RS Vfgh 1987/10/12 B195/86

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Veröffentlicht am 12.10.1987
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
Tir GVG 1983 §15

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrags auf Erteilung einer Bestätigung für einen mündlich abgeschlossenen Kaufvertrag gem. §2 Abs2 Tir. GVG; rechtswidrige Annahme, nach §15 sei die grundverkehrsbehördliche Rechtswirksamkeit eines Rechtserwerbes an die Schriftlichkeit gebunden; Entzug des gesetzlichen Richters durch Verweigerung einer Sachentscheidung

Rechtssatz

Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung einer Bestätigung gemäß §2 Abs2 Tir. GVG (mündlicher Kaufvertrag); Entzug des gesetzlichen Richters aufgrund der - falschen - Ansicht, die meritorische Behandlung einer grundverkehrsbehördlichen Angelegenheit setze zufolge §15 GVG das Vorliegen einer Urkunde (einer gerichtlichen Entscheidung) über den Rechtserwerb voraus.

Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid darauf beschränkt auszusagen, das Fehlen der Unterschrift der Verkäufer sei eine Fehlerhaftigkeit des Antrages in materieller Hinsicht, die einem Verbesserungsauftrag nicht zugänglich sei. Dies kann nur dahin verstanden werden, daß die belangte Behörde die Rechtsmeinung vertritt, die meritorische Behandlung einer grundverkehrsbehördlichen Angelegenheit setze zufolge §15 GVG - auf diese Gesetzesstelle beruft sich die belangte Behörde - das Vorliegen einer Urkunde (einer gerichtlichen Entscheidung) über den Rechtserwerb voraus, oder anders ausgedrückt: Nach §15 GVG sei die grundverkehrsbehördliche Rechtswirksamkeit eines Rechtserwerbes an die Schriftlichkeit, also an die Einhaltung einer Formvorschrift gebunden. Im vorliegenden Fall sei dieser Formvorschrift nicht entsprochen worden.

Diese Ansicht der belangten Behörde ist unrichtig. Die Wortwahl des §15 GVG erlaubt nur, aus Abs1 letzter Halbsatz eine Befristung für die Antragstellung bei der Grundverkehrsbehörde und aus Abs2 lita die Vorlagepflicht hinsichtlich vorhandener Urkunden abzuleiten (es gibt ja auch genehmigungspflichtige Rechtserwerbe, für die eine Urkunde gar nicht vorhanden sein kann, zB eine Ersitzung).

Ist eine Vertragsurkunde (bisher) von beiden Vertragsparteien lediglich noch nicht unterfertigt und damit (noch) nicht vorhanden, wird der Abschluß des Rechtsgeschäftes jedoch ausdrücklich behauptet, so hat die Grundverkehrsbehörde dennoch meritorisch zu entscheiden. Soweit die belangte Behörde sich zur Stützung ihrer Meinung auf das zum Sbg. GVG ergangene Erk. des Verwaltungsgerichtshofes vom 7.4.1972, Z1947/71, beruft, übersieht sie, daß der damalige Beschwerdeführer die Zustimmung zu einem beabsichtigten Rechtsgeschäft begehrt hatte.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurde ausdrücklich behauptet, daß das zu Grunde liegende Rechtsgeschäft abgeschlossen wurde; da der Verkäufer zu Unrecht die Unterfertigung des Kaufvertrages verweigere, seien die Beschwerdeführer genötigt, dies gerichtlich zu erzwingen. Auf dem Boden dieses Vorbringens konnte sich die belangte Behörde nicht auf die Begründung beschränken, in der Nichtvorlage des Kaufvertrages eine "Fehlerhaftigkeit ... in materieller Beziehung" festzustellen. Sie hätte vielmehr die Frage, ob ein Rechtsgeschäft gültig zustande gekommen ist, als Vorfrage behandeln müssen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Kompetenz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B195.1986

Dokumentnummer

JFR_10128988_86B00195_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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