RS Vfgh 1987/11/27 B4/87, B5/87

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Veröffentlicht am 27.11.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

StGG Art9
VfGG §19 Abs3 Z2 lita

Leitsatz

Aufgrund richterlichen Befehls von Finanzämtern durchgeführte Hausdruchsuchungen und Beschlagnahmen; dem Finanzamt zuzurechnende Überschreitung nur dann, wenn die beschlagnahmten Gegenstände ganz offenkundig nicht von den Anordnungen erfaßt waren - hier keine Überschreitung; Modalitäten und nähere Umstände der Hausdurchsuchung und Beschlagnahme keine selbständig anfechtbaren Maßnahmen, auch nicht die bekämpfte Einvernahme von Zeugen in den Geschäftsräumen des Bf.; keine Zuständigkeit des VfGH

Rechtssatz

Erfolgt eine Hausdurchsuchung und Beschlagnahme aufgrund eines richterlichen Befehles, so sind die Durchführungsmaßnahmen als Akte der Gerichtsbarkeit nicht vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpfbar.

Beschlagnahmen im Zuge von auf richterlichen Befehle durchgeführten Hausdurchsuchungen.

Selbst wenn die Organe der Finanzämter Aufzeichnungen und Unterlagen beschlagnahmt haben sollten, deren Zusammenhang mit der gegen den Beschwerdeführer anhängigen Strafsache in Zweifel gezogen werden könnte, so würden sich die Beschlagnahmen noch immer als Durchführung der Gerichtsbeschlüsse darstellen. Den Finanzämtern zuzurechnende Überschreitungen der richterlichen Befehle lägen nämlich nur dann vor, wenn die beschlagnahmten Gegenstände ganz offenkundig nicht von ihnen erfaßt wären (vgl. zB VfSlg. 8905/1980; VfGH 28.11.1986 B731/85). Gerade das trifft in den vorliegenden Fällen nicht zu. Nach Wortlaut und Sinngehalt waren die richterlichen Befehle weit gefaßt; so sollten die zu beschlagnahmenden Unterlagen auch über die privaten Aufwendungen (die privaten Vermögensgestaltung) des Beschwerdeführers Aufschluß geben. Nach den gegebenen Umständen war die Annahme der Finanzbeamten gerechtfertigt, alle beschlagnahmten Gegenstände könnten als Beweismittel im Strafverfahren dienen. Die endgültige Entscheidung darüber, ob dies tatsächlich der Fall ist, obliegt dem Strafgericht.

Die Durchführung der Hausdurchsuchung und der Beschlagnahme erfolgte aufgrund eines richterlichen Befehles, sodaß diese Akte solche der Gerichtsbarkeit sind; sie sind sie einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof entzogen. Die Modalitäten und die näheren Umstände, unter denen die Hausdurchsuchung und die Beschlagnahme erfolgten, sind keine selbständig anfechtbaren Maßnahmen (vgl. zB VfSlg. 10290/1984; VfGH 28.11.1986 B731/85).

Entscheidungstexte

  • B 4,5/87
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 27.11.1987 B 4,5/87

Schlagworte

VfGH / Zuständigkeit, Hausrecht, Hausdurchsuchung, richterlicher Befehl, Beschlagnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B4.1987

Dokumentnummer

JFR_10128873_87B00004_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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