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64 Besonderes Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Denkmögliche Anwendung des §63 Abs3 im Anlaßverfahren betreffen die Untersagung der Ausübung einer Kontrollfunktion in einem Aufsichtsrat gem. §63 Abs2 - Präjudizialität einiger Worte in §63 Abs3; Unsachlichkeit der Ausnahmebestimmung, die nur die Interessen des Bundes als Dienstgeber als rechtfertigend für die Ausübung einer Kontrollfunktion in einem Aufsichtsrat ansieht; Aufhebung einiger Worte in §63 Abs3 als verfassungswidrigRechtssatz
Der BMfJ entschied zwar in dem mit Bescheid zweiter Instanz vom 3.9.1985 abgeschlossenen Verfahren nur über die Untersagung der Tätigkeit des Richters gemäß §63 Abs2 RDG. Hiebei faßte er jedoch die Möglichkeit der nachträglichen Genehmigung gemäß §63 Abs3 RDG ins Auge und begründete besonders ausführlich, warum die Voraussetzungen hiefür nicht vorlägen. Die belangte Behörde wendete demnach §63 Abs3 RDG denkmöglich auch bei Erlassung dieses Bescheides an und der Verfassungsgerichtshof hätte daher iSd Art140 Abs1 B-VG diese Gesetzesstelle bei der Prüfung des Bescheides anzuwenden. §63 Abs3 RDG ist daher auch für die Prüfung dieses Bescheides präjudiziell.
Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, daß sich seine im Einleitungsbeschluß geäußerten Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des §63 Abs3 RDG ausschließlich gegen die Wortfolge "dies im unmittelbaren Bundesinteresse gelegen ist oder" richten. Zwischen dieser Wortfolge und dem übrigen Wortlaut des §63 Abs3 RDG besteht kein untrennbarer Zusammenhang. Der verbleibende Teil des Gesetzes würde durch die auf diese Wortfolge eingeschränkte Aufhebung auch keinen grundsätzlichen Bedeutungswandel erfahren.
Das Gesetzesprüfungsverfahren war sohin, soweit es sich nicht auf die angeführte Wortfolge bezieht, einzustellen, weil eine mögliche Verfassungswidrigkeit des Gesetzes ausschließlich in dieser Wortfolge ihren Sitz hat.
In §63 Abs3 des BG vom 14.12.1961, BGBl. Nr. 305, über das Dienstverhältnis der Richter und Richteramtsanwärter (Richterdienstgesetz - RDG), wird die Wortfolge "dies im unmittelbaren Bundesinteresse gelegen ist oder" als verfassungswidrig aufgehoben.
Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, daß - ungeachtet des bundesstaatlichen Aufbaues der Republik Österreich - kein sachlicher Grund dafür besteht, daß der Bundesgesetzgeber einem Richter oder Verwaltungsbeamten die Tätigkeit in einem Aufsichtsrat (oder Vorstand) einer Kapitalgesellschaft in unmittelbarem Bundesinteresse ausnahmsweise ermöglicht, eine solche im öffentlichen Interesse ausgeübte Tätigkeit aber ausnahmslos untersagt, auch wenn es sich um die Interessen eines Landes handelt, also nur die Interessen des Bundes als Dienstgeber als rechtfertigende öffentliche Interessen ansieht, nicht aber gleichartige Interessen anderer Gebietskörperschaften.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsumfang, Dienstrecht Richter, NebentätigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:G49.1987Dokumentnummer
JFR_10128870_87G00049_01