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70 SchulenNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
ReifeprüfungsV des BMUK vom 20.12.1974; zeitliche Befristung des Ansuchens um Ablegung einer letzten Wiederholungsprüfung in §18 Abs8 gesetzlich nicht gedeckt, ua. auch nicht in §40 Abs4 SchUG; Aufhebung einiger Worte in §18 Abs8 als gesetzwidrigRechtssatz
Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 B-VG bzw. des Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellendes Gerichtes im Anlaßfall bildet (zB VfSlg. 7999/1977, 9811/1983, 10.296/1984).
Im vorliegenden Fall kann keinesfalls mit Grund gesagt werden, daß der Verwaltungsgerichtshof die Präjudizialitätsfrage denkunmöglich beantwortet habe. Der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid des BMUKS, mit dem ein Ansuchen um Bewilligung einer letzten Wiederholung der Reifeprüfung einer Höheren technischen Lehranstalt als verspätet zurückgewiesen wurde, stützt sich auf §40 Abs4 SchUG und §18 Abs8 ReifeprüfungsV. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß der Verwaltungsgerichtshof §18 Abs8 ReifeprüfungsV anzuwenden hat. Er geht weiters davon aus, daß diese Bestimmung präjudiziell in der Bedeutung des Art139 Abs1 B-VG ist.
Gemäß Art18 Abs2 B-VG kann jede Verwaltungsbehörde aufgrund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen. "Art18 Abs2 B-VG unterstreicht diese Gesetzesabhängigkeit (auch) der Verordnungen, indem er betont, daß diese nur 'aufgrund der Gesetze' erlassen werden können, was mit anderen Worten heißt, daß eine Verordnung nur präzisieren darf, was in den wesentlichen Konturen schon im Gesetz vorgezeichnet ist" (Ringhofer, die Österreichische Bundesverfassung, S 82).
Aufhebung der Wortfolge "innerhalb einer Frist von einem Jahr" im §18 Abs8 der ReifeprüfungsV für die Höheren technischen und gewerblichen Lehranstalten.
§18 Abs8 ReifeprüfungsV regelt das zeitlich befristete Ansuchen um Ablegung einer letzten Wiederholungsprüfung. Nun findet sich aber weder in §40 Abs4 SchUG, auf den sich die angefochtene Verordnungsstelle stützt, noch in einer anderen Norm des genannten Gesetzes eine (gesetzlich) Grundlage für eine solche Regelung. Dem Regelungsinhalt des §40 Abs4 SchUG ist nicht zu entnehmen, daß der Gesetzgeber ein Ansuchen um Ablegung einer letzten Wiederholungsprüfung an eine Frist binden wollte. Die Wortfolge "innerhalb einer Frist von einem Jahr" im §18 Abs8 ReifeprüfungsV ist daher als gesetzwidrig aufzuheben.
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, SchulenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:V69.1987Dokumentnummer
JFR_10128872_87V00069_01