Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer (s. dazu VfSlg. 8035/1977) erlassen. Einziger Grund für die Erlassung der Verordnung war nach dem Inhalt der einschlägigen Akten die Sicherung der Nachtruhe der an der Loferer Straße wohnenden Bevölkerung einschließlich der sich dort aufhaltenden Gäste.

Die gegenständliche Verordnung wurde unter ausdrücklicher Berufung auf §43 Abs2 litb StVO 1960 erlassen. Sie findet im Wortlaut dieser Vorschrift ihre inhaltliche Deckung.

Bei dem in Rede stehenden zeitlich begrenzten Fahrverbot geht es generell um den Schutz der Bevölkerung vor Belästigungen durch Verkehrslärm. Die Erregung solchen Lärms ist - anders als das Halten und Parken von Kraftfahrzeugen mit gefährlichen Gütern (VfSlg. 8035/1977, S 265) - nicht eine Besonderheit, die nur Kraftfahrzeugen im allgemeinen oder nur einer bestimmten Gruppe von Kraftfahrzeugen - Lastkraftfahrzeugen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t - eigen ist. Die Normierung des Fahrverbotes bezieht sich somit im gegebenen Regelungszusammenhang nicht in erster Linie auf Merkmale, die für Kraftfahrzeuge schlechthin oder solche einer bestimmten Art typisch sind. Eine Vorschrift dieses Inhaltes ist demnach als eine straßenpolizeiliche Vorschrift anzusehen, mag sie auch in der Nähe der - nur schwer zu ziehenden (s. Öhlinger, Zur Kompetenzlage auf dem Gebiet des Straßenverkehrs, ZVR 1978, S 321 ff, hier insbesondere S 326 f) - Grenze zum Kompetenztatbestand "Kraftfahrwesen" liegen.

§43 Abs2 litb StVO 1960 ist nach dem Dargelegten eine straßenpolizeiliche Vorschrift. Dies gilt auch für die in ihrer Durchführung erlassene Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 21.3.1986.

Da in den Angelegenheiten der Straßenpolizei nur die Gesetzgebung Bundessache, die Vollziehung aber Landessache ist, steht es mit der Kompetenzlage im Einklang, daß die in Rede stehende Verordnung, gestützt auf §94a StVO 1960, von der Landesregierung (und nicht vom Landeshauptmann) erlassen wurde.

Die Zuordnung der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 21.3.1986, betreffend ein Nachtfahrverbot für Schwerfahrzeuge auf der Loferer Straße B 312 und ihrer gesetzlichen Grundlage (§43 Abs2 litb StVO 1960) zum Kompetenztatbestand "Straßenpolizei" läßt es - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - auch nicht zu, diese Vorschrift der Materie "Straßenwesen" (ohne Straßenpolizei) zu unterstellen. Die Zuordnung zu dieser Materie hätte zur Folge, daß die Erlassung der Verordnung, da diese sich auf eine Bundesstraße bezieht, nach Art10 Abs1 Z9 B-VG ("Angelegenheiten der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge außer der Straßenpolizei") in die Zuständigkeit des Bundes fiele, die Landesregierung zur Erlassung einer solchen Verordnung mithin nicht zuständig wäre. Zur Materie "Straßenwesen" (ohne Straßenpolizei) gehören unter dem Aspekt eines zeitlich begrenzten Fahrverbotes insbesondere "die Festsetzung und Feststellung des Inhaltes und des Umfanges sowie die Sicherung des Gemeingebrauches an den Straßen im Hinblick auf den Straßenzustand" (VfSlg. 4605/1963). Nun liegt in dem hier in Rede stehenden Fahrverbot zwar eine Beschränkung des Gemeingebrauches, doch ist diese kompetenzrechtlich deswegen nicht dem "Straßenwesen" (ohne Straßenpolizei) zu unterstellen, weil sie nicht im Hinblick auf den Straßenzustand festgelegt wurde.

Kein Verstoß der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 21.3.1986, betreffend ein Nachtfahrverbot für Schwerfahrzeuge auf der Loferer Straße B 312 gegen das verfassungsgesetzliche Verbot der Errichtung von Zwischenzollinien oder sonstigen Verkehrsbeschränkungen (Art4 Abs2 B-VG).

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erk. VfSlg. 8086/1977 unter Berufung auf sein VorErk. VfSlg. 4243/1963 (dieses betraf das Wochenend-Fahrverbot für Lastkraftwagen) die Auffassung vertreten, daß eine gesetzliche Ermächtigung zur Erlassung eines zeitlich begrenzten Fahrverbotes nicht gegen Art4 Abs2 B-VG verstoße. Nach der im Erk. VfSlg. 8086/1977 vertretenen Rechtsansicht erfaßt das Verbot nach Art4 Abs2 B-VG "nur solche Beschränkungen oder Erschwerungen des Verkehrs von Personen oder Waren, die die Einheit des Bundesgebietes als Währungs-, Wirtschafts- oder Zollgebiet beschränken (VfSlg. 4649/1964 und 4940/1965). Von einer solchen Beschränkung kann im vorliegenden Fall schon deshalb nicht die Rede sein, weil sie nur den Verkehr mit bestimmten Fahrzeugen auf einer bestimmten Strecke betrifft und der Verkehr von und nach dem betroffenen Gebiet von der Beschränkung zudem noch ausgenommen ist ...". Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, weil das Fahrverbot nur Lastkraftfahrzeuge einer bestimmten Art betrifft und nur auf einem Teilstück einer bestimmten Straße und zudem nur während der Nachtstunden besteht.

Festlegung eines Nachtfahrverbotes für (bestimmte) Lastkraftfahrzeuge auf einem Teilstück der Loferer Straße B 312 mit Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 21.3.1986.

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die von ihr beanstandete Verordnung sei auch aufgrund der im Abkommen zwischen der Republik Österreich und der BRD über den erleichterten Straßendurchgangsverkehr zwischen Salzburg und Lofer über deutsches Gebiet und zwischen Garmisch-Partenkirchen und Pfronten-Füssen über österreichisches Gebiet, BGBl. 1957/241 eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtung verfassungswidrig, ist vom Ansatz her schon deshalb verfehlt, weil in diesem Abkommen für den Verkehr zwischen Salzburg und Lofer (nur) die BRD, nicht aber die Republik Österreich eine völkerrechtliche Verpflichtung eingegangen ist.

Fahrverbot gemäß §43 Abs2 litb StVO 1960; kein Fehler der Tiroler Landesregierung bei der Interessenabwägung im Zuge der Verordnungserlassung.

Die Tiroler Landesregierung hat - wie den Verordnungsakten zu entnehmen ist - vor Erlassung der Verordnung vom 21.3.1986 ein umfangreiches Anhörungs- und Ermittlungsverfahren durchgeführt und sodann eine Interessenabwägung vorgenommen. Die Landesregierung hat hiebei auf die Besonderheit des starken Durchzugsverkehres vor allem durch Lastkraftfahrzeuge auf der B 312 in der Nacht Bedacht genommen und ist dabei auch davon ausgegangen, daß das Fahrverbot nicht lediglich zu einer Verlegung der Gefährdung oder Belästigung auf andere gleichartige Straßenzüge und damit auf einen anderen Personenkreis als die Benützer und Anrainer der B 312 führen würde (vgl. VfSlg. 8984/1980, S 400). Die Tiroler Landesregierung hat den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn sie den Interessen der Bevölkerung und des Fremdenverkehrs an der Fernhaltung von Gefahren und Belästigungen, insbesondere durch Lärm, den Vorrang vor den Interessen der nichtanliegenden Wirtschaftstreibenden an einer ungestörten Benützung der B 312 eingeräumt hat (vgl. in diesem Zusammenhang VfSlg. 8086/1977, S 436 f).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Verwaltungsverfahren, Abänderung und Behebung von amtswegen, Straßenpolizei, Kompetenz Bund - Länder Straßenpolizei, Kompetenz Bund - Länder Kraftfahrwesen, Kraftfahrrecht, Kompetenz Bund - Länder Straßenverwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B778.1986

Dokumentnummer

JFR_10128991_86B00778_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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